Montag, 11. August 2008

Kanonenfutter für den Markt

Reflexionen des Genossen Fidel: Kanonenfutter für den Markt

Vielleicht sind einigen Regierungen die genauen Angaben nicht bekannt, deshalb erschien uns die Botschaft von Raul sehr angebracht, in der er den Standpunkt von Kuba festhält. Ich werde zu einigen jener Aspekte tiefer gehende Ausführungen machen, die in einer kurzen und präzisen öffentlichen Erklärung nicht behandelt werden können.

Die Regierung von Georgien hätte niemals ihre Streitkräfte im Morgengrauen des 8. August zu einem Angriff auf die Hauptstadt der Autonomen Republik Süd-Ossetien losgeschickt, um – wie sie es bezeichnet – die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen, wenn es nicht eine vorherige Absprache mit Bush gegeben hätte. Dieser versprach Präsident Saakaschwili im April dieses Jahres in Bukarest seine Unterstützung für den Eintritt von Georgien in die NATO, was einem geschärften Dolch entspricht, den man in das Herz von Russland zu stoßen versucht. Viele europäische Staaten, die dieser Militärorganisation angehören, sind ernsthaft über die unverantwortliche Manipulierung des Nationalitätenthemas besorgt, was große potentielle Konflikte in sich birgt und in Großbritannien selbst zur Desintegration des Vereinigten Königreichs führen kann. Jugoslawien wurde auf diesem Wege aufgelöst. Die Bemühungen von Tito, um dies zu verhindern, waren nutzlos nach seinem Tode.

Welche Notwendigkeit gab es denn, das Pulverfass im Kaukasus anzuzünden? Wie lange wird der Krug zum Brunnen gehen, bis er bricht? Russland ist weiterhin eine mächtige Atommacht. Es besitzt tausende Waffen dieser Art. Ich muss andererseits daran erinnern, dass die Wirtschaft des Westens auf illegale Art und Weise diesem Land über 500 Milliarden Dollar entzogen hat. Jetzt, da Russland nicht mehr das Gespenst des Kommunismus darstellt und da über 400 Atomwaffen-Abschussrampen, die mit der Auflösung der UdSSR abgebaut wurden, nicht weiter direkt auf militärische und strategische Ziele von Europa gerichtet sind, warum dieser Eifer, es mit einem Atomwaffenschild zu umzingeln? Das alte Europa benötigt ebenfalls den Frieden.

Die russischen Truppen, die sich in Süd-Ossetien befanden, waren in einer international anerkannten Friedensmission aufgestellt worden, sie schossen auf niemanden.

Warum hat Georgien den 8. August ausgesucht, an dem die Olympischen Spiele in Beijing eröffnet wurden, um Tsjinvali, die Hauptstadt der autonomen Republik zu besetzen? An jenem Tag haben vier Millionen Zuschauer auf der ganzen Welt im Fernsehen dem wunderbaren Schauspiel beigewohnt, mit dem China diese Spiele eröffnete. Nur die Bevölkerung der Vereinigten Staaten konnte an jenem Tag nicht die Live-Direktübertragung des anregenden Festes der Freundschaft zwischen allen Völkern genießen, das dort veranstaltet wurde. Das Monopol der Übertragungsrechte war von einem Fernsehkanal gegen Zahlung von 900 Millionen Dollar erworben worden und dieser wollte den kommerziellen Höchstgewinn pro Übertragungsminute erreichen. Die Konkurrenz-Unternehmen rächten sich dadurch, indem sie um diese Uhrzeit die Nachrichten über den Krieg im Kaukasus übertrugen, über die niemand das Exklusivrecht besaß. Die Risiken eines ernsthaften Konflikts bedrohten die Welt.

Aber Bush konnte das Schauspiel als offizieller Gast genießen. Noch am Sonntag, dem 10., zwei Tage danach, sah man ihn Flaggen schwenken, wobei er sich als Vorkämpfer des Friedens ausgab und darauf vorbereitet war, sich an den Siegen der ausgezeichneten US-amerikanischen Athleten zu ergötzen, welche seine Augen - daran gewöhnt, alles zu beflecken - als ein Symbol der Macht und Überlegenheit seines Imperiums sehen. In seiner Freizeit führte er lange Gespräche mit den untergeordneten Beamten in Washington, bedrohte Russland und ermunterte den Vertreter der Vereinigten Staaten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu jenen für dieses Land beleidigenden Reden.

Einige derjenigen Länder, die ehemals das sozialistische Lager integrierten bzw. Teil der UdSSR selbst waren, handeln jetzt wie Protektoratsgebiete der Vereinigten Staaten. Ihre Regierungen, wie die von Polen und der Tschechischen Republik, schließen sich getrieben von einem verantwortungslosen Hass gegen Russland Haltungen einer totalen Unterstützung von Bush und dem Überraschungsangriff gegen Süd-Ossetien durch Saakaschwili an. Dieser, ein Abenteurer mit einer sonderbaren Vorgeschichte, der, nachdem er in Tbilissi, der Hauptstadt seines Landes, zu sozialistischen Zeiten geboren wurde, an einer Universität in Kiew seinen Rechtsanwaltstitel erwarb, dann postgraduelle Studien in Strassburg, New York und Washington absolvierte. Er hat diesen Beruf in New York ausgeübt. Er bildet sich als ein verwestlichter, ehrgeiziger und opportunistischer Georgier heraus. Er kehrte mit Unterstützung der Yankees in sein Land zurück und fischte im Trüben in der Desintegration der Sowjetunion. Er wurde im Januar 2004 als Präsident von Georgien gewählt.

Jenes Land ist nach den Vereinigten Staaten und Großbritannien dasjenige, das die größte Anzahl Soldaten in dem Kriegsabenteuer im Irak hat, und das macht es nicht etwa ausgehend von einem internationalistischen Geist. Als Kuba über knapp zwei Jahrzehnte mehrere hunderttausend Kämpfer in den Kampf für die Unabhängigkeit und gegen den Kolonialismus und den Apartheid in Afrika geschickt hat, geschah das weder auf der Suche nach Kraftstoffen oder Rohstoffen noch nach Mehrwert. Es waren Freiwillige. So wurde der Stahl unserer Prinzipien gestählt. Was anderes tun die georgischen Soldaten im Irak, als einen Krieg zu unterstützen, der jenem Volk einige hunderttausend Menschenleben und Millionen Kriegsopfer gekostet hat? In Verteidigung welcher Ideale gingen sie dorthin? Es ist sehr logisch, dass Bürger aus Süd-Ossetien nicht wünschen, im Dienst des Imperiums als Soldaten zum Kämpfen nach Irak oder an andere Orte des Planeten geschickt zu werden.

Saakaschwili hätte sich niemals aus eigenem Antrieb in das Abenteuer gestürzt, das georgische Heer nach Süd-Ossetien zu schicken, wo es Zusammenstöße mit den russischen Truppen haben würde, die dort als Friedenskorps aufgestellt sind. Man kann weder mit dem Atomkrieg spielen, noch die Belieferung des Markts mit Kanonenfutter belohnen.

Diese Reflexion war schon ausgearbeitet, als Bush um 17:30 Uhr kubanischer Uhrzeit eine Rede hielt. Er sagt nichts, was nicht dem entspricht, was hier analysiert wird. Nur das der Medienkrieg der US-Regierung jetzt noch intensiver ist. Es ist die gleiche, im Vorhinein entworfene Intrige, die niemanden täuscht.

Die Russen haben vollkommen klar gestellt, dass der Rückzug der Invasoren bis zu ihrem Ausgangspunkt die einzige ehrenvolle Lösung ist. Hoffentlich können die Olympischen Spiele fortgesetzt werden, ohne durch eine schwerwiegende Krise unterbrochen zu werden. Das Volleyballspiel der Frauenmannschaft gegen eine gute Mannschaft der Vereinigten Staaten war phänomenal und der Baseball hat noch nicht begonnen.


Fidel Castro Ruz

11. August 2008
18:21 Uhr

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