Freitag, 3. April 2009

Obamas Lied

Reflexionen des Genossen Fidel: Obamas Lied

Der Präsident der Vereinigten Staaten erklärte auf einer Konferenz zum Abschluss des Gipfels der G-20 um 14:30 Uhr Ortszeit Kuba, dass die Arbeitslosigkeit in seinem Land ihren Höchstwert innerhalb der letzten 26 Jahre erreicht hat.

In der Vergangenheit hat die Welt gegenüber Krisen dieser Art nicht mit der notwendigen Schnelligkeit reagiert, sagte er. Wir haben jetzt die Geschichtslektionen gelernt. Manche Presseleute haben Zweifel über unsere Fähigkeit zur Erreichung eines Übereinkommens zum Ausdruck gebracht. Sie haben die ehrliche Debatte mit unvereinbaren Meinungsverschiedenheiten verwechselt, aber wir haben bewiesen, dass es möglich ist, Konsense zu erreichen.

Wir haben Maßnahmen zur Lösung der Situation vereinbart und zur Absicherung dessen, dass wir in der Zukunft nicht bis an diesen Punkt kommen werden. Wir haben eine Übereinkunft, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. Die Vereinigten Staaten werden ihre Finanzeinrichtungen von den toxischen Aktiva säubern, um den Kredit für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erneut zu fördern. Die G-20 wird ähnliche Programme in Angriff nehmen.

Wir werden mittels Kreditbereitstellungen eine Initiative zur Unterstützung der Volkswirtschaften der Entwicklungsländer in die Tat umsetzen. Gleichzeitig lehnen wir den Protektionismus ab, der zur Verschlimmerung der Probleme beitragen könnte.

Wir werden die Überwachung der wichtigen Einrichtungen und Bereiche ausdehnen und umfangreicher gestalten. Wir werden den IWF und die anderen internationalen Finanzierungseinrichtungen reformieren und erweitern, um sie so zu stärken.

Circa 448 Milliarden Dollar werden dazu bestimmt sein, die Wirtschaften der Entwicklungsländer zu unterstützen. Zur Verhinderung von humanitären Katastrophen werden wir ebenfalls die UNO und die Weltbank unterstützen.


Auf viele der direkten Fragen der akkreditierten Presse antwortete der US-amerikanische Präsident.

Unter anderem behauptete er:

Ich bin der Meinung, dass alles recht gut gelaufen ist. Ich bin mit der Absicht zuzuhören, zu lernen und Führerschaft anzubieten, hierher gekommen. Ich bin mit den vereinbarten Übereinkommen und damit, dazu einen Beitrag geleistet zu haben, zufrieden.

Wir haben eine globalisierte Wirtschaft und so müssen wir die Initiativen ebenfalls auf globaler Ebene ergreifen, damit sie wirksam sein können. Die Vereinigten Staaten haben eine drastische Exportverminderung erfahren und die Tatsache, dass andere Volkswirtschaften davon angesteckt wurden, übt negativen Einfluss auf andere US- Unternehmen aus, die solider aussahen.


Unter anderem sagte er Folgendes:

Dies ist ein gemeinschaftliches Dokument, aber ohne Zweifel hat jedes Land seine eigenen Ideen und Probleme, die vielleicht für das jeweilige Land nicht verhandelbar sind. Wir haben versucht, diese Elemente so anzupassen, dass wir die Effektivität des Dokuments im Allgemeinen nicht behindern.

Das löst aber noch nicht das Problem der toxischen Aktiva, und die Art und Weise, wie jedes Land damit umgehen wird, erreicht äußerste Bedeutung, und ebenso die Pläne für den wirtschaftlichen Aufschwung jedes Einzelnen. Vollkommen klar ist aber, je schneller gehandelt wird, desto schneller werden wir alle Nutzen daraus ziehen.

Ich glaube, dass es immer ein breites Meinungsspektrum darüber gegeben hat, wie ungerecht der freie Markt sein kann und diesen Ruf verfolgend argwöhnen einige bezüglich der Globalisierung und andere sind der Meinung, dass der Markt immer Herrscher ist; aber derjenige, der die Geschichte studiert hat, weiß, dass der Markt der effektivste Mechanismus ist, um Reichtum zu erzeugen. Nur manchmal gerät er aus dem Gleis und wenn er nicht reguliert ist, und wenn es keine Rahmen gibt, durch welche die Energien des Marktes kanalisiert werden können, kann uns das zu etwas führen, was wir nicht möchten.

Bezüglich der lokalen Politik – ich bin Präsident der Vereinigten Staaten, ich bin nicht Präsident von China oder Japan, bzw. Europa. Also muss ich direkte Antworten für meine Wählerschaft haben, um ihr Leben zu verbessern. Meine Anwesenheit hier hilft, dass die US-Bürger eine Wohnung, eine Beschäftigung haben können, und dass ihre Kinder zur Schule gehen können; kurz und gut, damit sie den amerikanischen Traum haben können.

Gemäß den internationalen Umfragen scheinen die Menschen größere Hoffnungen bezüglich der Führerschaft der Vereinigten Staaten zu haben.

Ich wäre nicht hier, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass wir als Nation wichtige Dinge zeigen können.

Wir haben über Bretton Woods gesprochen. Wir befinden uns nicht in jener Epoche, wo wir einen Roosevelt oder Churchill erwarten können. Die Welt, in der wir jetzt leben, ist nicht wie jene. Europa wurde wiederaufgebaut, China und Indien sind Mächte. Einige andere Länder sind dabei, sich zu mobilisieren und das ist gut.

Es gab ab und zu Kommentare über die Rolle der Vereinigten Staaten in dieser Krise. Es wurde davon gesprochen, dass die Vereinigten Staaten die Krise in Wall Street begonnen haben könnten, und wir haben gehört, dass ein Teil davon in Wall Street begonnen hat.

Einige Gesellschaften bzw. Firmen sind ungerechtfertigt große Risiken eingegangen und dass hat eine riesige Auswirkung auf unsere Wirtschaft ausgeübt und das wurde in der Weltwirtschaft diskutiert.


Wie ersichtlich, waren die Antworten von Obama an die Journalisten vor allem an seine Wähler gerichtet. Sie drücken das aus, was der Präsident der Vereinigten Staaten denkt. Ohne Zweifel ist er viel besser als Bush und McCain, aber seine Denkweise wird den realen Problemen der heutigen Welt nicht gerecht. Das Imperium ist viel mächtiger als er und seine guten Absichten.

Der Gipfel der G-20 kündigte in seinem Schlusskommuniqué Folgendes an:

Sie werden die Fonds für den Weltwährungsfond verdreifachen - auf 750 Milliarden Dollar; 500 Milliarden Dollar sind für Darlehen an die am härtesten von der Krise betroffenen Länder vorgesehen und 250 Milliarden für eine neue Zuweisung von Sonderziehungsrechten (SZR).

Sie werden zusätzliche 100 Milliarden der Stärkung der multilateralen Entwicklungsbanken widmen.

Sie werden 250 Milliarden zur Ankurbelung des Welthandels zur Verfügung stellen.

Ich muss darauf hinweisen, dass die Europäische Union, Japan, China und andere Länder diese Fonds einbringen werden und andererseits außerdem durch den Verkauf eines Teils der Goldreserven des IWF.

Der britische Premierminister äußerte, dass „eine neue Weltordnung am Entstehen ist“; und fügte hinzu, dass “der Konsens von Washington übertroffen wurde” und dass “die Entscheidungen von heute die Krise nicht unmittelbar lösen werden”.

Der französische Präsident erklärte sich „wirklich glücklich“ über die auf dem Gipfel erreichten Ergebnisse, indem er bei seinen Erwägungen äußerte, dass die getroffenen Maßnahmen ein Beweis für „die tiefgreifendste Reform des Finanzwesens seit 1945“ sind. Er musste den Konferenzraum nicht verlassen.

Das US-Arbeitsministerium berichtete, dass im März die Anzahl derjenigen, die weiterhin Arbeitslosengeld empfangen haben, auf einen neuen historischen Höchstwert von 5,73 Millionen gestiegen ist.

Obama sprach von Bretton Woods. Damals, am Ende des letzten Weltkrieges, besaßen die Vereinigten Staaten 80% des Goldes der Welt und ihre aufstrebende Wirtschaft war intakt. Bretton Woods hat ihnen das Privileg gegeben, die konvertierbaren Devisen in Umlauf zu bringen, als die anderen Länder ruiniert waren.

Sie verfügten über Dollars und Gold. Dessen Wert blieb während über 25 Jahren stabil, bis zu dem Zeitpunkt, als die Vereinigten Staaten – ruiniert durch den imperialistischen Krieg in Vietnam – einseitig die Konvertierung des Dollar abgesetzt und nach ihrem Belieben die Wirtschaft der anderen Länder der Welt manipuliert haben.

Die Krise ist unlösbar an das kapitalistische System der Produktion und Verteilung gebunden. Dessen wichtigsten Exponenten, die Vereinigten Staaten, haben während ihrer Geschichte zwei große Krisen erlitten, welche ihre Wirtschaft über Zeiträume beeinträchtigt haben, die 20 Jahre überschritten. Dies ist die dritte und sie werden sich nur sehr langsam von ihr erholen. Das weiß Europa aus eigener bitterer Erfahrung.

Die transnationalen US-Unternehmen haben kraft Bretton Woods überall auf der Welt Besitztümer erworben. Sie zahlten mit Gold und mit Wertpapieren; heutzutage kaufen sie diese mit Geldscheinen oder wie die Chinesen sie zu bezeichnen pflegen mit Schrottwährung. Ihr Land besitzt außerdem das eigentümliche Privileg des Vetorechts im Internationalen Währungsfond. In London wurde kein einziges Wort darüber verlauten lassen, dass die Vereinigten Staaten zum Verzicht auf solch ein Privileg verpflichtet. Die nächste Krise wird viel schneller erfolgen und wird viel schwerwiegender sein, als sich das Obama und mehrere seiner wichtigsten Verbündeten der G-7 vorstellen. Die Krisen können weder durch verwaltungsmäßige noch durch technische Maßnahmen gelöst werden, weil sie systemisch sind und jedes Mal die Weltwirtschaft und die Globalisierung des Planeten beeinträchtigen.

Nicht alle haben sich von der Hochstimmung von London mitreißen lassen.

Eine Agenturmeldung von AFP berichtet, dass die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, an diesem Donnerstag den Gipfel der G-20 kritisiert hat, wobei sie bedauerte, dass die Demonstranten und die ärmsten Länder ausgeschlossen worden waren.

„Als Hochkommissarin für Menschenrechte würde ich sagen, dass die Finanzpolitik sich nicht auf die Banken beschränken, sondern sich den Menschen widmen sollte, deren Interessen im Zentrum der Debatten stehen müssten. Der Gipfel der G-20 sollte sofort die Sorgen der armen Arbeiter und Bauern in den Mittelpunkt stellen.”

Zahlreiche Demonstrationen gegen den Gipfel fanden gleichzeitig in London statt.

Eine weitere Agenturmeldung teilt mit, dass der Kommissionsvorsitzender der Afrikanischen Union, Jean Ping, bezüglich des Gipfels erklärte: „Wir bitten die Länder nicht darum, dass sie ihre Hände in die Taschen stecken, um uns Geld zu geben, denn sie haben versprochen, versprochen und abermals versprochen und haben nichts getan. Das ist eine Maßnahme, die schon im vergangenen Jahr getroffen worden war“.

Während in London die angeblich rettenden Maßnahmen getroffen wurden, erschien das Gespenst des Klimawechsels am selben Tag, als das Schlussabkommen der G-20 verabschiedet wurde, als eine noch schwerwiegendere Tragödie als die Finanzkrise.

Eine AFP-Agenturmeldung berichtete Folgendes: „Circa 80% der arktischen Polarkappe könnte bis zu einem so nahe liegenden Zeitpunkt wie dem Jahr 2040 verschwinden, anstelle der bis jetzt geschätzten Zeitspanne bis zum Jahr 2100, wie aus einer neuen wissenschaftlichen Studie hervorgeht“.

„Die gegen Ende des Sommers mit Eis bedeckte Oberfläche des Nordpolarmeeres könnte in jener Epoche unter einer Million Quadratmeter bleiben, gegen 4,6 Millionen Km2 heute”. Jener Bericht wurde aus den von Wissenschaftlern einer gemeinsamen Studie der Universität des Bundesstaates Washington und der US-Behörde für Ozeane und Atmosphäre zur Verfügung gestellten Angaben erarbeitet. Gemäß derselben hat die arktische Polarkappe an den Sommer-Enden der Jahre 2007 und 2008 eine spektakuläre Verminderung erlitten, als die Eisoberfläche jeweils 4,3 und 4,7 Millionen Km2 erreichte.

Die angewandten Modelle ermöglichen vorauszusehen, dass der Nordpol in 32 Jahren praktisch ohne Eis sein wird. Wie die Wissenschaftler zu berichten wissen, sahen die vorherigen Modelle diesen Ausgang für Ende des 21. Jahrhunderts vor. Eine riesige Wassermenge ist dort in der sehr dickschichtigen Polarkappe gespeichert.

Die Zeitung Granma hat in ihrer heutigen Ausgabe jene Nachrichten wiedergegeben.

Über beide Probleme, die internationale Finanzkrise und den Klimawechsel habe ich am 1. April geschrieben. Die Absicht besteht nicht darin, Mutlosigkeit zu säen, sondern Bewusstsein zu schaffen. Nichts ist schlimmer, als die Unwissenheit. Wie wunderbar auch die klassischen Sportwettkämpfe sein mögen, wir dürfen nicht verzagen und solche Themen, die unbedingt Aufmerksamkeit erfordern, wie zum Beispiel die Wirtschaft, das Klima und die Wissenschaft, ignorieren. Ich bin Sportfanatiker wie alle anderen, aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein.


Fidel Castro Ruz

3. April 2009
15:49 Uhr

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