Mittwoch, 11. November 2009

Eine Science Fiction Story

Reflexionen des Genossen Fidel: Eine Science Fiction Story

Ich bedauere es sehr, Kritik an Obama ausüben zu müssen, wo mir doch bekannt ist, dass es in jenem Land andere mögliche Präsidenten gibt, die schlechter als er sind. Ich sehe ein, dass dieses Amt heutzutage ein großes Kopfzerbrechen bedeutet. Es gibt nichts, was dies besser erläutern kann, als jene gestrige Information der Zeitung Granma darüber, dass 237 US-Kongressmitglieder Millionäre sind, d.h. 44% der Gesamtzahl. Das bedeutet nicht, dass jeder von ihnen verpflichtet ist, ein unverbesserlicher Reaktionär zu sein, aber es ist kaum möglich, dass er wie irgendeiner der vielen Millionen US-Amerikaner denkt, die über keine Gesundheitsfürsorge verfügen, arbeitslos sind bzw. hart arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Obama ist selbstverständlich kein Bettler, er besitzt Millionen Dollar. Er war hervorragend in seiner beruflichen Tätigkeit, seine Beherrschung der Sprache, seine Sprachgewandtheit und seine Intelligenz stehen außer Frage. Trotzdem er Afro-Amerikaner ist, wurde er - zum ersten Mal in der Geschichte seines Landes - in einer rassistischen Gesellschaft zum Präsidenten gewählt; einer Gesellschaft, die unter einer tief greifenden Weltwirtschaftskrise leidet, dessen Verantwortung auf sie selbst zurückzuführen ist.

Es geht nicht darum, US-feindlich zu sein oder nicht, wie die kolossalen Medien ihre Widersacher zu charakterisieren versuchen.

Das US-amerikanische Volk ist Opfer und nicht der Schuldige eines unhaltbaren Systems, schlimmer noch: eines schon mit dem Leben der Menschheit unvereinbaren Systems.

Jener intelligente und rebellische Obama, der in seiner Kindheit und Jugendzeit die Demütigung und den Rassismus erlitten hat, begreift das, aber der im Sinne des Systems erzogene und ihm und den Methoden, die ihn an die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten brachten, verpflichtete Obama, kann der Versuchung nicht widerstehen, Druck auszuüben, zu drohen und sogar die anderen zu betrügen.

Er ist besessen in seiner Arbeit. Möglicherweise kein anderer Präsident der Vereinigten Staaten würde in der Lage sein, sich für so ein intensives Programm zu engagieren, wie er es in den kommenden acht Tagen zu verwirklichen beabsichtigt.

Gemäß diesem Programm wird ihn eine umfangreiche Rundreise zuerst nach Alaska führen, wo er zu den dort stationierten Truppen sprechen wird, dann nach Japan, Singapur, in die Volksrepublik China und nach Südkorea. Er wird an dem Treffen des Forums für Asiatisch–Pazifische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (APEC) und des Verbandes Südostasiatischer Staaten (ASEAN) teilnehmen; Gespräche mit dem Premierminister von Japan und seiner Hoheit, dem Kaiser Akihito, im Land der aufgehenden Sonne führen; mit den Premierministern von Singapur und Korea, dem Präsidenten von Indonesien, Susilo Bambang; dem von Russland, Dmitri Medwedew; und dem der Volksrepublik China, Hu Jintao. Er wird Reden halten und Pressekonferenzen geben; seinen Atomkoffer bei sich haben, und wir hoffen, dass er es nicht nötig haben wird, den bei seiner beschleunigten Rundreise zu verwenden.

Sein Sicherheitsberater teilt mit, dass er mit dem Präsidenten von Russland den Anspruch auf das START-1-Abkommen, das am 5. Dezember abläuft, diskutieren wird. Ohne Zweifel wird ein gewisser Abbau von einem Teil des riesigen Atomarsenals vereinbart werden, der ohne Transzendenz für die Weltwirtschaft und den Frieden auf der Welt ist.

Was gedenkt unser erlauchter Freund auf seiner intensiven Reise zu behandeln? Das Weiße Haus hat es feierlich verkündet: den Klimawechsel, den wirtschaftlichen Aufschwung, die atomare Abrüstung, den Krieg in Afghanistan, die Kriegsrisiken in Iran und der Demokratischen Volksrepublik Korea. Hier ist genügend Material enthalten, um ein Sciencefiction-Buch zu schreiben.

Aber wie wird Obama die Klimaprobleme lösen, wo doch die Position seiner Delegation bei den Vorbereitungstreffen des Gipfels von Kopenhagen über die Treibhausgas-Emissionen die schlimmste aller reichen Industrieländer war, sowohl in Bangkok als in Barcelona, denn die Vereinigten Staaten haben weder das Kyoto-Protokoll unterzeichnet, noch ist die Oligarchie jenes Landes zur wirklichen Kooperation bereit.

Wie wird er zur Lösung der schwerwiegenden Wirtschaftsprobleme beitragen, die einen Großteil der Menschheit betreffen, wo doch die Gesamtschuld der Vereinigten Staaten – einschließlich die der Bundesregierung, die der Regierungen der Bundesstaaten und Lokalverwaltungen, der Unternehmen und Familien – 57 Billionen zum Jahresschluss 2008 betrug, was mehr als 400 % ihres BIP entspricht, und das Haushaltsdefizit jenes Landes sich im Steuerjahr 2009 auf knapp 13% seines BIP erhöhte. Eine Angabe, die Obama ohne Zweifel nicht unbekannt ist.

Was kann er Hu Jintao anbieten, wo doch seine Politik offen protektionistisch gewesen ist, um die chinesischen Exporte zu schädigen; wo er um jeden Preis fordert, dass die chinesische Regierung den Yuan aufwertet, was die zunehmenden Importe der Dritten Welt aus China beeinträchtigen würde.

Der brasilianische Theologe Leonardo Boff – der kein Jünger von Karl Marx ist, sondern ein ehrlicher Katholik, von denjenigen, die nicht bereit sind, dem Imperialismus in Lateinamerika Hilfestellung zu leisten – hat kürzlich Folgendes behauptet: „…wir setzen uns der Gefahr unser Zerstörung und der Verwüstung der Lebensvielfalt aus.”

„…Knapp die Hälfte der Menschheit lebt heute auf einem Lebensniveau unterhalb der Armutsgrenze. Von den 20% der Reichsten werden 82,49% aller Reichtümer der Erde verbraucht und die 20% der Ärmsten müssen sich mit einem so kleinen Anteil wie 1,6% für ihren Lebensunterhalt begnügen.“ Er zitiert die FAO und warnt, dass: „…in den kommenden Jahren wird es 150 bis 200 Millionen Klimaflüchtlinge geben.“ Und er fügt seinerseits hinzu: „die Menschheit verbraucht heute 30 % mehr als die Regenerierfähigkeit beträgt… Die Erde gibt unmissverständliche Zeichen, dass das für sie nicht mehr haltbar ist.”

Das, was er behauptet, stimmt, aber Obama und der Kongress der Vereinigten Staaten haben es noch nicht mitbekommen.

Was hinterlässt er uns in der Hemisphäre? Das beschämende Problem von Honduras und die Annexion von Kolumbien, wo die Vereinigten Staaten sieben Militärstützpunkte einrichten werden. In Kuba haben sie vor über 100 Jahren einen Militärstützpunkt angelegt und diesen halten sie immer noch gewaltsam besetzt. Dort haben sie das schreckliche, weltweit bekannte Folterzentrum installiert, dessen Schließung Obama immer noch nicht gelungen ist.

Ich bleibe bei meiner Meinung, dass es in Lateinamerika sechs bis acht rechte Regierungen, Verbündete des Imperiums, geben wird, bevor Obama sein Mandat beendet. Bald wird auch der am weitesten rechtsorientierte Sektor der Vereinten Staaten versuchen, sein Mandat auf vier Regierungsjahre zu beschränken. Ein Nixon, ein Bush, oder jemand wie Cheney wird erneut Präsident sein. Dann würde vollkommen klar zutage kommen, was diese absolut ungerechtfertigten Militärstützpunkte bedeuten, die heute unter dem Vorwand der Bekämpfung des Drogenhandels – einem Problem, das aufgrund der vielen, aus den USA der organisierten Kriminalität und zur Drogenherstellung in Lateinamerika injizierten Milliarden Dollar geschaffen wurde - alle Völker von Südamerika bedrohen.

Kuba hat bewiesen, dass das, was zur Drogenbekämpfung benötigt wird, Gerechtigkeit und soziale Entwicklung sind. In unserem Land ist der Kriminalitätsindex d.h. die Anzahl der Verbrechen pro 100.000 Einwohner, einer der niedrigsten der Welt. Kein anderes Land dieser Hemisphäre kann so geringe Kennziffern der Gewalttätigkeit aufweisen. Es ist bekannt, dass trotz der Blockade kein anderes Land so ein hohes Bildungsniveau besitzt.

Die Völker Lateinamerikas werden den heftigen Angriffen des Imperiums standzuhalten wissen!

Die Reise von Obama scheint eine Sciencefiction Story zu sein.



Fidel Castro Ruz

11. November 2009
19:16 Uhr

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