Donnerstag, 8. April 2010

Der 9. Kongress des kommunistischen Jugendverbandes von Kuba

Reflexionen des Genossen Fidel: Der 9. Kongress des kommunistischen Jugendverbandes von Kuba

Ich habe das Privileg genossen, die Schlusssitzung des im Kongresspalast stattfindenden 9. Kongresses des Kommunistischen Jugendverbandes von Kuba am vergangenen Sonntag, dem 4. April, in Wort und Bild, in Ideen und Argumenten direkt verfolgen zu können, und die Gesichter, die Reaktionen und den Applaus der teilnehmenden Delegierten zu sehen. Die Fernsehkameras nehmen Details aus viel größerer Nähe und besseren Sichtwinkeln auf als die Augen der zu jeglichem Event anwesenden Personen.

Ich übertreibe nicht mit der Behauptung, dass dies einer der bewegendsten Augenblicke meines langen, mit vielen Höhen und Tiefen versehenen Lebens war. Ich konnte nicht dort sein, aber ich habe es in mir selbst erlebt, so wie jemand, der die Welt jener Ideen durchläuft, für die er Dreiviertel seines Lebens gekämpft hat. Ideen und Werte würden jedoch für einen Revolutionär zu nichts nützen, ohne die Pflicht, jede Minute seines Lebens zu kämpfen, um die Unwissenheit zu besiegen, mit der wir alle zur Welt kommen. Auch wenn es Wenige zugeben, so spielen doch der Zufall und die Umstände eine entscheidende Rolle bei den Ergebnissen jeglichen menschlichen Werks.

Der Gedanke an so viele Revolutionäre mit viel mehr Verdiensten, die nicht einmal den Tag des Sieges jener Sache erleben konnten, für die sie gekämpft haben und gestorben sind, ob es nun die Unabhängigkeit gewesen ist oder eine tief greifende soziale Revolution in Kuba, – beide schließlich untrennbar miteinander verbunden - macht traurig. Seit Mitte der 1950er Jahre, Jahr in dem ich mein Hochschulstudium beendet habe, hielt ich mich für einen radikalen und fortschrittlichen Revolutionär, und dies dank der mir zugekommenen Ideen von Martí, Marx und weiteren Denkern und Helden, einer unzähligen Schar von ihnen, die eine bessere und gerechtere Welt wünschten. Damals war knapp ein Jahrhundert vergangen, seitdem unsere Landsleute am 10. Oktober 1868 den ersten Unabhängigkeitskrieg unseres Landes gegen das begonnen hatten, was in Amerika von einem die Sklaverei befürwortenden Imperium mit Kolonialsystem übrig gebliebenen war. Der mächtige Nachbar des Nordens hatte beschlossen, unser Land wie eine reife, von einem verfaulten Baum abfallende Frucht zu annektieren. In Europa hatten schon kraftvoll der Kampf und die sozialistischen Ideen des Proletariats gegen die Bourgeoisie-Gesellschaft begonnen, gegen jene, die auf der Grundlage der historischen Gesellschaftsgesetze während der im Juli 1789 ausgebrochenen Französischen Revolution, die sich an den Ideen von Jean-Jaques Rousseau und der Enzyklopädisten des 18. Jahrhunderts inspiriert hatte, die Macht ergriffen hatten. Dieselben Ideen lagen ebenfalls der Erklärung von Philadelphia vom 4. Juli 1776 zugrunde, die Träger der revolutionären Ideen jener Zeitepoche war. Mit zunehmender Häufigkeit vermischen und überschneiden sich die Geschehnisse in der Menschengeschichte.

Der selbstkritische Geist, die unaufhörliche Notwendigkeit zum Lernen und Studieren, zum Beobachten und Überlegungen anstellen, sind meines Erachtens Eigenschaften, auf die kein revolutionärer Kader verzichten kann.

Meine Ideen waren schon sehr zeitig unvereinbar mit der verhassten Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, einem brutalen Konzept, auf dem die kubanische Gesellschaft unter der Schirmherrschaft des mächtigsten je bestehenden Imperiums beruhte. Die Kernfrage - und das mitten im Kalten Krieg - bestand in der Suche nach einer Strategie, die sich den konkreten und eigenen Voraussetzungen unseres kleinen Landes anpasste, welches dem niederträchtigen Wirtschaftssystem unterworfen war, das über die militärische Gewalt, die Täuschung und das Medienmonopol, das die politischen Meinungen der Mehrheit der Bürger zu Reflexreaktionen machten, einem Volk von fast Analphabeten auferlegt worden war, obwohl dieses eine heldenhafte Tradition aufzuweisen hatte. Trotz dieser traurigen Wirklichkeit konnten sie jedoch nicht das tiefgehende Unbehagen verhindern, das sie in der riesigen Mehrheit der Bevölkerung aufgrund der Ausbeutung und des Missbrauchs solch eines Systems erzeugten.

Nach dem zur Neuaufteilung des Planeten – was die Ursache des zweiten Gemetzels war, das knapp 20 Jahre nach dem vorangegangenen erfolgte - veranstalteten Zweiten Weltkrieg, welcher dieses Mal von der äußersten faschistischen Rechten vom Zaune gebrochen worden war und 50 Millionen Menschenleben gekostet hat, darunter die von circa 27 Millionen Sowjetbürgern, herrschten auf der Welt eine gewisse Zeit demokratische Gefühle und die Symphatien gegenüber der UdSSR, gegenüber von China und den anderen in jenem Krieg verbündeten Staaten, welcher mit der unnötigen Verwendung von zwei Atombomben endete, die den Tod von einigen hunderttausend Menschen in zwei schutzlosen Städten einer schon durch den unaufhaltsamen Vormarsch der Verbündeten besiegten Macht verursachten. Zu diesen Verbündeten gehörten die Truppen der Roten Armee, die in wenigen Tagen das mächtige japanische Heer von Mandschurien besiegt hatten.

Der Kalte Krieg wurde vom neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten fast unmittelbar nach dem Sieg begonnen. Der vorangegangene, Franklin D. Roosevelt, der aufgrund seiner antifaschistischen Haltung in der internationalen Arena Prestige und Symphatie genoss, starb nach seiner dritten Wiederwahl, bevor jener Krieg endete. So nahm sein Vizepräsident Harry Truman das Amt ein, ein farbloser und mittelmäßiger Mann. Dieser ist der Verantwortliche für jene unheilvolle Politik.

Im Besitz der Vereinigten Staaten, des einzigen entwickelten Landes, das aufgrund seiner geographischen Lage keinerlei Zerstörung erlitten hatte, befanden sich fast das ganze Gold des Planeten und die Überschüsse der Industrie- und Agrarproduktion, und es hat der Weltwirtschaft mittels des berühmten Bretton-Wood-Übereinkommens, dessen katastrophale Folgen noch anhalten, kostspielige Bedingungen auferlegt.

Bevor der kalte Krieg begonnen wurde, gab es in Kuba selbst eine recht fortschrittliche Verfassung, die Hoffnung und die Möglichkeiten für demokratische Veränderungen, wenn auch natürlich niemals für eine soziale Revolution. Die Beseitigung dieser Verfassung durch einen reaktionären Putsch inmitten des Kalten Krieges öffnete in unserem Vaterland die Türen für eine sozialistische Revolution, welche der Hauptbeitrag unserer Generation war.

Den Verdienst der Kubanischen Revolution kann man an der Tatsache messen, dass ein so kleines Land solange der feindlichen Politik und den kriminellen Maßnahmen gegen unser Volk seitens des mächtigsten je in der Menschengeschichte entstandenen Imperiums standhalten konnte. Dieses war daran gewohnt, die Länder der Hemisphäre nach seinem Belieben zu lenken und hat eine kleine, wenige Meilen von seinen Küsten entfernte, abhängige und arme Nation unterschätzt. Das wäre ohne jene Würde und die Ethik niemals möglich gewesen, die immer die Aktionen der Politik von Kuba ausgezeichnet haben, des Landes, das von ekelhaften Lügen und Verleumdungen belagert ist. Zusammen mit der Ethik wurden jene Kultur und Bildung und das Bewusstsein aufgebaut, die diese Heldentat des Standhaltens während 50 Jahren möglich gemacht haben. Das war kein persönlicher Verdienst seiner Führungskräfte, sondern hauptsächlich seines Volkes.

Der riesige Unterschied zwischen der Vergangenheit – wo das Wort Sozialismus kaum ausgesprochen werden durfte – und der Gegenwart konnte am Tag der Schlusssitzung des 9. Kongresses des Kommunistischen Jugendverbandes von Kuba in den Reden der Delegierten und den Worten des Vorsitzenden des Staats- und des Ministerrats wahrgenommen werden.

Es ist sehr angebracht, dass das dort Gesagte reproduziert und nachgedruckt und innerhalb und außerhalb des Landes über die verschiedensten Medien bekannt gemacht wird, nicht so sehr wegen unserer Mitbürger, die in diesem Kampf schon über lange Zeit gestählt sind, sondern deswegen, weil es für die anderen Völker der Welt angebracht ist, die Wahrheit zu kennen und die schwerwiegenden Folgen, zu denen das Imperium und seine Verbündeten die Menschheit führen.

Bei seiner kurzen, tiefgründigen und genauen Schlussrede hat Raúl bei mehreren äußerst wichtigen Themen die I-Punkte gesetzt. Die Rede war ein harter Dolchstoß bis in die innersten Eingeweide des Imperiums und seiner zynischen Verbündeten, als er Kritik und Selbstkritik zum Ausdruck brachte, welche die Moral und die Kraft der Kubanischen Revolution stärker und unerschütterlicher machen, wenn wir konsequent mit dem sind, was uns tagtäglich ein so dialektischer und tiefgehender Prozess unter den konkreten Bedingungen von Kuba lehrt.

Das Imperium war so daran gewöhnt, seinen Willen aufzuzwingen, dass es den Widerstand geringschätzte, dessen ein kleines lateinamerikanisches Land der Karibik, 90 Meilen vor seinen Küsten fähig ist; ein Land, in dem es der Eigentümer von dessen wichtigsten Reichtümern war, die Überwachung seiner politischen und Handelsbeziehungen monopolisierte und dem es mit Gewalt, gegen den Willen der Nation und unter dem Deckmantel eines legalen Abkommens, dem sie außerdem Verfassungsstatus verliehen, einen Militärstützpunkt aufzwang. Sie haben den Wert der Ideen gegenüber ihrer riesigen Macht gering geschätzt.

Raul hat sie daran erinnert, wie die Söldnertruppen in Girón (Schweinebucht) vor Ablauf von 72 Stunden nach der Landung besiegt wurden, und zwar vor den Augen der Yankee-Flotte; die Beharrlichkeit, mit der unser Volk während der Raketenkrise von 1962 unerschütterlich blieb und keine Inspektion unseres Hoheitsgebiets durch die Vereinigten Staaten zuließ, – nachdem im Vertrag zwischen der UdSSR und jenem Land die nicht mit uns abgesprochene Formel vereinbart worden war, die die nationale Souveränität verletzte – und das trotz der unschätzbaren Anzahl von Atomwaffen, die auf die Insel gerichtet waren.

Ebenfalls fehlte nicht der Bezug auf die Folgen der Auflösung der UdSSR, welche den Fall um 35% unseres BIP bedeutete und von 85% des Außenhandels von Kuba, wozu noch die Intensivierung der kriminellen Handels-, Wirtschafts- und Finanzblockade gegen unser Land kam.

Fast 20 Jahre sind seit jenem traurigen und verhängnisvollen Ereignis vergangen, trotzdem existiert Kuba witer, entschlossen standzuhalten. Aus diesem Grund gewinnt die Notwendigkeit an Bedeutung, alles zu überwinden und zu meistern, was gegen die gesunde Entwicklung unserer Wirtschaft konspiriert. Raúl hat stets daran erinnert, dass heute das dem Planeten auferlegte imperialistische System ernsthaft das menschliche Überleben bedroht.

Wir verfügen in der Gegenwart über ein Volk, das sich vom Analphabetismus zu einem der Völker mit dem höchsten Bildungsniveau auf der Welt entwickelt hat, das Besitzer der Massenmedien und in der Lage ist, das notwendige Bewußtsein zu schaffen, um alte und neue Schwierigkeiten zu überwinden. Unabhängig des Erfordernisses, das Wissen zu fördern, wäre es absurd zu ignorieren, dass die Notwendigkeit zu arbeiten und die materiellen Güter zu schaffen, die die Gesellschaft braucht die Hauptpflicht eines Bürgers in einer jedes Mal komplizierteren und wechselhafteren Welt ist. Die Revolution ist sich dessen bewußt, dass je mehr der Mensch weiß, desto nützlicher wird er in seinem Leben sein, aus diesem Grund proklamierte sie die Universalisierung des Wissens; wobei niemals aufgehört wurde, die ehrwürdige Pflicht zur Arbeit zu preisen, die für die Gesellschaft erforderlich ist. Im Gegenteil, die körperliche Arbeit ist für die menschliche Bildung und Erziehung und Gesundheit notwendig, deswegen, und einem Prinzip von Martí folgend, wurde bereits rechtzeitig die Konzeption Lernen und Arbeit proklamiert. Unser Bildungswesen ist beträchtlich vorangeschritten, als das Lehrerwerden als Pflicht erklärt wurde und sich zehntausende junge Leute für das Bildungswesen entschieden haben ― bzw. für das, was die Gesellschaft am meisten brauchte. Eines dieser Prinzipien zu vergessen, würde dazu führen, in Konflikt zum Aufbau des Sozialismus zu geraten.

Genau wie alle Völker der Dritten Welt ist Kuba Opfer des unverschämten Raubes intelligenten Köpfen und jungen Arbeitskräften. Man kann dieser Ausplünderung unserer Human-Ressourcen niemals Hilfestellung leisten.

Die Aufgabe, der jeder Einzelne sein Leben widmet, kann nicht nur das Ergebnis des persönlichen Wunsches sein, sondern auch der Erziehung. Die Umqualifizierung ist eine unverzichtbare Notwendigkeit jeder menschlichen Gesellschaft.

Die Partei- und Staatskader werden mehr mit Problemen von immer grösserer Kompliziertheit konfrontiert sein. Von den Verantwortlichen für die politische Erziehung werden mehr, als jemals zuvor und gerade wegen der Vielschichtigkeit ihrer Arbeit umfangreichere Geschichts- und Wirtschaftskenntnisse verlangt. Es reicht, die Nachrichten zu lesen, die aus der ganzen Welt veröffentlicht werden, um zu verstehen, dass die Unwissenheit und die Oberflächlichkeit mit den politischen Verantwortungen absolut inkompatibel sind. Die Reaktionäre, die Söldner; diejenigen, die sich dem Konsumverhalten sehnen und die Arbeit und das Lernen verweigern, werden mehr und mehr im öffentlichen Leben an Platz verlieren. In der menschlichen Gesellschaft werden niemals die Demagogen, die Opportunisten fehlen, diejenigen, die sich auf der Suche nach Beliebtheit nach leichten Lösungen sehnen, aber diejenigen, die die Ethik verraten, werden immer geringere Möglichkeiten zum Betrügen haben. Der Kampf hat uns gezeigt, welchen Schaden der Opportunismus und der Verrat verursachen können.

Die Ausbildung und Erziehung der Kader wird die wichtigste Aufgabe sein, die die revolutionären Parteien beherrschen müssen. Es wird niemals leichte Lösungen geben; die Strenge und die Anforderung werden vorherrschen müssen. Wir müssen uns auch besonders vor denjenigen schützen, die zusammen mit dem Schmutzwasser die Prinzipien und die Träume der Völker ausschütten.

Seit Tagen hatte ich den Wunsch, über den Kongress der Jugend zu sprechen, aber ich wollte lieber seine Verbreitung in den Medien abwarten und somit keinen Platz in der Presse wegzunehmen.

Gestern, am 7. April, war der Geburtstag von Vilma. Bewegt habe ich im Fernsehen ihre eigene Stimme mit der erlesenen Begleitung eines Klaviers gehört. Mit jeden Tag schätze ich mehr ihre Arbeit und alles, was sie für die Revolution und für die kubanische Frau geleistet hat. Die Gründe zum Kampf und zum Siegen multiplizieren sich jeden Tag.


Fidel Castro Ruz

8. April 2010
15:40 Uhr

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