Dienstag, 7. August 2007

Der schriftliche Nachweis

Reflexion des Comandante en Jefe: Der schriftliche Nachweis

Auf der Welt geschehen viele sehr wichtige Dinge. Manche haben etwas mit Kuba zu tun. In unserem Land kommen manchmal Nachrichten an, die viel mehr Bedeutung haben, als eine meiner einfachen Reflexionen mit der Absicht, Bewusstsein zu schaffen.

Das Interview von Gerardo Hernández Nordelo, einem unserer Fünf Helden, mit der BBC, das gestern im Fernsehen gebracht wurde, hat mich sehr beeindruckt: so ein menschlicher Inhalt, solch Tiefgründigkeit, solche Brillanz, so etwas kann nur aus einem Geist hervorgehen, der 9 Jahre ungerechte psychische Folter erlitten hat. Wir können nur darum bitten, dass das Programm Podiumsgespräch uns weiter über den historischen Prozess um das Schicksal der heldenhaften Mitbürger informiert.

Währenddessen fährt die Presse in Brasilien fort weitere Nachrichten zu suchen und über jene von den Boxern durchgeführten Aktivitäten zu informieren, nachdem diese, die Regelstrenge verletzend, aus der Unterkunft der kubanischen Delegation weggegangen sind.

Eine am 3.August in Rio de Janeiro datierte Agenturmeldung von EFE berichtet:

“Nachdem sie am Donnerstag in einem Strandbad an der Nordküste von Rio de Janeiro überrascht worden waren, wo sie mehrere Tage an der Seite eines kubanischen Unternehmers und eines anderen, eines Deutschen, sowie von drei Prostituierten verbracht haben, wurden die Boxer in den frühen Morgenstunden des heutigen Tages in ein Hotel gebracht, wo sie von Polizisten der Bundespolizei bewacht worden sind.

Rigondeaux und Lara wurden am Donnerstag im Strandbad von Araruama von Polizisten der Militärpolizei von Rio de Janeiro zurückgehalten. In ihren Erklärungen vor der Bundespolizei haben die Boxer ausgesagt, dass sie Reue empfinden und nach Kuba zurückkehren möchten, und dass sie angeblich Opfer eines Coups gewesen seien, wozu sie von den Unternehmern gedopt worden seien, bevor sie aus der Panamerikanischen Villa abgeholt wurden. Die Athleten lehnten die Hilfe von zwei Rechtsanwälten ab, die im Büro der Bundespolizei vorstellig wurden und darauf bestanden, sie zu vertreten.

Die beiden Kubaner sind jedoch in verschiedenen Strandbädern der Nordküste von Rio de Janeiro in vollkommener Freiheit gesehen worden, wie sie die Bequemlichkeiten der Stundenhotels und die Feiern voller alkoholischer Getränke und Frauen genossen. Nach Aussagen von durch O Globo befragten Stundenhotelbesitzern im Strandbad Saquarema haben die beiden Boxer zusammen mit dem kubanischen und deutschern Unternehmer mehrere Tage in dieser Stadt verbracht, bevor sie in Begleitung der drei in Rio de Janeiro engagierten Prostituierten nach Araruama gereist sind. ‘Sie sind gute Menschen, sie haben uns behandelt, als ob wir ihre Freundinnen wären und haben sogar gesagt, dass sie unsere Abwesenheit bedauern werden’, sagte eine der Frauen, die in Erklärungen an O Globo zugab, ungefähr 100 Dollar pro Tag bekommen zu haben.”

Das sind unangenehme, aber wesentliche Einzelheiten und ich kann keine anderen Ausdrücke als jene verwenden, welche von der Presseagentur in ihrer Mitteilung aufgeführt wurden. Ich stelle mir vor, dass die Boxer selbst ihre nächsten erwachsenen Familienangehörigen hierüber informiert haben.

Gestern, am Montag, den 6., behauptete eine weitere Meldung der gleichen Agentur:

“Die brasilianische Polizei sagte, dass sie den zwei kubanischen Boxern, die in ihr Land deportiert wurden, nachdem sie während der Panamerikanischen Spiele von Rio de Janeiro verschwunden waren, ihre Version glaubt, gemäß der sie von zwei Unternehmern gedopt und überlistet worden seien, welche sie nach Deutschland bringen wollten.

’Wir vertrauen in das, was sie uns gesagt haben und uns scheint ihre Version denkbar und möglich’, erklärte heute der für die Untersuchungen zuständige Kommissar der Bundespolizei Felicio Latera an EFE.”

“’Die brasilianische Bundespolizei stellt keine Nachforschungen über die angebliche Desertion der zwei Kubaner an, sondern über die Unternehmer, die versucht haben, sie mitzunehmen’, bestätigte der Kommissar.”

Mit demselben Datum und in derselben Meldung informierte die Agentur EFE Folgendes:

“In einem Interview mit einer brasilianischen Tageszeitung gab der deutsche Unternehmer Ahmet Öner, Promoter der vier schon in Deutschland in Asyl befindlichen Boxer zu, dass er die Flucht von Rigondeaux und Lara organisiert habe und dafür circa eine halbe Million Dollar bezahlt habe.”

Wir zweifeln unsererseits nicht daran, dass die Bundespolizei den zwei Athleten ihre Reue geglaubt hat. Die Aufgabe der genannten Einrichtung war es, mit dem kubanischen Konsulat die von den Boxer so dringlich geforderten Dokumente in die Wege zu leiten und das mit ihnen Geschehene nach 12 Tagen Abwesenheit zu erklären.

Das Wesentliche für die riesige Mehrheit unseres Volkes ist, zu erfahren, welches das moralische Verhalten der Athleten war, die es mit soviel Aufopferung erzieht und ausbildet.

Meines Erachtens entspricht die größere Verantwortung Erislandy Lara, welcher der Kapitän der Boxmannschaft war und selbst so Regeln verletzte und direkt in die Hände der Söldner geriet. Er ist 24 Jahre alt und Universitätsstudent für Körperkultur und Sport. Beide Boxer ignorieren den Einfluss, den jene engen Freundschaftsbeziehungen auf ihr Verhalten ausübten, die sie mit den drei in Venezuela bestochenen Boxern aufrecht erhielten, obwohl ihnen sicherlich die redselige Indiskretion unbekannt war, mit welcher der Besitzer des Mafia-Unternehmens reden würde, nachdem sie nicht zum Wiegen erscheinen würden.

Beide Athleten zeigten sich abgeneigt, mit der Presse zu sprechen. Ein Journalist der Zeitung Granma, Miguel Hernández, erwartete sie auf dem Flughafen und sprach mit ihnen über das Thema. Er war danach enttäuscht über die Antworten, als er versuchte, einen Artikel zu schreiben, der von der Ehrlichkeit der Boxer überzeugte.

Julita Osendi, Fernsehreporterin und gut über die Panamerikanischen Spiele von Rio informiert, beantragte, sie zu besuchen und bemühte sich, sie zu überzeugen, dass sie in aller Offenheit sprechen sollten. Sie sprachen etwas offener und erzählten ihr einige zusätzliche Einzelheiten über ihr ungewöhnliches Abenteuer, aber das Endergebnis war das Gleiche.

Ich habe Genossen Fernández, Vizepräsident des Ministerrats, der unter anderem solche Einrichtungen wie das Sportministerium INDER betreut, gebeten, mir eine Transkription des Interviews von Osendi mit Erislandy Lara und Guillermo Rigondeaux zu schicken. Mir reichte es nicht, es zu sehen, ich wollte jede Frage und jede Antwort analysieren. Die Niederschrift nimmt den doppelten Raum dieser Reflexion ein.

Ich werde Granma bitten, dass sie diese auf der Sportseite bzw. einer anderen Sparte veröffentlichen, damit ein schriftlicher Nachweis der Unterhaltung bleibt.

Viele arme Länder haben keine Probleme mit dem Professionalismus, aber in ihnen sterben auch aufgrund fehlender Sportübungen viele Menschen vorzeitig bzw. leiden Krankheiten, die sie zu Invaliden machen. Unter jener Tragödie leiden aufgrund der Unzulänglichkeiten in ihrem morschen System und dem merkantilistischen Geist ihrer ärztlichen Dienstleistungen ebenfalls die entwickelten reichen Länder.

Der Athlet, der seine Delegation verlässt, ist wie der Soldat, der seine Kameraden inmitten des Kampfes verlässt. Kuba verfügt über viele gute Sportler, aber es hat sie niemandem weggenommen. Das Volk genießt außerdem ihre wunderbaren Auftritte. Das ist schon Teil seiner Kultur, seines Wohlbefindens und seines geistigen Reichtums.

Die Revolution hat ihr gegebenes Wort erfüllt. Sie hat versprochen, den Athleten eine menschliche Behandlung zuteil werden zu lassen, sie unmittelbar mit ihren Familienangehörigen zusammenzubringen, ihnen Zugang zur Presse zu geben, wenn sie dies möchten und ihnen eine anständige Arbeit entsprechend ihren Kenntnissen zuzuweisen. Ebenso haben wir uns gewissenhaft um ihren Gesundheitszustand gekümmert, wie wir es mit allen Bürgern tun.

Aufgrund einer elementaren Gerechtigkeit war es unumgänglich, sie anzuhören, das Maß ihrer Reue in Erfahrung zu bringen, die sie zu spüren angaben, als sie sich in solch schmerzliche Episode verwickelt sahen.

Wir haben unserem Volk die Elemente vorgelegt, die wir zusammenbringen konnten, damit es sich ein Urteil bilden kann. Sie möchten jetzt schon mit ihren Familienangehörigen weggehen. Sie sind an einem Punkt angekommen, an dem es keine Rückkehr als Teil einer kubanischen Delegation in dieser Sportart gibt.

Wir dagegen müssen den Kampf fortsetzen. Es ist jetzt gerade, fast ein Jahr im Voraus, der Augenblick gekommen, die Liste der kubanischen Boxer aufzustellen, die an der Olympiade in Peking teilnehmen werden. Sie müssen zuerst in die Vereinigten Staaten reisen, um an der Weltmeisterschaft teilzunehmen, einem der drei Veranstaltungen, die für die Olympischen Spiele klassifizieren. Stellt euch die Haie der Mafia vor, wie sie frisches Fleisch fordern.

Wir müssen sie auf etwas hinweisen: wir sind nicht begierig, ihnen dies frei Haus zu liefern. Kuba wird keinen Deut seiner Ehre und seiner Ideen für olympische Goldmedaillen opfern; die Moral und der Patriotismus seiner Athleten wird über alles siegen. Wir wissen, dass im Boxsport die Ausmaße des Rings und die Handschuhe verändert wurden, um unser Land zu schädigen, das so viele Medaillen in diesem Sport gewinnt, bis erreicht wird, dass das Profiboxen ebenfalls bei den Olympiaden zugelassen wird.

Die Sportbehörden analysieren alle möglichen Varianten, einschließlich die Liste der Boxer zu verändern bzw. gar keine Delegation zu entsenden, trotz der zu erwartenden Bestrafungen. Sie überprüfen ebenfalls zu befolgende Strategien und Taktiken.

Wir werden unsere prinzipienfeste Politik beibehalten, obwohl die Welt sich immer mehr dem Professionalismus verschreibt und wie zu Zeiten von Kid Chocolate, einem echten Genie, keine einzige Medaille für den gesunden Sport existiert und nur ein Sport denkbar ist, der für das Lancieren von unschlagbaren Bällen, für die Home Runs und für das Verteilen und Aushalten von Boxschlägen ohne jeglichen Schutz einen Preis festlegt. In so eine Zeit kehren wir niemals zurück.

Der gesunde Sport ist unvereinbar mit dem übertriebenen Konsumverhalten und der Vergeudung, welche die Wurzeln der jetzigen nicht umkehrbaren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise der globalisierten Welt bilden.

Fidel Castro Ruz
7. August 2007
20:25 Uhr

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