Freitag, 19. September 2008

Die Laster und die Tugenden

Reflexionen des Genossen Fidel: Die Laster und die Tugenden

Wir sprachen gestern vom finanziellen Ike, der das Imperium verrückt macht. Dieses hat noch nicht die Art und Weise gefunden, das übertriebene Konsumverhalten mit den ungerechten Kriegen, den Militärausgaben und den enormen Investitionen in der Militärindustrie zu vereinbaren, welche töten, aber weder dazu dienen, die Völker zu ernähren, noch deren elementare Bedürfnisse zu decken.

Nichts könnte den entfremdenden Widerspruch besser beschreiben, als die Worte von Senator Richard Shelby, des wichtigsten Republikaners des Bankenausschusses im Senat der Vereinigten Staaten (United States Senate Comittee on Appropiations), als er dem Fernsehkanal BBC folgende Erklärungen abgab: „Wir wissen nicht, wie viel das kosten wird. Möglicherweise 500 Milliarden bis zu einer Billion Dollar, und das werden die Verbraucher früher oder später zu spüren bekommen, bzw. das wird eine Schuld sein, die wir alle oder später unsere Kinder bezahlen werden müssen”, berichtet die britische Nachrichtenagentur Reuters.

Niemand kann das Schicksal der entwickelten kapitalistischen Welt bezweifeln und das Los, das sie Milliarden Menschen des Planeten verspricht.

Der Kampf ist zum jetzigen Zeitpunkt der einzig mögliche Weg für die Völker, um eine Gemeinschaft zu erreichen, in der man mit sozialer Gerechtigkeit und Würde leben kann, d.h. das Gegenteil des Kapitalismus und der Prinzipien, welche dem widerlichen und ungerechten System zugrunde liegen. Im harten Kampf zur Erreichung dieser Zielstellungen ist der egoistische Instinkt des Menschen der schlimmste Feind. Wo der Kapitalismus die ständige Nutzung dieses Instinkts bedeutet, ist der Sozialismus der unaufhörliche Kampf gegen diese natürliche Tendenz. Wo zu anderen geschichtlichen Zeitpunkten die Alternative im Zurück zur Vergangenheit bestand, gibt es heute eine solche Alternative nicht. Es geht um einen Kampf, den vor allem unsere ruhmreiche Partei ausfechten muss.

Jede Bekundung von Privilegien, Korruption bzw. Diebstahl muss bekämpft werden und da gibt es keinerlei möglichen Ausweichens für einen echten Kommunisten. Jede Art von Schwäche in diesem Sinne ist vollkommen unzulässig. Diese hat nie die tausenden von Männern und Frauen gekennzeichnet, die freiwillig die internationalistische Pflicht erfüllen gegangen sind, welche die Kubanische Revolution mit Ruhm und Ehre überhäuft hat. In jenen Prinzipien der Ethik und Reinheit haben sich die Ideen von José Martí und aller derer inspiriert, die ihm vorangegangen sind.

Jetzt, inmitten des kürzlich erlittenen heftigen Schlags durch die Hurrikans, ist der Zeitpunkt gekommen, zu zeigen, wozu wir in der Lage sind.

Der Diebstahl in Fabriken, Lagern, an Tankstellen, in Hotels, Restaurants und bei anderen Tätigkeiten, wo mit Ressourcen bzw. Geld umgegangen wird, muss ohne Pause von den Parteimitgliedern bekämpft werden. Wenn jemand, der Parteimitglied ist, solch eine beschämende Handlung begeht, muss er, außer den auf rechtlichem Wege zu treffenden Maßnahmen unterworfen zu werden, von der Partei eine Sanktion auferlegt bekommen, ohne Extremismus, aber auf durchdachte und wirksame Art und Weise. Der Kapitalismus ist Opfer des gemeinen Verbrechens und verteidigt sich diesem gegenüber mittels technisch hoch entwickelten Mitteln, der Arbeitslosigkeit, durch den sozialen Ausschluss, den Mord und sogar die äußerste Gewalt, die gegenüber dem Drogenhandel schon nutzlos ist, welcher in einigen lateinamerikanischen Ländern jedes Jahr hunderte und sogar tausende Menschenleben kostet.

Die Arbeit der Kader in einer Welt, wo die Anstachelung zum ausschweifenden Konsumverhalten durch alle Rundfunk-, Fernseh-, Elektronik- und Printmedien permanent ist und die Methoden zur Verführung des Menschen aus Labors und Forschungszentren kommen, ist nicht leicht. Man braucht nur zu sehen, was mit der so genannten Werbung geschieht, für die die Verbraucher jedes Jahr über eine Billion zahlen. Die Werbespots werden so oft wiederholt, dass sie aufgrund ihrer Banalität fast allen Menschen auf die Nerven gehen.

Aber der Diebstahl ist weit davon entfernt, das einzige Übel zu sein, das der Revolution schadet. Es gibt bewusste und tolerierte Privilegien und bürokratische Erfindungen. In einer zeitweiligen Situation zugeteilte Ressourcen werden zu ständigen Ausgaben und Inputs.

Alles das beeinträchtigt die materiellen Reserven und die Rücklage an Divisen des Landes, was zu Mangel an Produkten und Geldumlaufüberschuss führen kann. Dasselbe geschieht, wenn diejenigen, die reichlich Geld zur Verfügung haben, schnell übermäßig viel von dem kaufen, was in den Devisenläden verkauft wird.

Es gibt staatliche Organe mit der Tendenz, im Wettbewerb um die verfügbaren Fachkräfte und Arbeitskräfte die Privilegien zu verallgemeinern oder viel mehr zu geben. Sie werden manchmal zu „Timbiricheros“ (etwa: Kleinkrämern) mit echt kapitalistischen Methoden auf der Suche nach Einkommen, um Ressourcen zu verwalten, mit denen sie die Rolle der Effizienten spielen und die gefällige Unterstützung der ihrigen gewinnen können. Das sind bürgerliche und nicht proletarische Gewohnheiten, und wir alle haben die heilige Pflicht, diese an uns selbst und bei anderen zu bekämpfen.

Es gibt Länder, die nicht davor zurückschrecken, die Todesstrafe für diese Delikte anzuwenden. Ich glaube nicht, dass das in unserem Fall notwendig wäre. Aber es sollen auch nicht schwachsinnigerweise die Unverbesserlichen in unseren Gefängnissen belohnt werden; sie sollen einen Beruf erwerben, aber nie im Leben zu Wissenschaftlern gemacht werden.

Während meines gesamten revolutionären Lebens habe ich gesehen, wie diese Laster an der Seite der Tugenden heranwuchsen. Es bilden sich ebenfalls Willensschwächen in einigen Bürgern heraus, die sich daran gewöhnen, etwas zu empfangen und wenig Zeit darauf verwenden, zu überlegen, die Zeitungen zu lesen und sich über die Realitäten zu informieren. Der Feind kennt auf seiner Suche nach Spionen und Verrätern die menschlichen Schwächen zur Genüge, aber nicht die Kehrseite der Medaille: die riesengroße Fähigkeit des Menschen zur bewussten Aufopferung und dem Heroismus. Die Eltern würden gern ihren Kindern materielle Güter vermachen, aber sie ziehen es vor, ihnen die Erbschaft eines würdigen und angesehenen Lebens zu hinterlassen, damit es sie immer begleiten wird.

Das Imperium ist auf dieser Insel auf ein Volk gestoßen, dass fähig ist, seiner Blockade und seinen Aggressionen jahrzehntelang standzuhalten. Deshalb treibt es seine Maßnahmen gegen Kuba aufs Äußerste. Es versucht dem Land Fachkräfte und seine Arbeitskräfte zu entreißen; wählt diejenigen aus, denen es die vereinbarten mehrere tausend Visa pro Jahr erteilt; während es gleichzeitig die illegale Auswanderung fördert. Es behält sein Cuban Adjustment Act bei und verstärkt es, welches Sonderprivilegien für die illegale Auswanderung der Bürger einiger einzigen Nation der Welt – Kuba – erteilt. Wenn es diese auf die anderen Länder von Lateinamerika ausweiten würde, wäre bald über die Hälfte der Einwohner der Vereinigten Staaten Lateinamerikaner.

Etwas, was noch zynischer ist: Das Imperium rekrutiert Söldner, die die Straffreiheit anstreben, versorgt diese mit der Orientierung und den Mitteln, fördert sie auf internationaler Ebene, und findet Gefallen daran, die Geduld und den Gleichmut der revolutionären Macht auf die Probe zu stellen.

An der Wahrheit wird es unserem Volk nie fehlen.

Wir werden nicht nur ohne Ruhepause gegen unsere eigenen Irrtümer, Schwächen und Laster ankämpfen, sondern ebenfalls die Schlacht der Ideen gewinnen, in der wir uns befinden.

Wenn die Chefs des Imperiums eines sicher sein können, dann der Tatsache, dass weder natürliche Hurrikans noch Hurrikans von Zynismus die Revolution auf die Knie zwingen können.

Wie Martí sagte: Eher wird sich das Nordmeer mit dem Südmeer vereinigen, ehe aus einem Adler-Ei eine Schlange geboren wird.


Fidel Castro Ruz

19. September 2008
20: 45 Uhr

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