Mittwoch, 4. März 2009

Mein Treffen mit Leonel Fernández, Präsident der Dominikanischen Republik

Reflexionen des Genossen Fidel: Mein Treffen mit Leonel Fernández, Präsident der Dominikanischen Republik

Es fand am 2. März, um 16:58 Uhr statt.

Ich habe ihn in der Dominikanischen Republik kennen gelernt, als er zum ersten Mal zum Präsidenten gewählt wurde. Er war mir gegenüber besonders zuvorkommend. Er sprach über seine ersten Bemühungen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit bei der Stromerzeugung auf der Grundlage eines viel geringeren Heizöl-Verbrauchs, da dessen Preise schnell anstiegen.

Niemand hat ihm das Amt geschenkt; er hat es über eine Art natürliche Auslese erreicht. Er stieg in dem Maße politisch auf, in dem sich die geschichtlichen Ereignisse entwickelten.

Als Sohn einer dominikanischen Frau, die – wie viele ihrer Mitbürger – in die Vereinigten Staaten emigriert war, wurde er zusammen mit seinem Bruder in die Stadt New York gebracht, wo er Lesen und Schreiben erlernte.

Er hatte das Glück, dass seine Mutter die Probleme ihres Vaterlandes nicht aus den Augen verlor und ihm revolutionäre Meinungen und Urteilsvermögen vermittelte, die ihn auf die neuen Zeiten vorbereiteten, welche das dominikanische Volk erlebte.

Auf anderen Wegen als ich gelangte er zu eigenen Meinungen, die seine Haltung in ähnlichen und zugleich ganz anderen Situationen bestimmten, als die von mir 23 Jahre früher in Kuba erlebten, als ich vor Vollendung des sechsten Lebensjahrs bei einer jungen Lehrerin und ihren zwei Schwestern lebte, die ohne Zweifel zum Kleinbürgertum von Santiago de Cuba gehörten und unter recht ärmlichen Bedingungen existierten, nachdem die eine an einer Universität von Haiti – des Landes, welches Kuba und dem Vaterland von Leonel Fernández am nächsten gelegen ist - Medizin, die andere den Lehrerberuf und die dritte Klavier studiert hatten.

Ich habe in Santiago de Cuba die harte Erfahrung gemacht, was Hunger bedeutet, ohne zu wissen, worin dieser bestand, da ich ihn für einen riesigen und ungewöhnlichen Appetit hielt. Dort habe ich mit Erstaunen zum ersten Mal eine Stadt gesehen, und die Lehrerin, die während des Regimes von Machado in der Schule von Birán unterrichtete, hatte kein gesichertes Gehalt, aber eine gute finanzielle Unterstützung durch meine Familie, und sie überzeugte diese, mich nach Santiago zu schicken.

Dank des roten Umschlags eines Schulhefts lernte ich addieren, subtrahieren und multiplizieren, bevor ich Lesen und Schreiben konnte. So begann ich die Vorstellungskraft zu entwickeln, aber ich verlor zwei Jahre, die ich später unter Anstrengungen wieder aufholte.

Vielleicht versteht man auf diese Art besser mein Interesse an einem Gespräch mit Leonel im Licht der heutigen Zeit.

Ich lernte Juan Bosch, Historiker und berühmte dominikanische Persönlichkeit, im Jahr 1946 kennen, als ich noch keine 20 Jahre alt, Jura-Student im zweiten Studienjahr und Studentenführer jener Fakultät sowie außerdem Vorsitzender der Organisation für Solidarität mit der dominikanischen Demokratie war, in Unterstützung jenes mutigen Volkes gegen die Trujillo-Tyrannei, die von den US-amerikanischen Kräften errichtet worden war, im Jahr 1928 auf der Insel interveniert hatten.

Bosch und ich gehörten zum Bataillon Sandino – benannt nach dem Helden von Nikaragua, der gegen die Yankee-Eingreifstruppen kämpfte und deshalb, als Folge von einem weiteren imperialistischen Eingreifen in jenem zentralamerikanischen Land, ermordet wurde.

Der anerkannte dominikanische Intellektuelle war nicht der Chef jener Expeditionsgruppe. Sie stand unter Führung von anderen dominikanischen Politikern. Sie handelten fast alle in ehrlicher Absicht, waren aber von den Ideen und Interessen bestimmter Klassen bewegt, einschließlich der Oligarchie und Bourgeoisie.

Das Schlimmste besteht darin, dass von Seiten Kubas die korruptesten Elemente der Partido Revolutionario Cubano (Auténtico) [Revolutionäre Kubanische Partei (Authentisch)] die Leitung innehatten. Diesen Namen hatten sie sich von der von Martí zum Kampf um die Unabhängigkeit von Kuba und Puerto Rico – den beiden letzten kolonialen Enklaven von Spanien in Lateinamerika zu Ende des 19. Jahrhunderts - geschaffenen Revolutionären Kubanischen Partei angeeignet.

Niemand verstand das verworrene Kauderwelsch des Physiologie-Professors Grau San Martín, Erbe der von Antonio Guiteras ausgelösten Revolution. Guiteras war Innenminister der revolutionären Regierung gewesen, welche nach dem Sturz der Regierung des Tyrannen Machado im Jahr 1933 gebildet wurde.

Der schon erwähnte unwissende Hunger vervollständigte das Bild.

Zum Zeitpunkt des Sieges der Revolution am 1. Januar 1959 war Leonel seinerseits gerade sechs Jahre alt.

Jiménez Moya, der zusammen mit anderen dominikanischen Revolutionären in unmittelbarere Nähe der Sierra Maestra mit einem venezolanischen Zivilflugzeug landete, in dem er 150 halbautomatische Garand-Gewehre mitbrachte, die neun Patronen des Typs 30.06 pro Ladestreifen abschossen und ein von Admiral Larrazábal – dem Vorsitzenden der venezolanischen Provisorischen Regierung nach dem Sturz des Yankee-freundlichen Diktators Pérez Jiménez - persönlich geschicktes FAL-Gewehr, schloss sich zusammen mit anderen seiner Landsleute unseren Kräften an, als wir die letzten Kämpfe im Ostteil von Kuba austrugen.

Bei der Belagerung durch ein feindliches Bataillon einer gut trainierten Spezialtruppe wurde er schwer verletzt. Durch die Behandlung unserer Ärzte kam er wieder zu Kräften und war bereit, am 14. Juni 1959 in Santo Domingo operiert zu werden.

An jenem Tag landeten 56 dominikanische Kämpfer um 18:20 Uhr auf dem Trujillo-Militärflughafen von Constanza, da ihnen zu jenem Zeitpunkt keine andere Alternative blieb, als es an dieser Stelle zu tun und nicht am vorgesehenen Ort. Sie starben fast alle nach heldenhaftem Kampf.

Weitere 169 kamen Tage später auf dem Seeweg an und erlitten dasselbe Schicksal. Die von den Kämpfern selbst ausgearbeitete und durch sie koordinierte Idee konnte nicht in die Tat umgesetzt werden. Der Gegner griff wie immer zu Folter und Terror. Das ist eine Geschichte, die zu schreiben noch aussteht.

Das in unseren Kämpfen um die Unabhängigkeit und in den 50er und 60er Jahren gemeinsam vergossene Blut hat unsere Völker für immer vereint.

Schon unter der Eisenhower-Regierung wurde das Land nach dem Sieg der Revolution in Kuba einer eisernen Wirtschaftsblockade unterworfen, einer wilden Terrorkampagne ausgesetzt und schließlich von kubanischen Söldnertruppen über die Schweinebucht in Girón angegriffen.

Im Jahr 1965 lehnt sich Oberst Francisco Caamaño Deñó gegen die Trujillo-Militärs auf und fordert die Rückkehr von Juan Bosch ins Amt, der im Dezember 1961 vom Volke zum Präsidenten gewählt worden war. Ihm und den Offizieren und Soldaten schließt sich eine Gruppe von Revolutionären an, die in Kuba trainiert hatten.

Der dominikanische Kongress wählt ihn zum Präsidenten jenes Landes.

Die von den Ereignissen aufgeschreckte imperialistische US-Regierung sendet die 82. Luftlandedivision und mehr als 40 000 Mann der Marineinfanterie, um die Insel zu besetzen.

Caamaño hat jene mächtige Invasionskräfte im Zaum gehalten und diese so unaufhörlich angegriffen, dass sie gezwungen waren, zu verhandeln. Er hatte geschworen, dass er niemals kapitulieren würde. Als jene eine Vereinbarung mit solchen Garantien unterzeichnet hatten, die sie niemals erfüllten, hat Oberst Caamaño das Hoheitsgebiet verlassen und wurde von der Regierung zum Militärattaché in London ernannt.

Aber er war nicht jene Art Mensch, der sich mit dieser Aufgabe abfindet. Er wollte nach Santo Domingo zurückkehren, um gegen die Unterdrücker seines Volkes zu kämpfen. Er hat sich an uns gewandt und um unsere Kooperation gebeten.

Wir wollten auch nicht, dass er jeden Augenblick ums Leben käme, wir hätten günstigere Umständen gewünscht, aber unser Wort war heilig.

Er hat eine Zeit bei uns gelebt, gestützt auf das Versprechen, ihm die Rückkehr mit den Waffen in der Hand zu ermöglichen, sobald er es entscheiden würde.

Wir werden immer mit großer Ehre das Vertrauen bewahren, das er in unser Volk gesetzt hat.

Das ist eine weitere Geschichte, die mit der erforderlichen Genauigkeit noch geschrieben werden muss.

Mir war bekannt, dass Leonel unter anderem die Kultur unseres Volkes bewundert. Deshalb habe ich mir erlaubt, ihm eine Seite mit 26 Zeilen vorzulegen, die eine sehr kurze Geschichte des schwarzen Dichters Gabriel de la Concepción Valdés enthalten, bekannt als Plácido, dessen Verhaftung zusammen mit anderen seiner Hautfarbe sich am 1. März 2009 erneut jährte. Er wurde beschuldigt, sich gegen die Weißen zu verschwören und nach vier Monaten Haft wurde er am 29. Juni 1844 hingerichtet.

So war das Gerechtigkeitskonzept, das vom spanischen Imperium jahrhundertenlang in Quisqueya und Kuba angewandt wurde.

Als ich die 6. Grundschul-Klasse der Jesuitenschule Colegio Dolores besuchte, habe ich das bekannte Gebet an Gott des genialen Dichters kennengelernt, an das ich mich immer erinnere.

Leonel hat es gelesen. An seiner Seite war Genosse Esteban Lazo, Mitglied des Politbüros, dem vor kurzem von der Partei zugewiesen wurde, den 200. Jahrestag der Geburt des Dichters zu organisieren, Feierlichkeiten, die in 15 Tagen beginnen.

Mich ermuntert es zu wissen, dass unser Volk das Leben, die Ideen und die unübertrefflichen Verse von Plácido kennen lernen wird.

Das Gespräch mit Leonel erreichte seinen Höhepunkt, als es auf das Thema der Kosten der jetzigen Krise zu sprechen kam. Ab diesem Augenblick hört sein Kopf keine einzige Minute auf, Gedanken auszuarbeiten, um in genauen Zahlen jedes der Hauptkapitel der Kosten der jetzigen Krise zu erläutern.

Er beginnt mit der Erklärung der fast universellen Verwirrung und Verwechslung zwischen der Bedeutung der Billion im Englischen und der Billion im Spanischen.

Eine englische Billion bedeutet lediglich eine Milliarde (Tausend Millionen).

Im Spanischen bedeutet Billion eine Million Millionen.

Bei den Mitteilungen und den Zahlen der Agenturmeldungen und der Artikel wird eine enorme Verwirrung ausgelöst.

Deshalb wendet Leonel das Wort Trillion an, um die US-Billion zu bezeichnen, deren genaue Bedeutung einer Million Millionen entspricht.

Wenn er das BIP der Vereinigten Staaten erwähnt, das fast Fünfzehn Millionen Millionen (= Fünfzehn Billionen) beträgt, sagt er dies in dem er feststellt, dass das BIP jener mächtigen Nation sich auf knapp 15 Trillionen Dollar (= Fünfzehn Billionen) beläuft.
Nachdem dieser Klarstellung hört er keine einzige Minute auf zu erläutern, wie viel Bush beim Irak-Krieg ausgegeben hat, was dem jährlichen Haushalts-Defizit jenes Landes hinzugefügt wurde. Das rechnet er Schritt für Schritt bis zum kommenden 19. März. Unmittelbar danach fügt er den Bush-Rettungsplan hinzu und anschließend den Obama-Rettungsplan und so weiter.

In diesem Fall beschränkt er sich auf die Kosten der Krise in den Vereinigten Staaten. Dann beginnt er zu rechnen, was das in den europäischen Ländern kostet, zuerst in denen der Eurozone, die von der Europäischen Zentralbank unterstützt werden, und an zweiter Stelle in allen osteuropäischen Ländern und zuletzt in Großbritannien und Schweden.

Ohne abzubrechen beginnt Leonel, die Kosten in den anderen Ländern der Welt durchzugehen.

Er vergleicht das BIP von den Vereinigten Staaten mit dem der anderen Länder. Er zählt alle zusammen. Er berechnet das Defizit in jedem einzelnen von ihnen. Dann berechnet er die Bankdarlehen zur Unterstützung der Produktion von jedem Produktionsunternehmen, wie oft das in den Banken aufbewahrte Geld geliehen wird, die Gesamtsumme der Darlehen, die toxische Nebenprodukte erzeugen, und den Betrag der eine Höhe erreicht, die sich auf Hunderte Trillionen Dollar (Billionenwerte in dreistelliger Größenordnung) beläuft.

Die Finanzspekulation herrscht überall, behauptet Leonel.

„Bei der Spekulation handeln Personen, die nichts produzieren.

Einer verkauft Erdöl, das von ihm nicht hergestellt wird und der andere kauft Erdöl, das er nicht zu verbrauchen gedenkt“.

Das Gleiche geschieht mit den Nahrungsmitteln.“

So geschieht es mit Allem."


Die Hypothek wird ein Besitztitel, der auf dem Markt gehandelt wird, sagt er weiter, ohne dass der Hausbesitzer es erfährt. Dieser kann seine Wohnung aufgrund von einem Geschäft verlieren, das in einem fernen Land durchgeführt wird.

„Der Neoliberalismus bricht von selbst zusammen.

Die Prinzipien des Keynesianismus wieder aufzunehmen wird die aktuelle Krise nicht lösen.“

Das bedeutet, man muss neue Ideen suchen.“


Leonel weiß, dass die Zahlen bedrückend sind. Er hält es für notwendig, dass man diese Beträge versteht, auch wenn sie absurd scheinen und verspricht, mehr Angaben zu liefern.

Ich würde Leonels These genau so, wie er die Sachen sieht, definieren: Der Kapitalismus ist ein System, das durch alle Poren giftige Toxine schwitzt.

Aus der Leidenschaft, mit der seine Stimme zu hören ist, schließe ich, dass die Yankees die Arithmetik verfluchen, die sie Leonel damals, in New York beibrachten, als er Lesen und Schreiben gelernt hat.

Andererseits, das mächtige Organ der internationalen Finanzen, The Wall Street Journal, veröffentlichte am 2. März einen Zeitungsartikel von Tunku Varadarajan, wo dieser bestätigt, dass Nouriel Roubini, der ökonomische Guru, immer noch behauptet, dass ein befristeter Eingriff die beste Lösung für die Finanzkrise ist.

„Nouriel Roubini trägt immer Weiß und Schwarz. Ich kenne ihn seit fast zwei Jahren und ich habe ihn zu verschiedenen Anlässen gesehen: Auf dem Weg zum Unterricht in der Stern Business-Schule der Universität New York, wo er als Professor tätig ist; beim Wein-Trinken in seiner Lobby; im Viertel Tribeca, in Manhattan; in einer akademischen Konferenz, klugerweise im Podium sitzend; um 3 Uhr früh bei einem Bohemien-Fest im Viertel Greenwich Village.“

„Er trägt immer einen schwarzen Anzug mit einem weißen Leinenhemd.“


Roubini ist der Eigentümer der Beratungsfirma Roubini Global Economics mit Sitz im Zentrum von New York. Heutzutage ist er die meistgefragte Person der wichtigsten Presseorgane der Vereinigten Staaten bezüglich der Krise.

„Die Idee, dass die Regierung viele Billionen Dollar für die Rettung von Finanzinstituten zahlen und weiterhin Ausgaben für uneintreibbare Aktiva machen soll, ist nicht attraktiv, da in diesem Fall der Steueraufwand viel größer ist, und so sieht man die Nationalisierung als etwas Pragmatisches an anstatt als bolschewistisch. Paradoxerweise ist der Vorschlag mehr an dem Markt orientiert, als die Alternative der Zombie-Banken:“

„Sind Sie etwa der Meinung, dass die obersten Sphären der US-amerikanischen Regierung empfänglich für die Idee der Nationalisierung der Banken sind? ‚Ich denke ja’, behauptet Roubini ohne zu zögern. ‚Personen wie Lindsey Graham (konservativer republikanischer Senator) und Alan Greenspan (ehemaliger Präsident der Schatzkammer) haben ihr ausdrücklich ihren Segen gegeben. Das schützt Obama irgendwie.”

„Worin genau besteht schließlich die ökonomische Philosophie von Nouriel Roubini? ‚Ich glaube an die Marktwirtschaft’, bestätigt er mit gewissem Nachdruck. ‚Ich glaube, dass die Personen auf Anreize reagieren. Die Anreize sind wichtig und die Preise spiegeln die Art und Weise wieder, in der man die Sachen verteilen sollte. Aber ich glaube auch, dass die Marktwirtschaften manchmal Marktschwächen zeigen, und wenn das vorkommt, sollte man eine vorsichtige (nicht übermäßige) Regelung des Finanzsystems durchführen’“.


Greenspan hat sich in zwei Sachen vollkommen geirrt. Erstens hat er geglaubt, dass der Markt sich selbst reguliert; und zweitens, dass es keine Marktschwächen gibt.

Kurz gesagt, sowohl für Tunku Varadarajan, den Journalisten des The Wall Street Journal, als auch für Nouriel Roubini, den hervorragenden Fachmann, kann das kapitalistische System ohne Markt nicht funktionieren, aber der Markt muss ständig reguliert werden; d.h. der Staat muss beide Sachen absichern.

Ich verstehe die Betrübnis von Leonel, wenn er ernsthaft Überlegungen über die Krisenkosten anstellt. Die Gesellschaft selbst, die das entwickelte kapitalistische System vorangetrieben hat, weiß jetzt nicht, wie man das Problem angehen kann und ihre am meisten anerkannten Theorien setzen solche Ideen in Umlauf, wie die oben erklärten.

Mit der größten Gelassenheit kehrt er zu den konkretesten Problemen von Santo Domingo zurück und erklärt jede einzelne der Maßnahmen, die er für die nächsten Jahre zu treffen vorgesehen hat. Hierbei sind die Sozialfonds die Hauptsache. Er verteidigt kräftig die Idee, dass in den Sozialfonds der Länder Lateinamerikas die Abzüge aus den Reallöhnen der Arbeiter eine Kapitalquelle darstellen, die in den Händen des Staats Ressourcen akkumulieren kann, die ihren Wert nicht verlieren, da dieser mit jedem Jahr zunimmt.

Der Wert dieser Fonds würde ständig wachsen, wenn man sie in Wohnungen und andere entscheidende Dienstleistungen für die Bevölkerung investiert, abgerechnet einen Teil der lebendigen Arbeit, den man in diese jährlich investiert.

Bei der Verfolgung des Internationalen Ökonomentreffens über Globalisierung und Entwicklung habe ich an den ersten zwei Tagen wahrgenommen, dass viele der in Kuba zusammen getroffenen, international anerkannten Ökonomen sehr viel Wert auf die Suche einer Kapitalakkumulations-Quelle im Dienste der Gesellschaft gelegt haben, in der Hoffnung, diese von der jetzigen Krise zu befreien.

Plötzlich, vor so vielen Theorien und rettenden Lösungen, erinnere ich mich an andere Realitäten und frage mich:

Kann die Wissenschaft eine dringende Lösung zur Verhinderung des Wegschmelzens der Eismassen von Süd- und Nordpol finden, die offensichtlich ist, und dafür, dass die Atmosphäre die höchsten Temperaturen der letzten 700 000 Jahre erreicht, etwas, was den Vereinten Nationen und anderen angesehenen Institutionen bekannt ist?

Ich verstehe, dass diese Angaben einige Personen entmutigen können. Aber, ist es nicht schlimmer, sie zu ignorieren?

Trotzdem ging mein Gespräch mit Leonel nicht so zu Ende. Er hat mir gesagt, dass er nach Santiago de Cuba reisen wird, um Blumen am Fuß der Gedenktafel niederzulegen, wo sich die sterblichen Überreste unseres Nationalhelden befinden, der derjenige war, der in Montecristi erklärte, dass die abschließende Schlacht gegen die spanische Kolonialmacht begonnen habe, um Kuba und Puerto Rico zu befreien. Mit ihm ist Máximo Gómez gereist, der uns auf den kubanischen Schlachtfeldern den Machete-Kampf gelehrt und ihn perfektioniert hat.

Martí hat in Dos Rios die Losung in Umlauf gesetzt, die die zukünftigen Kämpfe unseres Volkes gegen die imperialistische Herrschaft in den Ländern Lateinamerikas angeleitet hat.

Bevor wir uns verabschiedeten, hat er mir gesagt: „Weißt du was? Ich will Kuba nicht verlassen, ohne die Moncada-Kaserne zu besuchen.” Ich hatte mich inmitten von so viel Geschichte nicht an diese Festung erinnert. Ich habe ihm nicht viele Kommentare gemacht und habe mich für sein Entgegenkommen bedankt. Er wollte ein Foto mit einer Digitalkamera. Man hat eine gesucht und uns fotografiert. Als er mir gesagt hat, dass er es nicht riskieren wollte, dass man ihn als Lügner darstellt, habe ich aus Spaß gesagt, dass niemand dieses Risiko eingehen wird, da alle wissen, dass ich in ein Flugzeug einsteigen und in einem Nachbarland landen könnte.

So ist die Zeit angenehm vergangen. Während ich diese Zeilen am Mittwoch, dem 4., geschrieben habe, hörte ich die feurigen Worte von Manuel Zelaya, dem Präsidenten von Honduras. Er hat am Treffen über Globalisierung und Entwicklung teilgenommen und gestern hat er bei diesem Treffen eine großartige Rede gehalten. Noch feuriger waren seine Worte zur Verurteilung der Blockade gegen Kuba; seine Redegewandtheit ist beeindruckend. Leider verlässt er das Land heute, ohne dass ich ihn begrüßen konnte. Das ist das zweite Mal, dass er Kuba besucht. Aber was kann ich dagegen machen, wo kann ich mehr Zeit finden?


Fidel Castro Ruz

4. März 2009
15:35 Uhr

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