Donnerstag, 7. Mai 2009

Der einzige ehemalige US-Präsident, den ich kennen gelernt habe

Reflexionen des Genossen Fidel: Der einzige ehemalige US-Präsident, den ich kennen gelernt habe

Carter war der einzige ehemalige US-Präsident, den ich kennen zu lernen die Ehre hatte, ausgenommen Nixon, der damals noch nicht Präsident gewesen war.

Ich hatte Washington einen Besuch abgestattet, um an einer Pressekonferenz teilzunehmen, die für mich aufgrund der von den Reporter-Experten zu erwartenden Fragen eine harte Herausforderung darstellte. Der Präsident empfahl Nixon, mich zu einem Gespräch in sein Amtszimmer einzuladen. Er verhielt sich trügerisch und scheinheilig. Er verließ sein Büro mit der Idee, die Zerstörung der Revolution in Kuba zu empfehlen.

Auf seinen Rat wurde Eisenhower zum Autor der ersten Attentatspläne auf mein Leben, der Terrorkampagne gegen Kuba und der Söldnerinvasion auf die Schweinebucht.

Im Jahr 1959 begann die verräterische Geschichte, die Präsident Carter 18 Jahre später zu berichtigen versuchte.

Ich lernte ihn als einen Mann mit religiöser Ethik kennen, oder besser gesagt ich erahnte diese in ihm, und zwar ausgehend von einem langen Interview, bei dem ihm schwierige Themen vorgelegt wurden, die er mit Aufrichtigkeit und Bescheidenheit beantwortete. Zu jenem Zeitpunkt gab es große Spannungen zwischen Panama und den Vereinigten Staaten. Omar Torrijos, Regierender jenes Landes, war ein ehrlicher Offizier, nationalistisch und patriotisch. Es gelang Kuba, ihn zu überzeugen, keine extremen Positionen in seinem Kampf zur Rückgabe der Gebiete des Kanals einzunehmen, welcher wie ein scharf geschliffenes Messer sein Vaterland in zwei teilte. Vielleicht konnte jener kleinen Nation deshalb ein Blutbad verhindert werden, welche später dem Volk der Vereinigten Staaten und der Welt als Aggressor präsentiert wurde.

Später, und ohne mit irgend jemand in den Vereinigten Staaten zu sprechen, konnte ich ihm prophezeien, das Carter vielleicht der einzige Präsident jenes Landes wäre, mit dem ein ehrenhaftes Abkommen erreicht werden könnte, ohne auch nur einen Blutstropfen zu vergießen.

Es verging nicht viel Zeit, bis Washington den Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und Panama unterzeichnete, unter Anwesenheit der anderen Staatschefs und natürlich unter Ausschluss von Kuba.

Ich erwähne die Tatsache, weil Omar selbst bei einem Besuch in unserem Land über die von Kuba in diesem Sinne unternommenen Anstrengungen sprach.

Als Präsident vereinbarte er mit Kuba die Schaffung einer Interessenvertretung in Havanna und einer weiteren in Washington. Hiermit ersparten wir eine Unmenge diplomatischer Formalitäten und Papiere, welche die nüchterne und peinlich genaue schweizerische Diplomatie in den Wahnsinn trieben. Allein die Instandhaltung des riesigen Gebäudes der ehemaligen US-Botschaft in Havanna war eine Großtat an sich seitens der Schweiz.

Und noch etwas: Carter diskutierte mit Kuba solche wichtigen Angelegenheiten wie die Grenzen der Hoheitsgewässer und die Rechte jeder Seite, die Nutzung der energetischen Ressourcen, die sich in den Hoheitsgewässern von Mexiko, Kuba und den Vereinigten Staaten befinden, sowie die Fischerei-Ressourcen und andere Punkte, die unbedingt behandelt werden mussten. Nicht alle Abkommen hatten positive Auswirkungen für Kuba. Unsere schon geschaffene Fischereiflotte ging ihrer Tätigkeit in internationalen Gewässern nach und fischte, wie es festgelegt war, in einer Entfernung von 12 Meilen vor den Küsten von Kanada, den Vereinigten Staaten und Mexiko. Jedoch aus Solidaritätsgründen unterstützte Kuba Chile und Peru und die anderen Länder Lateinamerikas in ihrem Recht, die Fischerei-Ressourcen ihrer jeweiligen Teile des Kontinentalsockels auszubeuten. Das Endergebnis sah so aus, dass unsere modernen und teuren Fischereifahrzeuge schließlich ihre Tätigkeit in jenen Gewässern aufgeben mussten, als jene Schlacht schließlich gewonnen wurde. Die von den US-Behörden festgelegten Bedingungen für die reichhaltigen Kontinentalsockel, wo unsere Schiffe in Küstennähe jenes Landes fischten, und weitere Einschränkungen auf der Grundlage der neuen Rechtlichkeit waren derart, dass die Tätigkeit nicht mehr rentabel war.

Als Carter die Präsidentschaft seines Landes übernahm waren schon viele Jahre von Aggressionen, Terrorismus und Blockade gegen das Volk von Kuba vergangen. Unsere Solidarität mit den Völkern von Afrika und vielen anderen armen und unterentwickelten Nationen der Welt konnte nicht Verhandlungsgegenstand mit der Regierung der Vereinigten Staaten sein. Wir würden weder aus Angola abziehen, noch die den Ländern Afrikas schon versprochene Hilfe einstellen. Carter hat dies niemals gefordert, aber es ist offensichtlich, dass viele in den Vereinigten Staaten so dachten.

Weil wir unsere Souveränität verteidigten wurden nicht nur tiefgehende Widersprüche zu den Vereinigten Staaten ausgelöst, sondern ebenfalls zu der UdSSR, die unser Verbündeter war, und zwar als diese aufgrund der Raketenkrise ohne Rücksprache mit unserem Land mit jenem Land einen gegenseitig vorteilhaften Vertrag aushandelte, in dem die Blockade, die terroristischen Aktionen und der Stützpunkt von Guantánamo im Austausch gegen strategische Zugeständnisse seitens der beiden Supermächte unberührt blieben. Wir suchen keine einseitigen Vorteile. Die Revolutionäre, die so handeln, überleben ihre Irrtümer nicht.

Die Befolgung der internationalen Regelungen hätte für Kuba nie ein Hindernis dargestellt, und wie wir oft gesagt haben, ist der Frieden ebenfalls eine unumgängliche Zielstellung der Kubanischen Revolution. Es gibt viele Arten der Zusammenarbeit zwischen den Völkern mit verschiedenen politischen Anschauungen.

Ein Beweis dafür ist der Kampf gegen den Drogenhandel, das organisierte Verbrechen und den Menschenhandel, was auf viele Arten der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Epidemien, der Naturkatastrophen und anderer Probleme erweitert werden kann.

Die Revolution hat niemals gegen die Vereinigten Staaten den Terrorismus angewandt.

Jenes Land hat die Flugzeugentführungen erfunden, um Kuba Schaden zuzufügen. Jene Aktion wurde in einer Gesellschaft mit so vielen sozialen Konflikten zu einer Epidemie. Wie hätten sie das ohne die Kooperation von Kuba lösen können? Wir hatten strenge Gesetze zur Bestrafung der Verantwortlichen verabschiedet, aber es war vergeblich. Schließlich trafen wir die Entscheidung, sie in den entführten Flugzeugen selbst zurückzuführen, nachdem wir es vorher angekündigt hatten.

Auf diese Art und Weise war das erste von uns zurückgegebene Flugzeug das letzte in den Vereinigten Staaten entführte, und es fiel zeitlich genau in die Regierungsjahre von Carter. Hierüber habe ich schon ausführlich gesprochen. Ich behaupte hier nichts Neues.

Nach Carter brachte Reagan die schmutzigen Machenschaften nach Nicaragua, verwendete die Drogen, um mit diesen Einnahmen die Gesetze des Kongresses zu umgehen und die Konterrevolution mit Waffen zu versorgen, verminte die Häfen; seine Politik hat tausende Menschenleben unter den Sandinisten gekostet und außerdem viele Verkrüppelte und Verletzte.

Bush Senior führte das schreckliche Gemetzel von El Chorrillo durch, um Panama zu bestrafen und die Spuren der Geste von Carter zu löschen.

Als dieser vom 12. bis 17. Mai 2002 Kuba besuchte, wusste er, dass er willkommen war. Ich wohnte seinem Vortrag in der Universität Havanna bei; lud ihn zu einem wichtigen Baseballspiel – dem Nationalsport von Kuba – ein, einem Spiel zwischen den Auswahlmannschaften Occidentales (Westen) und Orientales (Osten) im Stadion Latinoamericano. Wir waren beide beim Eröffnungswurf dabei, zu dem er ohne jegliche Leibwache eingeladen wurde, wobei wir von einem Publikum von über 50.000 Zuschauern auf den Rängen umringt waren, perfekte Zielscheiben für jeglichen von dem CIA engagierten Schützen. Zu dieser Zeit regierte schon Bush Junior in den Vereinigten Staaten. Ich wollte Carter nur zeigen, wie die Beziehungen der Führungskräfte des Landes mit dem Volk waren. Er nahm die von mir bei unserer Ankunft im Stadion ausgesprochene Einladung mit Würde an, seinen Leibwache-Chef zu überzeugen, ihn alleine zu lassen, und so tat er es.

Das, was ich über die Forstwirtschaft in den Vereinigten Staaten weiß, hat mir Carter bei dem zu seinen Ehren am letzten Tag gegebenen Abendessen erklärt: wie gesät und gepflanzt wird, welche Sorten, wie viele Jahre sie zum Wachsen brauchen, die Produktion pro Hektar, usw., usw., usf.

Ich habe seinen Glauben an das kapitalistische System beobachtet, in dem er aufgewachsen ist und erzogen wurde, den ich achte.

Es waren schwere Zeiten, als er regierte. Er musste die Auswirkungen einer Wirtschaftskrise ausbaden, aber er war enthaltsam und hat die zukünftigen Generationen nicht verschuldet. Sein Nachfolger Ronald Reagan konnte großzügig die von Carter gemachten Ersparnisse verschwenden. Er war Filmschauspieler und kam sehr gut mit dem Teleprompter zurecht, aber er hat sich nie gefragt, woher das Geld kam.

Der ehemalige Präsident Jimmy Carter erklärte gestern an die Tageszeitung Folha de São Paulo: „,Mir würde es gefallen, dass es (das Embargo) gleich heute aufhört. Es gibt keinen Grund, damit das kubanische Volk weiter leidet’, bestand der ehemalige Präsident, welcher heute eine Menschenrechtsorganisation leitet, und diese Woche Brasil einen Besuch abstattete, um sich mit Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zu treffen.

Gemäß Carter, waren die bis jetzt von Obama ergriffenen Initiativen zur Flexibilisierung der gegen die Insel verfügten Beschränkungen weniger gewagt, als es wünschenswert wäre.

,Ich glaube, dass die Initiativen von Obama nicht so gut waren, wie die der beiden Kammern des US-Kongresses, der heute bezüglich Kuba dem Präsidenten einen Schritt voraus ist.

Der nächste Schritt sollte die unmittelbare Aufhebung aller Reisebeschränkungen auf die Insel sein, nicht nur für kubanisch-amerikanische Bürger. Das habe ich vor 30 Jahren getan, als ich Präsident war. Das Ende des Embargo wird sofort kommen’, sagte der ehemalige Präsident.”

Carter ließ schließlich verlauten, dass die Ergebnisse ebenfalls von den kubanischen Führungskräften abhängen würden. Das stimmt, von uns und von allen Kubanern, die gekämpft haben und zu kämpfen bereit sind.


Fidel Castro Ruz

7. Mai 2009
19:15 Uhr

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