Ansprache des Präsidenten des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, vor einer Gruppe von Kindern, die aus Anlaß der Demonstration für die Forderung nach Rückgabe des Kindes Elián González die Interessenvertretung der Vereinigten Staaten in Havanna beschützten, gehalten in der Gesellschaftseinrichtung "José Antonio Echevarría" am 23. Dezember 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution", bereichert mit einigen vom Autor selbst hinzugefügten Details.
Liebe Pioniere:
Ich möchte nicht viel sagen, doch einige Dinge muß ich erwähnen. Wenn in diesen Tagen auch nicht viel Zeit zur Verfügung steht, müssen wir doch unaufhörlich arbeiten und kämpfen.
Ihr wißt, warum ihr hier seid, nicht wahr? (Ausrufe: "Ja!"). Ihr wißt es.
Ihr wißt, daß ein Kind wie ihr - noch kleiner als ihr, denn er ist gerade sechs Jahre alt geworden und ihr seid aus der vierten, fünften und sechsten Klasse, ihr seid älter als Elián - dort in den Vereinigten Staaten entführt worden ist.
Ihr habt viele Erklärungen gehört und man hat euch erläutert, was geschehen ist, so daß ich das hier nicht mehr wiederholen muß. Aber stellt euch für eine Sekunde vor, daß man irgendjemanden von euch mitnimmt und daß ihm ein Unglück passiert, eine Tragödie wie die, die dieser Junge erlitt, der seine Mutter verlor als Folge der Feindseligkeit jener Nation, der Regierung dieses mächtigen Landes, das Anreiz gibt zu den illegalen Reisen, und zwar ohne sich darum zu kümmern, ob dabei Kinder, Mütter oder Frauen sterben.
Unser Land setzt denjenigen Familien, die emigrieren wollen, keine Grenzen. Die USA stellen jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Visa aus, denn es gibt immer Menschen, die davon träumen, in ein anderes Land umzusiedeln, und da die USA ein Land sind, das die Welt ausgeplündert hat, plündern sie weiterhin die Welt aus, beuten die Welt aus, besitzen große Reichtümer, und es kann dort viele arme Menschen geben, die für sie arbeiten, Millionen Mexikaner, Haitianer, Dominikaner und aus vielen anderen Nationen, die die härtesten Arbeiten verrichten. Wenn es darum geht, Zuckerrohr zu schneiden, Tomaten oder Früchte zu ernten, benutzen sie Immigranten dieser Länder, damit sie die körperlich schwierigsten und opferaufwendigsten Arbeiten tätigen.
Ihr wißt, daß unser Land und jedes gerechte Land die Reichtümer unter allen verteilt. In einem gerechten Land gibt es keinen Egoismus, und sie nutzen die Gelegenheit aus, daß es sehr arme Menschen gibt, damit diese Armen dann die schlimmsten Arbeiten akzeptieren, wobei sie keine Sozialunterstützung, medizinische Betreuung und Bildung erhalten. Was sie empfangen, ist Ausbeutung. Sie zwingen sie dazu, für die Reichen zu arbeiten.
Wenn ihr Kinder einmal eine Aktivität durchführt, oder wenn ein Mittelschüler aufs Land geht und Tomaten und anderes Gemüse erntet, dann ist der Ertrag nicht für euch, ihr macht es nicht, um Geld zu verdienen, sondern darum, um dieses Gemüse unter den Krankenhäusern zu verteilen, unter dem Volk, und außerdem mit dem Ziel, um zu lernen, so wie es Martí wollte, um die Arbeit und das Studium zu kombinieren.
Deshalb seht ihr Pioniere, daß unsere Jugend zu großen Heldentaten fähig ist, da sie nicht erschreckt, wenn sie einen Ziegel anbringen, Unkraut zupfen oder zwei oder drei Stunden in der Sonne arbeiten muß. Deswegen sagte Martí, daß als beste Form der Ausbildung die Arbeit und das Studium kombiniert werden müßten.
Das kann nur hier in unserem Land geschehen, denn dort sind die schweren Arbeiten den Immigranten vorbehalten, die aus den armen Ländern kommen. Keine dieser Arbeiten werden von den Reichen verrichtet, denn diese haben niemals in ihrem Leben eine Tomate geerntet.
Aus diesem Grund gibt es oftmals Personen oder Familien aus den armen Ländern, die beabsichtigen, in dieses reiche Land zu gehen, um irgendeine Arbeit auszuüben, wobei sie manchmal von der Propaganda der sogenannten Konsumgesellschaften - das heißt der Gesellschaften des Schunds - beeinflußt werden.
Die Politik der Revolution besteht darin, demjenigen, der aus unserem Land ausreisen will und eine Einreiseerlaubnis in einem anderem Land erhalten hat, die Ausreise zu genehmigen. Unser Land verbietet keiner Familie die Ausreise, denn der Aufbau einer revolutionären und gerechten Gesellschaft wie der Sozialismus ist eine freiwillige Entscheidung.
Klar, die Kinder tragen keine Schuld an dieser Art von Problemen. Kinder sind Kinder, sie sind dabei, sich zu bilden und zu lernen, es sind keine Erwachsenen, und wir respektieren das Recht der Familie, für sie zu entscheiden. Wenn eine Familie an einen anderen Ort der Welt reisen will, reist sie mit ihren Kindern. Das wird niemandem verboten.
Unser Land hat auch nicht die Schuld daran, daß es Leute gibt, die illegal ausreisen, und es ist gefährlich, illegal auszureisen. Warum reisen sie illegal aus? Ah, weil sie in der Interessenvertretung kein Visum erhalten, in dem Gebäude, das ihr bewacht habt. Sie gewähren eine begrenzte Anzahl von Visa, und wenn andere, die die Erlaubnis nicht erhalten haben, auf illegalem Weg ausreisen wollen, dann tun sie dies und die Vereinigten Staaten legen ihnen kein Hindernis in den Weg.
Es gibt viele, die auf legalem Wege kein Visum erhalten, da sie kein hohes kulturelles Niveau haben, weil sie keine beruflichen Kenntnisse vorweisen oder weil viele Leute, die nicht gerne arbeiten, die nicht die Gewohnheit haben, dies zu tun, oder die asoziale Elemente sind - viele davon sind vorbestraft -, daraufhin auf illegalen Wegen ausreisen, ohne irgendein Visum, und sie werden in den Vereinigten Staaten willkommen geheißen. Man wendet ein Gesetz auf sie an, von dem ihr in diesen Tagen gehört habt, das denjenigen das Recht zur Wohnsitznahme gibt, die illegal gereist sind, und sobald sie ankommen, erhalten sie sogar sofort die Arbeitserlaubnis, wenn eine Beschäftigung in Aussicht steht. Und dies, obwohl wir ein Abkommen unterzeichnet haben, durch das jährlich 20 000 Visa ausgestellt werden, damit die Familien, die emigrieren wollen, dies legal, sicher und ohne irgendeine Gefahr tun können, was das Ziel dieser Vereinbarungen darstellt. Was machen aber nun diejenigen, die von der jährlichen Quote ausgeschlossen sind, weil sie nicht die erforderlichen Bedingungen erfüllen, oder diejenigen, die nicht warten wollen? Sie stehlen ein Boot oder bauen eines, oder sie steigen in Schnellboote ein, die aus den Vereinigten Staaten kommen, zum Preis von Tausenden von Dollar, die von in jenem Land lebenden Familienangehörigen bezahlt werden. Auf diese Weise versuchen sie, in die Vereinigten Staaten zu gelangen. In ein Boot, in das sechs Personen hereinpassen, steigen fünfzehn. Oftmals erleiden die Boote auf dem Weg Schiffbruch und sie ertrinken.
Das bedeutet, daß sie denjenigen, denen sie keine Visa gewähren, erlauben, auf irgendeine Art zu reisen, was zur Folge hat, daß Menschen ertrinken und Familien ihre Kinder unter riskanten Bedingungen mitführen, und ich sage mit Bestimmtheit, daß man das niemals machen darf, denn es gibt kein Recht, das Leben eines Kindes in Gefahr zu bringen. Nicht einmal die eigenen Eltern haben das Recht dazu, das Leben ihres Kindes aufs Spiel zu setzen.
Den Behörden der Vereinigten Staaten ist es egal, was geschieht. Es gibt das Gesetz und eine normale Form, eine Ausreise mit völliger Sicherheit zu unternehmen. Wäre es gerecht, wenn man irgendjemanden von euch auf ein Floß oder eines von diesen Booten setzen würde, das auf dem Weg sinken kann? (Ausrufe: "Nein!") Es wäre nicht gerecht, es wäre praktisch das einzige Mal, daß ein Kind sich seinen Eltern widersetzt, und wenn ich ein Kind wäre, würde ich es tun, ich würde mich dagegen wehren, daß sie mich auf eines dieser Boote oder auf ein Floß setzen, oder auf etwas, das auf dem Weg auseinanderbricht. Das ist sehr traurig, wenn so etwas geschieht.
Wir haben darauf gedrängt, daß nicht zu den illegalen Ausreisen angespornt wird. Dieses Gesetz, von dem ich euch erzählte, gilt nur für Kuba und nicht für irgendein anderes Land auf der Welt. Das dient dazu, Propaganda zu machen und Lügen zu verbreiten, und so sind viele Leute das Risiko eingegangen oder haben ihr Leben verloren.
Als wir das Migrationsabkommen unterzeichneten, verpflichteten sie sich dazu, keine Anreize für die illegalen Ausreisen zu geben, und sie haben diese Verpflichtung nicht erfüllt, wie es zahlreiche Genossen bereits erläutert haben und wie es Alarcón erklärt hat, der alle diese Vereinbarungen ausgehandelt hat. Und sie haben die Verpflichtungen nicht erfüllt, weil sie weiterhin die illegalen Ausreisen anspornen. Dabei sterben Menschen, sterben Mütter, sterben Kinder, sterben Jugendliche, sterben alte Menschen, und das aufgrund dieses Gesetzes, dieses Anreizes zu illegalen Ausreisen, und aus diesem Grund kommt es zu dramatischen Fällen wie dem, mit dem wir im Moment konfrontiert sind.
In diesem Fall, dessen Geschichte nicht vollständig bekannt ist, wurde das Boot, in dem sie den kleinen Elián auf eine abenteuerliche Reise mitnahmen, von einem Kriminellen vorbereitet, einem gewalttätigen und aggressiven Individuum, das niemals in seinem Leben gearbeitet hat. Er war illegal in die USA gereist, blieb dort drei oder vier Monate, kehrte dann ebenfalls illegal zurück, wobei er entdeckt wurde, worauf er eine Zeit im Gefängnis saß, vielleicht drei oder vier Monate. Das ist sehr seltsam: Er reist illegal aus und kehrt illegal zurück. Wer ist wohl dieser Mann? Er sagte, daß er das Land verlassen und sich daraufhin dort gelangweilt habe, weshalb er seine Meinung geändert hätte. Er wurde freigelassen und zu seiner Wohnung in Cárdenas gebracht, um dort zu arbeiten, wenn er arbeiten wolle, wenn dieses Individuum auch niemals in seinem Leben gearbeitet hatte.
Dieser Mann trägt die Hauptverantwortung für diese Tragödie. Warum? Ich muß es euch sagen, damit ihr es versteht. Er wurde zu einem Stiefvater, und es gibt sehr gute Stiefväter, die sich verantwortlich um ihre Kinder kümmern. Aber dieses nicht einmal sechs Jahre alte Kind wußte nicht, was geschah, und dieser Bandit, von dem ich euch erzählt habe, ist der Hauptverantwortliche für dieses Abenteuer. Sie bauten ein Boot, unter Mithilfe von der einen oder anderen schamlosen Person, die sich für solche Sachen hergibt, mit Material, das hier und dort gestohlen wurde. Sie bauten ein schwächliches Boot. Und es war also dieser Herr, der als Stiefvater des Kindes fungierte - nicht als sein Vater und nicht als ein Stiefvater, der wie ein wirklicher Vater agiert, sondern als ein perfides Subjekt -, der entscheidend darauf Einfluß nahm, daß der kleine Elián diese Reise unternahm, denn er zwang Eliáns Mutter und schüchterte sie ein, und auf diese Weise begaben sie sich in diesem schwächlichen Boot zusammen mit anderen Personen, die 1000 Dollar bezahlt hatten, auf das Meer, wobei sie die Mutter und das Kind mitnahmen.
Es fuhren noch andere Kinder mit, ich kann nicht exakt sagen, wieviele es waren, aber wenigstens ein weiteres Kind ertrank. Es gab ein Mädchen, das sich durch Zufall rettete. Das Wetter war schlecht, so daß das Boot umkehrte und am Ufer anlegte, um ein Ersatzteil zu suchen, und der Vater oder die Mutter ließen das Mädchen am Ufer, sie nahmen es nicht mit. Doch der kleine Elián hatte dieses Glück nicht. Er weinte in diesem Moment sehr stark und der Stiefvater befahl der Mutter auf drastische Art und Weise, das Kind zur Ruhe zu bringen. Wenn ihr das nicht gelingen sollte, würde er selbst es zum Schweigen bringen. Es gibt Personen, die diese dramatische Szene sahen, und sie befinden sich hier in Kuba. An jenem Tag wurden in der Tat zwei wehrlose Passagiere gewaltsam auf diesem zerbrechlichen Boot mitgeführt, nämlich die Mutter und ihr Sohn.
Das Boot fährt am 22. November morgens ab und wird von einem Patrouillenboot entdeckt. Dessen Besatzung versucht sie davon zu überzeugen, eine solche Reise nicht zu unternehmen. So wird immer in solchen Fällen verfahren. Man wendet keine Gewalt an, um ein Boot zu stoppen, denn durch die Anwendung von Gewalt kann es zu einem Unfall kommen und dort auf dem Boot sind Frauen und Kinder. Unsere Patrouillenboote versuchen also in solchen Fällen, die illegal Ausreisenden innerhalb der 12 Meilen umfassenden kubanischen Hoheitsgewässer zu überzeugen und ihnen die Gefahren zu erläutern, jedoch ohne die Anwendung von Gewalt, denn ein Boot mit 14 Personen kann man nicht mit einer Hand festhalten, man kann es nicht mit einem Lasso einfangen wie ein Pferd, das ist immer gefährlich. Was unsere Patrouillenboote letztlich machen, wenn es ihnen nicht gelingt, sie zu überzeugen, ist die Benachrichtigung der US-Küstenwache, daß ein sich in einem solchen Zustand befindliches Boot auf dem Weg ist. Sie werden sofort per E-Mail oder per Fax benachrichtigt, damit sie dem Boot zur Hilfe kommen und es begleiten, da es sich bereits in Richtung des Staatsgebiets der Vereinigten Staaten bewegt.
Und so geschah es dieses Mal, sie wurden sofort benachrichtigt. Sie sagen, daß sie ausgelaufen wären, um das Boot ausfindig zu machen, daß sie es nicht gefunden hätten und daß sie zwei Hubschrauber auf den Weg geschickt hätten, ohne das Boot zu sichten.
Vom Mittag des 22. November, als das Patrouillenboot sie bis zur Grenze der 12 Meilen-Zone begleitete, bis zum 25. November gibt es keine weitere Nachricht von dem Boot. Man weiß weder, was am Nachmittag des 22. November geschah, noch was sich am 23., 24. und dem Morgen des 25. November zutrug. Am Nachmittag des 25. November - es sind bereits mehr als drei Tage vergangen - kommt die Nachricht, daß ein Boot mit 14 Personen an Bord Schiffbruch erlitten habe, daß zwei Erwachsene überlebt und einige Fischer ein Kind gefunden hätten, das sich an einen Autoreifen geklammert habe. Das war eine der Tragödien und der Traumata. Stellt euch ein Kind vor, stellt euch einen von euch vor, wie er auf einem solchen Boot Schiffbruch erleidet und überlebt, weil er sich an einen Reifen klammert.
Wieviel Zeit verbrachte das Kind dort? Man weiß es nicht. Denn es gibt zwei Erwachsene, die überlebten. Ah, aber die verhört niemand, kein Reporter hat sie dort befragt. Nicht einmal die US-Regierung wollte uns Informationen darüber geben, auf welche Weise das Boot sank und an welchem Tag dies geschah, und sei es auch nur um zu wissen, wieviele Stunden der Junge dort Tag und Nacht an einen Reifen geklammert zubrachte.
Aber dieser Junge ist so stark und verfügt über solche Fähigkeiten und eine solche Beharrlichkeit, daß er aushielt und nicht starb. Wenn er gestorben wäre, hätte man vielleicht nichts mehr von ihm gehört. Doch der Zufall wollte es, daß ihn einige Fischer fanden und auflasen, um ihm sofort die korrekte Behandlung in einem Krankenhaus zukommen zu lassen.
Die US-Behörden im Bundesstaat Florida müssen sehr gut wissen, an welchem Tag das Boot sank und wer das Abenteuer auf welche Art organisierte, weil sie über die Zeugenaussage der zwei überlebenden Erwachsenen verfügen. Eine Zeitung in Miami sprach sogar von Menschenschmuggel, bevor wir irgendwelche Details kannten. Jener Bandit, der die Reise organisierte und dessen Vorstrafenregister voll von gemeinen strafbaren Handlungen ist, weshalb er mehr als einmal hinter Gittern gesessen hat, war gemäß unseren Archiven ein aggressiver Mensch, der mehr als einmal Gewalt gegen die Mutter des Kindes angewandt hat, die einer ehrenwerten Arbeit nachging und die einzige Ernährerin der Familie war. Er beutete sie aus und lebte auf niederträchtige Art und Weise auf ihre Kosten. Es ist sehr gut möglich, und einige ihr nahestehende Personen sind vollkommen davon überzeugt, daß er seine gewöhnliche Gewalt einsetzte und die Mutter dieses Kindes mit dem Ziel einschüchterte, diese Reise zu unternehmen. Die Personen, die überlebten und die schmerzlichen Details all dessen kennen, was dort geschah, tauchen nicht auf. Wo haben sie sie hingebracht? Man weiß es nicht. Doch es ist offensichtlich, daß sie mit den Behörden sprachen und etwas erzählten. Eine Zeitung, die Kuba gewiß nicht freundlich gesinnt ist, gab bekannt, daß die anderen Personen, die in diesem Boot reisten, jeweils etwa 1 000 Dollar bezahlt hatten.
Selbstverständlich handelte es sich nicht nur um eine illegale Ausreise, die von einem gemeinen Kriminellen organisiert wurde, der niemals in seinem Leben gearbeitet hatte, sondern es war außerdem eine Operation des Menschenschmuggels, die gemäß den internationalen Gesetzen, einschließlich derer der Vereinigten Staaten, unter Strafe steht. Ich weiß nicht, ob ihr das versteht. Versteht ihr es? (Die Kinder antworten: "Ja!")
Ihr seid wirklich die ersten, denen ich diesen Teil der Geschichte, der bisher noch nicht erwähnt wurde, erzähle. Es ging darum, dies nicht anzusprechen, um nicht im Geringsten die Gefühle von irgendjemand zu verletzen. Es gibt eine tote Mutter, die ein Opfer dieses Banditen war. Wir haben versucht herauszufinden, ob die Mutter das Land verlassen wollte, weshalb wir Nachforschungen angestellt haben. Die Mutter hatte nie die legale Ausreise beantragt, die Erlaubnis zur Ausreise, und sie hätte das Visum der Vereinigten Staaten erhalten können, denn sie hatte Familienangehörige dort, war eine in einem Arbeitsverhältnis stehende Frau, die ihre Familie unterhielt, und hätte alle erforderlichen Bedingungen erfüllt. Doch es war nicht so, es gibt nicht den geringsten Beweis dafür, daß sie den Wunsch geäußert hätte, in dieses Land zu reisen. Und sie hätte es auf legalem Wege tun können, in Begleitung ihres Kindes, wenn der Vater es genehmigt hätte, denn die Erlaubnis des Vaters ist notwendig, wenn eine Mutter mit ihrem Kind ausreisen will. Derjenige, der aufgrund seiner Vorstrafen kein Visum erhalten hätte, war der Bandit, der die Rolle des Stiefvaters spielte.
Es ist immer hart, wenn ein Kind das Land verläßt. Doch wir respektieren das Recht der Eltern, was die US-Behörden im Falle der Kinder von Kubanern nicht machen. Auch wenn es uns sehr schmerzt, respektieren wir das Recht des Vaters oder der Mutter, wir behindern in keinster Weise das Recht der Familie, auf legale Art ihre Kinder mitzunehmen, denn das ist das Recht der elterlichen Sorge, während die Kinder noch nicht die Volljährigkeit erreicht haben. Und wir beweisen jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr unsere Respektierung dieses Rechts, denn jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr reisen irgendein Vater oder irgendeine Familie auf legalem und sicherem Weg mit einem minderjährigen Kind in die Vereinigten Staaten. Es schmerzt uns, denn es ist ein Kind, das hier zur Schule geht, und niemand weiß, was es dort erwartet, diese Dinge, die ihr angeklagt habt. Es tut uns weh, weil es ein Pionier weniger in der Schule ist und weil ein Tisch in einer Schule leer bleibt.
Kuba respektiert dieses Recht der Eltern als etwas Heiliges, so sehr uns auch wehtut, daß ein Kind, das auf diesem Boden geboren wurde, von seinem Vaterland entwurzelt wird. Und wir bereuen es nicht, denn es obliegt uns nicht, das zu entscheiden, was die Familie bezüglich des zukünftigen Schicksals ihres Kindes entscheidet, oder was dieses Kind macht, wenn es erwachsen wird. Wir schützen es mit 13 Impfungen, damit es an keiner vorraussehbaren Krankheit stirbt, damit es die Möglichkeit hat, so gesund, gefahrlos und intelligent zu leben wie ihr, und wir sorgen dafür, daß es gut ernährt ist, daß ihm keine Medikamente fehlen und daß ihm nicht die tägliche Milch fehlt.
Dies ist das einzige Land auf der Welt, in dem jedes Kind bis zu einem bestimmten Alter und ohne Ausnahme täglich einen Liter Milch garantiert bekommt. Aus diesem Grund seht ihr, wie gesund unsere Jugend aussieht, das was man im Gesicht sieht, am Körperbau, im Gebiß und bezüglich aller Aspekte, und zwar aufgrund der gewissenhaften Sorge unserer Gesellschaft für die Kinder. Man sieht es, wenn sie schon erwachsen sind, wenn sie bereits die Universität besuchen. Man muß nichts weiter als diese Gesichter sehen. Wer einen Defekt hat, dem wird er entfernt, wenn er irgendein Problem hat und zum Beispiel nicht richtig gehen kann, begibt er sich in eines der Orthopädischen Krankenhäuser und sie beheben seinen Schaden. Sie nehmen einige schmerzhafte Behandlungen durch, doch am Ende haben die Ärzte seine Gesundheit wiederhergestellt. Sie beheben jeglichen Defekt, der ein Kind von den anderen Kindern unterscheidet, sie richten die Zähne wieder her, sie reparieren alle Mängel und unternehmen alles Mögliche, damit die Kinder nicht nur gebildet, ausgebildet und gesund aufwachsen, sondern auch schön, und zwar genauso die Mädchen wie die Jungen.
Das ist etwas, was die Besucher unseres Landes erstaunt, die Gesichter, die weitverbreitete Schönheit unserer Schüler und unserer Jugendlichen. Wir haben diese Pflicht erfüllt. Wenn der Jugendliche, wenn er erwachsen wird, in ein anderes Land übersiedeln will, weil sie ihm irgendeines von dem Haufen an Märchen, mit denen sie viele Leute mittels der Werbung der Konsumgesellschaften betrügen, in den Kopf gehämmert haben, dann schmerzt uns das, aber wir respektieren dieses Recht zur Emigration, wir respektieren das Recht der Eltern.
Im Gegensatz dazu halten sie dort in den USA ohne irgendeinen Grund ein Kind fest, weil sie gerade Lust dazu haben, und sie respektieren nicht das Recht der elterlichen Sorge des Vaters, des einzigen überlebenden Vorfahren. Es handelt sich um das Kind, das die Mutter verlor und jetzt nur noch den Vater hat, der ein liebevoller Vater gewesen ist, der sich wirklich jederzeit um seinen Sohn gekümmert hat, was durch alle Dokumente bewiesen ist. Die gesamte Bevölkerung von Cárdenas weiß das, ebenso wie alle Schüler und Lehrer der Schule seines Sohnes und alle Nachbarn.
Sie geben diesem Vater also seinen Sohn nicht zurück, sondern übergeben ihn einem entfernten Verwandten, der den Jungen nur ein einziges Mal gesehen hat. Daraufhin bemächtigt sich die ganze Bande der dort lebenden Feinde Kubas des Kindes, die schlimmsten Banditen dieses Landes, der Autor jenes Torricelli-Gesetzes, mit dem versucht wird, alle Kubaner, einschließlich der Kinder, durch Verhungern zu töten, sowie die Förderer, Autoren und kompromißlosen Verteidiger der grausamen Blockade, die unser Volk zu so vielen Opfern zwingt.
Ja, sie sprechen von einem Kind, das ankam und dessen Glück sie anstreben. Welch eine Scheinheiligkeit! Während sie auf der anderen Seite einen unbarmherzigen Wirtschaftskrieg gegen uns führen, mit dem sie unser Volk durch Verhungern töten wollen, ohne dabei die Kinder auszunehmen.
Wieviel Anstrengung kostet es uns gelegentlich, ein Medikament zu erhalten und die Nahrungsmittel zu beziehen. Wir müssen sie an weit entfernten Orten suchen, wo sie uns sehr viel mehr kosten. Und wenn trotz alldem keine Schule geschlossen wurde und wenn wir trotz alldem ein Land sind, das den weltweit höchsten Pro Kopf-Anteil an Lehrern hat, dann ist das der Tatsache geschuldet, daß die Revolution sich vor allen anderen Dingen der Aufgabe widmete, die Kinder, die Mütter und die Familien zu unterstützen.
Ihr habt in diesen Tagen von der Geschichte gehört, wie eines Tages mittels Betrug, Lügen und niederträchtigen Vorgehensweisen 14 000 Kinder illegal aus Kuba weggebracht wurden. In diesem Fall geschah es mit der Erlaubnis der Eltern, die betrogen wurden und denen die Söldner im Dienste einer ausländischen Macht sagten, daß die Revolution ihnen die elterliche Sorge wegnehmen würde, so als ob ein Kind ein Großgrundbesitz, eine Zuckerfabrik oder ein Bergwerk sei. Nein, es war eine Lüge! Denn sie arbeiten auf der Grundlage von Lügen, ihre ganze Propaganda basiert auf Lügen, sie hämmern den Leuten diese Lügen gewaltsam in den Kopf, indem sie sie eintausend oder eine Million Male wiederholen. Ah, aber es war illegal, und jetzt sind es bereits seit langer Zeit Erwachsene, die ihre Geschichten aufgeschrieben haben, sehr schmerzhafte Geschichten! Denn seit dem Zeitpunkt, als die Vereinigten Staaten die Reisen suspendierten und Tausende von Kinder dort ohne ihre Eltern in Waisenhäusern verblieben, litten sie unter einem Trauma, über das sie sprechen und schreiben, und viele von ihnen kritisieren sogar ihre Eltern, weil sie das mit ihnen machten, weil sie sie trennten und sie zum Durchleben eines schrecklichen Abenteuers wegsandten. Einige traten im Fernsehen in einem vor wenigen Tagen ausgestrahlten Dokumentarfilm auf, wobei sie diese traurige Geschichte erzählten.
Im Fall von Elián besteht nicht nur eine Ungerechtigkeit, sondern es gibt wenigstens drei schwerwiegende Tatbestände: Die Reise war illegal, es war eine Operation des Menschenschmuggels und sie wurde organisiert von einem Kriminellen, der niemals in seinem Leben gearbeitet hatte und die Schuld dafür trug, daß 11 Personen starben, darunter Kinder, wodurch die Tragödie dieses Jungen, der noch nicht das 6. Lebensjahr erreicht hatte, und der Verlust seiner Mutter verursacht wurde.
Welches Recht hatten die US-Behörden, dieses Kind zu nehmen und es einem Verwandten zu übergeben, der es ein einziges Mal gesehen hatte und es in eine Ware und ein vulgäres und plumpes Geschäft verwandelt hat, indem er den Jungen dort inmitten der schlimmsten Feinde unseres Vaterlandes fotografieren läßt, die beabsichtigen, daß wir an Hunger sterben als Folge von einem Gesetz nach dem anderen, die den Handel, den Import von Lebensmitteln, Technologie und Maschinen verbieten und aufs Äußerste die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes verhindern? Und nicht einmal das haben sie erreicht. Wir sind das Land, das in bezug auf viele Dinge, die von unserem Willen abhängen, weltweit den ersten Rang einnimmt. Es ist kein Land von großen Reichtümern, sondern von großen Wünschen, dem Volk zu helfen, denn einzig zu diesem Zweck existiert die Revolution, damit es Schulen und ärztliche Betreuung gibt, damit es Erholung gibt und damit das vorhanden ist, was die Kinder, Heranwachsenden, Jugendlichen, Erwachsenen und Alten benötigen. In allen Altersgruppen gibt es Bedürfnisse, die verschieden sind und um deren Erfüllung sich die Revolution bemüht.
Das ist die Geschichte. Dem entfernten Verwandten übergeben sie den Jungen, ohne von ihm ein einziges Dokument zu fordern. Den Vater hingegen, den alle kennen, bitten sie um Beweise, und in der Tat kamen zwei Beamte, um alle Dokumente abzuholen, die auf absolute und unanfechtbare Weise seine Vaterschaft und sein moralisches Verhalten belegten.
Von ihm fordern sie diese Dokumente, vom wirklichen Vater. Diejenigen, die das Kind gestohlen haben, bitten sie um kein einziges Dokument, und jetzt wissen sie nicht, wie es weitergehen soll, sie bewegen sich im Kreis, sind zerstritten und gelangen zu keiner Entscheidung. Und so halten sie ihn also fest, ungeachtet dessen, was die Ärzte und Psychologen sagten, nachdem sie das Gesicht des Jungen gesehen hatten, mit dem so viele plumpe Manöver veranstaltet worden sind, indem sie versuchen, seine unschuldige Seele mit diesen modernen Spielsachen und dem ganzen Schund zu kaufen und indem sie ihn nach Disneyworld mitnehmen.
Sie lassen ihn oftmals nicht einmal mit seinem Vater sprechen, und ich klage dies hier erneut öffentlich an. Der Vater und die Großeltern väterlicherseits und mütterlicherseits beklagen sich permanent, daß man sie nicht mit dem Kind sprechen läßt, zu dem sie eine so liebevolle und intime Beziehung hatten. Sie erfinden dort einen Vorwand nach dem anderen oder sie verlassen mit ihm das Haus, so daß seine Familie hier in Kuba manchmal zwei oder drei Tage nicht mit ihm sprechen konnte. Das einzige, was dem schrecklichen Gemütszustand dieses Kindes entgegenwirken kann, ist die Kommunikation mit dem Vater und den engsten, bekanntesten und intimsten Verwandten, und sogar das verbieten sie ihm. Es ist etwas Ungeheuerliches! Schaut, was für Banditen das sind, dieses Gesindel dort!
Alle diejenigen, die auf dem Foto um das Kind herumstehen, sind Banditen aus der Gruppe der schlimmsten Feinde Kubas, und sie wollen auf alle Fälle das Kind behalten. Doch sie werden das Kind nicht behalten können, denn unsere Sache ist sehr gerecht, alle Gesetze und alle Argumente sind auf unserer Seite.
Wir fordern von ihnen, daß sie die elterliche Sorge des Vaters für dieses Kind respektieren, so wie wir die elterliche Sorge von Tausenden, Zehntausenden und vielleicht über vierzig Jahre hinweg sogar von Hunderttausenden von Eltern respektiert haben!
Wir bitten jetzt darum, daß die elterliche Sorge einer kubanischen Familie respektiert wird! Das ist das, worum wir bitten (Beifall), und sie sind nicht einmal dazu fähig, das zu tun.
Als ich heute hierherkam, hatte ich nicht die Absicht, euch das zu erklären. Ich nutze die Gelegenheit und erzähle es euch. Gleichzeitig erläutere ich es mittels der Kommunikationsmedien allen Bürgern unseres Landes. Es ist notwendig, daß sie darüber Bescheid wissen.
Ich habe eine Person erwähnt, und wir verfügen über alle Unterlagen bezüglich dieser Person, die wir bis zu diesem Moment nicht einmal erwähnen wollten, doch man muß der Welt zeigen, wieviel Niedertracht und Schamlosigkeit hierbei im Spiel ist, und zwar hinsichtlich der Art, wie die Reise organisiert wurde, und der Person, die sie organisierte, nachdem sie einige Monate in den Vereinigten Staaten gelebt hat.
Es ist ein Monat vergangen und wir haben bekräftigt, daß wir ohne Ruhepause kämpfen werden, und zwar jedes Mal mehr. Gut, sehr gut.
Jetzt hat ein Beamter erklärt, daß diese Angelegenheit nicht sofort gelöst wird und die Entscheidung bis zum 21. Januar verschoben wird. Auf diese Weise erfinden sie jeden Tag neue Dinge, und das alles aus Furcht vor dem dort lebenden exilkubanischen Gewürm. Und wenn ich von dem Gewürm spreche, beziehe ich mich nicht auf alle Kubaner, die in den Vereinigten Staaten leben, denn es gibt dort viele Kubaner, Mitglieder der kubanischen Gemeinde in den USA, die die Rückkehr des Kindes unterstützen und gegen die Blockade sind. Ich beziehe mich einzig und allein auf das Söldnergewürm, das im Dienst einer antipatriotischen und erwiesenermaßen terroristischen Mafia stehen, der zynischsten, herrschsüchtigsten und reaktionärsten Leute in den Vereinigten Staaten.
Aus Angst vor diesen Leuten lösen sie die Angelegenheit nicht und fordern uns offensichtlich zu einem langen Kampf heraus. Wenn es ein langen Kampf ist, müssen sie wissen, welchen Preis sie für diesen langen Kampf zu zahlen haben, welchen Preis sie zu zahlen haben hinsichtlich der Tatsache, daß die Welt sieht, was dieses Volk darstellt, und daß die Welt dieses Volk kennenlernt, und zwar in dem Maße, in dem wir unsere Moral, unser Bewußtsein, unsere Vernunft und unsere Kraft unter Beweis stellen, denn die Mehrheit der US-Bürger unterstützt trotz dem alles überschwemmenden Abfall an reaktionärer Propaganda und allen dort verbreiteten Lügen im Moment die Rückkehr des Kindes, denn in den Vereinigten Staaten wie überall auf der Welt schätzen die Familien sehr dieses Recht, das sich elterliche Sorge nennt, und erkennen deutlich, daß dort die Rechte dieses Kindes und seines Vaters verletzt werden. (Beifall)
Also wie lange wird dieser Kampf noch dauern? Man muß sich darauf gefaßt machen. Doch vorerst möchte ich euch etwas sagen, und zwar: Die Offene Tribüne wird schon nicht mehr nur dort ihren Platz haben. Jener ist ihr offizieller Sitz, der Platz, an dem sie sich seit fast drei Wochen befindet.
Hört euch das an: Diese Tribüne kann bereits an jeden anderen Ort des Landes gebracht werden. Eines Tages kann sie beispielsweise in Cárdenas stattfinden und sich von Cárdenas aus an das ganze Land wenden. Ein anderes Mal kann sie von der Plaza Cadenas der Universität Havanna aus das gleiche tun.
Ich erklärte bereits, daß, zieht sich dieser Kampf hinaus, was sehr gut möglich ist, wir uns nicht verausgaben dürfen; wir müssen Energie und Kraft für einen langen Kampf aufsparen. Ihr kennt das recht gut. Wenn ihr drei Tage lang als Pfadfinder, als Pfadfinderkinder, die ihr seid, wandert, dann nehmt ihr Wasser für den ganzen Marsch mit und trinkt es nicht in der ersten halben Wegstunde. Werdet ihr sechs Stunden unterwegs sein, dann müßt ihr mindesten zwei bis drei Stunden hinter euch haben, wenn ihr zu trinken beginnt.
Mir ist bei langen Wanderungen zur Gewohnheit geworden, das Wasser erst dort zu trinken, wo ich es wieder nachfüllen konnte. Wißt ihr warum? Denn wenn die Feldflasche leer ist, leidet man mehr unter dem Durst als wenn sie Wasser enthält. Man erträgt den Durst besser - und das ist ein kleines Geheimnis, das ich euch verrate -, wenn, obgleich man den brennenden Wunsch hat zu trinken, man weiß, daß man eine volle Feldflasche mit sich führt. Aber ist sie leer, steigert sich das Begehren und das Leiden auf das Doppelte oder Dreifache.
Daraus erlernte ich die Lektion. Hatte ich weit zu gehen, benutzte ich jene Methode. Für diesen langen Kampf müssen wir eine volle Feldflasche mit uns führen und wenn wir etwas trinken, müssen wir versuchen, sie baldmöglichst auszufüllen.
Und wir müssen die Wassermenge erhöhen, eine größere oder, ist der Weg sehr weit, zwei Feldflaschen benutzen: Kraft und Energie für ihren Einsatz in diesem Kampf sparen, in dem alles Recht, alle Moral, das absolute Recht, die absolute Moral auf unserer Seite ist; in diesem Kampf, in dem sie in ihre eigene Falle gegangen sind, denn sie hätten dieses von Anfang an in Ordnung bringen müssen. Mit jedem Tag fallen mehr Stücke von der Schale ihres Prestiges ab und auf diese Weise könnten sie am Ende dieses langen Kampfes total gehäutet dastehen. Es ist so, wie ich es euch sage. Deshalb müssen wir unsere kolossale Stärke gut einteilen.
Zum gestrigen Marsch hatten die Organisatoren 70 000 aufgerufen und - um aus Krankheits- oder anderen wichtigen Abwesenheitsgründen mit einer Reserve rechnen zu können - 50 000 angekündigt; in der Tat waren es dann 100 000 Demonstranten. Alle, die eines jener T-Shirts mit dem Bild Eliáns besitzen sowie viele, die keines besaßen und sich geordnet bei den Blocks einfanden, in denen eine Anzahl Reserve-T-Shirts vorhanden war. Sie wurden jenen ausgehändigt, die auf jeden Fall an der Demonstration teilnehmen wollten. Deshalb waren es gestern nicht weniger als 100 000, obwohl 50 000 geplant waren. Und warum? Eben um Kräfte und Energie zu sparen.
Wieviele Märsche haben wir noch vor uns, wenn dieser Kampf ein langer wird? Wir haben Unterricht. Wir haben Prüfungen. Es wird Ferien geben. All das muß einkalkuliert werden. Deshalb ist es absolut nicht richtig, alle Kräfte aufzuwenden. Wir sind bereit, sie in dem Maße einzusetzen, wie es sich wirklich erforderlich macht. Die vollen Feldflaschen - vielleicht kann diese Vorstellung nützen - für einen langen Marsch vorbereiten. Sie dort sind es, die nicht auf einen langen Marsch vorbereitet sind; wir sind es, die wir auf einen langen Marsch vorbereitet sind.
Natürlich tun wir alles Mögliche, damit der Marsch ein minimaler wird, denn was uns vor allem interessiert, ist die Rückkehr des Kindes; ist, daß das Kind nicht mehr leiden muß.
Wer sind die Schuldigen dessen, daß dieser Junge jetzt leidet, noch einen weiteren Tag, eine weitere Woche, einen weiteren Monat? Wir sind es nicht. Wir haben sogar eine würdige Lösung vorgeschlagen und sagten, wir wollen niemanden kränken. Zudem wissen wir, daß man in den Vereinigten Staaten hinsichtlich dieser Frage sehr, aber auch sehr geteilter Meinung ist; daß viele sachliche, kluge und geistesgegenwärtige Menschen für die Rückkehr des Jungen sind. Wird die Befreiung dieses Kindes hinausgezögert und muß es noch eine Minute länger, einen Tag länger, eine Woche länger oder einen Monat länger leiden, so wird dieses niemals unsere Schuld sein. Doch je länger er zurückgehalten wird, desto nachdrücklicher und entschiedener werden wir den Kampf solange er notwendig ist, führen. Dann werden wir ja sehen, wer diese Schlacht gewinnt, sie oder wir . (Beifall und Ausrufe); dann werden wir ja sehen, wer mehr erreicht, die Stärke und die Übermacht oder das Recht und die Gefühle eines ganzen Volkes, das nicht allein sein wird in der Welt.
Wie wir vor einigen Wochen schon sagten: Wir werden Himmel und Erde in Bewegung setzen! (Beifall) Und die gesamte Verantwortung für jedes Fünkchen Leiden des Kindes; und nicht nur des Kindes, auch des Vaters, der schrecklich leidet, besonders wenn sie den Jungen nicht einmal mit ihm telefonieren lassen; der Großeltern, die schrecklich leiden, und seiner Schulkameraden; es sind 900, die schrecklich leiden; wie ich auch weiß, daß die Millionen Pioniere unseres Landes schrecklich leiden; also alle Verantwortung dafür tragen die Behörden der Vereinigten Staaten.
Jetzt glaube ich, habt ihr eine Erklärung, die euch verständlich ist. Denn wenn ich mir die Kinder anhöre, die im Fernsehen sprechen und die, die in der Schule des kleinen Elián gesprochen haben, werde ich immer mehr der Klugheit unserer Kinder gewahr, der Kenntnisse unserer Kinder, der Gefühle unserer Kinder; und daher weiß ich, daß ihr versteht, was ich euch sage. Wärt ihr Pioniere der ersten, zweiten und dritten Klasse, würde ich mich nicht so ausdrücken. Doch zu euch aus der vierten, fünften und sechsten Klasse meine ich, kann ich schon so sprechen.
Weshalb sind wir heute abend hier bei euch? Ganz einfach, weil ihr gestern eine Seite der Geschichte geschrieben habt. Wußtet ihr das? (Nein!-Rufe) Ihr wußtet es nicht. Ist in Ordnung. Ihr müßt es nicht wissen; man muß es euch sagen und erklären (Beifall); und ich bin eben dabei. Ich versuche es euch zu erklären, denn ihr habt gestern etwas geleistet, was noch nirgendwo auf der Welt vorgekommen ist. Ihr, die ihr unsere Wahllokale bewacht, wo nicht eine einzige Stimme gekauft wird und wo die Bürger wirklich wählen, und zwar nicht jenen, der das meiste Geld hat, die meisten Pamphlete verfaßt oder über die meiste Propaganda verfügt; sondern die Bürger wählen jenen, der die meisten Verdienste hat und am fähigsten ist. Das wissen unsere Kinder. Jene Wahllokale, die überall auf der Welt von bis zu den Zähnen bewaffneten Soldaten bewacht werden, werden hier von Pionieren bewacht. Ihr habt eine außerordentliche moralische, soziale und menschliche Kraft dargestellt, die noch zu viel mehr fähig ist. Wir haben eine Realität begriffen: Bei jedem Marsch des Kämpferischen Volkes wurden als spezielle Sicherheitsmaßnahme - sei es auch nur, um die Bewohner der an der Demoroute stehenden Häuser zu beruhigen - zwei Reihen von Kräften der Spezialeinheiten aufgestellt, die jedoch unbewaffnet waren, unbewaffnet! Also gab es beim letzten Marsch keine Pistolen, ja nicht einmal Knüppel zusätzlich zu denen der normalen Wachposten zum Schutze der Botschaften.
Wir stellten uns eine Frage: Worin liegt eigentlich unter diesen Umständen die Garantie für diese Botschaften? Sie liegt grundsätzlich in der hohen Bildung unseres Volkes, in der Erziehung unseres Volkes, in der Einheit unseres Volkes. Es kann eine Einzelperson geben, die im vollen Zorn einen Stein werfen will. Jene Maßnahmen wurden seit Anfang des Problems ergriffen, um spontanen Ausschreitungen vorzubeugen. Doch wir haben absolutes Vertrauen in unser Volk, in unsere Studenten, in unsere Jugendlichen, in unsere Arbeiter, in ihr Bewußtsein, ihre Gefaßtheit, ihre Klugheit und politische Kultur.
Sie wissen, daß die diplomatischen Vertretungen zu respektieren sind. Das ist eine internationale Pflicht; und wir wissen dieser Pflicht vorbildlich nachzukommen und diese Sicherheit zu bieten. Natürlich liegt die Hauptgarantie - das wissen wir gut, und ich wiederhole es - in der Bildung unseres Volkes. Es können dort eine Million Bürger demonstrieren, und keiner von ihnen schleudert einen Stein, denn sie wissen, daß darin nicht ihre Aufgabe besteht. Es wird etwas geschleudert, das viel stärker ist als ein Stein. Es wird eine Idee, eine Botschaft geschleudert, in kurzen Worten: "Laßt Elián frei!" oder "Retten wir Elián!" (Beifall)
Es sind weder Steine noch Beleidigungen. Mit Beleidigungen ist kein Meinungskrieg zu gewinnen. Derartige Schlachten gewinnt man mit Vernunft, mit Argumenten, mit Ideen.
Ihr könnt versichert sein, daß jeder einzelne eurer dort abgegebenen Aussprüche, jede Losung, sagen wir jeder Ausruf eine Botschaft, eine Idee in sich birgt; es sind intelligente Waffen. Ihr habt von intelligenten Waffen sprechen gehört. Es sind jene, die aus Tausenden Kilometern Entfernung ins Schwarze treffen, und ihr Abschußplatz ist ungefähr so groß wie dieser Hof hier.
Wir müssen intelligente Waffen einsetzen, und diese intelligenten Waffen sind unsere Ideen. Unsere intelligenten Waffen sind unsere Argumente. Unsere intelligenten Waffen setzen sich zusammen aus Prinzipien, aus unserer revolutionären Denkweise; und unser Arsenal der intelligenten Waffen ist unendlich groß, denn wenn jeder einzelne von euch bei einer Demonstration oder auf einer Kundgebung dort ruft "Gebt Elián zurück!", "Elián soll zurückkehren!", "Retten wir Elián!", "Laßt Elián frei!", so benutzt er intelligente Waffen, gegen die es keine mögliche Verteidigung gibt (Beifall); und die intelligenten Waffen sind die Moral, die Vernunft, die Vorbildlichkeit, das Bild einer geeinten Volkes und eines Volkes, das eine gerechte Sache mit beeindruckender Standhaftigkeit verteidigt; ein Volk, das nicht aufgibt und sich niemals entmutigen läßt, weder seine alten Menschen, noch seine Erwachsenen, noch seine Pioniere. Mit diesen Waffen ist unser Volk unbesiegbar, denn wir können sie in alle Ecken der Welt gelangen lassen.
Obwohl sie zahlreiche weltweite Fernsehsender und andere Massenmedien besitzen, haben wir die Videokassetten mit den Aufnahmen der Kundgebungen und der Märsche und wir haben viele Freunde und viele Arten, ihnen an jedem Ort der Welt die Botschaften in Form von Schreiben, Filmen und Ansprachen zukommen zu lassen.
Deshalb wäre es lächerlich, dumm und zudem primitiv, in einer Botschaft - in diesem Falle in der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten - durch einen Steinwurf eine Glasscheibe zu zerbrechen. Was man jedoch aus der Welt erfährt, sind Kundgebungen vor den US-Botschaften, die tagtäglich und fast zu jeder Stunde stattfinden, immer wenn sie eine Gewalttat oder Verbrechen begehen. Dabei werden Steine geschleudert, Glasscheiben zerbrochen, Fahnen und Sinnbilder wie Puppen in Gestalt des Uncle Sam verbrannt - all das seht ihr doch hin und wieder - und überall gewaltige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Ich kritisiere sie nicht. Es ist oftmals für sie das einzige Mittel, um ihrem Zorn und ihrem Ekelgefühl dieser Welt gegenüber Luft zu machen, einer Welt voller Mißbrauch und Ungerechtigkeiten. Sie besitzen nicht wie das ganze kubanische Volk, vereint und frei, die Möglichkeiten des politischen Kampfes. Oftmals sind es 500, 1000, 2000, 3000 Menschen, die inmitten eines feindseligen und repressiven Klimas zusammenkommen, um ihren Ruf nach Gerechtigkeit laut werden zu lassen.
Als wir vor der Revolution noch nicht über diese Stärke verfügten, noch kein geeintes Volk hatten, gingen wir auch vor ein Konsulat oder eine Botschaft, vor die US-amerikanische in unserer Studentenzeit, um Steine zu schleudern, Wände zu beklecksen und ähnliches zu tun.
Ich erinnere mich, als einige Marineinfanteristen auf die Martí-Statue im Parque Central kletterten, was eine heftige Wut auslöste, gingen wir Studenten bis zur Botschaft, die sich damals dort befand, ganz in der Nähe des Museums von Eusebio Leal in der Altstadt; und die Polizei schlug mit Gummiknüppeln und Stöcken auf uns ein, um uns an diesen Dingen zu hindern.
Wie anders ist es heute! Wie anders sind die Waffen, die wir einsetzen können! Wir benutzen, wie ich euch im einzelnen erklärte, Argumente, Ideen; und ich weiß, daß ihr das versteht. (Beifall)
Warum habt ihr eine Seite in der Geschichte geschrieben? Weil zum ersten Mal in unserem Land und in der Welt überhaupt anstelle von Spezialeinheiten und Soldaten zur Verstärkung der Bewachung der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten 2000 Pioniere, Zweitausend Pioniere! die Bewachung jener Interessenvertretung im Verlaufe des Marsches übernommen hatten.
Diese Interessenvertretung ist normal geschützt durch eine Anzahl von Wachposten, die bei Spannungssituationen verstärkt werden, um eben gerade zu vermeiden, daß irgendein Vereinzelter im guten Glauben oder irgendein Provokateur mit einem Steinwurf oder dem Zerbrechen auch nur einer Fensterscheibe die Ehre unseres Landes befleckt. Es käme sofort zu einem großen Werbefeldzug und dem Skandal, daß die diplomatische Vertretung der Vereinigten Staaten in Kuba Angriffen ausgesetzt ist. Wir aber haben die unbedingte Pflicht, die Immunität und Integrität aller diplomatischen Vertretungen, darunter der Interessenvertretung, zu schützen.
Deshalb ist für uns das gestrige Ereignis, als ihr 15 Minuten vor Beginn des Vorbeimarsches eine Art bewachungsverstärkende Mauer bildetet, ein historischer Augenblick. Gab es für diesen Schutz jemals eine größere Verstärkung? (Nein!-Rufe) Nein!, und ich werde euch den Grund dafür erklären. Er wird verstärkt durch ein wachsendes Bewußtsein unseres Volkes, eine stets höhere Kultur; und er wird verstärkt durch die Tatsache, daß dieses Volk niemanden mehr achtet und schützt als die Kinder. Drei Reihen Kinder sind der stärkste Schutz, den die Interessenvertretung in diesem Land je hatte. (Beifall) Euer ganzes Leben lang werdet ihr euch an diesen Tag erinnern, und eure Eltern werden immer stolz auf euch sein.
Wir wußten verständlicherweise, daß ihr keinerlei körperlicher Gefahr ausgesetzt wart, und zwar aus den Gründen, die ich euch bereits erklärte. Dort demonstrierten die anderen Pioniere. Dort waren die Pioniere der Mittelstufe, die Schüler der Oberstufe und die Studenten, eure, vertrauten Freunde, die auch demonstrierten. Dort demonstrierten jene Jugendlichen, die euch so sehr beschützen. Dort marschierte das patriotische und revolutionäre Volk, das die Kinder so liebt; denn sie haben Kinder, denn sie sind Eltern. (Beifall) Wer hätte euch besser beschützen können als sie alle?
Jene Truppe Pfadfinderpioniere war die Bewachung während des gestrigen Marsches und glaubt mir, kleine Kampfgefährten, ihr habt in jenem Augenblick eine ruhmreiche Seite gefüllt. (Beifall) Wenn ihr größer seid, werdet ihr stolz darauf sein und eure Eltern noch mehr.
Ihr wart die ersten und alle hier aus dem Stadtbezirk Plaza. Deshalb konnten wir uns heute hier zusammenfinden in dieser Einrichtung des Jugendverbandes, ohne weit gehen zu müssen, denn 17 Schulen des Stadtbezirks Plaza entsandten die Pioniertruppe zur Bewachung jenes Gebäudes. (Beifall) Taten sie das etwa zur Verteidigung des Imperialismus? (Nein!-Rufe) Sie taten es zur Verteidigung der Revolution. Sie taten es, um der Welt zu zeigen, was dieses Land ist; um der Welt zu beweisen, daß so etwas heutzutage nur dieses Land tun kann (Beifall), die Bewachung nicht nur von Wahlurnen, sondern die Bewachung von Botschaften und die Bewachung all dessen, was bewacht werden muß und von unseren Pionieren bewacht werden kann.
Daher haben wir gestern auf einer Versammlung mit der Leitung des Jugendverbandes, des Studentenbundes und der Pioniere beschlossen, euch heute nachmittag ein Diplom der Anerkennung zu überreichen, das ihr euer Leben lang aufbewahren sollt. (Beifall und Ausrufe "Es lebe Fidel! Es lebe Fidel!") Nein, nein, nein; ihr sollt hochleben und ein langes Leben haben, um den Stolz auf dieses Diplom genießen zu können! Bewahrt es auf und übermittelt es euren Kindern und euren Enkeln, wenn es so weit ist! Wir hoffen, ihr findet einen geschützten Platz dafür; und wenn es aus irgendeinem Grunde abhanden kommt, ersetzen wir es euch, denn wir haben die Liste der Empfänger. Doch hebt es nur gut auf, denn dieses ist ja das Diplom jenes Tages. (Beifall und Zurufe)
Auf der gestrigen Versammlung haben wir den Text verfaßt. Hört gut zu. Es heißt folgendermaßen:
"Anerkennung an:" hier kommt der Name des Pioniers. Dafür hatten wir nun keine Zeit, und es sollte auch in Schönschrift sein. So werden sie also in eure 17 Schulen gebracht, die dann deutlich und möglichst schön den entsprechenden Namen in jedes Diplom schreiben. (Beifall)
"Anerkennung an:" (zeigt auf ein Mädchen der ersten Reihe) Wie heißt du? Sprich laut, komm, sprich, beeile dich. Wie heißt du? (Die Pionierin kommt näher und nennt ihren Namen.)
Elizabeth Gálvez Soler. Dann wird also hier stehen: "Anerkennung an Elizabeth Gálvez Soler"; dann folgt der Text: "Pionier" - nun weiß ich nicht, ob man hier der Perfektion halber Pionier oder Pionierin schreiben sollte. Letzteres wäre das beste, denn im Text muß ohnehin eine kleine Änderung vorgenommen werden. Es wäre also das beste, bei den Mädchen Pionierin zu schreiben, obwohl bei uns als Gattungsname Pionier gebräuchlich ist, nicht Pionier oder Pionierin. Doch da es sich hier um ein persönliches Diplom handelt, sollte es heißen: "An Pfadfinderpionierin oder Pfadfinderpionier" - das ist für uns keine Mühe - "der die von der Revolution übertragene Aufgabe geleistet hat bei Erfüllung ihrer Pflicht - das heißt, der Pflicht der Revolution - der Bewachung der diplomatischen Vertretung der Vereinigten Staaten während des historischen Marsches der Pioniere, Studenten und jungen Arbeiter zur Befreiung von Elián." (Beifall)
Darunter meine Unterschrift. Natürlich konnte ich nicht 2000 unterzeichnen - und es werden viele verteilt werden müssen. Doch ich habe für euch eine ganz besondere Unterschrift geleistet. Ich wollte, daß sie so leserlich wie möglich ausfällt, und hier ist sie. (zeigt sie vor) Es ist klar, wenn man eigenhändig eine Unterschrift leistet, erscheint sie dann gedruckt auf allen anderen Diplomen, und seien es 100 000. Nun werde ich euch nicht betrügen und sagen, ich habe einen Monat lang unterschrieben. Es gibt viel zu tun. Doch für dieses Diplom der Anerkennung habe ich speziell eine Unterschrift gegeben.
Heute wollten wir symbolisch ein Diplom pro Schule überreichen; doch wir werden die jeweiligen Diplome den Schülern jeder Schule zusenden. Wie ich bereits sagte, ist noch ein kleiner Fehler zu verbessern. Es muß heißen: "bei Erfüllung ihrer Pflicht" - das heißt, der Pflicht der Revolution - und nicht wie dasteht: "bei Erfüllung seiner Pflicht". Es ist nicht die Pflicht des Pfadfinderpioniers, die Vertretung zu schützen. Ihr habt eine von der Revolution erteilte Aufgabe erfüllt; und grammatisch einwandfrei muß es hier heißen "ihrer" und nicht "seiner". Denn es ist die Pflicht der Revolution, die Interessenvertretung zu bewachen. Dabei hat der Pionier das ausgeführt, was ihr gestern getan habt, nämlich die von der Revolution übertragene Aufgabe erfüllt. Ist das klar? (Beifall und Ja-Rufe)
Sehr gut, und morgen seid ihr alle in der Schule, und wir werden sehen, ob die FEEM (Schülerverband) und die UJC (Jugendverband) ihr Versprechen von heute abend einhalten und die 2000 Diplome mit ihren Korrekturen fertigstellen, einmal zur Unterscheidung von Jungen und Mädchen und das Wort "ihrer" anstelle "seiner". Dieser kleine Fehler kam ganz gelegen, denn dadurch können wir das Diplom noch vervollkommnen.
All das ist in nur Stunden geschehen. Sie haben den Marsch sehr schnell organisiert. Was sage ich, Marsch? Wer weiß, wieviele Dinge sie noch vorbereiten werden. Der Reichtum an Mitteln für diesen Kampf ist unendlich groß; das kann ich euch, liebe Pioniere, sagen. Der Reichtum an Mitteln und Ideen ist unendlich groß. (Beifall) Sie stützen sich nicht auf Gewalt, sie beruhen auf Ideen. Denkt stets daran, was Martí gesagt hat und ihr vielleicht schon mehrmals gehört habt: "Schützengräben aus Ideen sind mehr wert als Schützengräben aus Stein." Das werden wir unwiderlegbar beweisen. Unsere Kräfte müssen wir sparsam einsetzen, in der Wirtschaft, der Produktion und den Dienstleistungen aufrechterhalten, in den Schulen gute Zensuren erstreben, das Unterrichtsprogramm voll durchsetzen. Wir werden alles realisieren, ohne Einschnitte.
Euch bitten wir, Schüler der Grund-, Mittel- und Oberstufe, Studenten, Lehrer und alle um eine nur kleine zusätzliche Anstrengung, damit wir nicht das Mindeste dessen unterlassen, was wir tun müssen: produzieren und gleichzeitig in den Köpfen und Herzen dieses ungeheuren Schatzes, den unsere Kinder und Jugendlichen darstellen, das Saatkorn zu pflanzen, das gepflanzt werden muß.
Von allen wird etwas mehr Anstrengung erbeten, und ich weiß, daß ihr über genügend Energie und sogar über genügend Zeit verfügt, wenn ihr vielleicht einmal irgendein Fernseh- oder Rundfunkprogramm auslaßt, das bei allen beliebt ist. Fürs erste dürft ihr diese außerordentlichen Veranstaltungen der Offenen Tribüne nicht verpassen. Denn hier erlangt man Allgemeinbildung und politische Bildung, die wichtigste aller Bildungen und an der es unserer heutigen Welt am stärksten mangelt.
Ich hatte euch bereits gesagt, am Samstag wird die Offene Tribüne in das Teatro Nacional (Man ruft ihm zu: in die Sala Avellaneda) verlegt. Beide Male? (Es wird bejaht) Es wird ein Kinderprogramm mit Kindern als Darsteller geben in Unterstützung des Kampfes für die Befreiung Eliáns. (Beifall) Also, die Offene Tribüne mit ihren Sprechern, ihren Persönlichkeiten und ihrem Führungspersonal um 17.00 Uhr im Teatro Nacional. Die Übertragung erfolgt für das ganze Land über beide Fernsehkanäle; wir streben beide Kanäle an. Die Veranstaltungen der Offenen Tribüne nahe der SINA (Interessenvertretung) werden stets über beiden Kanälen übertragen. In diesem Fall werden wir sehen. Doch sogar die Kinder in Baracoa werden es sich am Bildschirm ansehen. Ich schlage der Pionierorganisation vor, eine Anzahl Eintrittskarten in Prämienform jenen Wachposten zu überreichen, die gestern eine Seite in der Geschichte geschrieben haben. (Beifall)
Samstag und Sonntag dort. Am Montag wird sie woanders sein.
Da nun ein Herr Beamter gesagt hat, die Lösung zögere sich was weiß ich bis welchen Monat und zu welchem Datum hinaus, und da sie ein falsches Spiel treiben und Tricks anwenden, will ich euch eine Idee mitteilen, die wir sofort oder so schnell wie möglich in die Praxis umsetzen werden, nämlich am Ort der Offenen Tribüne eine ständig Offene Tribüne einzurichten. (Beifall) Eine ständig Offene Tribüne, besser konstruiert und stärker! Doch sie sollen wissen, daß diese Tribüne der Hauptsitz dises Programms ist und daß sie dort aufgestellt und bleiben wird. (Beifall) Was wir bestenfalls nach der Rückführung des Kindes tun werden, ist die Beseitigung der auf das Gebäude der Interessenvertretung gerichteten Lautsprecher, damit sie nicht im mindesten durch den Widerhall unserer Aktivitäten unweit dieser Vertretung gestört werden. Doch unsere ruhmreiche Jugend braucht eine permanente Tribüne der Bildung und Erziehung, eine permanente Schule für, sagen wir, Allgemeinbildung und politische Bildung. (Beifall) Diese in der Hitze des von euch ausgetragenen Gefechts entstandene Tribüne wird dort ihren Platz haben und bleiben.
Es ist gut möglich, daß dort eines Tages Vorträge über Geschichte, Wirtschaftsfragen, Politik, zu verschiedenen Themen der heutigen Welt gehalten werden. Es wird dort alles geben, alles. Ihr Repertoire wird sehr reichhaltig sein. Doch ihr Hauptzweck wird in der Allgemeinbildung und der politischen Bildung unserer Kinder, unserer Jugendlichen und unseres ganzen Volkes bestehen. (Beifall)
Ich nutze die Gelegenheit, um euch diese Nachricht zu übermitteln: Angesichts der Taktik, den Fall des entführten Kindes bis zum Sankt Nimmerleinstag hinauszuschieben, und der fortgesetzten grausamen und unaufhörlichen Anfeindungen gegen unser Volk, die nun bereits fast ein halbes Jahrhundert andauern, besteht die Antwort Kubas in der permanent Offenen Tribüne, von der aus heute die Rückkehr Eliáns gefordert wird. (Beifall)
Ganz herzlichen Dank, ihr überaus lieben kleinen Gefährten. Ihr habt euch gut verhalten. Wir werden euch stets im Gedächtnis behalten und als Vorbild betrachten. Ich gehe in der Genugtuung über die Aufmerksamkeit, die ihr gezeigt habt, über euer diszipliniertes Verhalten, und ich werde einen Ausspruch anbringen, der zwar nicht definitiv ist, denn wir dürfen uns nicht von der Idee Vaterland oder Tod, noch der Idee Sozialismus oder Tod lossagen, doch ich möchte den Ausspruch einer jungen Abgeordneten der Nationalversammlung anbringen: Vaterland und Leben! Leben für euch, ist das, was wir wollen! (Beifall) Unsere Pioniere werden nicht sterben müssen.
In dem langen und historischen Kampf unseres Volkes, von dem niemand das Ende exakt voraussagen kann, fordert das Vaterland von unseren Pionieren, von euch, die ihr dann schon Jugendliche und Männer und Frauen sein werdet, vielleicht irgendeinmal das Opfer ihres Lebens. Doch da wir heute stärker denn je sind und über so viele intelligente Waffen verfügen, werden wir diese Schlacht für das Leben gewinnen; und nicht nur für das eure, sondern für das Leben aller Kinder der Welt.
Unsere Taten werden Hunderten Millionen nützen. Durch die Bresche, die wir heute schlagen, werden morgen Millionen, Hunderte Millionen Kinder gehen, die in der Welt von heute noch keine Schule, keinen Arzt haben, noch die patriotische, revolutionäre, sozialistische und internationalistische Erziehung, die unser Volk besitzt. (Beifall)
Bis zum nahen Sieg! (Beifall und Rufe "Fidel, Fidel, Fidel!")
Auch für die Pionierleiter, die euch an jenem Tag begleiteten, gibt es eine Urkunde. Auch sie werden ihre verdiente Anerkennung erhalten. Ich hatte es vergessen zu sagen. (Beifall)
Hier finden Sie chronologisch sortiert Reden und Schriften des kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro Ruz
Donnerstag, 23. Dezember 1999
Montag, 20. Dezember 1999
Retten wir Elián!
Die Offene Tribüne in nächster Nähe der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten nimmt diesen Montag um 17.00 Uhr ihre orientierende und mobilisierende Aktivität wieder auf.
Das Schicksal Elians ist ungewiß.
Die zahlreichen Anwärter auf Präsidentschaftskandidatur beider Parteien der Vereinigten Staaten haben sich fast ausnahmslos gegen die Rückführung des Kindes nach Kuba ausgesprochen; in demagogischer Art oder in extravaganter und keinesfalls seriöser Ausdrucksweise äußerten sie sich für hinauszögernde und sogar perfide Lösungen.
Die Extremisten- und Terroristenmafia Südfloridas, unterstützt von den US-amerikanischen Rechtsradikalen, droht - neben den angezeigten Einsprüchen in der Art von Winkeladvokaten -, eine Entscheidung der Regierung mit Gewalthandlungen gegen die Rückführung des Kindes zu seinen rechtmäßigen Angehörigen und in seine Heimat zu beantworten. Sie versichern, daß sie um das Haus der entfernten Verwandten, in dem der Junge widerrechtlich festgehalten wird, eine Sperrkette aus heimatlosen Söldnern bilden werden, um das Vorgehen der Bundesbeamten für den Fall zu verhindern, daß die Regierung jenes Landes die menschlich gerechte und rechtlich unwiderlegbare Entscheidung zugunsten seiner Rückkehr nach Kuba trifft. Da sie an faschistische Methoden, an Erpressung und an Straflosigkeit gewöhnt sind aufgrund der Schwäche und Toleranz der US-Regierenden, deren Instrument und Komplizen sie stets waren, ist ihnen alles zuzutrauen, um die genannte Rückkehr zu verhindern.
Im Augenblick wird niemand in der Lage sein zu behaupten, wann und wie der Junge zurückkehren wird. Im Hinblick auf diesen Punkt herrscht in den Vereinigten Staaten Verwirrung und Chaos.
Am 12. Dezember wurde die letzte diplomatische Note der kubanischen Regierung an das State Departement gerichtet, in der die Dringlichkeit einer schnellen Beantwortung nahegelegt wird, und zwar aufgrund der riesigen Qualen, denen sowohl das Kind als auch die Angehörigen ausgesetzt sind, sowie wegen der für seine Geistesgesundheit entstehenden Folgen. Bereits acht Tage sind vergangen, und noch ist keine einzige Antwort eingetroffen.
Am Montag, den 13. Dezember, trafen sich um 7:00 Uhr zwei US-amerikanische Staatsbeamte, darunter eine Vertreterin des Amtes für Naturalisierung und Immigration der Vereinigten Staaten, mit dem Vater Elians und den vertrautesten und nächsten Verwandten des Kindes. Dieses wurde als unerläßliche Bedingung, als faktisch letzte Formalität für eine gerechte, schnelle und ehrenhafte Lösung des Problems betrachtet. In der Wohnung der Familie in Cárdenas übergab der Vater den US-Staatsbeamten 17 von den zuständigen Behörden bestätigte Dokumente, die unwiderlegbar seine Vaterschaft und infolgedessen die elterliche Sorge von Juan Miguel González Quintana beweisen, dessen Betreuung und Verhalten seinem Sohn Elián gegenüber beispielhaft und untadelig waren. Selbige Immigrationsbehörde hatte den Jungen einem entfernten Verwandten übergeben, der seit 15 Jahren in den Vereinigten Staaten ansässig ist, also seit neun Jahren noch vor der Geburt Eliáns, den er unter Umständen nur einmal in seinem Leben gesehen hatte, ohne daß ihm irgendein den entfernten Verwandtschaftsgrad bestätigendes Dokument abgefordert wurde. Seitdem sind jedoch sieben Tage vergangen, und der Vater hat nicht das geringste Zeichen im Hinblick auf die Anerkennung seiner Rechte erhalten.
Zu all dem kommt die bewegende und äußerst beeindruckende Podiumsdiskussion vom vergangenen Donnerstag mit hervorragenden Wissenschaftlern und Experten in Fragen der Pädagogik, der Psychologie und der Kinderpsychiatrie, die unter den renommiertesten und erfahrensten des Landes ausgewählt worden waren. Hier wurde an Hand solider wissenschaftlicher Begründungen verdeutlicht und vor dem ganzen Land bewiesen, daß der Junge in weniger als 48 Stunden einschneidende und fortgesetzte Traumen erleben mußte und daß ihm dazu noch sein Milieu, seine Schule, seine Freunde, seine Lehrerin, sein Vater und die ihm liebsten Menschen entzogen wurden, die er am dringendsten für seine Gesundung braucht. Unsere Wissenschaftler und Experten bewiesen mit aller Deutlichkeit die quälende Dringlichkeit seiner Rückkehr nach Kuba.
Bilder von widerlichem Zynismus und Demoralisierung jener, die sich in Mittäterschaft mit einer Clique perverser und skrupelloser Ruchloser für die Entführung des Kindes hergaben, erzeugten in unserem Volk tiefen Zorn und Widerwillen. Die groteske Szene, in der eine reißende Wölfin in Frauenkleidern diesen unschuldigen Jungen fast mit Gewalt in das Sternenbanner wickelt - so ganz anders als die Fahne, die er bis vor einigen Tagen bei jedem Morgenappell in seiner Schule ehrfurchtsvoll grüßte -, wird in die Geschichte als eine der infamsten, abscheulichsten und beleidigendsten Taten eingehen, die unser Volk je gesehen hat. Nicht hundert Bücher des Politunterrichts könnten die Niederträchtigkeit und Dekadenz des "unruhigen und brutalen Imperiums, das uns verachtet" besser darstellen. Dieses Bild muß um die Welt gehen. Die Heuchelei, die plumpe und unglaubliche Prahlerei mit prunkhaften Geschenken, mit denen sie um jeden Preis die Seele eines sechsjährigen Kindes zu kaufen trachten, vermittelt eine Vorstellung dessen, was eine entfremdete Gesellschaft und Welt ist, die sie diesem kubanischen Jungen mit Willkür und Gewalt aufzwingen wollen.
Jetzt muß nicht nur die Identität des Kindes und das Recht des Vaters auf elterliche Sorge gewahrt werden, das niemand in der Welt in Frage stellt, sondern es ist dringend geboten, seine seelische und geistige Gesundheit zu retten, bevor der Schaden nicht mehr wiedergutzumachen ist.
Unser Volk wird das widerliche und ungeheure Verbrechen, das vor den bestürzten Augen der Welt an diesem Kind begangen wird, nicht zulassen.
Das, was heute beginnt, ist die zweite Phase der Schlacht der breiten Massen, die wir seit Sonntag, den 5. Dezember kämpfen. Es war und ist eine Schlacht der Ideen, der nationalen öffentlichen Meinung und der Weltöffentlichkeit, der gesetzlichen, ethischen und menschlichen Prinzipien zwischen Kuba und dem Imperium; eine Schlacht, die in unserer Heimat in einer der größten und kämpferischsten Mobilmachungen, die es in unserer Geschichte je gegeben hat, Unterstützung findet.
Die Revolution hat den Pionieren der Grund- und Mittelschulen, den Oberschülern und Studenten und den jungen Produktionsarbeitern und Geistesschaffenden des Landes die Aufgabe übertragen, die Frontlinien dieser großen Schlacht einzunehmen, die wir mit dem einmütigen Beistand des ganzen Volkes liefern.
Diese neue Etappe des Kampfes kann länger dauern. Sie erfordert mehr denn je beste Organisation und strengste Disziplin, einen klugen und gleichzeitig flexiblen Plan, Kreativität und Anpassungsfähigkeit an sich ständig ändernde Situationen, Geistesgegenwart, Ausgeglichenheit und Selbstbeherrschung.
Wir stehen vor einem mächtigen, hartnäckigen und arroganten Gegner. Das größte Risiko dabei ist, daß der logische Kampfgeist, der Geist der menschlichen Solidarität und des gerechten Zorns die Prinzipien von Disziplin und Organisation durchbricht.
Unter diesen Umständen darf sich keiner ohne den entsprechenden Aufruf durch die Organisatoren an einem Marsch, einer Kundgebung oder Aktivität beteiligen. Es ist absolut nicht zweckmäßig, daß bei einer Aktivität, für die man mit 10 000, 50 000 oder 100 000 Teilenehmern rechnet, 20 000, 100 000 oder 200 000 erscheinen, das heißt, das Zwei- oder Dreifache der dazu in jedem Bereich oder Sektor Aufgerufenen. Am Marsch des Kämpfenden Volkes sollten sich 300 000 Personen beteiligen; und dann waren es mehr als eine halbe Million, die über sämtliche Zugänge kamen. Darunter kann die Organisation unserer Aktivitäten leiden, und es können unsere Kräfte und Energien vergeudet werden, die in der Tat ungeheuer stark sind. Wir dürfen uns nicht verausgaben. Diese Kräfte und diese Energie müssen gespart, ständig erneuert und, wenn es sich erforderlich macht, in ihrer Gesamtheit geordnet eingesetzt und sofort wieder aufgefrischt werden, sollten wir uns dazu gezwungen sehen.
Auch wenn wir Tausende, Zehntausende, Hunderttausende, ja selbst Millionen mobilisieren, wie es an den Tagen des 9. und 10. Dezember geschah, als von Donnerstagnachmittag bis Freitagnachmittag fast drei Millionen Menschen mobilgemacht wurden - was noch weit von unserem wirklichen Potential entfernt ist, denn am Tag der Großkundgebungen der Provinzhauptstädte hat die Stadt Havanna zwecks Zurückstellung von Kräften korrekterweise nur knapp zehn Prozent ihres Potentials gestellt -, so müssen auch um jeden Preis die Produktion und Dienstleistungen zielstrebiger und verantwortungsbewußter denn je aufrechterhalten werden.
Unsere Aktion muß von besserer Qualität geprägt sein: überzeugend und einleuchtend für die Weltöffentlichkeit; überraschend, verblüffend, gelegen und beweiskräftig für jene, die - wenn auch minderheitlich, so doch mächtig - sich in der US-amerikanischen Gesellschaft der Rückführung Eliáns widersetzen.
Wir sind ein Volk mir hoher politischer Kultur, Geschlossenheit, Zusammenhalt, Organisiertheit. Wir alle, von den Pionieren bis hin zu den Kampfveteranen der vierzigjährigen Revolution, sind Mitglied einer oder mehrerer Organisationen. Wir alle besitzen eine mehr oder weniger intensive Kampfausbildung. In uns allen lebt die revolutionäre Kraft, der Patriotismus und die edlen Ziele, die uns verbrüdern und eng verbünden. Wir alle besitzen das Privileg, eine geschlossene Nation zu sein. Wir können und müssen als eine immense und unbesiegbare Armee vorgehen.
Deshalb, Landsleute, ist es so, daß die Revolution, die in der über vierzigjährigen siegreichen Auseinandersetzung mit der stärksten Macht, die es je gegeben hat, umfassende Erfahrungen gesammelt hat, uns nicht einfach nur zur Disziplin anhält; nein, sie verlangt sie von uns.
Wir bitten die Studenten und kubanischen Jugendlichen, denen die Riesenehre zuteil wurde, einen Platz an vorderster Front einzunehmen und die vom ersten Augenblick an so großartig gehandelt haben, dem ganzen Volk ein Beispiel an bewußter und revolutionärer Disziplin in diesem entscheidenden und heldenhaften Kampf zu sein; einer Disziplin, die die Revolution von jedem Bürger zur Rettung Eliáns fordert, eines Kindes, eines kleinen Pioniers, eines Enkels, eines Sohnes ganz Kubas; und in seiner Person zur Rettung der Milliarden Kinder der Welt, die der Unterrichtung, der Ernährung, gesunder Lebensverhältnisse, der Rettung und der Würde bedürfen. Der an einer stupiden, abstoßenden und abscheulichen Ungerechtigkeit festhaltende Feind wird unserer Moral, unserem Recht und unserer unaufhaltsamen Kraft im Kampf um diese gerechte Forderung nicht standhalten können und keine andere Alternative haben als die einer schnellstmöglichen Herausgabe Eliáns.
Fidel Castro
Das Schicksal Elians ist ungewiß.
Die zahlreichen Anwärter auf Präsidentschaftskandidatur beider Parteien der Vereinigten Staaten haben sich fast ausnahmslos gegen die Rückführung des Kindes nach Kuba ausgesprochen; in demagogischer Art oder in extravaganter und keinesfalls seriöser Ausdrucksweise äußerten sie sich für hinauszögernde und sogar perfide Lösungen.
Die Extremisten- und Terroristenmafia Südfloridas, unterstützt von den US-amerikanischen Rechtsradikalen, droht - neben den angezeigten Einsprüchen in der Art von Winkeladvokaten -, eine Entscheidung der Regierung mit Gewalthandlungen gegen die Rückführung des Kindes zu seinen rechtmäßigen Angehörigen und in seine Heimat zu beantworten. Sie versichern, daß sie um das Haus der entfernten Verwandten, in dem der Junge widerrechtlich festgehalten wird, eine Sperrkette aus heimatlosen Söldnern bilden werden, um das Vorgehen der Bundesbeamten für den Fall zu verhindern, daß die Regierung jenes Landes die menschlich gerechte und rechtlich unwiderlegbare Entscheidung zugunsten seiner Rückkehr nach Kuba trifft. Da sie an faschistische Methoden, an Erpressung und an Straflosigkeit gewöhnt sind aufgrund der Schwäche und Toleranz der US-Regierenden, deren Instrument und Komplizen sie stets waren, ist ihnen alles zuzutrauen, um die genannte Rückkehr zu verhindern.
Im Augenblick wird niemand in der Lage sein zu behaupten, wann und wie der Junge zurückkehren wird. Im Hinblick auf diesen Punkt herrscht in den Vereinigten Staaten Verwirrung und Chaos.
Am 12. Dezember wurde die letzte diplomatische Note der kubanischen Regierung an das State Departement gerichtet, in der die Dringlichkeit einer schnellen Beantwortung nahegelegt wird, und zwar aufgrund der riesigen Qualen, denen sowohl das Kind als auch die Angehörigen ausgesetzt sind, sowie wegen der für seine Geistesgesundheit entstehenden Folgen. Bereits acht Tage sind vergangen, und noch ist keine einzige Antwort eingetroffen.
Am Montag, den 13. Dezember, trafen sich um 7:00 Uhr zwei US-amerikanische Staatsbeamte, darunter eine Vertreterin des Amtes für Naturalisierung und Immigration der Vereinigten Staaten, mit dem Vater Elians und den vertrautesten und nächsten Verwandten des Kindes. Dieses wurde als unerläßliche Bedingung, als faktisch letzte Formalität für eine gerechte, schnelle und ehrenhafte Lösung des Problems betrachtet. In der Wohnung der Familie in Cárdenas übergab der Vater den US-Staatsbeamten 17 von den zuständigen Behörden bestätigte Dokumente, die unwiderlegbar seine Vaterschaft und infolgedessen die elterliche Sorge von Juan Miguel González Quintana beweisen, dessen Betreuung und Verhalten seinem Sohn Elián gegenüber beispielhaft und untadelig waren. Selbige Immigrationsbehörde hatte den Jungen einem entfernten Verwandten übergeben, der seit 15 Jahren in den Vereinigten Staaten ansässig ist, also seit neun Jahren noch vor der Geburt Eliáns, den er unter Umständen nur einmal in seinem Leben gesehen hatte, ohne daß ihm irgendein den entfernten Verwandtschaftsgrad bestätigendes Dokument abgefordert wurde. Seitdem sind jedoch sieben Tage vergangen, und der Vater hat nicht das geringste Zeichen im Hinblick auf die Anerkennung seiner Rechte erhalten.
Zu all dem kommt die bewegende und äußerst beeindruckende Podiumsdiskussion vom vergangenen Donnerstag mit hervorragenden Wissenschaftlern und Experten in Fragen der Pädagogik, der Psychologie und der Kinderpsychiatrie, die unter den renommiertesten und erfahrensten des Landes ausgewählt worden waren. Hier wurde an Hand solider wissenschaftlicher Begründungen verdeutlicht und vor dem ganzen Land bewiesen, daß der Junge in weniger als 48 Stunden einschneidende und fortgesetzte Traumen erleben mußte und daß ihm dazu noch sein Milieu, seine Schule, seine Freunde, seine Lehrerin, sein Vater und die ihm liebsten Menschen entzogen wurden, die er am dringendsten für seine Gesundung braucht. Unsere Wissenschaftler und Experten bewiesen mit aller Deutlichkeit die quälende Dringlichkeit seiner Rückkehr nach Kuba.
Bilder von widerlichem Zynismus und Demoralisierung jener, die sich in Mittäterschaft mit einer Clique perverser und skrupelloser Ruchloser für die Entführung des Kindes hergaben, erzeugten in unserem Volk tiefen Zorn und Widerwillen. Die groteske Szene, in der eine reißende Wölfin in Frauenkleidern diesen unschuldigen Jungen fast mit Gewalt in das Sternenbanner wickelt - so ganz anders als die Fahne, die er bis vor einigen Tagen bei jedem Morgenappell in seiner Schule ehrfurchtsvoll grüßte -, wird in die Geschichte als eine der infamsten, abscheulichsten und beleidigendsten Taten eingehen, die unser Volk je gesehen hat. Nicht hundert Bücher des Politunterrichts könnten die Niederträchtigkeit und Dekadenz des "unruhigen und brutalen Imperiums, das uns verachtet" besser darstellen. Dieses Bild muß um die Welt gehen. Die Heuchelei, die plumpe und unglaubliche Prahlerei mit prunkhaften Geschenken, mit denen sie um jeden Preis die Seele eines sechsjährigen Kindes zu kaufen trachten, vermittelt eine Vorstellung dessen, was eine entfremdete Gesellschaft und Welt ist, die sie diesem kubanischen Jungen mit Willkür und Gewalt aufzwingen wollen.
Jetzt muß nicht nur die Identität des Kindes und das Recht des Vaters auf elterliche Sorge gewahrt werden, das niemand in der Welt in Frage stellt, sondern es ist dringend geboten, seine seelische und geistige Gesundheit zu retten, bevor der Schaden nicht mehr wiedergutzumachen ist.
Unser Volk wird das widerliche und ungeheure Verbrechen, das vor den bestürzten Augen der Welt an diesem Kind begangen wird, nicht zulassen.
Das, was heute beginnt, ist die zweite Phase der Schlacht der breiten Massen, die wir seit Sonntag, den 5. Dezember kämpfen. Es war und ist eine Schlacht der Ideen, der nationalen öffentlichen Meinung und der Weltöffentlichkeit, der gesetzlichen, ethischen und menschlichen Prinzipien zwischen Kuba und dem Imperium; eine Schlacht, die in unserer Heimat in einer der größten und kämpferischsten Mobilmachungen, die es in unserer Geschichte je gegeben hat, Unterstützung findet.
Die Revolution hat den Pionieren der Grund- und Mittelschulen, den Oberschülern und Studenten und den jungen Produktionsarbeitern und Geistesschaffenden des Landes die Aufgabe übertragen, die Frontlinien dieser großen Schlacht einzunehmen, die wir mit dem einmütigen Beistand des ganzen Volkes liefern.
Diese neue Etappe des Kampfes kann länger dauern. Sie erfordert mehr denn je beste Organisation und strengste Disziplin, einen klugen und gleichzeitig flexiblen Plan, Kreativität und Anpassungsfähigkeit an sich ständig ändernde Situationen, Geistesgegenwart, Ausgeglichenheit und Selbstbeherrschung.
Wir stehen vor einem mächtigen, hartnäckigen und arroganten Gegner. Das größte Risiko dabei ist, daß der logische Kampfgeist, der Geist der menschlichen Solidarität und des gerechten Zorns die Prinzipien von Disziplin und Organisation durchbricht.
Unter diesen Umständen darf sich keiner ohne den entsprechenden Aufruf durch die Organisatoren an einem Marsch, einer Kundgebung oder Aktivität beteiligen. Es ist absolut nicht zweckmäßig, daß bei einer Aktivität, für die man mit 10 000, 50 000 oder 100 000 Teilenehmern rechnet, 20 000, 100 000 oder 200 000 erscheinen, das heißt, das Zwei- oder Dreifache der dazu in jedem Bereich oder Sektor Aufgerufenen. Am Marsch des Kämpfenden Volkes sollten sich 300 000 Personen beteiligen; und dann waren es mehr als eine halbe Million, die über sämtliche Zugänge kamen. Darunter kann die Organisation unserer Aktivitäten leiden, und es können unsere Kräfte und Energien vergeudet werden, die in der Tat ungeheuer stark sind. Wir dürfen uns nicht verausgaben. Diese Kräfte und diese Energie müssen gespart, ständig erneuert und, wenn es sich erforderlich macht, in ihrer Gesamtheit geordnet eingesetzt und sofort wieder aufgefrischt werden, sollten wir uns dazu gezwungen sehen.
Auch wenn wir Tausende, Zehntausende, Hunderttausende, ja selbst Millionen mobilisieren, wie es an den Tagen des 9. und 10. Dezember geschah, als von Donnerstagnachmittag bis Freitagnachmittag fast drei Millionen Menschen mobilgemacht wurden - was noch weit von unserem wirklichen Potential entfernt ist, denn am Tag der Großkundgebungen der Provinzhauptstädte hat die Stadt Havanna zwecks Zurückstellung von Kräften korrekterweise nur knapp zehn Prozent ihres Potentials gestellt -, so müssen auch um jeden Preis die Produktion und Dienstleistungen zielstrebiger und verantwortungsbewußter denn je aufrechterhalten werden.
Unsere Aktion muß von besserer Qualität geprägt sein: überzeugend und einleuchtend für die Weltöffentlichkeit; überraschend, verblüffend, gelegen und beweiskräftig für jene, die - wenn auch minderheitlich, so doch mächtig - sich in der US-amerikanischen Gesellschaft der Rückführung Eliáns widersetzen.
Wir sind ein Volk mir hoher politischer Kultur, Geschlossenheit, Zusammenhalt, Organisiertheit. Wir alle, von den Pionieren bis hin zu den Kampfveteranen der vierzigjährigen Revolution, sind Mitglied einer oder mehrerer Organisationen. Wir alle besitzen eine mehr oder weniger intensive Kampfausbildung. In uns allen lebt die revolutionäre Kraft, der Patriotismus und die edlen Ziele, die uns verbrüdern und eng verbünden. Wir alle besitzen das Privileg, eine geschlossene Nation zu sein. Wir können und müssen als eine immense und unbesiegbare Armee vorgehen.
Deshalb, Landsleute, ist es so, daß die Revolution, die in der über vierzigjährigen siegreichen Auseinandersetzung mit der stärksten Macht, die es je gegeben hat, umfassende Erfahrungen gesammelt hat, uns nicht einfach nur zur Disziplin anhält; nein, sie verlangt sie von uns.
Wir bitten die Studenten und kubanischen Jugendlichen, denen die Riesenehre zuteil wurde, einen Platz an vorderster Front einzunehmen und die vom ersten Augenblick an so großartig gehandelt haben, dem ganzen Volk ein Beispiel an bewußter und revolutionärer Disziplin in diesem entscheidenden und heldenhaften Kampf zu sein; einer Disziplin, die die Revolution von jedem Bürger zur Rettung Eliáns fordert, eines Kindes, eines kleinen Pioniers, eines Enkels, eines Sohnes ganz Kubas; und in seiner Person zur Rettung der Milliarden Kinder der Welt, die der Unterrichtung, der Ernährung, gesunder Lebensverhältnisse, der Rettung und der Würde bedürfen. Der an einer stupiden, abstoßenden und abscheulichen Ungerechtigkeit festhaltende Feind wird unserer Moral, unserem Recht und unserer unaufhaltsamen Kraft im Kampf um diese gerechte Forderung nicht standhalten können und keine andere Alternative haben als die einer schnellstmöglichen Herausgabe Eliáns.
Fidel Castro
Dienstag, 14. Dezember 1999
Interview Mit Fidel Castro über den Fall des Kindes Elián Gonzáles
Ausführungen bezüglich des Falles des Kindes Elián González in dem Interview von Andrea Mitchell, Hauptkorrespondentin für Außenpolitik des Fernsehsenders NBC-News, mit dem Präsidenten des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, in der Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin, am 14. Dezember 1999, "Jahr des 40. Jahrestages des Sieges der Revolution.
Andrea Mitchell: Wir sprachen vorhin über den Jungen, der sich weiter in den Vereinigten Staaten aufhält, und den Schaden, den dies bei dem Kind verursachen kann. Sie sagten mir, daß sich die Persönlichkeit des Jungen verändert kann, je länger er dort verbleibt. Welche Besorgnis haben Sie bezüglich dieser Angelegenheit?
Fidel Castro: Eines der Dinge, die das Volk am meisten bewegt hat, ist die Idee, daß sie dieses Kind mit modernstem Spielzeug überschüttet haben. Sie haben ihm sogar einen Spielzeugflieger überreicht, damit der Junge ein Pilot der konterrevolutionären Organisation "Hermanos al Rescate" sein kann, und sie zogen ihm Kleidungsstücke und Pullover mit den Emblemen der berühmt-berüchtigten Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung an, die in jedem Fall nicht national ist, sondern wohl eher binational, denn sie setzt sich zusammen aus ehemaligen Kubanern und einer bestimmten Anzahl von US-Amerikanern. Das hat unser Volk sehr stark verletzt.
Vorgestern las ich in den Agenturmeldungen, daß der junge Mas Santos – ich weiß nicht, ob er 'santo' (heilig) ist, aber er ist fraglos naiv, und außerdem anmaßend gegenüber dem Präsidenten der Vereinigten Staaten -, den Jungen mitnahm, um mit ihm bei einem Bankett zum Sammeln von Wahlspenden teilzunehmen, das von Clinton präsidiert wurde. Für ein Volk, das eine politische Kultur besitzt, ist die Tatsache äußerst beleidigend, daß ein Kind von niemandem Geringerem dorthin gebracht wird als dem Präsidenten jener Stiftung, die vor einigen Jahren von der US-Regierung mit bestimmten Zielen gegründet wurde und die sogar den Terrorismus praktiziert. Es ist wirklich der Gipfel, den Jungen zu diesem Bankett zu bringen, bei dem Wahlspenden für eine politische Partei gesammelt werden.
Ich weiß zum Beispiel, daß der Vater des Jungen und seine Familie in Kuba 48 Stunden lang nicht mit ihm sprechen konnten, denn zunächst hatten sie ihn für das Spendensammelbankett angezogen und vorbereitet und danach, am Sonntag und Montag, nahmen sie ihn nach Disneyland mit, um ihn dort mit den Phantasieobjekten zu fotografieren und in einer Hütte in diesem Park zu übernachten.
In diesen 50 Stunden konnte die Familie nicht mit dem Kind sprechen, sie konnten es nur gestern abend machen und die Telefongespräche sind begrenzt und finden unter Druck statt.
Diese Dinge erzürnen die Leute und sie haben Besorgnis ausgelöst bei herausragenden Wissenschaftlern, Psychologen und Spezialisten im Bereich der Kinderpsychologie, denn man begeht vor den Augen der Welt eine Ungeheuerlichkeit mit diesem 6 Jahre alten Kind. Am nächsten Donnerstag, in zwei Tagen, wird also ein Runder Tisch mit Experten stattfinden, an dem einige der qualifiziertesten Fachleute in diesem Bereich teilnehmen werden, und das Thema hat mit dem Jungen zu tun, denn es geht um die Frage, innerhalb von welcher Zeit die Mentalität eines sechsjährigen Kindes verändert werden kann. Das ist die Bedeutung des Faktors Zeit. Es handelt sich nicht darum, zu verhindern, daß sich das schreckliche Leiden der Familie verlängert, vor allem des Vaters, der schrecklich leidet, genauso wie die Großeltern, also diejenigen, die das Recht auf die Sorge und Betreuung des Kindes besitzen. Es ist nicht die Frage, ob es mehr oder weniger Tage sein werden. Die Frage nach der Zeit, die notwendig ist, um die Mentalität eines sechsjährigen Kindes zu verändern, ist zu einer lebenswichtigen Frage geworden.
Andrea Mitchell: Gibt es die Besorgnis, daß der Junge zu einem bestimmten Zeitpunkt sagen könnte, daß er in den Vereinigten Staaten bleiben wolle? Daß er eben von den Spielsachen und all den Dingen verführt werden könnte?
Fidel Castro: Nein. Gabriela Mistral - wir sprachen davon, als ich ihnen von dem Artikel erzählte, der gestern in der Zeitung der Arbeiter veröffentlicht wurde - sagte, daß die Kinder weder in der Zukunft noch in der Vergangenheit leben, sondern in der Gegenwart! Und vor den Augen der Welt wird versucht, den Jungen mit diesen Dingen zu blenden. Der Vater und die Familie erzählen mir, daß der Junge sehr stark genötigt wird, und die entfernten Verwandten, die in Miami wohnen, sagen ihnen, daß der Junge ihnen gegenüber erklärt hätte, nicht in Kuba leben zu wollen, auf solch eine schonungslose Art sagten sie es der Familie des Jungen in Kuba. Ein Radiosender gab gemäß den Aussagen einer Zeitung in Miami bekannt, daß man leise gehört habe, wie der Junge zu seiner entfernten Cousine sagte, daß er nicht zu seinem Vater zurückkehren wolle.
Das Problem besteht darin, daß sich die wahre Familie des Kindes in Kuba nicht mit dieser Idee abfindet und daß sich das Volk ebensowenig abfindet mit der Idee, daß sie mit diesem zynischen Vorgehen versuchen, die Mentalität des Kindes zu verändern, es seiner wahren Familie und der meistgeliebten Menschen zu entreißen und bei diesem unschuldigen und wehrlosen Kind die Verbindungen in seine Heimat abzubrechen und zu zerstören. Was bleibt dann von der Identität dieses Kindes?
Wir wollen also von den Wissenschaftlern und den Spezialisten wissen, in welcher Zeit man die Mentalität eines so jungen Kindes verändern kann.
Ich habe einige Personen gefragt: Kann man die Mentalität eines Kindes in einem Monat verändern? Und sie antworteten mir - zahlreiche Personen, keine Fachleute: Ja, in einem Monat kann man sie verändern.
Ich frage mich: Warum wollen sie das länger herauszögern? Etwa um die Mentalität des Kindes zu verändern, um die Mentalität dieses Jungen zu zerstören? Was bleibt von der Psychologie dieses Kindes? Wie paßt er sich aufs Neue im Schoß seiner wahren Familie an? Und ich weiß, wie die Familie gerade dann gelitten hat, als sie in bestimmten Momenten eine gewisse Schüchternheit bei dem Jungen wahrnahmen, so als ob versucht würde, dem Vater die Zuneigung zu seinem Sohn zu entreißen. Das ist ein Verbrechen, eines der ungeheuerlichsten Verbrechen.
Wenn jemand sieht, wie ein Kind ermordet wird und wie ihm sein Leben Stück für Stück entrissen wird, ist er sicher nicht damit einverstanden. Wenn man sieht, daß sie die Mentalität eines Kindes zerstören und sie zu schändlichen Propagandazwecken total verändern, dann ist das noch schlimmer als der physische Tod, und ich bin sicher, daß viele Leute das Bewußtsein darüber erlangt haben, daß es sich um die Zerstörung der Mentalität eines sechsjährigen Kindes handelt.
Ich weiß nicht, wie ausgehend davon irgendjemand, eine Führungspersönlichkeit der Vereinigten Staaten, danach von Menschenrechten sprechen kann - ohne andere Aspekte anzusprechen, nur diesen Punkt -, wenn solche Dinge in seinem Land erlaubt werden. Und unser Volk ist schlicht und einfach nicht bereit, das hinzunehmen. Das ist die Situation, und es ist nicht leicht für das Volk, sich mit dem Manöver abzufinden, das sie veranstaltet haben.
Gestern erfuhren alle bereits, daß der Vater einwilligte, ein Gespräch mit dem Beamten der Einwanderungsbehörde zu führen und ihm alle Beweise für seine Vaterschaft zu übergeben. Warum muß das noch länger herausgezögert werden? Das ist das Hauptthema.
Übermorgen wird ein sehr wichtiger Tag sein, denn dann wird die gesamte kubanische Bevölkerung erfahren, wie sich die Verlängerung dieser Entführung und das Überhäufen mit all den blendenden Dingen, die sie einem sechsjährigen Kind präsentieren können, auf die Mentalität und die Psyche dieses Jungen auswirken. Die Wissenschaft wird das letzte Wort sprechen und es besorgt uns wirklich, denn die Bevölkerung ist ungeduldig, der Gemütszustand der Bevölkerung ist von einer sehr großen Verbitterung und Empörung geprägt.
Wird sich unser Volk damit abfinden? Es wird keinen Krieg führen und keine Gewalt anwenden. Wir glauben, daß wir genügend Einfluß auf unsere Bevölkerung haben, um es von jeglicher gewaltsamen Handlung abzubringen, das ist das Erste. Desweiteren handelt es sich um ein gebildetes Volk, das Verständnis aufbringt. Das bedeutet, daß der Kampf nicht auf diesem Gebiet geführt wird, denn es wird eine Schlacht der nationalen und weltweiten öffentlichen Meinung, und diese Schlacht wird nicht enden, bis das Kind zurückkehrt. Das möchte ich Ihnen mit aller Offenheit sagen.
Jetzt gibt es eine Pause, es gibt keine Bewegung und es werden keine Demonstrationen veranstaltet. Aber die Verlängerung der Wartezeit um auch nur eine Minute über das erträgliche Maß hinaus wird diese Demonstrationen wieder entfesseln. Es wird keine materiellen Schäden geben, denn wir bewegen uns auf zwei Grundlagen: Es gibt in unserem Volk eine politische Kultur - Verstehen Sie das? - und es besteht der Einfluß von Seiten der Führung unseres Landes und unserer politischen Organisationen und Massenorganisationen, denen die Bevölkerung vertraut. So sehe ich also keine Gefahr bei dieser Sache. Auf was wird sich unsere Bevölkerung einlassen? Auf eine Meinungsschlacht, eine Meinungsschlacht nicht nur auf nationaler Ebene, sondern weltweit.
Ich glaube, daß sich die US-Behörden in eine unhaltbare Position begeben haben. Diese Schlacht wird auf die eine oder andere Form aufrechterhalten, bis das Kind seiner Familie und seinem Vaterland zurückgegeben wird.
Wir befinden uns im Moment wirklich in einer Pause, die sich hoffentlich nicht verlängert. Uns selbst kostet es sehr viel Arbeit zu verhindern, daß sich das Volk in der Zeit, in der das Kind dort ist - etwas, das die Sensibilität unseres Volkes sehr berührt hat -, nicht so ausdrücken kann, wie es etwa dort auf diesem Gemälde zu sehen ist (zeigt auf ein Gemälde von Mariano, das die revolutionären Massen darstellt, an der Wand des Saals). Dieses Gemälde ist von einem unserer besten Maler.
In der Tat gibt es im Moment keine Demonstrationen und Aufmärsche. Für uns ist es schwer, dies zu sagen, und glauben Sie mir, ich sage es ganz ehrlich, daß wir von Anfang an alles Mögliche unternahmen, um das zu verhindern. Zunächst wurden meine Worte fehlinterpretiert, als ich sagte: "Es bleibt wenig Zeit, bis in Kuba und auf der Welt ein großer Protest losbricht..."
Ich glaube, daß man Fortschritte gemacht hat, ich werde nicht bestreiten, daß man vorangekommen ist. Zu diesem Fortschritt kam es am vergangenen Sonntag und Montag, ausgehend vom Austausch von diplomatischen Noten zwischen den beiden Regierungen. Ich würde sagen, daß an zwei Tagen Fortschritte gemacht wurden, und zwar in dem Sinne, daß alle Bedingungen für eine ehrenhafte Lösung geschaffen wurden. Das Problem der Bedingung, die vorher bereits als Haupthindernis dargestellt worden war, wurde zufriedenstellend gelöst bei dem Treffen des Vaters und der Familie auf der einen Seite und der Vertreterin der Einwanderungsbehörde der Vereinigten Staaten und dem Leiter der politischen Abteilung der Interessenvertretung auf der anderen Seite.
Die Beweise für die Vaterschaft sind unanfechtbar. Sie verlangen Dokumente, damit er beweist, daß er der Vater ist, und gleichzeitig haben sie das Kind einigen entfernten Verwandten übergeben, von denen sie kein einziges Dokument verlangten, um zu beweisen, daß es sich um den Großonkel oder sonstige Verwandte des Kindes handelt.
Das ist die Realität, man hat Fortschritte gemacht, doch ich sehe, daß sie sich mit anderen Themen und Problemen beschäftigen werden, und es besteht die Bedrohung, daß sich die Lösung ungerechtfertigt und vielleicht unendlich hinauszögert, wie ich Ihnen bereits erklärt habe. Da es sich um ein Kind handelt, daß seelisch und mental ermordet wird, ist die verfügbare Zeit, um dies zu verhindern, sehr begrenzt.
Andrea Mitchell: Hätten sie bezüglich dieses Themas eine Botschaft für Bill Clinton?
Fidel Castro: Nein, nein, keine besondere Botschaft. Clinton hat viele Leute in den USA, die ihn hochschätzen, und genügend fähige Personen, die ihn beraten. Ich habe meine Wahrnehmung über ihn, von der ich Ihnen am ersten Tag unseres Gespräches erzählt habe, nämlich daß er den Wunsch hat, daß das Kind so schnell wie möglich nach Kuba zurückkehrt. Ich zweifle, ob ihm das gelingt. Denn welche Maßnahmen in Winkeladvokatenmanier werden die anderen ergreifen, um diesen Prozeß zu verzögern? Eine Verzögerung bei der Ankunft des Kindes, das die gesamte Bevölkerung erwartet, hätte im Geist unseres Volkes wirklich die Auswirkung einer Bombe. Das ist die Realität bezüglich dieses Themas.
Wir wollten vom ersten Augenblick an, daß es nicht zu dieser heftigen Auseinandersetzung kommt. Ich erzählte Ihnen bereits, daß wir erst am 2. Dezember beginnen konnten, uns mit diesem Problem zu beschäftigen. Der Vater des Kindes schrieb am 26. November und am 27. November wurde eine Note unseres Außenministeriums abgegeben. Es gab 11 Tage lang keine Antwort darauf. Erst am 2. Dezember, sechs Tage nach dem Schreiben des Vaters, konnten wir uns darum kümmern. Wir luden ihn zu einem Gespräch ein, weil wir ihn kennenlernen wollten und weil wir wissen wollten, wie er dachte, was er wünschte und wie seine Beziehung zu dem Kind war. Ich selbst befragte ihn zu allen diesen unentbehrlichen Details. Wir mußten die gesamte Wahrheit sehr gut kennen, bevor wir auch nur einen Finger bewegten.
Sie werden verstehen, daß man im In- und Ausland keine Meinungsschlacht schlägt, ohne über solide Stützen zu verfügen.
Andrea Mitchell: Sie werden wissen, daß einige Personen in den Vereinigten Staaten gesagt haben, daß der Vater von der kubanischen Regierung genötigt worden sei und daß sie ihn nicht frei sprechen gelassen hätten.
Fidel Castro: Und wie kann man beweisen, daß dies unwahr ist? Muß man ihn wie ein Schlachtlamm nach Miami bringen, damit sie ihn dort in Zusammenarbeit mit Behörden, Richtern, käuflichen Beamten, der terroristischen Mafia und den von der US-Regierung so sehr tolerierten und unterstützten Extremisten verschlingen? Und von Anfang an - das ist uns bekannt und wir haben Beweise dafür - sagte er, daß er nicht in die Vereinigten Staaten reisen wolle. Er erklärte außerdem, daß er die sofortige Rückkehr des Kindes fordere und nicht einmal Kontakte mit der Interessenvertretung akzeptiere.
In Cárdenas gibt es eine Bevölkerung von Zehntausenden von Menschen, die ihn und seine Familie gut kennen: Hochschullehrer, Lehrer der Schule des Kindes und viele andere anständige und ehrenhafte Personen. Was geschah mit ihm? Sie ließen ihm weder tagsüber noch nachts auch nur eine Minute in Ruhe. Er hat ein Telefon in der Wohnung und alle wußten davon, so daß ihn alle anriefen. Es war ein Schwarm von Reportern, die ihn Tag und Nacht anriefen. Es gab also bei ihm den gewaltigen Eindruck der Entführung seines Sohnes, wobei er berechtigterweise glaubte, daß er das volle Recht auf dieses Kind habe, für das er mit Hingabe gesorgt hatte. Es ist noch mehr, denn oftmals schlief das Kind bei seiner Familie, denn manchmal mußte die Mutter bis 2.00 oder 3.00 Uhr morgens arbeiten und der Junge schlief dann bei dem Ehepaar, denn der Vater hat eine neue Ehefrau und ein drei Monate altes Kind, und Elián schlief dann im selben Bett wie das Paar.
Aus der Bescheinigung des Krankenhauses geht folgendes hervor: "Im Notfall bitte den Vater benachrichtigen". Es handelt sich also um einen Vater, der sich wirklich, ich würde sogar sagen besessen, um sein Kind kümmert.
Er ist es, der den Brief schreibt, in dem um Unterstützung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten gebeten wird. Niemand sagte ihm: "Schreib einen Brief." Er schreibt ihn wenige Stunden nach Erhalt der Nachricht, daß sein Sohn sich in einem Krankenhaus in den Vereinigten Staaten befindet. Der Mann war wegen seiner engen Beziehung zu dem Kind schrecklich berührt, so daß er bis heute ständig den abwesenden Sohn anruft, wenn sie ihm erlauben, mit dem Jungen zu sprechen.
Als ich die Schule besuchte, war er erschöpft und seine Frau, die dem gerade drei Monate alt gewordenen Kind die Brust gab, war abgespannt und krank, so daß das Baby bereits drei Tage Durchfall hatte. Verstehen Sie? Er verläßt also seine Wohnung und wohnt außerhalb mit seiner Frau und seinem kleinen Kind. Wir haben ihn Schritt für Schritt und Detail für Detail über den Verlauf des Problems auf dem Laufenden gehalten.
Er kannte das Schreiben, das ihm die Einwanderungsbehörde der Vereinigten Staaten schickte, mit allen Einzelheiten, um die sie ihn baten. Seit dem Entstehen des Problems ist sehr wenig Zeit vergangen. Die erste Antwort erreicht uns am 8. Dezember, daß heißt nach 11 Tagen. Wir antworten darauf am 9. Dezember um 15.12 Uhr. Unsere Note enthielt Anmerkungen und einige Fragen bezüglich der behandelten Themen und bestimmter rechtlicher und juristischer Konzepte, die Teil jener Antwort waren.
Am 9. Dezember um 16.20 Uhr kommt es in Washington zu einem Gespräch zwischen Beamten des State Department und dem Leiter unserer Interessenvertretung, das etwa zwei Stunden dauert. Den gesamten Inhalt des Gesprächs über die in unserer Note enthaltenen Anmerkungen und Fragen erhalten wir am Morgen des 10. Dezember.
An diesem selben Tag erarbeiteten wir auf sieben oder acht Seiten mit zweizeiligem Abstand eine weitere Note, in der wir dem State Department in aller Deutlichkeit unsere Positionen darlegen. Wir mußten dann etwa 50 Stunden auf die Antwort auf diese Note warten, die letztlich am 12. Dezember ankam, das heißt am Sonntag, etwa um 10.30 Uhr morgens. Es war eine kurze Note, in der sie auf der entscheidenden Bedeutung eines Treffens mit dem Vater beharrten. Es wurde erklärt, daß er seiner Mutter eine Vollmacht erteilt habe. Man lehnt die Möglichkeit, dies zu akzeptieren, nicht völlig ab, doch schauen Sie, sie bekräftigen uns gegenüber, daß der Kontakt mit dem Vater von Seiten der Beamten der Interessenvertretung entscheidend sei.
In der darauffolgenden Antwortnote auf diese dritte Note, die uns am Sonntagmorgen erreichte, wurden unsere Positionen und Argumente dargelegt und wiederholt. Diese Antwort wurde am Nachmittag abgesandt, nachdem man eine Reihe von unentbehrlichen Daten gesucht hatte, und zwar sogar über unsere Interessenvertretung in Washington. Es wurde ihnen mitgeteilt, daß sie bezüglich des konkreten Punktes des Gesprächs mit dem Vater noch an diesem selben Nachmittag informiert werden würden. Wir mußten die Familie konsultieren, denn es handelte sich nicht darum, eine Note zu verfassen und ihnen mit Ja zu antworten, ohne daß diese Familie und im besonderen der Vater ihre Meinung dazu geäußert hätten.
Die Familie wurde informiert und der Vater mußte eine Entscheidung treffen. Es war nicht er allein, sondern es waren er und die gesamte Familie, alle, die in diesem Haushalt leben. Es war bereits spät am Abend, als sie eine komplette und detaillierte Zusammenfassung erhielten von all dessen, was geschehen war, vom Absenden seines Briefes an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten bis zum Inhalt der letzten Note, die am Sonntag ankam, und der Antwort darauf am Nachmittag des selben Tages, in der in einem Absatz davon gesprochen wird, wie ich bereits erwähnte, daß man hinsichtlich des Gesprächs mit ihm später antworten werde. Vor dieser Antwort war es unverzichtbar, Kontakt mit der Familie aufzunehmen, ihnen die Situation zu erklären und sie um eine Antwort zu bitten. Ich bin gezwungen, ihnen nur ein Minimum der diskutierten Standpunkte zu erläutern. Ich möchte nicht den Inhalt der ausgetauschten Noten aufdecken.
Andrea Mitchell: Nun gut, wenn diese Pause sich ausdehnt und das Problem nicht gelöst wird, was würde Kuba dann machen? Denn es gibt in den Vereinigten Staaten eine gewisse Befürchtung, daß Sie die Grenzen öffnen und daß es bald zu einem neuen großen Exodus von Flüchtlingen kommen könnte. Wäre das eine Option?
Fidel Castro: Ich glaube nicht, das dies eine Option ist, denn wir behandeln diese Angelegenheit mit großer Ernsthaftigkeit und sind uns ihrer innewohnenden Transzendenz bewußt. Wie Sie sehen, wurden gestern während des ganzen Tages in Ruhe die Gründe und Argumente gegeneinander aufgewogen. Dem Treffen über Migrationsfragen, das sehr eng mit dem Problem des Kindes verbunden ist, wurden keine Hindernisse in den Weg gelegt. Ohne den berühmten Cuban Adjustment Act wäre es weder zu diesem noch zu anderen Vorfällen gekommen.
Der Fall dieses Kindes ist ein dramatisches Beispiel für die Folgen des Cuban Adjustment Act, der bereits 33 Jahre in Kraft ist. Es waren 33 Jahre des Anreizes zur illegalen Emigration.
Wir haben dieses Problem vom Migrationsproblem getrennt und eine Frage störte die andere nicht, sie schlich sich nicht einmal bei der anderen ein. Denn schauen Sie, wir hätten genügend Gründe gehabt, um dieses Treffen abzusagen. Trotzdem erschien es uns nicht konstruktiv, es abzusagen und damit zu beginnen, das Migrationsabkommen mit dem konkreten Problem des entführten Kindes zu verbinden, wenn auch alles, was mit diesem Kind und seinen Familienangehörigen sowie den Personen, die bei diesem Bootsuntergang starben, geschah, in der Tat mit diesem Gesetz und anderen Migrationsbestimmungen zusammenhängt, die einzig als Anreiz zur illegalen Emigration von Kubanern dienen.
Während es auf der Welt Hunderte von Völkern und Tausende von Ethnien gibt, gibt es nur ein einziges Volk mit einer vermischten Ethnie, auf das eine Migrationspolitik angewendet wird, die sonst für niemanden auf der Welt gilt.
Sie werden uns fragen: Wollen Sie, daß das beendet wird? Uns erscheint dies als die konstruktivste Lösung, aber wenn sie in den USA entscheiden, daß dieses Gesetz beibehalten wird, dann müßte man um einen Adjustment Act für alle lateinamerikanischen Länder bitten, ein Adjustment Act für Mexikaner, Mittelamerikaner und Südamerikaner. Wir sind nicht so egoistisch, daß wir dieses Gesetz für uns allein wollen.
Andrea Mitchell: Aber Herr Präsident, die US-Regierung sagt, daß Sie das einzige verbliebene kommunistische Land sind, das einzige Land, in dem es keine freien Wahlen und Meinungsfreiheit gibt.
Fidel Castro: Wenn wir in dieses Thema eindringen, werden all die Filmrollen, die ihr Team hier dabeihat, nicht ausreichen. Ich glaube nicht, daß wir diese Themen behandeln müssen, das ist meine Ansicht, und ich bitte um Verzeihung. Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen und Vergleiche anstellen. Ich denke nicht, daß das sehr weiterhilft. Über dieses Thema kann man einen ganzen Tag lang sprechen, 10 Stunden Interview.
Das einzige, was ich Ihnen sage, ist, daß ich die Behauptung nicht akzeptiere, daß wir das einzige kommunistische Land seien und daß es hier keine freien Wahlen gäbe. Mit Stolz akzeptiere ich die Aussage, daß wir ein kommunistisches Land sind, aber wir sind nicht das einzige. Wir haben nicht die so hohe Ehre, das einzige kommunistische Land zu sein. Durch unsere sozialistischen und kommunistischen Ideen haben wir erreicht, ein soziales System zu schaffen, und zwar ein System, das unserer Ansicht nach, unserer äußerst bescheidenen Ansicht nach - und das können wir mathematisch beweisen -, sehr viel menschlicher ist und über sehr viel mehr internen Rückhalt verfügt als irgendein anderes System auf der Welt, denn es ist solidarischer, brüderlicher, ist frei von Egoismus und an seinem Aufbau und seiner Weiterentwicklung nimmt wirklich das ganze Volk teil. In den anderen kapitalistischen Ländern sehen wir einen Krieg aller Individuen untereinander, das ist sehr bekannt. Seit den Zeiten von Adam Smith bis zu dieser fast globalisierten Welt von heute haben wir die Möglichkeit gehabt zu analysieren, was auf der Erde geschieht und was hier nicht geschieht.
Aus diesem Grund, wenn Sie sich eines Tages mal darüber unterhalten wollen, erlauben sie mir den Vorschlag, daß dies nicht bei dieser Gelegenheit sein sollte. Ich kann sehr wohl dem gesamten Volk der Vereinigten Staaten - von dem ich weiß, daß es viele Vorurteile hat - versichern, daß wir stolz sind auf unsere Ideale und die Gesellschaft, die in Kuba aufgebaut wurde, in der wir diejenigen Dinge tun können, von denen wir vorhin sprachen, nachdem wir die Lateinamerikanische Hochschule für Medizin besuchten. Aber wir haben nicht die Ehre, das einzige kommunistische Land zu sein, das ist zuviel der Ehre.
Andrea Mitchell: Nein, ich bezog mich auf diese Hemisphäre.
Glauben Sie, daß die Angelegenheit mit dem Kind zu einem dauerhaften Hindernis zwischen unseren beiden Ländern werden kann?
Fidel Castro: Nein, denn das kann nicht so weitergehen, denn die Vereinigten Staaten können die schrecklichen Kosten der Beibehaltung der Entführung des Kindes nicht bezahlen, und ich habe Vertrauen in den gesunden Menschenverstand der US-Amerikaner, ich habe Vertrauen in den gesunden Menschenverstand und die Intelligenz Ihrer realistischeren Politiker, die nicht auf diesem Fehler beharren. Deshalb wird es kein dauerhaftes Hindernis sein. Es wird in jedem Fall ein durchschlagendes Argument sein, um zu beweisen, wieviel Scheinheiligkeit es auf dieser Welt gibt und welche Art von schrecklichen Verbrechen begangen werden können, von denen dieses nur ein kleiner Ausschnitt ist.
Wir könnten von den Kindern sprechen, die sich gegenseitig in den Schulen umbringen. Wir haben Angst, daß der kleine Elián bei einer Schießerei in einer Schule sterben könnte; wir haben Angst vor den Drogen, die dort konsumiert werden und die es hier nicht gibt; wir haben Angst davor, daß dieser kleine Junge trotz der guten materiellen Dinge, die es in den USA gibt, nicht nur seine Identität verliert, sondern auch der vielen guter Sachen in sozialer, moralischer, geistiger und menschlicher Hinsicht entbehren muß, die ihm in dem Land, in dem er geboren wurde, garantiert werden. Unser äußerst aufrichtiges und patriotisches Volk fürchtet sehr wohl das Leben in der US-amerikanischen Gesellschaft. Das ist also wirklich unsere Meinung. Das Problem kann nicht so weitergehen, sie werden es sehen. Es gibt keine Art, wie das weitergehen sollte, weshalb sich das Problem mit dem Kind also nicht in ein Hindernis für die Beziehungen entwickelt.
Bis jetzt, wie Sie sehen, habe ich Ihnen erläutert, daß es wichtige Sektoren in den Vereinigten Staaten gibt, die dafür sind, daß das Kind zurückgegeben wird. Wenn wir vor den Augen der Welt protestierten, die Geschehnisse anprangerten und eine Schlacht schlagen, schlagen wir diese Schlacht also auch für diejenigen innerhalb der Vereinigten Staaten, die der Ansicht sind, daß es das Gerechteste und Korrekteste sei, das Kind nach Kuba zurückzugeben. Es ist keine Schlacht gegen die USA, es ist nicht einmal eine Schlacht gegen alle politischen Sektoren der Vereinigten Staaten, sondern es handelt sich um eine Schlacht gegen all diejenigen, die sich der Rückkehr des Kindes widersetzen, und es ist sogar eine Schlacht für die Vereinigten Staaten. Ja, ich sage daß ganz offen, denn ich bin absolut davon überzeugt, daß sie das Prestige ihres Landes je mehr schützen, desto eher sie das Problem lösen, und je mehr es sich herauszögert, desto kostspieliger wird es in politischer Hinsicht, in ethischer Hinsicht und im Hinblick auf das Prestige der Vereinigten Staaten.
Ich bitte die US-Amerikaner, daß sie mich nicht als Gegner ihres Landes ansehen. Ich muß sie auf irgendeine Art bezeichnen und ich nenne sie Vereinigte Staaten, wenn ich das Land verantwortlich machen muß, in dem dieses Verbrechen stattfindet. Aber wenigstens kämpfen wir - sagen wir es mal so - gemeinsam mit vielen, die in den Vereinigten Staaten den Wunsch haben, daß Gerechtigkeit waltet und das Kind befreit wird, und nachdem dies geschieht, muß man Wunden stillen. Unserem Volk bleibt dann einzig der Vorteil, über ein wenig mehr Bewußtsein und politische Kultur zu verfügen als zu Beginn dieses Prozesses.
Andrea Mitchell: Vielen Dank, Herr Präsident.
Sie haben sehr viel Geduld mit uns gehabt.
Fidel Castro: Ich mußte nicht Gebrauch machen von meiner Geduld. Ich habe es mit viel Freude getan und sogar im Wissen, daß es konstruktiv ist.
Die Zeit, über andere Themen zu sprechen, wird kommen. Rechnen Sie dann mit mir.
Andrea Mitchell: Danke, daß Sie uns in dieser Institution empfangen haben. Ich denke, daß es wirklich sehr interessante Dinge zu erzählen gibt über diese Institution und die damit zusammenhängenden Ideen, und wir werden das tun. Wir haben vor, darüber zu berichten.
Fidel Castro: Hoffentlich reicht Ihnen die Zeit, um wenigstens einen kleinen Teil dessen, was ich Ihnen erzählt habe, auszustrahlen (Lachen).
Andrea Mitchell: Wir sprachen vorhin über den Jungen, der sich weiter in den Vereinigten Staaten aufhält, und den Schaden, den dies bei dem Kind verursachen kann. Sie sagten mir, daß sich die Persönlichkeit des Jungen verändert kann, je länger er dort verbleibt. Welche Besorgnis haben Sie bezüglich dieser Angelegenheit?
Fidel Castro: Eines der Dinge, die das Volk am meisten bewegt hat, ist die Idee, daß sie dieses Kind mit modernstem Spielzeug überschüttet haben. Sie haben ihm sogar einen Spielzeugflieger überreicht, damit der Junge ein Pilot der konterrevolutionären Organisation "Hermanos al Rescate" sein kann, und sie zogen ihm Kleidungsstücke und Pullover mit den Emblemen der berühmt-berüchtigten Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung an, die in jedem Fall nicht national ist, sondern wohl eher binational, denn sie setzt sich zusammen aus ehemaligen Kubanern und einer bestimmten Anzahl von US-Amerikanern. Das hat unser Volk sehr stark verletzt.
Vorgestern las ich in den Agenturmeldungen, daß der junge Mas Santos – ich weiß nicht, ob er 'santo' (heilig) ist, aber er ist fraglos naiv, und außerdem anmaßend gegenüber dem Präsidenten der Vereinigten Staaten -, den Jungen mitnahm, um mit ihm bei einem Bankett zum Sammeln von Wahlspenden teilzunehmen, das von Clinton präsidiert wurde. Für ein Volk, das eine politische Kultur besitzt, ist die Tatsache äußerst beleidigend, daß ein Kind von niemandem Geringerem dorthin gebracht wird als dem Präsidenten jener Stiftung, die vor einigen Jahren von der US-Regierung mit bestimmten Zielen gegründet wurde und die sogar den Terrorismus praktiziert. Es ist wirklich der Gipfel, den Jungen zu diesem Bankett zu bringen, bei dem Wahlspenden für eine politische Partei gesammelt werden.
Ich weiß zum Beispiel, daß der Vater des Jungen und seine Familie in Kuba 48 Stunden lang nicht mit ihm sprechen konnten, denn zunächst hatten sie ihn für das Spendensammelbankett angezogen und vorbereitet und danach, am Sonntag und Montag, nahmen sie ihn nach Disneyland mit, um ihn dort mit den Phantasieobjekten zu fotografieren und in einer Hütte in diesem Park zu übernachten.
In diesen 50 Stunden konnte die Familie nicht mit dem Kind sprechen, sie konnten es nur gestern abend machen und die Telefongespräche sind begrenzt und finden unter Druck statt.
Diese Dinge erzürnen die Leute und sie haben Besorgnis ausgelöst bei herausragenden Wissenschaftlern, Psychologen und Spezialisten im Bereich der Kinderpsychologie, denn man begeht vor den Augen der Welt eine Ungeheuerlichkeit mit diesem 6 Jahre alten Kind. Am nächsten Donnerstag, in zwei Tagen, wird also ein Runder Tisch mit Experten stattfinden, an dem einige der qualifiziertesten Fachleute in diesem Bereich teilnehmen werden, und das Thema hat mit dem Jungen zu tun, denn es geht um die Frage, innerhalb von welcher Zeit die Mentalität eines sechsjährigen Kindes verändert werden kann. Das ist die Bedeutung des Faktors Zeit. Es handelt sich nicht darum, zu verhindern, daß sich das schreckliche Leiden der Familie verlängert, vor allem des Vaters, der schrecklich leidet, genauso wie die Großeltern, also diejenigen, die das Recht auf die Sorge und Betreuung des Kindes besitzen. Es ist nicht die Frage, ob es mehr oder weniger Tage sein werden. Die Frage nach der Zeit, die notwendig ist, um die Mentalität eines sechsjährigen Kindes zu verändern, ist zu einer lebenswichtigen Frage geworden.
Andrea Mitchell: Gibt es die Besorgnis, daß der Junge zu einem bestimmten Zeitpunkt sagen könnte, daß er in den Vereinigten Staaten bleiben wolle? Daß er eben von den Spielsachen und all den Dingen verführt werden könnte?
Fidel Castro: Nein. Gabriela Mistral - wir sprachen davon, als ich ihnen von dem Artikel erzählte, der gestern in der Zeitung der Arbeiter veröffentlicht wurde - sagte, daß die Kinder weder in der Zukunft noch in der Vergangenheit leben, sondern in der Gegenwart! Und vor den Augen der Welt wird versucht, den Jungen mit diesen Dingen zu blenden. Der Vater und die Familie erzählen mir, daß der Junge sehr stark genötigt wird, und die entfernten Verwandten, die in Miami wohnen, sagen ihnen, daß der Junge ihnen gegenüber erklärt hätte, nicht in Kuba leben zu wollen, auf solch eine schonungslose Art sagten sie es der Familie des Jungen in Kuba. Ein Radiosender gab gemäß den Aussagen einer Zeitung in Miami bekannt, daß man leise gehört habe, wie der Junge zu seiner entfernten Cousine sagte, daß er nicht zu seinem Vater zurückkehren wolle.
Das Problem besteht darin, daß sich die wahre Familie des Kindes in Kuba nicht mit dieser Idee abfindet und daß sich das Volk ebensowenig abfindet mit der Idee, daß sie mit diesem zynischen Vorgehen versuchen, die Mentalität des Kindes zu verändern, es seiner wahren Familie und der meistgeliebten Menschen zu entreißen und bei diesem unschuldigen und wehrlosen Kind die Verbindungen in seine Heimat abzubrechen und zu zerstören. Was bleibt dann von der Identität dieses Kindes?
Wir wollen also von den Wissenschaftlern und den Spezialisten wissen, in welcher Zeit man die Mentalität eines so jungen Kindes verändern kann.
Ich habe einige Personen gefragt: Kann man die Mentalität eines Kindes in einem Monat verändern? Und sie antworteten mir - zahlreiche Personen, keine Fachleute: Ja, in einem Monat kann man sie verändern.
Ich frage mich: Warum wollen sie das länger herauszögern? Etwa um die Mentalität des Kindes zu verändern, um die Mentalität dieses Jungen zu zerstören? Was bleibt von der Psychologie dieses Kindes? Wie paßt er sich aufs Neue im Schoß seiner wahren Familie an? Und ich weiß, wie die Familie gerade dann gelitten hat, als sie in bestimmten Momenten eine gewisse Schüchternheit bei dem Jungen wahrnahmen, so als ob versucht würde, dem Vater die Zuneigung zu seinem Sohn zu entreißen. Das ist ein Verbrechen, eines der ungeheuerlichsten Verbrechen.
Wenn jemand sieht, wie ein Kind ermordet wird und wie ihm sein Leben Stück für Stück entrissen wird, ist er sicher nicht damit einverstanden. Wenn man sieht, daß sie die Mentalität eines Kindes zerstören und sie zu schändlichen Propagandazwecken total verändern, dann ist das noch schlimmer als der physische Tod, und ich bin sicher, daß viele Leute das Bewußtsein darüber erlangt haben, daß es sich um die Zerstörung der Mentalität eines sechsjährigen Kindes handelt.
Ich weiß nicht, wie ausgehend davon irgendjemand, eine Führungspersönlichkeit der Vereinigten Staaten, danach von Menschenrechten sprechen kann - ohne andere Aspekte anzusprechen, nur diesen Punkt -, wenn solche Dinge in seinem Land erlaubt werden. Und unser Volk ist schlicht und einfach nicht bereit, das hinzunehmen. Das ist die Situation, und es ist nicht leicht für das Volk, sich mit dem Manöver abzufinden, das sie veranstaltet haben.
Gestern erfuhren alle bereits, daß der Vater einwilligte, ein Gespräch mit dem Beamten der Einwanderungsbehörde zu führen und ihm alle Beweise für seine Vaterschaft zu übergeben. Warum muß das noch länger herausgezögert werden? Das ist das Hauptthema.
Übermorgen wird ein sehr wichtiger Tag sein, denn dann wird die gesamte kubanische Bevölkerung erfahren, wie sich die Verlängerung dieser Entführung und das Überhäufen mit all den blendenden Dingen, die sie einem sechsjährigen Kind präsentieren können, auf die Mentalität und die Psyche dieses Jungen auswirken. Die Wissenschaft wird das letzte Wort sprechen und es besorgt uns wirklich, denn die Bevölkerung ist ungeduldig, der Gemütszustand der Bevölkerung ist von einer sehr großen Verbitterung und Empörung geprägt.
Wird sich unser Volk damit abfinden? Es wird keinen Krieg führen und keine Gewalt anwenden. Wir glauben, daß wir genügend Einfluß auf unsere Bevölkerung haben, um es von jeglicher gewaltsamen Handlung abzubringen, das ist das Erste. Desweiteren handelt es sich um ein gebildetes Volk, das Verständnis aufbringt. Das bedeutet, daß der Kampf nicht auf diesem Gebiet geführt wird, denn es wird eine Schlacht der nationalen und weltweiten öffentlichen Meinung, und diese Schlacht wird nicht enden, bis das Kind zurückkehrt. Das möchte ich Ihnen mit aller Offenheit sagen.
Jetzt gibt es eine Pause, es gibt keine Bewegung und es werden keine Demonstrationen veranstaltet. Aber die Verlängerung der Wartezeit um auch nur eine Minute über das erträgliche Maß hinaus wird diese Demonstrationen wieder entfesseln. Es wird keine materiellen Schäden geben, denn wir bewegen uns auf zwei Grundlagen: Es gibt in unserem Volk eine politische Kultur - Verstehen Sie das? - und es besteht der Einfluß von Seiten der Führung unseres Landes und unserer politischen Organisationen und Massenorganisationen, denen die Bevölkerung vertraut. So sehe ich also keine Gefahr bei dieser Sache. Auf was wird sich unsere Bevölkerung einlassen? Auf eine Meinungsschlacht, eine Meinungsschlacht nicht nur auf nationaler Ebene, sondern weltweit.
Ich glaube, daß sich die US-Behörden in eine unhaltbare Position begeben haben. Diese Schlacht wird auf die eine oder andere Form aufrechterhalten, bis das Kind seiner Familie und seinem Vaterland zurückgegeben wird.
Wir befinden uns im Moment wirklich in einer Pause, die sich hoffentlich nicht verlängert. Uns selbst kostet es sehr viel Arbeit zu verhindern, daß sich das Volk in der Zeit, in der das Kind dort ist - etwas, das die Sensibilität unseres Volkes sehr berührt hat -, nicht so ausdrücken kann, wie es etwa dort auf diesem Gemälde zu sehen ist (zeigt auf ein Gemälde von Mariano, das die revolutionären Massen darstellt, an der Wand des Saals). Dieses Gemälde ist von einem unserer besten Maler.
In der Tat gibt es im Moment keine Demonstrationen und Aufmärsche. Für uns ist es schwer, dies zu sagen, und glauben Sie mir, ich sage es ganz ehrlich, daß wir von Anfang an alles Mögliche unternahmen, um das zu verhindern. Zunächst wurden meine Worte fehlinterpretiert, als ich sagte: "Es bleibt wenig Zeit, bis in Kuba und auf der Welt ein großer Protest losbricht..."
Ich glaube, daß man Fortschritte gemacht hat, ich werde nicht bestreiten, daß man vorangekommen ist. Zu diesem Fortschritt kam es am vergangenen Sonntag und Montag, ausgehend vom Austausch von diplomatischen Noten zwischen den beiden Regierungen. Ich würde sagen, daß an zwei Tagen Fortschritte gemacht wurden, und zwar in dem Sinne, daß alle Bedingungen für eine ehrenhafte Lösung geschaffen wurden. Das Problem der Bedingung, die vorher bereits als Haupthindernis dargestellt worden war, wurde zufriedenstellend gelöst bei dem Treffen des Vaters und der Familie auf der einen Seite und der Vertreterin der Einwanderungsbehörde der Vereinigten Staaten und dem Leiter der politischen Abteilung der Interessenvertretung auf der anderen Seite.
Die Beweise für die Vaterschaft sind unanfechtbar. Sie verlangen Dokumente, damit er beweist, daß er der Vater ist, und gleichzeitig haben sie das Kind einigen entfernten Verwandten übergeben, von denen sie kein einziges Dokument verlangten, um zu beweisen, daß es sich um den Großonkel oder sonstige Verwandte des Kindes handelt.
Das ist die Realität, man hat Fortschritte gemacht, doch ich sehe, daß sie sich mit anderen Themen und Problemen beschäftigen werden, und es besteht die Bedrohung, daß sich die Lösung ungerechtfertigt und vielleicht unendlich hinauszögert, wie ich Ihnen bereits erklärt habe. Da es sich um ein Kind handelt, daß seelisch und mental ermordet wird, ist die verfügbare Zeit, um dies zu verhindern, sehr begrenzt.
Andrea Mitchell: Hätten sie bezüglich dieses Themas eine Botschaft für Bill Clinton?
Fidel Castro: Nein, nein, keine besondere Botschaft. Clinton hat viele Leute in den USA, die ihn hochschätzen, und genügend fähige Personen, die ihn beraten. Ich habe meine Wahrnehmung über ihn, von der ich Ihnen am ersten Tag unseres Gespräches erzählt habe, nämlich daß er den Wunsch hat, daß das Kind so schnell wie möglich nach Kuba zurückkehrt. Ich zweifle, ob ihm das gelingt. Denn welche Maßnahmen in Winkeladvokatenmanier werden die anderen ergreifen, um diesen Prozeß zu verzögern? Eine Verzögerung bei der Ankunft des Kindes, das die gesamte Bevölkerung erwartet, hätte im Geist unseres Volkes wirklich die Auswirkung einer Bombe. Das ist die Realität bezüglich dieses Themas.
Wir wollten vom ersten Augenblick an, daß es nicht zu dieser heftigen Auseinandersetzung kommt. Ich erzählte Ihnen bereits, daß wir erst am 2. Dezember beginnen konnten, uns mit diesem Problem zu beschäftigen. Der Vater des Kindes schrieb am 26. November und am 27. November wurde eine Note unseres Außenministeriums abgegeben. Es gab 11 Tage lang keine Antwort darauf. Erst am 2. Dezember, sechs Tage nach dem Schreiben des Vaters, konnten wir uns darum kümmern. Wir luden ihn zu einem Gespräch ein, weil wir ihn kennenlernen wollten und weil wir wissen wollten, wie er dachte, was er wünschte und wie seine Beziehung zu dem Kind war. Ich selbst befragte ihn zu allen diesen unentbehrlichen Details. Wir mußten die gesamte Wahrheit sehr gut kennen, bevor wir auch nur einen Finger bewegten.
Sie werden verstehen, daß man im In- und Ausland keine Meinungsschlacht schlägt, ohne über solide Stützen zu verfügen.
Andrea Mitchell: Sie werden wissen, daß einige Personen in den Vereinigten Staaten gesagt haben, daß der Vater von der kubanischen Regierung genötigt worden sei und daß sie ihn nicht frei sprechen gelassen hätten.
Fidel Castro: Und wie kann man beweisen, daß dies unwahr ist? Muß man ihn wie ein Schlachtlamm nach Miami bringen, damit sie ihn dort in Zusammenarbeit mit Behörden, Richtern, käuflichen Beamten, der terroristischen Mafia und den von der US-Regierung so sehr tolerierten und unterstützten Extremisten verschlingen? Und von Anfang an - das ist uns bekannt und wir haben Beweise dafür - sagte er, daß er nicht in die Vereinigten Staaten reisen wolle. Er erklärte außerdem, daß er die sofortige Rückkehr des Kindes fordere und nicht einmal Kontakte mit der Interessenvertretung akzeptiere.
In Cárdenas gibt es eine Bevölkerung von Zehntausenden von Menschen, die ihn und seine Familie gut kennen: Hochschullehrer, Lehrer der Schule des Kindes und viele andere anständige und ehrenhafte Personen. Was geschah mit ihm? Sie ließen ihm weder tagsüber noch nachts auch nur eine Minute in Ruhe. Er hat ein Telefon in der Wohnung und alle wußten davon, so daß ihn alle anriefen. Es war ein Schwarm von Reportern, die ihn Tag und Nacht anriefen. Es gab also bei ihm den gewaltigen Eindruck der Entführung seines Sohnes, wobei er berechtigterweise glaubte, daß er das volle Recht auf dieses Kind habe, für das er mit Hingabe gesorgt hatte. Es ist noch mehr, denn oftmals schlief das Kind bei seiner Familie, denn manchmal mußte die Mutter bis 2.00 oder 3.00 Uhr morgens arbeiten und der Junge schlief dann bei dem Ehepaar, denn der Vater hat eine neue Ehefrau und ein drei Monate altes Kind, und Elián schlief dann im selben Bett wie das Paar.
Aus der Bescheinigung des Krankenhauses geht folgendes hervor: "Im Notfall bitte den Vater benachrichtigen". Es handelt sich also um einen Vater, der sich wirklich, ich würde sogar sagen besessen, um sein Kind kümmert.
Er ist es, der den Brief schreibt, in dem um Unterstützung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten gebeten wird. Niemand sagte ihm: "Schreib einen Brief." Er schreibt ihn wenige Stunden nach Erhalt der Nachricht, daß sein Sohn sich in einem Krankenhaus in den Vereinigten Staaten befindet. Der Mann war wegen seiner engen Beziehung zu dem Kind schrecklich berührt, so daß er bis heute ständig den abwesenden Sohn anruft, wenn sie ihm erlauben, mit dem Jungen zu sprechen.
Als ich die Schule besuchte, war er erschöpft und seine Frau, die dem gerade drei Monate alt gewordenen Kind die Brust gab, war abgespannt und krank, so daß das Baby bereits drei Tage Durchfall hatte. Verstehen Sie? Er verläßt also seine Wohnung und wohnt außerhalb mit seiner Frau und seinem kleinen Kind. Wir haben ihn Schritt für Schritt und Detail für Detail über den Verlauf des Problems auf dem Laufenden gehalten.
Er kannte das Schreiben, das ihm die Einwanderungsbehörde der Vereinigten Staaten schickte, mit allen Einzelheiten, um die sie ihn baten. Seit dem Entstehen des Problems ist sehr wenig Zeit vergangen. Die erste Antwort erreicht uns am 8. Dezember, daß heißt nach 11 Tagen. Wir antworten darauf am 9. Dezember um 15.12 Uhr. Unsere Note enthielt Anmerkungen und einige Fragen bezüglich der behandelten Themen und bestimmter rechtlicher und juristischer Konzepte, die Teil jener Antwort waren.
Am 9. Dezember um 16.20 Uhr kommt es in Washington zu einem Gespräch zwischen Beamten des State Department und dem Leiter unserer Interessenvertretung, das etwa zwei Stunden dauert. Den gesamten Inhalt des Gesprächs über die in unserer Note enthaltenen Anmerkungen und Fragen erhalten wir am Morgen des 10. Dezember.
An diesem selben Tag erarbeiteten wir auf sieben oder acht Seiten mit zweizeiligem Abstand eine weitere Note, in der wir dem State Department in aller Deutlichkeit unsere Positionen darlegen. Wir mußten dann etwa 50 Stunden auf die Antwort auf diese Note warten, die letztlich am 12. Dezember ankam, das heißt am Sonntag, etwa um 10.30 Uhr morgens. Es war eine kurze Note, in der sie auf der entscheidenden Bedeutung eines Treffens mit dem Vater beharrten. Es wurde erklärt, daß er seiner Mutter eine Vollmacht erteilt habe. Man lehnt die Möglichkeit, dies zu akzeptieren, nicht völlig ab, doch schauen Sie, sie bekräftigen uns gegenüber, daß der Kontakt mit dem Vater von Seiten der Beamten der Interessenvertretung entscheidend sei.
In der darauffolgenden Antwortnote auf diese dritte Note, die uns am Sonntagmorgen erreichte, wurden unsere Positionen und Argumente dargelegt und wiederholt. Diese Antwort wurde am Nachmittag abgesandt, nachdem man eine Reihe von unentbehrlichen Daten gesucht hatte, und zwar sogar über unsere Interessenvertretung in Washington. Es wurde ihnen mitgeteilt, daß sie bezüglich des konkreten Punktes des Gesprächs mit dem Vater noch an diesem selben Nachmittag informiert werden würden. Wir mußten die Familie konsultieren, denn es handelte sich nicht darum, eine Note zu verfassen und ihnen mit Ja zu antworten, ohne daß diese Familie und im besonderen der Vater ihre Meinung dazu geäußert hätten.
Die Familie wurde informiert und der Vater mußte eine Entscheidung treffen. Es war nicht er allein, sondern es waren er und die gesamte Familie, alle, die in diesem Haushalt leben. Es war bereits spät am Abend, als sie eine komplette und detaillierte Zusammenfassung erhielten von all dessen, was geschehen war, vom Absenden seines Briefes an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten bis zum Inhalt der letzten Note, die am Sonntag ankam, und der Antwort darauf am Nachmittag des selben Tages, in der in einem Absatz davon gesprochen wird, wie ich bereits erwähnte, daß man hinsichtlich des Gesprächs mit ihm später antworten werde. Vor dieser Antwort war es unverzichtbar, Kontakt mit der Familie aufzunehmen, ihnen die Situation zu erklären und sie um eine Antwort zu bitten. Ich bin gezwungen, ihnen nur ein Minimum der diskutierten Standpunkte zu erläutern. Ich möchte nicht den Inhalt der ausgetauschten Noten aufdecken.
Andrea Mitchell: Nun gut, wenn diese Pause sich ausdehnt und das Problem nicht gelöst wird, was würde Kuba dann machen? Denn es gibt in den Vereinigten Staaten eine gewisse Befürchtung, daß Sie die Grenzen öffnen und daß es bald zu einem neuen großen Exodus von Flüchtlingen kommen könnte. Wäre das eine Option?
Fidel Castro: Ich glaube nicht, das dies eine Option ist, denn wir behandeln diese Angelegenheit mit großer Ernsthaftigkeit und sind uns ihrer innewohnenden Transzendenz bewußt. Wie Sie sehen, wurden gestern während des ganzen Tages in Ruhe die Gründe und Argumente gegeneinander aufgewogen. Dem Treffen über Migrationsfragen, das sehr eng mit dem Problem des Kindes verbunden ist, wurden keine Hindernisse in den Weg gelegt. Ohne den berühmten Cuban Adjustment Act wäre es weder zu diesem noch zu anderen Vorfällen gekommen.
Der Fall dieses Kindes ist ein dramatisches Beispiel für die Folgen des Cuban Adjustment Act, der bereits 33 Jahre in Kraft ist. Es waren 33 Jahre des Anreizes zur illegalen Emigration.
Wir haben dieses Problem vom Migrationsproblem getrennt und eine Frage störte die andere nicht, sie schlich sich nicht einmal bei der anderen ein. Denn schauen Sie, wir hätten genügend Gründe gehabt, um dieses Treffen abzusagen. Trotzdem erschien es uns nicht konstruktiv, es abzusagen und damit zu beginnen, das Migrationsabkommen mit dem konkreten Problem des entführten Kindes zu verbinden, wenn auch alles, was mit diesem Kind und seinen Familienangehörigen sowie den Personen, die bei diesem Bootsuntergang starben, geschah, in der Tat mit diesem Gesetz und anderen Migrationsbestimmungen zusammenhängt, die einzig als Anreiz zur illegalen Emigration von Kubanern dienen.
Während es auf der Welt Hunderte von Völkern und Tausende von Ethnien gibt, gibt es nur ein einziges Volk mit einer vermischten Ethnie, auf das eine Migrationspolitik angewendet wird, die sonst für niemanden auf der Welt gilt.
Sie werden uns fragen: Wollen Sie, daß das beendet wird? Uns erscheint dies als die konstruktivste Lösung, aber wenn sie in den USA entscheiden, daß dieses Gesetz beibehalten wird, dann müßte man um einen Adjustment Act für alle lateinamerikanischen Länder bitten, ein Adjustment Act für Mexikaner, Mittelamerikaner und Südamerikaner. Wir sind nicht so egoistisch, daß wir dieses Gesetz für uns allein wollen.
Andrea Mitchell: Aber Herr Präsident, die US-Regierung sagt, daß Sie das einzige verbliebene kommunistische Land sind, das einzige Land, in dem es keine freien Wahlen und Meinungsfreiheit gibt.
Fidel Castro: Wenn wir in dieses Thema eindringen, werden all die Filmrollen, die ihr Team hier dabeihat, nicht ausreichen. Ich glaube nicht, daß wir diese Themen behandeln müssen, das ist meine Ansicht, und ich bitte um Verzeihung. Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen und Vergleiche anstellen. Ich denke nicht, daß das sehr weiterhilft. Über dieses Thema kann man einen ganzen Tag lang sprechen, 10 Stunden Interview.
Das einzige, was ich Ihnen sage, ist, daß ich die Behauptung nicht akzeptiere, daß wir das einzige kommunistische Land seien und daß es hier keine freien Wahlen gäbe. Mit Stolz akzeptiere ich die Aussage, daß wir ein kommunistisches Land sind, aber wir sind nicht das einzige. Wir haben nicht die so hohe Ehre, das einzige kommunistische Land zu sein. Durch unsere sozialistischen und kommunistischen Ideen haben wir erreicht, ein soziales System zu schaffen, und zwar ein System, das unserer Ansicht nach, unserer äußerst bescheidenen Ansicht nach - und das können wir mathematisch beweisen -, sehr viel menschlicher ist und über sehr viel mehr internen Rückhalt verfügt als irgendein anderes System auf der Welt, denn es ist solidarischer, brüderlicher, ist frei von Egoismus und an seinem Aufbau und seiner Weiterentwicklung nimmt wirklich das ganze Volk teil. In den anderen kapitalistischen Ländern sehen wir einen Krieg aller Individuen untereinander, das ist sehr bekannt. Seit den Zeiten von Adam Smith bis zu dieser fast globalisierten Welt von heute haben wir die Möglichkeit gehabt zu analysieren, was auf der Erde geschieht und was hier nicht geschieht.
Aus diesem Grund, wenn Sie sich eines Tages mal darüber unterhalten wollen, erlauben sie mir den Vorschlag, daß dies nicht bei dieser Gelegenheit sein sollte. Ich kann sehr wohl dem gesamten Volk der Vereinigten Staaten - von dem ich weiß, daß es viele Vorurteile hat - versichern, daß wir stolz sind auf unsere Ideale und die Gesellschaft, die in Kuba aufgebaut wurde, in der wir diejenigen Dinge tun können, von denen wir vorhin sprachen, nachdem wir die Lateinamerikanische Hochschule für Medizin besuchten. Aber wir haben nicht die Ehre, das einzige kommunistische Land zu sein, das ist zuviel der Ehre.
Andrea Mitchell: Nein, ich bezog mich auf diese Hemisphäre.
Glauben Sie, daß die Angelegenheit mit dem Kind zu einem dauerhaften Hindernis zwischen unseren beiden Ländern werden kann?
Fidel Castro: Nein, denn das kann nicht so weitergehen, denn die Vereinigten Staaten können die schrecklichen Kosten der Beibehaltung der Entführung des Kindes nicht bezahlen, und ich habe Vertrauen in den gesunden Menschenverstand der US-Amerikaner, ich habe Vertrauen in den gesunden Menschenverstand und die Intelligenz Ihrer realistischeren Politiker, die nicht auf diesem Fehler beharren. Deshalb wird es kein dauerhaftes Hindernis sein. Es wird in jedem Fall ein durchschlagendes Argument sein, um zu beweisen, wieviel Scheinheiligkeit es auf dieser Welt gibt und welche Art von schrecklichen Verbrechen begangen werden können, von denen dieses nur ein kleiner Ausschnitt ist.
Wir könnten von den Kindern sprechen, die sich gegenseitig in den Schulen umbringen. Wir haben Angst, daß der kleine Elián bei einer Schießerei in einer Schule sterben könnte; wir haben Angst vor den Drogen, die dort konsumiert werden und die es hier nicht gibt; wir haben Angst davor, daß dieser kleine Junge trotz der guten materiellen Dinge, die es in den USA gibt, nicht nur seine Identität verliert, sondern auch der vielen guter Sachen in sozialer, moralischer, geistiger und menschlicher Hinsicht entbehren muß, die ihm in dem Land, in dem er geboren wurde, garantiert werden. Unser äußerst aufrichtiges und patriotisches Volk fürchtet sehr wohl das Leben in der US-amerikanischen Gesellschaft. Das ist also wirklich unsere Meinung. Das Problem kann nicht so weitergehen, sie werden es sehen. Es gibt keine Art, wie das weitergehen sollte, weshalb sich das Problem mit dem Kind also nicht in ein Hindernis für die Beziehungen entwickelt.
Bis jetzt, wie Sie sehen, habe ich Ihnen erläutert, daß es wichtige Sektoren in den Vereinigten Staaten gibt, die dafür sind, daß das Kind zurückgegeben wird. Wenn wir vor den Augen der Welt protestierten, die Geschehnisse anprangerten und eine Schlacht schlagen, schlagen wir diese Schlacht also auch für diejenigen innerhalb der Vereinigten Staaten, die der Ansicht sind, daß es das Gerechteste und Korrekteste sei, das Kind nach Kuba zurückzugeben. Es ist keine Schlacht gegen die USA, es ist nicht einmal eine Schlacht gegen alle politischen Sektoren der Vereinigten Staaten, sondern es handelt sich um eine Schlacht gegen all diejenigen, die sich der Rückkehr des Kindes widersetzen, und es ist sogar eine Schlacht für die Vereinigten Staaten. Ja, ich sage daß ganz offen, denn ich bin absolut davon überzeugt, daß sie das Prestige ihres Landes je mehr schützen, desto eher sie das Problem lösen, und je mehr es sich herauszögert, desto kostspieliger wird es in politischer Hinsicht, in ethischer Hinsicht und im Hinblick auf das Prestige der Vereinigten Staaten.
Ich bitte die US-Amerikaner, daß sie mich nicht als Gegner ihres Landes ansehen. Ich muß sie auf irgendeine Art bezeichnen und ich nenne sie Vereinigte Staaten, wenn ich das Land verantwortlich machen muß, in dem dieses Verbrechen stattfindet. Aber wenigstens kämpfen wir - sagen wir es mal so - gemeinsam mit vielen, die in den Vereinigten Staaten den Wunsch haben, daß Gerechtigkeit waltet und das Kind befreit wird, und nachdem dies geschieht, muß man Wunden stillen. Unserem Volk bleibt dann einzig der Vorteil, über ein wenig mehr Bewußtsein und politische Kultur zu verfügen als zu Beginn dieses Prozesses.
Andrea Mitchell: Vielen Dank, Herr Präsident.
Sie haben sehr viel Geduld mit uns gehabt.
Fidel Castro: Ich mußte nicht Gebrauch machen von meiner Geduld. Ich habe es mit viel Freude getan und sogar im Wissen, daß es konstruktiv ist.
Die Zeit, über andere Themen zu sprechen, wird kommen. Rechnen Sie dann mit mir.
Andrea Mitchell: Danke, daß Sie uns in dieser Institution empfangen haben. Ich denke, daß es wirklich sehr interessante Dinge zu erzählen gibt über diese Institution und die damit zusammenhängenden Ideen, und wir werden das tun. Wir haben vor, darüber zu berichten.
Fidel Castro: Hoffentlich reicht Ihnen die Zeit, um wenigstens einen kleinen Teil dessen, was ich Ihnen erzählt habe, auszustrahlen (Lachen).
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