Meine Weigerung, die Beweise zu den Ereignissen in Monterrey beizubringen, die mich zwangen, mich noch am selben Tag meiner Rede auf dem Gipfeltreffen zurückzuziehen, war darauf zurückzuführen, daß Herr Castañeda in seinem dreisten Wagnis den Präsidenten Vicente Fox mit hineingezogen hatte. Ich konnte sie nicht vorbringen, ohne dabei den mexikanischen Staatschef mit darin zu verwickeln.
Die gegenwärtige Genfer Konspiration gegen Kuba war von Herrn Castañeda in Washington eingefädelt worden. Die tschechische Regierung hatte ihre teure und zum Verruf gereichende Söldnerrolle satt. Nach der in Genf gewaltsam gegen Kuba erzwungenen Resolution war der Regierung der Vereinigten Staaten durch geheime Abstimmung im Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) die Mitgliedschaft in der Kommission für Menschenrechte entzogen worden. Es war dies die beschämendste Niederlage seit der Gründung dieses Organs im Jahr 1945.
Nun bietet sich der mexikanische Außenminister Jorge Castañeda an, dieser neuen und listigen Machenschaft lateinamerikanisches Gepräge zu geben. Ein schamloser, geschickter und betrügerischer Vorschlag sollte in der Menschenrechtskommission von lateinamerikanischen Delegationen lanciert werden. Dem widmete er sich für den Rest des Jahres 2001. Das gab Veranlassung zu wiederholten Zwischenfällen mit Kuba, die Gegenstand zahlreicher Kritiken seitens politischer Persönlichkeiten und Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats Mexikos waren.
Bereits am 20. April 2001, also am Folgetag der Abstimmung über die Resolution gegen Kuba, bei der sich Mexiko der Stimme enthielt, erklärte Genosse Felipe Pérez Roque, Minister für Auswärtige Angelegenheiten unseres Landes, daß der mexikanische Außenminister Jorge Castañeda alles nur Mögliche getan habe, um zu erreichen, daß Mexiko seine Position ändert und Kuba verurteilt wird. Im Verlaufe des gesamten vergangenen Jahres befaßte sich Herr Castañeda damit, in dieser Richtung zu intrigieren und zu konspirieren.
Anfang dieses Jahres kommt es auf Initiative Mexikos unter dem Vorwand der Verbesserung der Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern zu einem Besuch einer hochrangigen Delegation in Kuba mit Fox an der Spitze. Man näherte sich der Konferenz in Monterrey. Wie bereits Reagan kurz vor dem im Oktober 1981 in Mexiko stattfindenden Nord-Süd-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs verfuhr, drohte auch Bush mit Abwesenheit für den Fall der Teilnahme Kubas. Die Ehre und Pflichten der Regierung Mexikos gerieten erneut in Widerspruch zu ihren Interessen. Man verstehe wohl: der Regierung Mexikos. Ich spreche bei weitem nicht vom mexikanischen Brudervolk. Der Besuch von Fox und Castañeda in Kuba, wo sie am 3. Februar um 10.30 Uhr eintrafen, war auf das Sorgfältigste bedacht worden. In allem war Falschheit und Berechnung präsent. Wir wußten recht wohl, daß eines der Ziele darin bestand, uns darum zu bitten, von unserer Teilnahme Abstand zu nehmen. Sie wagten es nicht. Die erste Stunde des um 11.14 Uhr einsetzenden Gespräches genügte. Fast genügten die ersten Minuten. Ich kam ihnen zuvor, indem ich ihnen die Einladung ins Gedächtnis brachte, die unser Land zur Teilnahme an diesem Gipfeltreffen von den Vereinten Nationen erhalten hatte. Danach unterzog ich die ganze Heuchelei und Tücke der gegen Kuba in Genf betriebenen Machenschaften einer eingehenden Prüfung.
Der Austausch mit Fox und anderen Mitgliedern der Delegation zu verschiedenen Aspekten verlief ernst und produktiv. Castañeda rückte nervös und unruhig hin und her – man soll nicht denken, ich hätte etwas gegen ihn. Nach Abschluß des ersten Gespräches ein leichtes Mittagessen mit Fox und seiner Delegation. Kranzniederlegung am Martí-Denkmal. Ausgiebige programmierte Rundfahrt, auf der ich ihn die ganze Zeit begleitete. Während der Fahrt sprachen wir mit ziemlicher Ernsthaftigkeit und Vertrautheit über mehrere Themen. Wir besuchten Habana Vieja, ein mit Begleitgas des Erdöls mittels der Technologie des kombinierten Zyklus betriebenes Elektrizitätswerk im Osten der Hauptstadt; auf meine Anregung hin das Haus des frisch von Fox mit einem Orden ausgezeichneten Stadtchronisten Eusebio Leal, um dessen Mutter zu begrüßen, die sich von einer Krankheit erholte.
Die Rundfahrt endete im Internationalen Zentrum für Neurologie, wo viele Mexikaner mit Erfolg eine Behandlung erfahren.
An jenem Nachmittag fand um 16.00 Uhr ein Gespräch zwischen unserem Minister für Auswärtige Angelegenheiten und Herrn Castañeda statt. Jener wagte nicht einmal, mit Felipe das Vorfeld des Genfer Antikubaprojektes zu diskutieren. Das Gipfeltreffen von Monterrey erwähnt er nicht und verspricht, in Genf keinerlei Antrag gegen Kuba weder zu fördern, noch zu unterstützen.
Um 20.00 Uhr Staatsempfang im Palast der Revolution; 20.53 Uhr Privatgespräch mit Präsidenten Fox in meinem Amtsraum. Als wir nach mehreren anderen Bemerkungen das Thema Genf ansprachen, versicherte er mir wörtlich, Mexiko werde nie etwas tun, was Kuba zum Schaden gereichen könne, denn es bestünden langjährige Beziehungen, die man keinesfalls beeinträchtigen wolle. Später dann das vorgesehene Abendessen, das in freundschaftlicher Atmosphäre verläuft. Der Besuch hinterläßt bei uns einen positiven Eindruck. Es waren viele Stunden des respektvollen und dem Anschein nach offenen Austauschs.
Doch dieser angenehme Eindruck hielt nicht lange an. Castañeda gab sich rätselhaften und seltsamen Erklärungen hin: „Die Beziehungen Mexikos zur kubanischen Revolution gibt es nicht mehr; jetzt sind es die Beziehungen zur Republik Kuba...“; „die mexikanische Haltung von heute ist nicht die Haltung der Vergangenheit“ usw. Wenig später reist er nach Miami, um am 26. Februar ein mexikanisches Kulturinstitut einzuweihen. Gäste dort sind eine sehenswerte Fauna von Terroristen und Konterrevolutionären kubanischer Herkunft, die mit Kultur bislang noch nie etwas zu tun hatten. Erneut bringt er seine in geistiger Nachtarbeit gezimmerte Theorie über die Beziehungen Mexikos zur Revolution oder zur Republik zur Sprache und bedenkt seine „auserlesene“ Zuhörerschaft mit versüßenden Worten. Er erklärt: „Die Tür der Botschaft Mexikos in Havanna ist, wie auch Mexiko selbst, allen kubanischen Bürgern offen. Redakteure des subversiven und irreführend als Radio Martí bezeichneten Rundfunksenders manipulieren seine Worte und wiederholten während des ganzen Folgetages, es sei zum Bruch der Beziehungen zwischen Mexiko und Kuba gekommen und die Türen der Botschaft jenes Landes in Havanna seien für alle offen.
In den Nachtstunden jenes Tages kommt es zu einem schweren Zwischenfall, der nur beigelegt werden konnte durch die von der mexikanischen Regierung erbetene ernste und effiziente Kooperation Kubas in den frühen Morgenstunden des 1. März, ohne den Eindringlingen (in die Botschaft) auch nur einen Kratzer zuzufügen. Lügen und plumpe Verleumdungen werden verbreitet. Es wird sogar behauptet, dies alles sei auf eine Provokation Kubas zurückzuführen gewesen. Der März hatte begonnen. Das Gipfeltreffen von Monterrey war in nächste Nähe gerückt.
Meine Entscheidung, ob ich an Treffen dieser Art teilnehmen werde oder nicht, gebe ich niemals bekannt. Die Gründe liegen auf der Hand. Habe ich die Entscheidung getroffen, benachrichtige ich erst in letzter Minute die dafür zuständigen Personen. Es gibt sie sogar, die ohne jegliche Vorabinformation erscheinen und nie Schwierigkeiten mit den Gastgebern hatten. Dieses Mal, nachdem die Entscheidung annähernd drei Tage vorher getroffen worden war, informierte ich meine Ankunft 24 Stunden im voraus, am 19. März. Ich hatte zwei Gründe: Weder Bush noch Fox selbst wünschten meine Anwesenheit. Andererseits wünschte ich keine lange Diskussion mit Fox und Castañeda, die versuchen würden, mich zu überzeugen und mich inständig bitten würden, nicht zu erscheinen. Als Präsident Reagan drohte, das Gipfeltreffen von 1981 zu boykottieren, sah ich mich gezwungen, dem Präsidenten José López Portillo entgegenzukommen. Beschämt und bekümmert verhielt sich dieser wie ein Gentleman. Er war elegant, lud mich nach Cozumel ein, und in aller Offenheit legte er mir seine Tragödie dar. So entsprach ich seinem Anliegen.
Dieses Mal waren es andere Zeiten; auch die Personen waren andere. Die Weltlage ist heute außerordentlich ernst und komplex. Die Konferenz befaßte sich mit einem Thema von lebenswichtiger Bedeutung für alle Länder der armen und ausgebeuteten Welt. Daran teilzunehmen war mein gutes Recht und ich entschied mich dazu. Ich wußte recht wohl, daß, sobald die Mitteilung über meine Teilnahme erfolgt war, es keine Minute dauern würde, bis der Präsident der Vereinigten Staaten informiert wäre und auf Mexiko unvermeidlichen Druck ausüben würde. Ich wollte ihnen dafür nicht allzu viel Zeit lassen. Ich verfaßte ein kurzes Schreiben und wies unseren Botschafter an, dieses im Amt des Präsidenten von Mexiko um 19.00 Uhr kubanischer Zeit, 18.00 Uhr mexikanischer Zeit, zu übergeben.
Obwohl Monterrey von Delegierten überlaufen war, hatte unsere Delegation rechtzeitig zwanzig der vierzig Zimmer eines kleinen kürzlich erst eröffneten Hotels reserviert. Aufgrund der Ungewißheit hinsichtlich der Reise wurden nicht alle Zimmer reserviert. Außerdem wollten wir die von den Vereinigten Staaten ausgebildeten, verwöhnten und beschützten ewigen und allgegenwärtigen Terroristen desinformieren. In letzter Minute reichte mir die Hälfte jenes kleinen Hotels.
Der Inhalt meines Schreibens – von Herrn Castañeda bereits veröffentlicht, um einen Satz zu manipulieren und damit ein Argument zu erarbeiten, das meine schnelle Rückkehr erklären sollte – lautete wörtlich:
„Havanna, den 19. März 2002
Werter Herr Präsident!
Erneut las ich aufmerksam Ihr liebenswürdiges Schreiben vom 28. Januar dieses Jahres, in dem Sie mich zur Teilnahme an der Internationalen Konferenz der Vereinten Nationen über Entwicklungsfinanzierung einladen, die in Monterrey stattfinden wird. Bereits vorher hatte ich am 21. Dezember 2001 die Einladung der Botschafter Shamshad Ahmad und Ruth Jacoby, Kopräsidenten des Vorbereitungskomitees der Vereinten Nationen, erhalten.
Mein enormer Arbeitsumfang der letzten Wochen erlaubte mir nicht, die Sicherheit der Teilnahme an dieser Konferenz zu haben. Das bekümmerte mich stark Mexiko gegenüber, Durchführungsort dieses bedeutenden Treffens, sowie den Vereinten Nationen gegenüber, die diesem eine so hohe Bedeutung beimessen.
Daher habe ich mich zu einer zusätzlichen Anstrengung und Teilnahme an dieser Konferenz entschlossen, sei es auch nur die minimal mögliche Zeit, was ich an erster Stelle Ihnen hiermit gern mitteile.
Ich hoffe, mit konstruktivem Geist zum Erfolg dieser Konferenz beitragen zu können, der Mexiko angestrengte Bemühungen angedeihen ließ.
Werter Herr Präsident Fox, ich wünsche Ihnen Erfolg und versichere Sie meiner Freundschaft und persönlichen Achtung.
Fidel Castro Ruz“
Die Mitteilung über die Kürze meines Aufenthalts bedeutete ganz klar, daß ich mich ausschließlich auf die zwei Tage der Konferenz beschränken würde – diese war in der Tat meine Absicht – und kein weiteres zusätzliches Programm in Mexiko absolvieren würde.
Als unser Botschafter das Schreiben dem persönlichen Sekretär des Präsidenten übergab, wurde ihm mitgeteilt, daß Fox unmittelbar vor Reiseantritt nach Monterrey stand. Nach Erledigung dieser Aufgabe begab sich unser Repräsentant zum Amt des Regierungssekretärs, dem er die Nachricht übermittelte, um die entsprechenden Absprachen zu treffen. Unsere Ankunft in Monterrey sollte 24 Stunden später erfolgen.
Um etwa 23.00 Uhr kubanischer Zeit wird in meinem Büro ein Anruf aus Mexiko erhalten mit der Benachrichtigung, daß Präsident Fox mich so dringend wie möglich zu sprechen wünscht. Da ich mich nicht in meinem Büro befand, wird darum gebeten, den Anruf etwas später zu wiederholen. Um 23.28 Uhr wird der Anruf aus Mexiko wiederholt. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit mehreren Genossen in einem kleinen Salon unweit meines Büros versammelt. Der Anruf um diese Zeit machte mich mißtrauisch. Wie seltsam, wo sich doch der Präsident früh zur Ruhe begibt! Der Ton verriet Dringlichkeit. Ich hatte bereits keine Zweifel mehr. Ich erhob mich, begab mich in mein Büro und bat, mich mit dem Präsidenten Fox zu verbinden. Es kam zu einem ungewöhnlichen Dialog, den ich so wiedergebe, wie er aufgenommen wurde.
Fidel: Hallo, Herr Präsident, wie geht es Ihnen?
Fox: Fidel, wie geht es dir?
Fidel: Sehr gut, sehr gut, vielen Dank; und Ihnen?
Fox: Das hört man gern! Hör‘ mal, Fidel, ich ruf‘ dich an wegen der Überraschung, die es für mich war, als ich vor nur ein paar Stunden von deinem beabsichtigten Besuch hier in Mexiko erfuhr.
Zuerst und vor allem anderen möchte ich dir sagen, daß dieses hier ein Privatgespräch zwischen dir und mir sein sollte. Bis du einverstanden?
Fidel: Ja, einverstanden. Sie haben mein Schreiben erhalten, nicht wahr? Ich sandte es ihnen ...
Fox: Ja, ich habe dein Schreiben vor knapp zwei Stunden erhalten, und deshalb rufe ich jetzt an.
Fidel: Ach so; mir hatte man gesagt, Sie gingen früh schlafen, und so sandten wir das Schreiben zeitig.
Fox: Ja, ich gehe früh schlafen, doch das hat mich wach gehalten.
Fidel: Was Sie nicht sagen!
Fox: Nein, ich erhielt es... Hier ist es jetzt kurz vor 22.00 Uhr; ich erhielt es um 20.00 Uhr, während ich mit Kofi Annan zu Abend aß.
Fidel: Aha!
Fox: Doch schau her, Fidel, an erster Stelle spreche ich als Freund zu dir.
Fidel: Ja, Sie wenden sich zuerst als Freund an mich; ich hoffe, Sie sagen nicht, daß ich nicht kommen soll.
Fox: (lacht) Nun also, laß mich dir etwas sagen und dann sehen, was du dazu meinst.
Fidel: Ich höre, doch ich sage es Ihnen im voraus. Also gut.
Fox: Wie bitte?
Fidel: Ich höre, doch ich sage es im voraus.
Fox: Nun, hör‘ mich erst einmal an. Hör‘ mich erst einmal an.
Fidel: Ja.
Fox: Ja, als Freund. Mit dieser Überraschung in letzter Minute bereitest du mir tatsächlich eine ganze Anzahl von Problemen.
Fidel: Wieso?
Fox: Probleme der Sicherheit, Probleme der Betreuung.
Fidel: Also das ist für mich nicht von Bedeutung. Das beunruhigt mich nicht, Herr Präsident. Es scheint, Sie kennen mich nicht.
Fox: Das beunruhigt dich nicht?
Fidel: Nein, nicht im geringsten. Ich habe keine 800 Mann Begleitung wie Herr Bush.
Fox: Doch es ist nicht unbedingt eine Haltung unter Freunden, in letzter Minute zu avisieren, daß du hier erscheinen wirst.
Fidel: Ja, aber ich gehe auch wie kein anderer viele Risiken ein, und das wissen Sie recht gut.
Fox: Nun, du hättest je einem Freund vertrauen und mich etwas früher wissen lassen können, daß du vorhattest zu kommen. Das, so glaube ich, wäre für beide viel besser gewesen.
Doch schau, ich weiß voll und ganz, daß du nicht nur das Recht dazu hast, sondern, wenn es dir nicht möglich ist, mir als Freund in diesem Sinne zu helfen und es für dich unerläßlich ist...
Fidel: Ja, sagen Sie mir, in welchem Punkt ich Ihnen helfen kann, nur in diesem nicht.
Fox: Gut. Dieser Punkt ausgenommen, wobei kannst du mir helfen?
Fidel: Sagen Sie mir, wie? Was soll ich tun? Die Risiken gehe ich mit aller Ruhe ein. (Die Sache wurde nun schon ernster: weder der Nachbar des Nordens noch das Gastgeberland waren an meiner Anwesenheit interessiert.)
Fox: Also, laß mich einmal...
Fidel: Aber Sie werden verstehen, daß es einem weltweiten Skandal Raum geben würde, wenn mir tatsächlich jetzt gesagt wird, daß ich nicht kommen soll.
Fox: Aber weshalb mußt du denn einen weltweiten Skandal auslösen, wenn ich mich als Freund an dich wende?
Fidel: Hören Sie, Sie sind der Präsident des Landes; und wenn Sie als Gastgeber es mir verbieten, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als meine Rede morgen zu veröffentlichen.
Fox: So ist es, so ist es. Nein, du hast ein volles Recht darauf.
Mal sehen, laß mich dir einen Vorschlag machen.
Fidel: Ja.
Fox: Ja?
Fidel: Sagen Sie.
Fox: Ich weiß nicht, wann du zu kommen die Absicht hast, denn das hast du mir nicht mitgeteilt. Mein Vorschlag wäre nun, du kämest am Donnerstag.
Fidel: Nun, sagen Sie, sagen Sie es genau. Ich bin bereit, ein Übereinkommen hierzu zu hören. Gut. Welcher Tag ist heute? Dienstag. Um welche Zeit wünschen Sie meine Anreise am Donnerstag?
Fox: Denn du hast... das heißt Kuba hat seine Rede vor dem Plenum am Donnerstag.
Fidel: Ja, ja, die genaue Uhrzeit dort, dort waren... Am Donnerstag sollte es um...
Fox: Gegen 13.00 Uhr.
Fidel: Nein, am Donnerstag muß ich an einem Podiumsgespräch teilnehmen und am Vormittag die Rede vorbereiten.
Fox: Denn deine Rede sollst du gegen 13.00 Uhr halten.
Fidel: So ungefähr. Ich helfe Ihnen in allem, störe Sie mitnichten, gehe nicht zu den Essen, nicht einmal zu der Zusammenkunft... Nun, diese Zusammenkunft, darüber müßten wir noch diskutieren...
Fox: So ist es, jawohl, laß mich zu Ende reden.
Fidel: Ja.
Fox: Du kannst am Donnerstag kommen, an der Tagung teilnehmen und deine Rede in der für Kuba reservierten Zeit um 13.00 Uhr halten. Danach haben wir ein Mittagessen, das der Gouverneur des Staates für die Staatsoberhäupter gibt. Ich biete dir sogar an und lade dich ein zu diesem Mittagessen, ja sogar, daß du neben mir Platz nimmst; daß du aber dann nach Abschluß der Tagung und der Teilnahme, also sagen wir, zurückkehrst und so...
Fidel: Auf die Insel Kuba?
Fox: Nein, also, vielleicht suchst du dir...
Fidel: Wohin? Ins Hotel? Sagen Sie.
Fox: Auf die Insel Kuba oder wohin du möchtest.
Fidel: Gut
Fox: Und du läßt mir dann – das ist meine Bitte an dich – den Freitag frei, damit du mir den Freitag nicht schwierig machst.
Fidel: Sie möchten nicht, daß ich Ihnen den Freitag kompliziert mache. Nun gut, es sieht ganz so aus, als haben Sie eine Zeile meines Schreibens überlesen, auf der ich Ihnen sage, daß ich mit konstruktivem Geist kommen werden, um für einen Erfolg der Konferenz zu kooperieren.
Fox: Ja doch, ich habe diese Zeilen gelesen.
Fidel: Wenn meine Worte nicht die Wirkung hatten... Ich verstehe die anderen Dinge, von denen wir nicht reden wollen, und das, was geschehen kann. Ich habe fast vorhergesehen, daß Sie mich anrufen würden, um mir so etwas Ähnliches zu sagen. Nun, sehr gut, ich sage Ihnen mit aller Offenheit: Ich bin bereit, mit Ihnen zu kooperieren. Ich bin bereit mit Ihnen zu kooperieren und zu tun, worum Sie mich ersuchen.
Fox: Wir können so verfahren.
Fidel: Ja, wiederholen Sie es mir bitte.
Fox: Also, Ankunft am Donnerstagmorgen; die Uhrzeit bestimmst du selbst.
Fidel: Ja, am Donnerstagmorgen; dann die Rede.
Fox: Ja, die Rede im Plenum; Teilnahme am Mittagessen der Staatschefs, zu dem ich dich sogar einlade, neben mir zu sitzen.
Fidel: Sehr gut, vielen Dank.
Fox: Am Nachmittag dann also deine Abreise zu einer dir genehmen Zeit.
Fidel: Ja, in Ordnung. Wie sieht es mit der Uhrzeit aus? Es gibt einen Zeitunterschied von einer Stunde, die Stunde, in der ich mich bewegen muß.
Fox: Wir haben eine Stunde Zeitunterschied.
Fidel: Sollte ich eventuell etwas früher ankommen müssen, sagen wir, da ich weiß, wo ich den größten Schaden anrichte (lacht), könnte ich vielleicht im Morgengrauen eintreffen.
Fox: Am Donnerstag?
Fidel: Denn meine Rede ist für 13.00 Uhr vorgesehen und man ist dabei, dort die Reihenfolge zu verhandeln; vielleicht spreche ich schon vorher; vielleicht, doch vorbereitet bin ich für etwa diese Uhrzeit, denn es gibt 30 Redner. Ich bin benachteiligt, denn es war im letzten Augenblick, und ich gestehe Ihnen, daß ich den Entschluß im letzten Augenblick gefaßt habe. Sie werfen mir vor, ein Freund sollte seine Teilnahme zu- oder absagen.
An erster Stelle liegen hier zwei Dinge vor: Für mich bestehen Risiken und außerdem hatte ich es noch nicht entschieden. Das ist die Wahrheit.
Fox: Ja, ja; ich verstehe, ich verstehe.
Fidel: Doch zum gegebenen Zeitpunkt entschied ich, daß es erforderlich ist, wie ich Ihnen in meinem Schreiben erkläre. Ich bitte Sie, dieses, wenn es Ihnen möglich ist, noch einmal zu lesen.
Fox: Es liegt hier vor mir.
Fidel: Und der Generalsekretär ist in Ihrer Nähe? Sie speisen mit ihm zu Abend?
Fox: Vor 15 Minuten ist er gegangen. Er begab sich in sein Hotel und morgen wird er nach Monterrey reisen.
Fidel: Wie schade, daß ich nicht zuhören kann, wenn er spricht! Denn ich glaube, er spricht gleich zu Anfang.
Fox: Nun, Fidel, du... du... Ja, ich weiß, daß...
Fidel: Also, wenn Sie zuwege bringen könnten, daß ich beispielsweise als zehnter Redner an die Reihe komme, wenn Sie in der Reihenfolge für mich einen Platz besorgen...
Fox: Laß mich sehen, einen Augenblick.
Fidel: Ja.
Fox: Ich selbst werde am Donnerstag sprechen; die Eröffnungszeremonie beginnt um 9.00 Uhr.
Fidel: Um 9.00 Uhr, sehr gut.
Fox: Um diese Zeit wird, wie ich annehme, der Generalsekretär sprechen, und ich werde sprechen.
Fidel: Ja, ihm wollte ich zuhören, denn er war es ja, der mich eingeladen hat.
Fox: Deine Anwesenheit dabei ist kein Problem.
Fidel: Sie sind der Präsident des Gastgeberlandes; nicht die Vereinigten Staaten sind es, es ist Mexiko.
Fox: Für deine Anwesenheit besteht kein Problem. Du kommst zeitig und nimmst an der Eröffnung teil, beginnend um 9.00 Uhr, bei der er sprechen wird, und ich werde sprechen und, in der Tat, du bist als etwa der zehnte Redner an der Reihe.
Fidel: Nein, ich habe die Nummer 30; doch wenn Sie mir die Nummer 10 besorgen können, das heißt, nachdem die Hauptredner und noch ein paar andere dort gesprochen haben – ich glaube, Chávez macht den Anfang in seiner Eigenschaft als Präsident der Gruppe der 77 – und Sie für mich Nummer 10 oder 12 in der Reihenfolge besorgen...
Fox: Du möchtest also einen Wechsel, sagen wir, von 13.00 Uhr auf etwas früher?
Fidel: Sprechen Sie mit Kofi, sprechen Sie mit Kofi und erläutern Sie ihm Ihr Problem. Er wird verstehen, daß die Welt Herren hat und daß das sehr ernst ist.
Fox: Ich kann mit Kofi Annan sprechen. (lacht)
Fidel: Sprechen Sie mit Kofi (Lachen), verstehen Sie?
Fox: Ja, ja; ich kann mit ihm sprechen, warum nicht.
Fidel: Somit komme ich Ihnen noch viel mehr entgegen. Ich erscheine dort und halte meine Rede. Es wäre fast besser, ich käme so um Mitternacht, schliefe etwas und ginge dann dorthin.
Fox: Du brauchst mich nur benachrichtigen, wie spät du... Du teilst mir die Stunde mit; ich habe für dich eine Residenz, einen Ort, an dem du dich aufhalten kannst, falls du sehr früh kommst.
Fidel: Gut, ich hatte dort ein kleines Hotel, einige Zimmer, denn meine Teilnahme stand ja nicht fest.
Fox: Ja, es gibt nämlich keine Zimmer; darin liegt das Problem, es gibt keine Zimmer.
Fidel: Nein, doch für unsere Delegation sind dort 20 Zimmer reserviert; und einige können wir woanders unterbringen, in einem Gästehaus.
Fox: Ja, wir richten uns schon ein. Du hast Freunde in Monterrey, die dich im Nu unterbringen können. Das ist kein Problem. Du mußt in den frühen Morgenstunden eintreffen...
Fidel: Sehen Sie, ich kann Ihnen noch viel weiter entgegenkommen. Muß ich unbedingt in den frühen Morgenstunden eintreffen?
Fox: Ja. Doch was nennst du frühe Morgenstunden, 5.00 Uhr oder 6.00 Uhr?
Fidel: Nein, ich ziehe eine bestimmte Uhrzeit um ungefähr 22.00 Uhr vor.
Fox: Ach so! Ankunft am Mittwochabend.
Fidel: Ja, ja; ohne daß ich gesehen werde. Wir sehen uns dann am Vormittag dort. Man kann mich dann am Vormittag dort antreffen.
Fox: Versuche, in der Nacht zu kommen, wir werden uns schon einrichten; das heißt, mehr auf Mitternacht zu oder im Morgengrauen.
Fidel: Gut.
Fox: Du kommst, installierst dich und nimmst ab 9.00 Uhr teil.
Fidel: Ich installiere mich und bin dort um 8.30 Uhr: Merken Sie wohl.
Fox: Ja, in Ordnung, in Ordnung.
Fidel: Also, Sie garantieren mir das mit Kofi Annan und erklären ihm die Probleme; falls nicht, dann müßte ich mit ihm sprechen und es ihm erklären, denn eingeladen wurde ich von den Vereinten Nationen.
Fox: Darin besteht kein Problem. Ich...
Fidel: Es war sehr liebenswürdig von Ihnen als Gastgeber, mir eine Einladung zu schicken; doch es sind die Vereinten Nationen, die mich einladen. Ich sagte es Ihnen hier. Zu Beginn unserer Gespräche war dies, daß mir die Einladung zugegangen war, das Erste, was ich ansprach.
Fox: Gut; deshalb.
Wir werden also weiterhin in dieser Richtung denken. Dann kommen wir zum Schluß...
Fidel: In Ordnung. So komme ich Ihnen entgegen und reise früher ab. Ohnehin ist mein stärkster Wunsch, hier zu sein. Ich habe viel Arbeit, und es gibt vieles, für das ich begeistert bin.
Fox: Fidel, darf ich dich um noch etwas bitten?
Fidel: Ja, bitte.
Fox: Wenn du da bist, wäre es für mich sehr gut, wenn es nicht zu Erklärungen zum Thema der Botschaft, den Beziehungen zwischen Mexiko und Kuba oder zu den Ereignissen käme, die wir in den vergangenen Tagen erlebten.
Fidel: Für mich besteht keinerlei Bedürfnis, dort Erklärungen abzugeben.
Fox: Wie gut!
Fidel: Sagen Sie, was kann ich noch für Sie tun?
Fox: Also in der Hauptsache nicht die Vereinigten Staaten oder Präsidenten Bush angreifen, sondern uns beschränken auf...
Fidel: Hören Sie, Herr Präsident, ich bin ein Mensch, der sich seit etwa 43 Jahren mit Politik befaßt; und ich weiß, was ich tue und zu tun habe. Sie brauchen nicht die geringsten Bedenken zu hegen, daß ich die Wahrheit mit Anstand und der erforderlichen Eleganz vorzubringen weiß. Sie brauchen nicht die geringste Befürchtung zu haben, daß ich dort eine Bombe loslassen werde; obwohl ich in der Tat mit dem vorgeschlagenen Konsens nicht einverstanden bin. Nein, ich werde mich darauf beschränken, meine Grund- und Hauptideen darzulegen, und das mit allem Respekt der Welt. Ich werde jenes nicht als eine Tribüne benutzen. Um zu agitieren; keinesfalls. Ich werde meine Wahrheit sagen. Ich kann auch fernbleiben und sage sie dann von hier aus. Ich sage sie dann morgen früh. Also für mich ist es nicht...
Fox: Eben das ist es, was du mir in deinem Schreiben anbietest: konstruktive Partizipation, damit es ein echter Beitrag zur Diskussion, zur Debatte und zur Lösungsfindung auf die Probleme wird, die wir alle auf der Welt haben.
Fidel: Ja, Herr Präsident. Auch sollten Sie in Betracht ziehen, daß eine Reise dieser Art für mich ein ziemliches Risiko beinhaltet.
Fox: Ja, das verstehe ich.
Fidel: Sie sollten es wissen. Ich tue es nicht – daß ich fernbliebe – denn ich würde mich schämen, da ich nun einmal beschlossen habe teilzunehmen. Vielen Treffen bin ich ferngeblieben. Ich war nicht auf dem Gipfeltreffen in Peru; doch für mich ist diese Konferenz von viel höherem Stellenwert, ist Mexiko von viel höherem Stellenwert. Mir schien sogar, ich würde damit Sie und die Mexikaner verletzen.
Ich gehe dorthin, nicht um zu agitieren noch Kundgebungen zu organisieren, nichts dergleichen. Ich bedenke, daß Sie der Präsident jenes Landes sind und daß ein Wunsch Ihrerseits, und seien es noch so viele Rechte, von mir zu berücksichtigen ist.
Es freut mich daher, daß Sie an eine anständige Lösung gedacht haben; daß ich zur genannten Stunde dort bin und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zuhöre. Wenn Sie nun mit Unterstützung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen mir garantieren könnten – wir wollen doch dort nicht so lange bleiben; je mehr Zeit verstreicht, desto mehr... – daß ich auf der Ihrer Rede folgenden Rednerliste einen Platz zwischen den Nummern 10 und 15 bekomme; also darüber haben wir mit einem Genossen gesprochen, der dort ist. Wir werden ihm Anweisungen geben – er hat heute von mir bereits Anweisungen erhalten, sich um einen früheren Zeitpunkt für meine Rede zu kümmern – und dann wäre ich frei, um Ihnen so wenig Unannehmlichkeiten wie möglich zu bereiten.
Fox: Ja.
Höre, Fidel, auf jeden Fall bleibt die Einladung zu dem Mittagessen, zu dem du mich begleiten sollst. Das wäre so gegen 13.00 Uhr oder 13.30 Uhr, und nach dem Essen kannst du dann zurückkehren.
Fidel: Unter der Bedingung, daß du mir nicht Pfefferfleisch und Pute und sonst noch viele Speisen vorsetzt, denn der Flug nach hier mit sehr vollem Magen...
Fox: Nein, es gibt Lamm , das ist sehr lecker.
Fidel: Es gibt Lamm?
Fox: Jawohl, mein Herr, exzellent.
Fidel: Gut, sehr gut.
Fox: Dann können wir also bei dieser Übereinkunft bleiben, Fidel?
Fidel: Wir können bei dieser Übereinkunft bleiben und bleiben Freunde, Freunde und Gentlemen.
Fox: Ja, ich danke dir sehr dafür. Du teilst mir nur noch die Uhrzeit deiner Ankunft mit, um dich zu empfangen und zu beherbergen.
Fidel: Ich werde Ihnen die Uhrzeit meiner Ankunft mitteilen.
Nun, wenn Sie wollen, komme ich sogar noch früher, und damit gehen wir vielem aus dem Wege. Wie spät wirst du morgen schlafen gehen?
Fox: Morgen?
Fidel: Ja.
Fox: Welcher Tag ist morgen, Mittwoch? Als guter Mann vom Lande werde ich morgen früh schlafen gehen.
Fidel: Als guter Mann vom Lande. Bei mir ist es gerade umgekehrt. Ich bin gewöhnlich ein guter Nachtmensch.
Sagen Sie, welche Uhrzeit paßt Ihnen am besten?
Fox: Schau, so wie du sagtest: 22.00, 23.00, 24.00 Uhr, damit du dich installieren und ausruhen und am anderen Morgen anwesend sein kannst.
Fidel: Sehr gut, einverstanden.
Fox: Also erwarte ich nur noch von der Botschaft deine genaue Ankunftszeit, um dich dort zu empfangen, wie es sich gehört.
Fidel: Ja, morgen bekommen Sie die genaue Uhrzeit mitgeteilt.
Fox: Wir sprachen darüber mit der Botschaft.
Fidel: Ja, und wie stets danke ich dir für dieses Entgegenkommen, diese Ehre, wenn du dorthin kommst. Ich glaube, das würde sehr helfen...
Fox: Du begleitest mich zum Essen und von dort kehrst du zurück.
Fidel: Ab da erfülle ich Ihre Befehle: ich kehre zurück.
Fox: Fidel, ich danke dir vielmals.
Fidel: Gut, Präsident.
Fox: So werden unsere Sachen gelingen.
Fidel: Ich denke schon, und ich bedanke mich bei Ihnen...
Fox: Gut, ich ebenfalls und gute Nacht.
Fidel: ...für Ihr Entgegenkommen und Ihre Suche nach einer ehrenvollen und akzeptieren Lösung.
Fox: Ja, ich glaube, man kann sie als solche betrachten und ich danke dir dafür.
Fidel: Sehr gut, sehr gut; ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Fox: Gute Nacht.
Fidel: Gute Nacht.
Der Herr Präsident von Mexiko hatte das letzte Wort gesprochen. Es war mein unbestreitbares Recht, an dieser nicht von Herrn Bush, sondern von den Vereinten Nationen einberufenen Konferenz teilzunehmen. Doch gegen den ausdrücklichen Willen des Präsidenten des Gastgeberlandes konnte ich doch nicht nach Monterrey reisen; ich mußte mich damit abfinden, die mir zustehenden sechs Minuten zu benutzen und nach dem Mittagessen oder früher wieder abreisen, wenn es mir gelang, die Nummer 30 in der Rednerliste gegen eine niedrigere auszutauschen. Sie war mir durch Auslosung zugefallen, denn neben anderen Gründen hatte ich meine Anwesenheit nicht im voraus gewährleisten können, um eine sofortige Mobilmachung der Horde der bereits erwähnten Terroristen und Killer zu vermeiden, die von US-amerikanischem Territoriums aus organisiert und bezahlt werden, um mich, immer wenn ich zu einem internationalen Treffen reise, physisch zu eliminieren.
Ich muß hinzufügen, daß bei meiner Ankunft in Monterrey kein Herr Fox auf dem Flughafen erschien, wie er, ohne daß ich ihn darum gebeten hätte, versprochen hatte. Nicht einmal per Telefon gab es eine Anstandsbegrüßung. Das bekümmerte mich nicht im geringsten. Ich hänge absolut nicht an Etikette und Höflichkeitsformeln.
Dagegen genoß ich einen ganz besonderen Trost. Zur gleichen Zeit, da man mir befahl, unmittelbar nach dem Mittagessen abzureisen, wurde mir zweimal mitgeteilt, daß ich die immense Ehre haben werde, während des irdischen Genusses eines leckeren Lamms an seiner Seite zu sitzen.
Nun konnte ich mich von dem Gipfeltreffen jedoch nicht ohne eine mindeste Erklärung zurückziehen. Ich habe so etwas bei noch keinem Treffen getan. Der Herr Präsident der Vereinigten Staaten könnte meinen, Kuba habe Angst davor, mit erhobenem Haupt vor seiner mächtigen und erhabenen Erscheinung zu sitzen. Auf dem Gipfeltreffen 1992 in Rio de Janeiro zeigte sein Vater die löbliche – weil ungewöhnliche – Geste, den Saal mit Vorbedacht einige Minuten vor meiner Rede zu betreten, meinen Worten ruhig zuzuhören und am Schluß zu applaudieren, sowohl er als auch seine Delegation. Ein altes Sprichwort besagt, daß Höflichkeit eine Zier ist. Niemand in unserem Land, in Mexiko oder anderswo hätte ein so seltsames Verlassen des Treffens verstanden. Zur Erklärung sagte ich lediglich drei Zeilen:
„Ich bitte alle, mich zu entschuldigen dafür, daß ich sie nicht weiter begleiten kann aufgrund einer besonderen Situation, die durch meine Teilnahme an diesem Gipfeltreffen entstanden ist, und ich mich gezwungen sehe, unmittelbar in mein Land zurückzukehren.“
Weniger konnte ich nicht sagen, und rücksichtsvoller konnte es nicht sein. Ich vergaß das Lamm vollkommen. Ich verließ den Saal und sprach einige Minuten mit dem Präsidenten Kolumbiens über die Friedensbemühungen in jenem Land. Dann begab ich mich zur Verabschiedung zum Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen, der logischerweise von unserem Botschafter in dieser Institution am Vortage über die Vorkommnisse informiert worden war. Bei ihm erwarteten mich in offensichtlich solidarischer Haltung der Präsident von Nigeria Olusegun Obasanjo und der Präsident von Südafrika, Thabo Mbeki. Ich gehe; fahre mit einer Rolltreppe hinunter. Hier, auf den Innenbalkonen und den Seitenbereichen warteten zahlreiche mexikanische Angestellte, Mitarbeiter der Vereinten Nationen und Konferenzteilnehmer anderer Länder und applaudierten in solidarischer Geste. Ein Schwarm Journalisten bewegte sich aufgeregt. Sie schossen Fotos, filmten und warteten auf eine Erklärung. Ich äußerte kein Wort. So verließ ich das Gebäude.
Ich hatte keine unlösbare Komplikation zurückgelassen. Meine letzten Worte nach der Erklärung waren:
„An der Spitze der Delegation Kubas bleibt Genosse Ricardo Alarcón de Quesada, Präsident der Nationalversammlung der Volksmacht und unermüdlicher Kämpfer der Verteidigung der Rechte der Dritten Welt. Auf ihn übertrage ich die mir bei diesem Treffen als Staatschef zustehenden Vorrechte.
Ich erwarte, daß ihm zu keiner der offiziellen Aktivitäten, auf deren Teilnahme er als Leiter der kubanischen Delegation und Präsident des obersten Organs der Staatsmacht Kubas ein Recht hat, der Zutritt verwehrt wird.“
Damit wurde den Gastgebern eine recht einfache Lösung in die Hand gegeben. Ein Akzeptieren der Präsenz von Ricardo Alarcón, Leiter der Delegation bei den offiziellen Beratungen des Gipfeltreffens, und man hätte nicht mehr von dem Zwischenfall gesprochen. Nur ein Minimum an Vision und gesundem Menschenverstand war vonnöten. Nun weiß ich nicht, war es Hochmut, Arroganz und Abenteuergeist des Hofberaters des Präsidenten Fox oder war es die Präpotenz von Bush, was diesen anständigen Ausweg nicht zustande kommen ließ.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch einen leeren Magen. Ich begab mich in das kleine Hotel, wo ich untergebracht war. Ich hatte Hugo Chávez zum Mittagessen dorthin eingeladen; ein herzlicher Freund, dessen Rede auch gewagt war und von dem erlauchten mexikanischen Gastgeber unterbrochen wurde, als er im Namen der Gruppe der 77 und dem seines eigenen Landes sprach. Das brüderliche und gelockerte Treffen zog sich über Stunden hin, wobei über verschiedene Themen gesprochen wurde, drei Wochen vor dem gescheiterten faschistischen Putsch gegen die bolivarianische Revolution. Das Mittagessen war nicht üppig, aber doch wohlschmeckend. Es gab mexikanische Omeletts, übergebratenen Bohnen und andere traditionelle Speisen des Bruderlandes, die ich köstlicher fand als jedes Lamm.
Vergessen hatte ich die Uhrzeit und den dringenden Befehl, nach dem Mittagessen schnellstens abzureisen. Währenddessen wartete Bush seit Stunden ungeduldig in El Paso – an der heutigen Grenze der Vereinigten Staaten zu Mexiko, die es seit der Invasion von 1846 ist, als sie dem Land mehr als die Hälfte seines Territoriums entrissen – auf die Mitteilung, daß der so ungelegen erschienene Teilnehmer Mexiko verlassen hat. Keinem der Protokollbeauftragten kam es in den Sinn, den disziplinierten und folgsamen, wenngleich vergeßlichen, Gast zu stören – oder sie wollten es nicht -, der dann schließlich und endlich Monterrey um 17.00 Uhr verließ. Bush, des Wartens müde, hatte allem Anschein nach die Starterlaubnis erhalten oder es eigens entschieden, da er ansonsten riskierte, sich zum Abendessen zu verspäten.
Jemand hatte sein Flugzeug neben die alte IL-62 der Cubana gefahren. Als er in seinem Wagen vorbeifuhr, grüßte er mit freundschaftlicher Geste die kubanische Besatzung, die mich oben an der Gangway bereits erwartete. Ich selbst, von all dem nichts wissend, verabschiede mich von Chávez, steige in den Wagen und begebe mich mit meiner kleinen Fahrzeugkolonne zum Flughafen. Wir passierten die Unterführung der zum Flughafen führenden Straße und fuhren auf diese auf, nachdem der Schwanz der enormen Fahrzeugkolonne Bushs passiert war. Letztendlich befanden wir uns beide in Monterrey nur wenige Meter voneinander entfernt. Strahlend und schön war der Nachmittag, als unsere Maschine startete.
In der Konferenzstadt blieb unsere Delegation mit dem Präsidenten unserer Nationalversammlung an der Spitze, begleitet von unserem Minister für Auswärtige Angelegenheiten. Der Logik zufolge hätte es keine weiteren Probleme geben dürfen. Würde Ricardo Alarcón von Aktivitäten des Gipfeltreffens ausgeschlossen werden? Wird er Zutritt haben zu dem Empfang am Tag nach der Rede des erlauchten Präsidenten der Vereinigten Staaten, bei der dieser „äußerst demokratisch“ und ohne jegliche Unterbrechung die allen anderen auf der Konferenz als Delegationsleiter anwesenden Sterblichen zugewiesene Zeit verdoppeln würde? Obwohl uns ein derartiger Ausschluß absurd, plump und unwahrscheinlich erschien, hatte ich sie angewiesen, in diesem Falle die Wahrheit darzulegen, ohne dazu jedoch den Inhalt des Telefongespräches zwischen Fox und mir zu benutzen, ja dieses nicht einmal zu erwähnen, dessen persönlichen Charakter ich um jeden Preis beibehalten und das ich dem Archiv der Revolution übergeben wollte.
Ein schlechtes Omen war, daß sich Herr Castañeda an jenem Nachmittag beeilte zu behaupten, Protokoll sei nun einmal Protokoll und es werde nicht verletzt werden, wobei er wie immer mit Vorwänden intrigierte, um die mit der Regierung der Vereinigten Staaten eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten und die Wahrheit zu verbergen. Einige Minuten vor Beginn wurde Genossen Alarcón mitgeteilt, er habe keinerlei Zutritt. So wie beschlossen, erklärte der Leiter unserer Delegation auf zahlreichen Pressekonferenzen die wahre Ursache meiner Abwesenheit. Unter anderem führte er aus:
„In seinem Pressegespräch äußerte Kanzler Castañeda gestern mehrfach, es habe keinerlei Bemühungen seitens irgendeines berechtigten Beamten gegeben, um der Teilnahme Kubas Vorbehalte entgegenzusetzen und legte mehrmals nahe, Kuba selbst sollte die Vorkommnisse erklären, da ihm die Gründe unbekannt seien. Ich muß sagen, daß seine Erklärungen im wesentlichen falsch sind.“
Er fügte hinzu:
„Nicht nur berechtigte Beamte, sondern – ich würde sagen – sehr stark berechtigte Personen der Regierung Mexikos berichteten uns vor der Konferenz, welchem Druck sie seitens der Regierung der Vereinigten Staaten ausgesetzt waren, um Kuba von der Konferenz fernzuhalten und speziell zu erreichen, daß die Delegation nicht vom Vorsitzenden des Staatsrates, dem Genossen Fidel Castro geleitet wird.
Castañeda weiß, daß wir es wissen und daß eine Erklärung für uns einfach gewesen wäre; doch wenn wir es bislang nicht getan haben, dann deshalb, weil wir konstruktiv sein und die mexikanischen Behörden davon überzeugen wollten, daß es für alle das Beste sei, eine ehrenvolle geeignete Lösung zu finden, was nun bereits unmöglich ist, denn es hat eine Sitzung stattgefunden, bei der eine Delegation willkürlich und ungesetzlich exkludiert wurde – sie wurde nicht eingeladen – nämlich die Delegation Kubas.
Es heißt, die Regeln der Vereinten Nationen seien andere als die des Gastgeberlandes. Das stimmt nicht ganz. Ich bin kein Staatschef, doch in Monterrey bin ich die einzige Person, der der Staatschef seine Vertretung übertragen hat; und er ist der einzige Staatschef, der in Monterrey willkürlich von der Abschlußveranstaltung ausgeschlossen wurde.
Es stimmt nicht, daß Kuba durch seinen Staatschef hätte vertreten werden können, denn dieser wurde sehr deutlich, sehr kategorisch gebeten, er möge doch Mexiko so früh wie möglich verlassen.“
Für das Podiumsgespräch des kubanischen Fernsehens am Nachmittag des 22. März äußerte unser Außenminister in seiner telefonischen Ansprache:
„Kuba wußte von dem vor der Konferenz durch Präsident Bush auf die mexikanische Regierung ausgeübten Druck. Präsident Bush drohte mit Nichterscheinen zum Gipfeltreffen, falls Genosse Fidel anwesend wäre.
Das durch Resolution der UN-Vollversammlung gegründete Vorbereitungskomitee hatte die Einladung ergehen lassen – das Schreiben der beiden Botschafter, das eben bekannt gegeben wurde – und danach erfolgte die offizielle Einladung durch Präsidenten Fox.
Danach wurde Genosse Fidel ersucht, nicht am Gipfel teilzunehmen, wie es doch sein Recht als Staatsoberhaupt eines Mitgliedslandes der Vereinten Nationen war und ihm bereits die Einladung des Vorbereitungskomitees der Vereinten Nationen zur Teilnahme an einer Konferenz zugegangen war, an deren Einberufung Kuba eine bedeutende Rolle gespielt hatte.
Das ist die historische Wahrheit. Er wurde ersucht, nicht teilzunehmen, und die Bitte wurde – wie wir bereits sagten – von einer in der Regierung Mexikos sehr ermächtigten Person an ihn gerichtet, was sich aus ihrer Größenordnung ergibt. Er wurde gebeten, nicht zu kommen; und angesichts der unerschütterlichen Haltung Fidels, der das Recht Kubas auf souveräne Präsenz auf diesem Treffen verteidigte, wurde er gebeten, lediglich am Donnerstagvormittag zu erscheinen und sich unmittelbar nach dem vom Gouverneur des Staates gegebenen Mittagessen zurückzuziehen.
Genosse Fidel hatte das Bedürfnis und die Pflicht, den Konferenzteilnehmern den eigentlichen Grund zu erklären, warum er dort nicht bleiben durfte – und er tat dies sorgfältig und taktvoll. Hierbei stellte er einen Antrag, dem entsprochen werden konnte und der logisch war, nämlich daß Genosse Alarcón, Präsident unserer Nationalversammlung, an den weiteren Aktivitäten der Konferenz teilnehmen sollte.
Es hat in der Tat einen Mangel an Verständnis für diese Argumentation gegeben und einen Mangel an Akzeptanz für diese angemessene Beantragung.“
Castañeda seinerseits dementierte frenetisch die Worte von Alarcón und Felipe.
Auf einer Pressekonferenz am 21. März gab Castañeda auf die Frage eines Journalisten, ob die Regierung Mexikos die kubanische Regierung ersucht oder ihr nahegelegt habe, der kubanische Präsident möge seine Agenda so einrichten, daß er nicht mit Präsidenten Bush zusammentrifft, folgende Antwort:
„Kein ermächtigter Beamter der Regierung Mexikos hat jemals weder dieses noch ein Anliegen anderer Art, das diesem ähnlich sein könnte, vor der Regierung Kubas, den kubanischen Behörden vorgetragen.“
Angesichts der Beharrlichkeit der Presse antwortete Castañeda:
„Es hat keinen Druck, Beeinflussung, Betreibung, Ersuchen, Anraten, Anspielung gegeben. Hätte ich mein Wörterbuch der Synonyme bei mir, würde ich in der Aufzählung fortfahren, doch so aus dem Gedächtnis fallen mir vielleicht nicht mehr viele ein; nun Blanche, sollte Ihnen noch eine Vokabel einfallen, so sagen Sie sie mir, und Sie erhalten von mir die gleiche Antwort.
Im Fernsehprogramm „Zona abierta“ wiederholte Castañeda:
„Kein mexikanischer Beamter hat jemals auf Fidel Castro Druck ausgeübt, früher als vorgesehen wieder abzureisen.“
Hinsichtlich des Druckes zum Ausschluß von Castro erklärte Herr Fox auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bush am 22. März: „Es hat keinen Druck gegeben. Herr Fidel Castro hat Mexiko, hat die UN-Konferenz besucht; er war hier, hat teilgenommen und ist nach Kuba zurückgekehrt. Weiter gab es nichts. So einfach war es.“
Bei einem Joaquín López Dóriga gewährten und in der Zeitung „La Jornada“ veröffentlichten Interview antwortete Fox auf die Frage, ob es stimme, daß Fidel Castro abgereist sei, weil erstens seine (Fox‘) Regierung gesagt habe, er solle nicht kommen und weil er ihm zweitens, als er hier war, gesagt habe, er solle abreisen: „Nein, soweit mir bekannt ist, absolut nicht. Es wäre interessant, angebracht, woher diese Sache stammt. Ich glaube, Fidel Castro besitzt Reife genug; er regiert seit so vielen Jahren, und ich glaube nicht, daß irgendeine Sache wie diese seine Freiheit und seinem Willen hemmen könnte. Castro war hier in Monterrey, hat am Kongreß, an der Tagung der Konferenz der Vereinten Nationen teilgenommen und dann entschieden abzureisen. Niemand hat ihn dazu gezwungen.“
In Erklärungen im mexikanischen Fernsehen antwortete er am 24. März auf die Frage, was mit mir geschehen sei: „Ebenso kurzfristig wie der Bescheid über seine Ankunft und seine Ankunft selbst – er war in den Nachtstunden des Vortages gekommen – war seine Abreise. Er war schlicht und einfach gekommen, hat seine Rede gehalten, war auf dem Flughafen mit aller Zuvorkommenheit empfangen worden, wie alle anderen auch habe ich ihn bei seiner Ankunft begrüßt, ich habe mich von ihm verabschiedet, und er ist abgereist. Ganz einfach. Was gibt es? Was verbirgt sich dahinter? Ich verstehe es nicht.“
Bush seinerseits behauptete scheinheilig, es habe seitens der Vereinigten Staaten keinerlei Druck auf Mexiko gegeben.
Alle lugten wie gedruckt.
Hätte Castañeda das Wörterbuch der Synonyme dort aufgeschlagen, wo es sein sollte, dann hätte er gefunden, daß lügen von gleicher oder ähnlicher Bedeutung ist wie betrügen, schwindeln, vortäuschen, verwirren, einfädeln, die Unwahrheit sagen, phantasieren, fälschen, vorspielen, simulieren, faseln, verfälschen, übers Ohr hauen, verbergen, spotten, prellen, berücken, an der Nase herumführen usw. usw.
Die Glaubwürdigkeit unseres Landes war in Zweifel gezogen worden. Einer Umfrage zufolge waren fast die Hälfte der Mexikaner dazu gebracht worden, der Wahrheitsliebe Kubas zu mißtrauen.
Im Leitartikel von Granma am 26. März heißt es: „Kuba besitzt unwiderlegbare Beweise des gesamten Geschehens, die jeden Zweifel vom Tisch fegen würden. Kuba hat vorgezogen, keinen Gebrauch davon zu machen, denn es möchte Mexiko nicht schaden, möchte dessen Prestige nicht verletzen, und nicht im geringsten möchte es eine politische Destabilisierung in diesem Bruderland.
(...)
Der Ehre Mexikos halber ist diesen Beleidigungen und Aggressionen des kubanischen Volkes in irgendeiner Weise ein Ende zu setzen. Man zwinge Kuba nicht, seine Beweise vorzulegen.“
Der Leitartikel schließt mit der Behauptung:
„Wir erbitten nichts anderes, als daß die gegen Kuba geschleuderten Provokationen, Beleidigungen, Lügen und makabren Pläne des Herrn Castañeda aufhören. Andernfalls bliebe uns keine andere Alternative als das zu verbreiten, was wir nicht verbreiten wollten, und seine falschen und zynischen Äußerungen zu Staub zu machen; koste es, was es wolle. Niemand zweifle daran!“
Es wurde der Begriff Destabilisierung benutzt, da der waghalsige mexikanische Kanzler keinen Geringeren als den Präsidenten Mexikos in seine Niedertracht und Tücke mit hineingezogen hat. Unsere Beweise konnten nicht angeführt werden, ohne daß er nicht darin verwickelt worden wäre. Das bewirkte bei ihnen vielleicht den irrtümlichen Glauben, wir würden den Schlag hinnehmen, ohne die Büchse der Pandora zu öffnen. Ein blockiertes Land von dem Riesen, der heute so viel Angst einflößt und die Welt mit seinen Raketen und Bombenabwürfen bedroht, dessen arbiträre Regierungen außerdem unser Land auf zynische und verleumderische Weise zu jenen Ländern zählen, die den Terrorismus unterstützen, dieses Land also konnte sich doch nicht zu derartigem erdreisten.
Jedoch nicht einmal so wünschten wir, unsere Beweise ans Licht zu bringen. Wir bewahrten Schweigen bis zu einem über Ethik und Wahrheit fast hinausgehenden Punkt. Doch der Tropfen, der das Glas zum Überlaufen brachte, der fehlte noch.
Am Mittwoch, den 10. April präsentierte der übernächtigte und verworfene Uruguay präsidierende Judas in der unrühmlichen Handlangerrolle, die bislang die Tschechische Republik übernommen hatte, vor der Kommission für Menschenrechte das Machwerk gegen Kuba, konzipiert und geschmiedet von Kanzler Castañeda mit Washington.
Noch etwas nebenbei bemerkt. Man drohte uns sogar mit dem Bruch der diplomatischen Beziehungen; eine Regierung, in der ein Mörderminister für Gesundheitswesen den Tod von Kindern zuließ, um ganz einfach keinen Impfstoff aus Kuba zu beziehen, dem einzigen Land, das ihn mit den adäquaten Merkmalen produzierte, wie das französische Pasteur-Institut auf eine Anfrage Uruguays hin informierte. Nun stehen wir vor diesen Drohungen und brauchen nur noch zu fragen, worauf sie warten, um diese wahr zu machen.
Das wird nicht verhindern, daß unser Impfstoff dorthin gelangt, denn es bestand fast schon Bedarf einer neuen Sendung und so startete noch am gleichen Tag um 15.00 Uhr, an dem jenes infame Antikubaprojekt von der Regierung Uruguays in Genf eingereicht wurde, ein kubanisches Flugzeug nach Uruguay mit 200 000 von Kuba gespendeten Einheiten Impfstoff an Bord. In der Tat waren wir sehr empört, als es zum ersten Ausbrechen der Krankheit kam, der hätte vorgebeugt werden können; als man erfuhr, was geschehen war. Dem Volk Uruguays sagten wir, daß wir bereit seien, den Impfstoff zu spenden. Zu dem damaligen Zeitpunkt – Ende Dezember vorigen Jahres – benötigten sie 71 000 Einheiten. Etwas mehr; wir nahmen unsere Impfstoffreserven in Anspruch und sandten die gesamte benötigte Menge. Das war also vor knapp 15 Wochen, als im Landesinneren die Krankheit ausbrach. Vor kurzem wurde ein Herd in der Hauptstadt festgestellt. Wir schickten sofort, am 7. April, 200 000 Einheiten, die bereits produziert worden waren. Sogar die Transportkosten übernahmen wir. Danach kamen Diskussionen auf, denn sie wollen ableugnen, daß es sich um eine Spende handelt und wollen es auf jeden Fall von Altschulden abziehen.
Ja, wir haben Schulden von früher her. Sie sind nicht sehr hoch und nicht etwas, dem wir heute in einer mehr oder minder längeren Zeitspanne nicht nachkommen könnten. Zu dieser unterbliebenen Zahlung kommt es, als die Spezialperiode einsetzt, das sozialistische Lager und die UdSSR zusammengebrochen war und als die Regierung der Vereinigten Staaten, der Verbündete oder eher noch der Gebieter der Regierung Uruguays die Blockade verschärft. Elf Millionen Kubaner sind Zeuge dessen, was es bedeutet hat.
Wir haben gesagt, daß wir bereit sind, diese Schulden zu diskutieren, wann es ihnen beliebt, doch daß wir nicht wünschen, daß diese Spende nicht als solche sondern als eine Bezahlung von Schulden betrachtet wird; und niemand kann uns dazu zwingen. Keinerlei Schulden würden wir jemals mit unserer Reserve an Impfstoff begleichen, während wir sie aufstockten.
Das ist keine Erfindung. Es gibt eine der Welt bekannte Tradition unseres Landes und unserer Politik. Wir haben nichts im Sinn weder mit Lügen noch Demagogien jeglicher Art; und mit gutem Recht lehnen wir ab, daß unsere Spende geschmäht wird. Es ist in der Tat ein menschliches Elend. Ich kann nur sagen, auch wenn sie die Beziehungen abbrechen, wird der restliche Impfstoff – vielleicht 800 000 Einheiten – pünktlich dort eintreffen; es sei denn, sie wollen nicht, daß das Flugzeug dort landet; denn in der Nacht vom 21. Zum 22. April gelangten nach Montevideo um 24.00 Uhr, also einige Stunden nach dem Dolchstoß in Genf, die 200 000 Einheiten der dritten Impfstoffsendung, und alle anderen werden auch bereit sein.
Über ein integrales Gesundheitsprogramm leisten 2600 kubanische Ärzte kostenfreie Gesundheitshilfe als Unterstützung Kubas für Länder der Dritten Welt. Ich werde sie nicht aufzählen; doch das ist keine Begleichung irgendwelcher Schulden, noch nimmt unser Volk Rache für all das, was man Kuba in den ersten Jahren der Revolution angetan hat, als sich die lateinamerikanischen Regierungen den Vereinigten Staaten auslieferten mit Ausnahme Mexikos, das jetzt eine so schrecklich schmerzhafte Rolle an der Spitze eines weiteren großen Verrats an Kuba übernommen hat, Verrat wie in jenen traurigen und beschämenden Jahren der Feigheit und Auslieferung. Die Vereinigten Staaten verteilten auf sie unsere annähernd vier Millionen Tonnen betragende Zuckerquote, für die ein Differentialpreis bestand. Dieses Mal gab es glücklicherweise einige, die sich nicht der heimtückischen Verschwörung anschlossen. Diese ganze Geschichte muß ins Gedächtnis gerufen werden und auch, daß wir unsere Schuld nicht mit unserem Blut bezahlen. Mit unserem Blut bezahlen wir ausschließlich die Schuld, die wir der Menschheit gegenüber haben! Unsere elementaren Pflichten der Solidarität mit anderen Völkern.
Die Politik der uruguayischen Regierung ist niederträchtig und erbärmlich. Kuba ist nicht zu bedrohen, es ist durch niemanden zu bedrohen! Es hat 43 Jahre vom Giganten bedroht gelebt, der heute dreimal stärker ist als damals. Mit unserer Würde, unserem Ehrgefühl und unserem Bewußtsein, womit einzig und allein das Überleben unseres Landes und seiner Revolution erklärt werden kann, haben wir dem standgehalten und werden es weiterhin tun.
Man entschuldige mich für diese Einschaltung.
Am 15. April veröffentlicht das Amt des Präsidenten von Mexiko ein Offizielles Kommuniqué mit der Information, daß Mexiko für das von Uruguay präsentierte Projekt stimmen wird.
Uns war diese Entscheidung einige Tage im voraus bekannt. Sie entsprach einer Übereinkunft mit den Vereinigten Staaten.
Das Groteskeste war, daß man uns sogar bestechen und unser Schweigen zu den Vorkommnissen in Monterrey erkaufen wollte. Während der dramatischen Ereignisse in Venezuela, als das Leben von Hugo Chávez in Gefahr war und alles erledigt schien, übermittelte der Botschafter Mexikos in Kuba, dem ich keine Schuld zuschreibe, am 13. April – ungefähr 38 Stunden vor dem offiziellen Kommuniqué des 15. April – eine Botschaft der mexikanischen Regierung mit dem Versprechen, Petróleos Mexicanos könne die ausbleibenden venezolanischen Lieferungen von PDVSA übernehmen.
Wir waren angewidert von dieser schamlosen Machenschaft des Betruges, mit der man unseren Protest gegen die für Genf geplante Ruchlosigkeit abschwächen wollte. Die Regierung Mexikos ist stets dagegen gewesen, daß Kuba aus Beschlüssen wie denen von San José und anderen irgend einen Nutzen hat. Wir haben uns lediglich kalt bedankt und nicht das geringste Interesse an diesem heuchlerischen Angebot gezeigt.
Das sowohl von Castañeda als auch von Präsident Fox während ihres Kubabesuches gegebene Versprechen, keine Schirmherrschaft, noch Förderung oder Unterstützung einer Resolution gegen Kuba zu übernehmen, war schändlich verraten worden.
Es kann schon sein, daß einige, die mir zuhören, sagen: Nun gut, alles ist offenbar logisch und einleuchtend erklärt; doch wer garantiert, daß Castro, sich als Nacheiferer Shakespeares betrachtend, dieses Drama nicht erfunden hat? Jene, die so denken, bitte ich, sich ein paar Minuten lang die Aufnahme des Gespräches anzuhören, die den präzisen Wortlaut enthält mit meiner Stimme und Betonung sowie der von Fox.
Den Anwesenden dieser Konferenz steht es frei, sofern der Wunsch besteht, sofort Fox und Castañeda anzurufen; sie zu fragen, ob dieses Gespräch am 19. März zwischen ungefähr 11.30 Uhr und 11.50 Uhr stattgefunden hat, ob sie es so bestätigen und ob dieser Wortlaut exakt ist oder nicht. Sollte bewiesen werden, daß dieses Gespräch nie stattgefunden hat und daß diese nicht die Worte von Präsident Fox sind, dann verpflichte ich mich, sofort alle meine Ämter und Verantwortlichkeiten als Oberhaupt des kubanischen Staates und der Revolution niederzulegen. Ich wäre nicht imstande, dieses Land weiterhin ehrenhaft zu lenken.
Demgegenüber sähe ich es gern, wenn die Autoren so vieler Lügen und des kolossalen Schwindels, mit dem sie das mexikanische Volk und die Weltöffentlichkeit zu manipulieren und zu betrügen trachteten, fähig wären, im gleichen Sinne von Würde und Ehre zu reagieren.
Die Völker sind keine nicht ernst zu nehmenden Massen, die ohne jegliche Ethik, Ehrbarkeit und Respekt betrogen und regiert werden können.
Es kann wegen der Äußerung dieser Wahrheiten zum Bruch der diplomatischen Beziehungen kommen, doch die brüderlichen und historischen Bande zwischen den Völkern Mexikos und Kubas werden ewig bestehen.
22. April 2002
(OVATIONEN)