Ansprache des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Präsident des Staatsrates und des Ministerrates der Republik Kuba, auf der Offenen Tribüne der Revolution auf dem Platz Plaza Batalla von Guisa, Granma, am 25. November 2000
Mitbürger aus Guisa, aus Granma und aus ganz Kuba:
Nicht einmal wir selbst bemerkten das Ausmaß der Kühnheit, mit der wir uns in diese Schlacht verwickelt sahen, die hier zwischen dem 20. und 30. November vor bereits zweiundvierzig Jahren geschlagen wurde. Nur 13 Kilometer Asphaltstraße trennten uns von Bayamo, daß damals der Hauptstützpunkt für die Operationen der feindlichen Armee war. Einhundertachtzig neu angeworbene Kämpfer, fast alles Jugendliche, die gerade erst aus unserer Rekrutenschule kamen, forderten 5 000 Männer der feindlichen Elitetruppen heraus.
Während jener unvergeßlichen Tage griff die Luftwaffe unaufhörlich vom Morgengrauen bis in die Nacht an. Unsere Truppen, die in kleine Einheiten aufgeteilt waren, besetzten ihre Positionen in einem breiten Raum, die meisten davon in der Hauptrichtung Bayamo-Guisa. Eine nach der anderen fielen die Nachschubkräfte, die versuchten, die in der kleinen Stadt eingekreiste Kompanie zu befreien, in Hinterhalte. Die Nachschubkräfte blieben gleichzeitig isoliert und wurden von der Nachhut angegriffen, und in bestimmten Augenblicken liefen unsere Positionen Gefahr, durch eine unwiderstehliche Bewegung der feindlichen Truppen, die sich in der überwiegenden Mehrzahl befanden, umzingelt zu werden. Ein komplettes Bataillon, das bei einem zweiten Versuch zur Unterstützung der Garnison in Guisa mit 14 Lastwagen und zwei leichten Panzern zur Vorhut aufrückte, wurde vollständig eingeschlossen. Einer mächtigen Kolonne, die vom Obersten Befehlsstab mit starker Luftunterstützung und schweren Panzern geschickt worden war, gelang es, das eingeschlossene Bataillon nach mehr als dreißig Stunden pausenlosen Kampfes mit zahlreichen Verlusten zu befreien. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Anzahl unserer Kämpfer bereits etwa 250 Mann, die die erbeuteten Waffen hinzu bekommen hatten. In unserem Besitz verblieben 14 Lastwagen, einer der zwei Panzer und mehr als 30 000 Gewehrkugeln, zu einem Zeitpunkt, als unser Waffenbestand, der gewöhnlich nur in geringen Mengen genutzt wurde, schon in gefährlicher Weise auszudünnen begann.
Diese Anhöhe wurde entscheidend, um das Eindringen der feindlichen Nachschubkräfte zu verhindern. Sie wurde von nicht mehr als dreißig Männern verteidigt und unaufhörlich bombardiert. Dreimal gaben sie ihre Verteidiger auf und einige weitere Male war es nötig, sie erneut zu besetzen, und beim letzten Mal wurde sie mit zwei Frauengeschwadern verstärkt, die weder zurückwichen noch ihre Positionen aufgaben, auch dann nicht, als ein direkter Schuß aus der Kanone eines schweren Panzers ihren mutigen Chef, tötete, den Hauptmann Braulio Coroneaux, der mit dem einzigen Maschinengewehr vom Kaliber 50, über das wir in diesem harten Kampf verfügten, zuverlässig und unschlagbar war.
Am 30. November wurde während des ganzen Tages intensiv gekämpft. Der Feind, der fast alle seine Kräfte zusammengezogen hatte und in einem letzten Versuch, uns von unseren Positionen zu vertreiben, aus allen möglichen Richtungen angriff, zog sich im Abendgrauen vollständig geschlagen nach Bayamo zurück und in dieser selben Nacht wurde Guisa von unseren Truppen eingenommen.
Die Schlacht von Guisa war eines der Geschehnisse, die bewiesen, daß nichts unmöglich war für eine kleine Armee, die mit nur sieben Waffen nach dem äußerst schweren Rückschlag, mit der sie drei Tage nach der Landung der „Granma" für ihre anfängliche Unerfahrenheit bezahlte, wieder aufstand.
Jene Heldentat, der wir heute gedenken, war das Werk von Arbeiter- und Bauernsöhnen und –töchtern, die in ihrer Mehrheit nicht einmal lesen und schreiben konnten. Bei ihrer harten Ausbildung hatten sie keine einzige wirkliche Kugel abgefeuert; ihre gesamten Kenntnisse beim Gebrauch der Zielvorrichtungen ihrer Waffen waren theoretisch und geometrisch. Niemals werde ich aufhören, Stolz, Dankbarkeit und Bewunderung für sie zu fühlen, viele von ihnen befinden sich nicht mehr unter uns! Die Jugendlichen, die sich in unsere Reihen eingliederten, lernten das Kämpfen während des Kampfes und das Siegen während des Siegens.
Heutzutage ist der Kampf unterschiedlich, aber nicht weniger episch; heute besteht unsere unbesiegbare Armee aus Millionen von Männern und Frauen, die über eine hohe politische Kultur verfügen und seit langem lesen und schreiben können. Unser Waffenarsenal in der Schlacht der Ideen, in die wir verwickelt sind, ist unerschöpflich. Wir lernen Geschichte, während wir Geschichte machen; wir kräftigen unsere revolutionären und gerechten Ideen, indem wir die Ideen der Gegner vernichten, und wir festigen unsere Wahrheit, indem wir ihre Lügen zerstören.
Das Ausmaß und den Charakter unseres momentanen Kampfes konnte unser Volk anläßlich des 10. Iberoamerikanischen Gipfeltreffens wahrnehmen. Männer, die verantwortlich waren für abscheuliche Verbrechen und alle von der CIA ausgebildet und über mehr als vierzig Jahre hinweg von den US-Regierungen für die Aktionen gegen Kuba direkt oder indirekt benutzt wurden, bereiteten in Panama ein terroristisches Attentat vor, das einige Delegationsleiter das Leben hätte kosten können und das in seiner grausamsten Variante Hunderte von Universitätsstudenten von den mehr als tausend hätte umbringen können, die sich mit der kubanischen Delegation in der Aula der Universität von Panama trafen. Das scheint der Ort gewesen sein, den sie auswählten, um ihr Massaker durchzuführen.
Man weiß heute ganz genau, daß die Terroristen eine Studie des Gebäudes unternommen hatten, in dem die enthusiastischen und kämpferischen Studenten am Samstag, dem 18. November, in den Abendstunden ein brüderliches Treffen mit uns organisiert hatten. Das war etwas, das wir fast ohne Ausnahme immer machten bei unseren Reisen nach Lateinamerika aus Anlaß der Teilnahme an Treffen der Staats- und Regierungschefs. Die Anzahl und die Sprengkraft der Bomben, die die Terroristen in Panama einschleusten, hätten genügt, um das ganze Gebäude zu zerstören. Diese Sprengkörper wurden zusammen mit den weiteren notwendigen Gebrauchselementen von einigen Komplizen sofort an einem entlegenen Ort auf dem Land versteckt, als die Anführer der Terroristen in dem bequemen Aparthotel, in dem sie wohnten, verhaftet wurden. Es wird keine Möglichkeit geben zu verhindern, daß alle Einzelheiten bekannt werden.
Das Personal des panamaischen Staatssicherheitsdienstes, seine Chefs, Offiziere und weitere Mitarbeiter der ihm zugehörigen Institutionen handelten zu jedem Zeitpunkt mit Mut und Effizienz. Der Plan wurde von ihnen weniger als zwei Stunden nach der angemessenen Anklage und der von unserem Land gelieferten präzisen Information aufgedeckt. Einmal mehr wurde die Ernsthaftigkeit und Wahrhaftigkeit von Kubas Wort unter Beweis gestellt.
Das Ereignis führte beim Gipfeltreffen zu einem harten Wortwechsel, als ein lückenhafter und ausschließender Resolutionsentwurf gegen den Terrorismus vorgelegt wurde, und zwar von dem Präsidenten desjenigen Landes, das die Basis der Vereinigten Staaten für die Konterrevolution in Mittelamerika und der Zufluchtsort des schlimmsten in der Hemisphäre bekannten Terroristen war, der von El Salvador aus unter Verwendung von Söldnern unzählige Verbrechen gegen Kuba und andere Länder der Region organisierte und durchführte. Nachdem er durch die kubanische Anklage in fragranti ertappt und überrascht wurde, reagierte der salvadorianische Präsident mit ungehemmter Hysterie, wobei er behauptete, daß ich ihn als Komplizen der Verschwörung zu meiner Ermordung beschuldigt hätte.
Ich beschuldigte ihn nicht, Komplize des makabren Plans zu sein, sondern ich sagte schlicht und einfach, daß der Anführer der Terroristen in El Salvador wohnte und von dort aus konspirierte und operierte, was die salvadorianische Regierung wußte, tolerierte und verschleierte. Dessen beschuldigte ich ihn sehr wohl, und er kann das nicht leugnen, nicht nur deswegen, weil einige Mitglieder der Regierung des vorherigen Präsidenten Armando Calderón Sol und andere Komplizen und Mitarbeiter von Posada Carriles weiter in seiner Regierung geblieben waren - deren Namen dem Präsidenten Calderón Sol von Seiten Kubas mitgeteilt wurden, worüber er seinen Nachfolger informierte -, sondern auch, weil ich Herrn Flores, dem jetzigen Präsidenten, nach seiner Amtseinführung über einen Sondergesandten die entsprechenden Informationen über das Leben und das Werk, die Aktivitäten und die finsteren Pläne des Terroristen Luis Posada Carriles zukommen ließ. Die besagte Information wurde ihm am 5. Oktober 1999 um 16.00 Uhr übergeben. Er unternahm absolut nichts; vielleicht konnte er aufgrund des Mangels an Autorität und Mut nichts tun. Er log schamlos, als er sich beim Gipfeltreffen die Hände in Unschuld wusch, so als ob er das Opfer einer grausamen Verleumdung sei.
Logischerweise wurde sein scheinheiliger Vortrag über den Terrorismus vorher mit der Regierung Spaniens abgesprochen, einer aufstrebenden europäischen Wirtschaftsmacht in Lateinamerika, die gelegentlich nützlich ist beim Kampf gegen die Gefräßigkeit des Nordens, deren politische Leitung aber eine offensichtliche Neigung zur Präpotenz an den Tag legt. Und diese spanische Regierung wurde sofort unterstützt vom Präsidenten eines gegenüber früher unterschiedlichen Mexikos, das heutzutage von den Interessen, Prinzipien und Verpflichtungen geleitet wird, die vom Freihandelsvertrag mit seinem Nachbarn im Norden aufgezwungen werden. Aufgrund der neoliberalen Affinität oder wegen dem trügerischen Charakter des Themas erhielt der Vorschlag die Unterstützung der anderen Nationen. Fast alle, die dort versammelt waren, hegen – wie man weiß – politische, wirtschaftliche und soziale Ideen, die sich sehr von dem revolutionären und ethischen Denken unseres heldenhaften Volkes unterscheiden. Es gab nicht das geringste Zögern bei der Beibehaltung unserer Position, auch wenn wir bereits vorher wußten, was sie tun würden.
Der auf Einheit bedachte, bolivarianische und ernsthaft revolutionäre Präsident Chávez sah sich in einem bitteren und peinlichen Dilemma gefangen. Seine Majestät, der König Spaniens, ein nobler und Kuba gegenüber immer freundlich eingestellter Mann, war eher konsterniert.
Letztendlich waren alle an diesem Mittag sicherer, weil der furchterregende Terrorist, der alle mit seinen Plänen in Gefahr gebracht hatte, in seine eigene Falle gestürzt war, und zwar dank der Anklage Kubas, das hingegen in einem diskriminierenden und opportunistischen antiterroristischen Resolutionsentwurf von Schutz und Unterstützung ausgeschlossen wurde.
Der wütende und unerfahrene Verursacher des Vorfalls schlug - Friedensfahnen hissend - vor, die Angelegenheit auf bilateraler Ebene zu diskutieren, obwohl die Frage nichts Bilaterales hat. Da - gemäß einem bekannten Refrain - Höflichkeit nichts mit Mut zu tun hat, antworteten wir ihm, daß wir bereit seien, auf dieser Ebene zu diskutieren. Wir werden sehen, auf welche Weise und wofür ein solches Treffen dient.
Wir haben jetzt genügend Arbeit, die unsere Zeit in Anspruch nimmt, unter anderem um zu verhindern, daß ihr „illustrer Gast" und terroristischer Anführer und dessen Spießgesellen mit Hilfe ihrer Freunde aus dem Norden der Justiz entgehen können.
Niemand weiß, was unser immer vereinteres, gebildeteres und stärkeres Volk fähig ist zu erreichen. Wir werden in unserem heldenhaften und würdigen Kampf nicht ruhen. Wir werden alle Ziele erfüllen, die wir in Baraguá schworen. Wir werden die epische Schlacht der Ideen gewinnen. Wie in Guisa werden wir oftmals beweisen, daß nichts unmöglich ist.
Ewiger Ruhm denjenigen, die – als sie fast noch Jugendliche waren – für die Revolution an diesem heiligen Ort des Vaterlandes fielen! (Ausrufe: „Ruhm!)
Wir werden ihrem Gedenken bis zum letzten Atemzug treu bleiben!
Vaterland oder Tod!
Wir werden siegen!
Hier finden Sie chronologisch sortiert Reden und Schriften des kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro Ruz
Samstag, 25. November 2000
Samstag, 18. November 2000
Fidel Castro während der Arbeitssitzung des 10. Iberoamerikanischen Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs in Panama-Stadt am 18. November
Redebeitrag von Dr. Fidel Castro, Präsident des Staatsrates und des Ministerrates der Republik Kuba, während der Arbeitssitzung des 10. Iberoamerikanischen Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs in Panama-Stadt am 18. November
Werte Kollegen:
Ich hatte gestern das Privileg, über die Kinder zu sprechen. Ich dachte deswegen nicht, daß ich hier über das Thema sprechen würde, doch die wichtige Debatte, die hier heute morgen stattgefunden hat, zwingt mich dazu, einige kurze Worte an Sie zu richten. Ich weise auf die Kürze hin, damit niemand erschreckt. (Lachen).
Die neoliberale Globalisierung führt die Welt in eine Katastrophe. Schluß und aus.
Ich teile keine Philosophien und Dogmen irgendeiner Art. Schluß und aus.
Wenn wir hier sprechen, vergessen wir viele Dinge. Wir vergessen, daß es lateinamerikanische und europäische Nationen gibt. Wir vergessen, daß als große Ausnahmen nur einige wenige lateinamerikanische Länder – und wir freuen uns darüber – bestimmte Niveaus der wirtschaftlichen, industriellen und sozialen Entwicklung erreichen, die weit über dem Rest der lateinamerikanischen Länder liegen.
Chile sprach zum Beispiel davon, daß die Zahl der Armen von fünf auf drei Millionen zurückgegangen sei. Und es verdient für diesen Erfolg unsere Anerkennung und unseren Glückwunsch.
Die seriösesten Studien beweisen nichtsdestotrotz, daß im gesamten Lateinamerika die Anzahl der Armen täglich und jährlich anwächst, und daß etwa 50 % Arme und Mittellose sind. Ich beziehe mich hierbei auf die Kinder.
Wir vergessen zum Beispiel, daß die öffentliche Verschuldung Lateinamerikas und der Karibik, die sich 1992 auf 478 Milliarden Dollar belief, heutzutage 750 Milliarden Dollar beträgt.
Wir vergessen, daß es zu diesem kolossalen Anstieg gekommen ist, nachdem in jenem Zeitraum 913 Milliarden Dollar gezahlt worden waren.
Wir vergessen, daß der Internationale Währungsfonds, den wir alle gut kennen, und seine Herren existieren.
Wir vergessen, daß die privaten ausländischen Investitionen, die sich zum Ende des letzten Jahrzehnts auf 115 Milliarden Dollar beliefen, heute – oder im Jahr 1999 – auf 865 Milliarden Dollar angestiegen sind. Und daß von dieser Summe 71 % in den reichen Ländern selbst und nur 29 % in den sogenannten Entwicklungsländern investiert wurden. Von diesen 29 % wurden 45 % in China, 40 % in Lateinamerika und 15 % in Afrika und Asien investiert. Von dieser investierten Gesamtsumme wurden 85 % nicht investiert, um neue Industrieanlagen und Dienstleistungen – und damit Quellen für Beschäftigung und die Schaffung von neuen Reichtümern – zu schaffen, sondern um bestehende Unternehmen und Dienstleistungen zu erwerben. Ein neues Phänomen.
Es gibt keine wirkliche Antwort auf die Bedürfnisse der überwiegenden Mehrheit der Menschen in unseren Nationen.
Sogar in Ländern wie Kuba, das die Ungleichheit bei der Verteilung auf ein Minimum reduziert hat, gibt es Unterschiede, die man spürt. Wenn diese abgrundtief sind und aus der Armut Marginalisierung entsteht, kommt es zur Tragödie. Die Marginalisierung, eine Frucht der enormen Einkommensunterschiede, führt im Bereich der Bildung zu katastrophalen Folgen; es gibt nicht die geringste Gleichheit bei den Perspektiven eines armen Kindes und eines Kindes mit dem unverzichtbaren Minimum an Einkünften, und die Armut betrifft praktisch die Hälfte der Kinder in Lateinamerika und der Karibik. Diese wirkliche Tragödie erfordert eine Antwort.
Ich kann nicht bestreiten, daß auch unter diesen Bedingungen ein Spielraum für das existiert, was man für die Kinder in Lateinamerika machen kann. Dies muß gemacht werden, und hier ist bewiesen worden, daß einige Länder eine besondere Anstrengung in diese Richtung unternehmen. In Kuba, von dessen trotz Blockade und Armut erreichten Fortschritten ich gestern sprach, sind wir nicht zufrieden, denn wir haben begriffen, daß uns noch unermeßlich viel zu tun bleibt. Man kann es machen, und wir werden es tun, unterstützt von den wunderbaren technischen und audiovisuellen Mitteln, über die man heute verfügen kann.
Nebenbei füge ich hinzu, daß wir in unserem Land eine Methode entwickelt haben, um das Lesen und Schreiben mittels Radio beizubringen, eine solche Methode wird in der Republik Haiti getestet, wo man mit 300 Personen begann, und die Ergebnisse sind spektakulär gewesen. Jetzt ist es auf 3 000 Personen ausgeweitet worden, und sie planen, es im ganzen Land durchzuführen. Wir entwickeln das Programm in Kreolisch, welches die Sprache der Haitianer ist. Die Ergebnisse erwecken wirklich Hoffnung. Wenn dies so ist, ist die Chance einer Reduzierung der Zahl der Analphabeten groß, mit einem Minimum an Ressourcen, einem Minimum. Eine zentrale Radiostation überträgt schlicht und einfach diese Kenntnisse.
Ich spreche nicht vom Fernsehen, das ist sehr einfach. Wir weiten die Bildung schrittweise per Fernsehen aus, bis zu einem solchen Extrem, daß praktisch das ganze Land zu einer Universität wird. Ich spreche nicht von Dingen, die noch gemacht werden müssen, sondern von solchen, die bereits gemacht werden, und zwar mit spektakulären Ergebnissen und ausgehend von dem immensen Wissensdurst des Menschen.
Wir führen neben anderen Dingen eine tiefgehende Untersuchung über die Verbindung zwischen Armut, Marginalisierung und Bildung durch. Wir suchen wirklich dort, wo die Quellen oder die Nährböden des Verbrechens sind. Und hier wurden einige sehr interessante Dinge hinsichtlich der Situation – einschließlich des familiären Aspekts – der Jugendlichen gesagt. Darüber haben wir, und sind weiterhin dabei, unzählige Daten zusammengetragen.
Eine Welt eröffnet sich vor unseren Augen, nicht nur in diesem Bereich, sondern auch in vielen anderen. Ohne daß wir reich sind, ermöglicht uns heute das Verfügen über ein reichhaltiges Humankapital, die Frucht des erreichten Bildungsniveaus, Träume zu verwirklichen, die vor Jahren noch als unerreichbare Utopien gegolten hätten, und diese Träume lassen uns Scham fühlen angesichts des Wenigen, was wir bis heute erreicht haben.
Gehen wir von den momentanen Realitäten aus, schreiten wir nicht auf Wolken der Illusionen und Täuschungen; lassen Sie uns in der ungerechten politischen und wirtschaftlichen Ordnung, die der Welt aufgezwungen ist, den realen und hauptsächlichen Grund dafür suchen, daß wir der ersehnten Mittel entbehren, mit denen wir das Schicksal aller unserer Kinder gerne menschlicher machen würden.
Ich danke Ihnen allen, mit Ihren verschiedenartigen, aber interessanten und bemerkenswerten Vorträgen und Kriterien, für die von mir gefühlte tiefgreifende Notwendigkeit, diese Überlegungen zu verfassen.
Ich reihe mich ein in die äußerst gerechtfertigten Glückwünsche für Ihre Majestät, König Juan Carlos, den ich sehr, sehr schätze. Ich hoffe, daß er sich nicht darüber ärgert, daß ich ihm sagte, daß wir zwei übrigblieben. Gott wollte, daß er König ist, und Gott wollte, daß ich am Leben bin.
Danke (Beifall).
Werte Kollegen:
Ich hatte gestern das Privileg, über die Kinder zu sprechen. Ich dachte deswegen nicht, daß ich hier über das Thema sprechen würde, doch die wichtige Debatte, die hier heute morgen stattgefunden hat, zwingt mich dazu, einige kurze Worte an Sie zu richten. Ich weise auf die Kürze hin, damit niemand erschreckt. (Lachen).
Die neoliberale Globalisierung führt die Welt in eine Katastrophe. Schluß und aus.
Ich teile keine Philosophien und Dogmen irgendeiner Art. Schluß und aus.
Wenn wir hier sprechen, vergessen wir viele Dinge. Wir vergessen, daß es lateinamerikanische und europäische Nationen gibt. Wir vergessen, daß als große Ausnahmen nur einige wenige lateinamerikanische Länder – und wir freuen uns darüber – bestimmte Niveaus der wirtschaftlichen, industriellen und sozialen Entwicklung erreichen, die weit über dem Rest der lateinamerikanischen Länder liegen.
Chile sprach zum Beispiel davon, daß die Zahl der Armen von fünf auf drei Millionen zurückgegangen sei. Und es verdient für diesen Erfolg unsere Anerkennung und unseren Glückwunsch.
Die seriösesten Studien beweisen nichtsdestotrotz, daß im gesamten Lateinamerika die Anzahl der Armen täglich und jährlich anwächst, und daß etwa 50 % Arme und Mittellose sind. Ich beziehe mich hierbei auf die Kinder.
Wir vergessen zum Beispiel, daß die öffentliche Verschuldung Lateinamerikas und der Karibik, die sich 1992 auf 478 Milliarden Dollar belief, heutzutage 750 Milliarden Dollar beträgt.
Wir vergessen, daß es zu diesem kolossalen Anstieg gekommen ist, nachdem in jenem Zeitraum 913 Milliarden Dollar gezahlt worden waren.
Wir vergessen, daß der Internationale Währungsfonds, den wir alle gut kennen, und seine Herren existieren.
Wir vergessen, daß die privaten ausländischen Investitionen, die sich zum Ende des letzten Jahrzehnts auf 115 Milliarden Dollar beliefen, heute – oder im Jahr 1999 – auf 865 Milliarden Dollar angestiegen sind. Und daß von dieser Summe 71 % in den reichen Ländern selbst und nur 29 % in den sogenannten Entwicklungsländern investiert wurden. Von diesen 29 % wurden 45 % in China, 40 % in Lateinamerika und 15 % in Afrika und Asien investiert. Von dieser investierten Gesamtsumme wurden 85 % nicht investiert, um neue Industrieanlagen und Dienstleistungen – und damit Quellen für Beschäftigung und die Schaffung von neuen Reichtümern – zu schaffen, sondern um bestehende Unternehmen und Dienstleistungen zu erwerben. Ein neues Phänomen.
Es gibt keine wirkliche Antwort auf die Bedürfnisse der überwiegenden Mehrheit der Menschen in unseren Nationen.
Sogar in Ländern wie Kuba, das die Ungleichheit bei der Verteilung auf ein Minimum reduziert hat, gibt es Unterschiede, die man spürt. Wenn diese abgrundtief sind und aus der Armut Marginalisierung entsteht, kommt es zur Tragödie. Die Marginalisierung, eine Frucht der enormen Einkommensunterschiede, führt im Bereich der Bildung zu katastrophalen Folgen; es gibt nicht die geringste Gleichheit bei den Perspektiven eines armen Kindes und eines Kindes mit dem unverzichtbaren Minimum an Einkünften, und die Armut betrifft praktisch die Hälfte der Kinder in Lateinamerika und der Karibik. Diese wirkliche Tragödie erfordert eine Antwort.
Ich kann nicht bestreiten, daß auch unter diesen Bedingungen ein Spielraum für das existiert, was man für die Kinder in Lateinamerika machen kann. Dies muß gemacht werden, und hier ist bewiesen worden, daß einige Länder eine besondere Anstrengung in diese Richtung unternehmen. In Kuba, von dessen trotz Blockade und Armut erreichten Fortschritten ich gestern sprach, sind wir nicht zufrieden, denn wir haben begriffen, daß uns noch unermeßlich viel zu tun bleibt. Man kann es machen, und wir werden es tun, unterstützt von den wunderbaren technischen und audiovisuellen Mitteln, über die man heute verfügen kann.
Nebenbei füge ich hinzu, daß wir in unserem Land eine Methode entwickelt haben, um das Lesen und Schreiben mittels Radio beizubringen, eine solche Methode wird in der Republik Haiti getestet, wo man mit 300 Personen begann, und die Ergebnisse sind spektakulär gewesen. Jetzt ist es auf 3 000 Personen ausgeweitet worden, und sie planen, es im ganzen Land durchzuführen. Wir entwickeln das Programm in Kreolisch, welches die Sprache der Haitianer ist. Die Ergebnisse erwecken wirklich Hoffnung. Wenn dies so ist, ist die Chance einer Reduzierung der Zahl der Analphabeten groß, mit einem Minimum an Ressourcen, einem Minimum. Eine zentrale Radiostation überträgt schlicht und einfach diese Kenntnisse.
Ich spreche nicht vom Fernsehen, das ist sehr einfach. Wir weiten die Bildung schrittweise per Fernsehen aus, bis zu einem solchen Extrem, daß praktisch das ganze Land zu einer Universität wird. Ich spreche nicht von Dingen, die noch gemacht werden müssen, sondern von solchen, die bereits gemacht werden, und zwar mit spektakulären Ergebnissen und ausgehend von dem immensen Wissensdurst des Menschen.
Wir führen neben anderen Dingen eine tiefgehende Untersuchung über die Verbindung zwischen Armut, Marginalisierung und Bildung durch. Wir suchen wirklich dort, wo die Quellen oder die Nährböden des Verbrechens sind. Und hier wurden einige sehr interessante Dinge hinsichtlich der Situation – einschließlich des familiären Aspekts – der Jugendlichen gesagt. Darüber haben wir, und sind weiterhin dabei, unzählige Daten zusammengetragen.
Eine Welt eröffnet sich vor unseren Augen, nicht nur in diesem Bereich, sondern auch in vielen anderen. Ohne daß wir reich sind, ermöglicht uns heute das Verfügen über ein reichhaltiges Humankapital, die Frucht des erreichten Bildungsniveaus, Träume zu verwirklichen, die vor Jahren noch als unerreichbare Utopien gegolten hätten, und diese Träume lassen uns Scham fühlen angesichts des Wenigen, was wir bis heute erreicht haben.
Gehen wir von den momentanen Realitäten aus, schreiten wir nicht auf Wolken der Illusionen und Täuschungen; lassen Sie uns in der ungerechten politischen und wirtschaftlichen Ordnung, die der Welt aufgezwungen ist, den realen und hauptsächlichen Grund dafür suchen, daß wir der ersehnten Mittel entbehren, mit denen wir das Schicksal aller unserer Kinder gerne menschlicher machen würden.
Ich danke Ihnen allen, mit Ihren verschiedenartigen, aber interessanten und bemerkenswerten Vorträgen und Kriterien, für die von mir gefühlte tiefgreifende Notwendigkeit, diese Überlegungen zu verfassen.
Ich reihe mich ein in die äußerst gerechtfertigten Glückwünsche für Ihre Majestät, König Juan Carlos, den ich sehr, sehr schätze. Ich hoffe, daß er sich nicht darüber ärgert, daß ich ihm sagte, daß wir zwei übrigblieben. Gott wollte, daß er König ist, und Gott wollte, daß ich am Leben bin.
Danke (Beifall).
Freitag, 17. November 2000
Fidel Castro bei der Eröffnung des 10. Iberoamerikanischen Gipfeltreffens im Kongresszentrum Atlapa von Panamastadt
Ansprache des Präsidenten des Staatsrates und des Ministerrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, bei der Eröffnung des 10. Iberoamerikanischen Gipfeltreffens im Kongresszentrum Atlapa von Panamastadt, am 17. November 2000
Exzellenz Frau Mireya Moscoso;
Majestät;
Exzellenzen;
Sehr verehrte Gäste:
Die Initiative, den Satz „Vereint für die Kinder und die Jugendlichen, Grundlage der Gerechtigkeit und Gleichheit im Neuen Jahrtausend" als zentrales Motto dieses Gipfeltreffens anzunehmen, war glücklich. Bereits die Idee für sich allein genommen rechtfertigt dieses wichtige Treffen. Ich beglückwünsche dafür die Präsidentin des Gastgeberlandes, Frau Mireya Moscoso.
Die Situation der Kinder ist nicht in jedem unserer Länder gleich. Trotz der erreichten Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten – zum Teil dank der zum Thema geförderten Initiativen und der hartnäckigen Anstrengungen von UNICEF, WHO und anderen Institutionen der Vereinten Nationen, mit größerer oder geringerer Annahme und Unterstützung durch die jeweiligen nationalen Regierungen und ohne dabei die ungleiche Entwicklung und die Ressourcen jeder Nation zu vergessen – ist die Realität, die die Kinder in Lateinamerika insgesamt durchleben, offensichtlich dramatisch.
Die Zahl der Armen in Lateinamerika und der Karibik erreicht bereits 45 % der Gesamtbevölkerung, das sind 224 Millionen Personen, und von diesen sind 90 Millionen mittellos. Mehr als die Hälfte dieser Armen und Mittellosen sind Kinder und Jugendliche.
Es ist so, wie es der UN-Kinderfonds beschreibt: „Die Kinder sind am meisten von der Armut betroffen. Keine andere Altersgruppe ist so verletzlich. Die Armut verursacht in ihnen physische und psychologische Schäden, die das ganze Leben andauern."
Laut Daten der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation sind schwere Atemwegsinfektionen, Durchfallerkrankungen und Ernährungsdefizite weiterhin drei der hauptsächlichen Todesgründe bei Kindern unter 5 Jahren.
Die durchschnittliche Sterblichkeitsrate bei Kindern unter 5 Jahren in Lateinamerika und der Karibik im Jahr 1998 betrug 39 von 1 000 Lebendgeborenen, was einer Zahl von annähernd einer halben Million verstorbenen Kindern entspricht.
Die schweren Atemwegsinfektionen wie Influenza und Lungenentzündung führen zu einem Drittel der Todesfälle bei Jungen und Mädchen unter 5 Jahren in der Region; etwa 60 % der Kinderarzt-Sprechstunden haben mit diesen Krankheiten zu tun, und ein Großteil der Todesfälle als Ergebnis dieser Infektionen sind mittels einer rechtzeitigen Diagnose und einer angemessenen Behandlung vermeidbar.
Zwischen 20 % und 50 % der Stadtbevölkerung in der Region lebt unter katastrophalen Bedingungen von massiver Überbelegung der Wohnungen, extremer Armut, Gewalt und Marginalisierung; sie haben keinen Zugang zu Basisdiensten wie ärztlicher Grundbetreuung oder sanitären Einrichtungen; in den ländlichen Gebieten verfügen mehr als 60 % der Menschen über keine sanitären Einrichtungen und 50 % haben keine Trinkwasserversorgung. Die Abwesenheit von angemessenen sanitären Einrichtungen, Trinkwasser und ärztlicher Betreuung erhöht die Todesrisiken durch Durchfall, Cholera, Typhus und andere auf verschiedenen Wegen übertragbare Krankheiten um mehr als 40 %.
Die Nahrungs- und Ernährungsdefizite drücken die Abwehrmechanismen der Jungen und Mädchen nieder und machen sie anfälliger gegenüber nicht übertragbaren chronischen Krankheiten. Die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika (CEPAL) schätzt, daß sich im Jahr 2000 etwa 36 % aller Kinder unter 2 Jahren in einer Situation hohen Ernährungsrisikos befinden. In den ländlichen Gebieten betrifft diese Bedrohung einen noch höheren Anteil, und zwar etwa 46 %, aufgrund der im allgemeinen prekären sanitären Bedingungen und der größeren Schwierigkeiten für die Bevölkerung, Zugang zu den öffentlichen Gesundheitseinrichtungen zu bekommen.
In den armen Sektoren der Bevölkerung sind Mangelkrankheiten präsent; einige wie das Defizit an Vitamin A, das einen der Hauptgründe für die Blindheit darstellt, betreffen Millionen Jungen und Mädchen bis zu 5 Jahren in der Region.
Der direkte Preis für die Impfung zur Immunisierung eines Kindes, das jünger als ein Jahr ist, gegen sechs vermeidbare Kinderkrankheiten wie Diphtherie, Masern, Keuchhusten, spinale Kinderlähmung, Tuberkulose und Wundstarrkrampf übersteigt keine 80 US-Cent. Trotzdem versichert die Weltgesundheitsorganisation, daß die Abdeckung mit Impfungen gegen diese Krankheiten bei Kindern bis zum ersten Lebensjahr auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, einschließlich der Vereinigten Staaten und Kanada, zwischen 85 % und 90 % schwankt, weswegen man errechnet, daß in der gesamten Hemisphäre mehr als 15 Millionen Kinder bis zum fünften Lebensjahr nicht gegen diese sechs Krankheiten geimpft sind.
Die durchschnittliche Müttersterblichkeit in Lateinamerika und der Karibik beträgt etwa 200 pro 100 000 Geburten. In den entwickelten Ländern schwanken die Zahlen etwa um 15. Als Ergebnis dessen werden in unserer Region nicht weniger als 50 000 Jungen und Mädchen aus diesem einen Grund zu mutterlosen Waisen. Zusätzlich kommen auf jede verstorbene Mutter Hunderte überlebende Frauen, die aber unter chronischen Problemen als Folge der Unterernährung und der unangemessenen Betreuung während der Schwangerschaft und der Geburt leiden. Millionen von Müttern leiden unter irgendeinem chronischen Gesundheitsproblem als Ergebnis des Fehlens einer angemessenen Betreuung während der Schwangerschaft und der Geburt.
Im Hinblick auf zwei Hauptziffern, die Kindersterblichkeit und die Müttersterblichkeit, sterben pro 1 000 Lebendgeborenen in Lateinamerika und der Karibik jährlich 6,5mal mehr Kinder und 12,6mal mehr Mütter als in den entwickelten Ländern.
Zusätzlich werden 2 Millionen von den jedes Jahr geborenen 12 Millionen Kindern von jugendlichen Müttern in die Welt gesetzt.
Der Aids-Virus HIV verbreitet sich in der Region in gefährlichem Rhythmus und es haben sich laut Angaben der UN-Aidskommission bereits 1,7 Millionen Personen infiziert. Laut UNICEF infizieren sich jedes Jahr 65 000 Kinder, wobei 90 % von ihnen durch ihre eigenen Mütter angesteckt wurden. Bereits 195 000 Kinder sind aus diesem einen Grund zu Waisen geworden. Im Jahr 1999 gab es in Lateinamerika und der Karibik mehr als 78 000 Todesfälle durch AIDS.
Im Bereich der Bildung wird geschätzt, daß 20 % der Jungen und Mädchen zu spät mit der Schule beginnen, 42 % die erste Klasse und 30 % die zweite Klasse wiederholen. Nur 80 % der Jungen und Mädchen in der Region erreichen das vierte und nur 73 % das fünfte Schuljahr. Acht von zehn Schülern besuchen sieben Jahre die Schule, doch der durchschnittliche Schulbesuch beträgt etwa vier Schuljahre.
Die Abdeckung mit Einrichtungen der Vorschulbildung beträgt in der Region im Durchschnitt nur 17 %.
Die Kinderarbeit vermehrt sich wie eine wahrhafte Plage. Etwa 20 Millionen Kinder unter 15 Jahren arbeiten. Mehr als die Hälfte dieser Kinderarbeiter sind Mädchen, und die große Mehrheit verrichtet Arbeiten, die nicht einmal anerkannt sind oder in den offiziellen Statistiken berücksichtigt werden.
Laut der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation ist die Gewalt einer der Hauptgründe für den Tod von Kindern zwischen 5 und 14 Jahren. Obwohl keine exakten Ziffern über Mißhandlungen existieren, weisen verschiedene Studien darauf hin, daß nicht weniger als 6 Millionen heranwachsende Jungen und Mädchen das Ziel von schwerwiegenden Aggressionen sind und daß von diesen jährlich etwa 80 000 als Opfer der Gewalt in ihren eigenen Familien sterben.
Eine 1996 von der Weltkonferenz gegen Sexuelle Ausbeutung durchgeführte Studie deckte auf, daß im Jahr zuvor 47 % der in sieben Ländern der Region sexuell ausgebeuteten Mädchen Opfer von Mißhandlungen und Vergewaltigungen in den eigenen vier Wänden wurden; fast die Hälfte begann zwischen dem 9. und 13. Lebensjahr, sich zu prostituieren, und 50 bis 80 % von ihnen nahmen Drogen.
Hunderttausende von Jungen und Mädchen arbeiten und leben auf der Straße, und in einigen Hauptstädten sind 46 % der Prostituierten Mädchen unter 16 Jahren.
Ich möchte in dieser Ansprache nicht die Ihnen gut bekannten politischen und wirtschaftlichen Gründe einbeziehen, die zu dieser Tragödie führen.
Zum Abschluß möchte ich nur hinzufügen – und ich habe die Pflicht, dies zu tun -, daß 400 000 Kinder jährlich überlebt hätten, wenn die Kindersterblichkeitsrate in Lateinamerika und der Karibik ähnlich niedrig gewesen wäre wie die Rate von 6,4 pro 1 000 Lebendgeborenen bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres und 8,3 bei Kindern bis zum fünften Lebensjahr, die Kuba erreichte, das isoliert, angefeindet und seit über mehr als 40 Jahren einem unerbittlichen Wirtschaftskrieg unterworfen ist. 99,2 % der Kinder in Lateinamerika und der Karibik wären in die Vorschulbildung einbezogen, 99,9 % begännen ab dem sechsten Lebensjahr mit der Schule, 99,7 % der Schüler wären von der ersten bis zur sechsten Klasse in der Schule geblieben, 98,9 % derjenigen, die in der ersten Klasse begannen, würden die sechste Klasse abschließen, von diesen würden 99,9 % die Mittelschule beginnen, 99,5 % der Mittelschulabsolventen würden mit der Gymnasialstufe beginnen; die Schüler dieser Region würden erste Preise bei Wissensolympiaden gewinnen, es gäbe keine Schüler, die einer spezialisierten Ausbildung bedürften und keine Schule dafür fänden, es gäbe keine Analphabeten, das durchschnittliche Bildungsniveau der erwachsenen Bevölkerung läge über neun Schuljahren und man würde kein einziges Kind unter 16 Jahren sehen, das arbeiten muß, um zu überleben.
Unsere harte Erfahrung hat bewiesen, daß man mit wenig Mitteln viel erreichen kann.
Zum Abschluß möchte ich allen hier anwesenden Staats- und Regierungschefs meinen Dank dafür ausdrücken, daß sie am vergangenen 9. November in der UNO-Vollversammlung mit Ausnahme von Zweien zugunsten der Resolution gegen die gegen Kuba verhängte Blockade stimmten.
Danke.
Exzellenz Frau Mireya Moscoso;
Majestät;
Exzellenzen;
Sehr verehrte Gäste:
Die Initiative, den Satz „Vereint für die Kinder und die Jugendlichen, Grundlage der Gerechtigkeit und Gleichheit im Neuen Jahrtausend" als zentrales Motto dieses Gipfeltreffens anzunehmen, war glücklich. Bereits die Idee für sich allein genommen rechtfertigt dieses wichtige Treffen. Ich beglückwünsche dafür die Präsidentin des Gastgeberlandes, Frau Mireya Moscoso.
Die Situation der Kinder ist nicht in jedem unserer Länder gleich. Trotz der erreichten Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten – zum Teil dank der zum Thema geförderten Initiativen und der hartnäckigen Anstrengungen von UNICEF, WHO und anderen Institutionen der Vereinten Nationen, mit größerer oder geringerer Annahme und Unterstützung durch die jeweiligen nationalen Regierungen und ohne dabei die ungleiche Entwicklung und die Ressourcen jeder Nation zu vergessen – ist die Realität, die die Kinder in Lateinamerika insgesamt durchleben, offensichtlich dramatisch.
Die Zahl der Armen in Lateinamerika und der Karibik erreicht bereits 45 % der Gesamtbevölkerung, das sind 224 Millionen Personen, und von diesen sind 90 Millionen mittellos. Mehr als die Hälfte dieser Armen und Mittellosen sind Kinder und Jugendliche.
Es ist so, wie es der UN-Kinderfonds beschreibt: „Die Kinder sind am meisten von der Armut betroffen. Keine andere Altersgruppe ist so verletzlich. Die Armut verursacht in ihnen physische und psychologische Schäden, die das ganze Leben andauern."
Laut Daten der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation sind schwere Atemwegsinfektionen, Durchfallerkrankungen und Ernährungsdefizite weiterhin drei der hauptsächlichen Todesgründe bei Kindern unter 5 Jahren.
Die durchschnittliche Sterblichkeitsrate bei Kindern unter 5 Jahren in Lateinamerika und der Karibik im Jahr 1998 betrug 39 von 1 000 Lebendgeborenen, was einer Zahl von annähernd einer halben Million verstorbenen Kindern entspricht.
Die schweren Atemwegsinfektionen wie Influenza und Lungenentzündung führen zu einem Drittel der Todesfälle bei Jungen und Mädchen unter 5 Jahren in der Region; etwa 60 % der Kinderarzt-Sprechstunden haben mit diesen Krankheiten zu tun, und ein Großteil der Todesfälle als Ergebnis dieser Infektionen sind mittels einer rechtzeitigen Diagnose und einer angemessenen Behandlung vermeidbar.
Zwischen 20 % und 50 % der Stadtbevölkerung in der Region lebt unter katastrophalen Bedingungen von massiver Überbelegung der Wohnungen, extremer Armut, Gewalt und Marginalisierung; sie haben keinen Zugang zu Basisdiensten wie ärztlicher Grundbetreuung oder sanitären Einrichtungen; in den ländlichen Gebieten verfügen mehr als 60 % der Menschen über keine sanitären Einrichtungen und 50 % haben keine Trinkwasserversorgung. Die Abwesenheit von angemessenen sanitären Einrichtungen, Trinkwasser und ärztlicher Betreuung erhöht die Todesrisiken durch Durchfall, Cholera, Typhus und andere auf verschiedenen Wegen übertragbare Krankheiten um mehr als 40 %.
Die Nahrungs- und Ernährungsdefizite drücken die Abwehrmechanismen der Jungen und Mädchen nieder und machen sie anfälliger gegenüber nicht übertragbaren chronischen Krankheiten. Die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika (CEPAL) schätzt, daß sich im Jahr 2000 etwa 36 % aller Kinder unter 2 Jahren in einer Situation hohen Ernährungsrisikos befinden. In den ländlichen Gebieten betrifft diese Bedrohung einen noch höheren Anteil, und zwar etwa 46 %, aufgrund der im allgemeinen prekären sanitären Bedingungen und der größeren Schwierigkeiten für die Bevölkerung, Zugang zu den öffentlichen Gesundheitseinrichtungen zu bekommen.
In den armen Sektoren der Bevölkerung sind Mangelkrankheiten präsent; einige wie das Defizit an Vitamin A, das einen der Hauptgründe für die Blindheit darstellt, betreffen Millionen Jungen und Mädchen bis zu 5 Jahren in der Region.
Der direkte Preis für die Impfung zur Immunisierung eines Kindes, das jünger als ein Jahr ist, gegen sechs vermeidbare Kinderkrankheiten wie Diphtherie, Masern, Keuchhusten, spinale Kinderlähmung, Tuberkulose und Wundstarrkrampf übersteigt keine 80 US-Cent. Trotzdem versichert die Weltgesundheitsorganisation, daß die Abdeckung mit Impfungen gegen diese Krankheiten bei Kindern bis zum ersten Lebensjahr auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, einschließlich der Vereinigten Staaten und Kanada, zwischen 85 % und 90 % schwankt, weswegen man errechnet, daß in der gesamten Hemisphäre mehr als 15 Millionen Kinder bis zum fünften Lebensjahr nicht gegen diese sechs Krankheiten geimpft sind.
Die durchschnittliche Müttersterblichkeit in Lateinamerika und der Karibik beträgt etwa 200 pro 100 000 Geburten. In den entwickelten Ländern schwanken die Zahlen etwa um 15. Als Ergebnis dessen werden in unserer Region nicht weniger als 50 000 Jungen und Mädchen aus diesem einen Grund zu mutterlosen Waisen. Zusätzlich kommen auf jede verstorbene Mutter Hunderte überlebende Frauen, die aber unter chronischen Problemen als Folge der Unterernährung und der unangemessenen Betreuung während der Schwangerschaft und der Geburt leiden. Millionen von Müttern leiden unter irgendeinem chronischen Gesundheitsproblem als Ergebnis des Fehlens einer angemessenen Betreuung während der Schwangerschaft und der Geburt.
Im Hinblick auf zwei Hauptziffern, die Kindersterblichkeit und die Müttersterblichkeit, sterben pro 1 000 Lebendgeborenen in Lateinamerika und der Karibik jährlich 6,5mal mehr Kinder und 12,6mal mehr Mütter als in den entwickelten Ländern.
Zusätzlich werden 2 Millionen von den jedes Jahr geborenen 12 Millionen Kindern von jugendlichen Müttern in die Welt gesetzt.
Der Aids-Virus HIV verbreitet sich in der Region in gefährlichem Rhythmus und es haben sich laut Angaben der UN-Aidskommission bereits 1,7 Millionen Personen infiziert. Laut UNICEF infizieren sich jedes Jahr 65 000 Kinder, wobei 90 % von ihnen durch ihre eigenen Mütter angesteckt wurden. Bereits 195 000 Kinder sind aus diesem einen Grund zu Waisen geworden. Im Jahr 1999 gab es in Lateinamerika und der Karibik mehr als 78 000 Todesfälle durch AIDS.
Im Bereich der Bildung wird geschätzt, daß 20 % der Jungen und Mädchen zu spät mit der Schule beginnen, 42 % die erste Klasse und 30 % die zweite Klasse wiederholen. Nur 80 % der Jungen und Mädchen in der Region erreichen das vierte und nur 73 % das fünfte Schuljahr. Acht von zehn Schülern besuchen sieben Jahre die Schule, doch der durchschnittliche Schulbesuch beträgt etwa vier Schuljahre.
Die Abdeckung mit Einrichtungen der Vorschulbildung beträgt in der Region im Durchschnitt nur 17 %.
Die Kinderarbeit vermehrt sich wie eine wahrhafte Plage. Etwa 20 Millionen Kinder unter 15 Jahren arbeiten. Mehr als die Hälfte dieser Kinderarbeiter sind Mädchen, und die große Mehrheit verrichtet Arbeiten, die nicht einmal anerkannt sind oder in den offiziellen Statistiken berücksichtigt werden.
Laut der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation ist die Gewalt einer der Hauptgründe für den Tod von Kindern zwischen 5 und 14 Jahren. Obwohl keine exakten Ziffern über Mißhandlungen existieren, weisen verschiedene Studien darauf hin, daß nicht weniger als 6 Millionen heranwachsende Jungen und Mädchen das Ziel von schwerwiegenden Aggressionen sind und daß von diesen jährlich etwa 80 000 als Opfer der Gewalt in ihren eigenen Familien sterben.
Eine 1996 von der Weltkonferenz gegen Sexuelle Ausbeutung durchgeführte Studie deckte auf, daß im Jahr zuvor 47 % der in sieben Ländern der Region sexuell ausgebeuteten Mädchen Opfer von Mißhandlungen und Vergewaltigungen in den eigenen vier Wänden wurden; fast die Hälfte begann zwischen dem 9. und 13. Lebensjahr, sich zu prostituieren, und 50 bis 80 % von ihnen nahmen Drogen.
Hunderttausende von Jungen und Mädchen arbeiten und leben auf der Straße, und in einigen Hauptstädten sind 46 % der Prostituierten Mädchen unter 16 Jahren.
Ich möchte in dieser Ansprache nicht die Ihnen gut bekannten politischen und wirtschaftlichen Gründe einbeziehen, die zu dieser Tragödie führen.
Zum Abschluß möchte ich nur hinzufügen – und ich habe die Pflicht, dies zu tun -, daß 400 000 Kinder jährlich überlebt hätten, wenn die Kindersterblichkeitsrate in Lateinamerika und der Karibik ähnlich niedrig gewesen wäre wie die Rate von 6,4 pro 1 000 Lebendgeborenen bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres und 8,3 bei Kindern bis zum fünften Lebensjahr, die Kuba erreichte, das isoliert, angefeindet und seit über mehr als 40 Jahren einem unerbittlichen Wirtschaftskrieg unterworfen ist. 99,2 % der Kinder in Lateinamerika und der Karibik wären in die Vorschulbildung einbezogen, 99,9 % begännen ab dem sechsten Lebensjahr mit der Schule, 99,7 % der Schüler wären von der ersten bis zur sechsten Klasse in der Schule geblieben, 98,9 % derjenigen, die in der ersten Klasse begannen, würden die sechste Klasse abschließen, von diesen würden 99,9 % die Mittelschule beginnen, 99,5 % der Mittelschulabsolventen würden mit der Gymnasialstufe beginnen; die Schüler dieser Region würden erste Preise bei Wissensolympiaden gewinnen, es gäbe keine Schüler, die einer spezialisierten Ausbildung bedürften und keine Schule dafür fänden, es gäbe keine Analphabeten, das durchschnittliche Bildungsniveau der erwachsenen Bevölkerung läge über neun Schuljahren und man würde kein einziges Kind unter 16 Jahren sehen, das arbeiten muß, um zu überleben.
Unsere harte Erfahrung hat bewiesen, daß man mit wenig Mitteln viel erreichen kann.
Zum Abschluß möchte ich allen hier anwesenden Staats- und Regierungschefs meinen Dank dafür ausdrücken, daß sie am vergangenen 9. November in der UNO-Vollversammlung mit Ausnahme von Zweien zugunsten der Resolution gegen die gegen Kuba verhängte Blockade stimmten.
Danke.
Freitag, 27. Oktober 2000
Fidel Castro bei der feierlichen Sitzung der Nationalversammlung im Bundesparlament in Caracas
Ansprache von Dr. Fidel Castro Ruz, Präsident des Staatsrates und des Ministerrates der Republik Kuba, bei der feierlichen Sitzung der Nationalversammlung im Bundesparlament in Caracas, Bolivarianische Republik Venezuela, am 27. Oktober 2000.
Exzellenz Herr Hugo Chávez Frías, Präsident der Bolivarianischen Republik Venezuela;
Exzellenz Herr Präsident der Nationalversammlung der Bolivarianischen Republik Venezuela;
Exzellenz Herr Präsident des Obersten Gerichtshofs;
Exzellenz Herr Präsident und weitere Mitglieder des Republikanischen Moralischen Rates;
Exzellenz Herr Präsident des Nationalen Wahlrates;
Exzellenzen Botschafter, ehrenwerte Geschäftsträger und Vertreter der im Land akkreditierten internationalen Organisationen;
Ehrenwerte Parlamentarier und Abgeordnete der Nationalversammlung;
Hohe kirchliche und militärische Würdenträger;
Meine Damen und Herren;
Venezolaner:
Ich bin nicht hierhergekommmen, um eine protokollarische Pflicht zu erfüllen, oder weil durch die Tradition die Norm festgelegt ist, daß ein offizieller Gast das Parlament besucht; ich gehöre nicht zu dieser Art von Menschen, die nach Ehrerbietung trachten, Privilegien beanspruchen oder sich von Eitelkeiten treiben lassen. Wenn ich ein Land besuche, und besonders dann, wenn es sich um ein so geliebtes Brudervolk wie das venezolanische handelt, erfülle ich die Wünsche derjenigen, die meiner Ansicht nach dieses Land mit großer Würde und mit großem Mut repräsentieren.
Ich bedaure sehr, daß die alleinige Idee meiner Anwesenheit im Parlament von Venezuela, die durch die Gastgeber in das Programm aufgenommen wurde, für einige der illustren Mitglieder dieses Parlaments Anlaß zu Verdruß gab. Ich bitte Sie um Entschuldigung.
Ich muß höflich sein, doch ich werde keine übermäßig feine, diplomatische und gezierte Sprache verwenden. Ich werde mit Worten der freien Offenheit und der ehrlichen Aufrichtigkeit sprechen.
Es ist nicht das erste Mal, daß ich das venezolanische Parlament besuche, denn ich machte dies bereits vor mehr als 41 Jahren. Doch es wäre unzutreffend, wenn ich sagen würde, daß ich zur selben Institution zurückkehre, oder daß es sich bei demjenigen, der zurückkehrt, um den selben Gast von damals handelt. Der Realität am nächsten ist, daß ein veränderter Mann zu einem veränderten Parlament zurückkehrt.
Für meine Person habe ich weder irgendein Verdienst zu belegen noch mich für irgend etwas zu entschuldigen. Nur die Tatsache, daß ich damals 32 Jahre alt war und mit der Last der gesamten Unerfahrenheit eines Mannes kam, der mit Hilfe des Schicksals viele Risiken überlebt hatte. Glück zu haben bedeutet nicht ein Verdienst zu haben. Es ist etwas sehr Gewöhnliches unter den Menschen, Träume und Ideale zu hegen. Trotzdem haben nur wenige das seltene Privileg, die Realisierung dieser Träume und Ideale zu sehen, aber nicht einmal deshalb erlangen sie das Recht zu irgendeiner Prahlerei. Jenes Parlament, mit dem ich vor so langer Zeit die Ehre hatte zusammenzutreffen, hegte ebenfalls Illusionen und Hoffnungen. Monate vorher war es zu einem siegreichen Aufstand des Volkes gekommen. Alles hat sich seitdem verändert. Jene Illusionen und Hoffnungen sind zu Asche geworden. Auf jener Asche wuchsen die neuen Hoffnungen und erhob sich dieses neue Parlament. Wie in allen Epochen der Geschichte träumen die Menschen, und sie werden immer das Recht zum Träumen haben. Das große Wunder besteht darin, daß die Hoffnungen und Träume dieses noblen und heldenhaften Volkes sich einmal in Realitäten verwandeln.
Ich hege wie viele von Ihnen diese Träume und gehe von der Idee aus, daß in Venezuela am Ende der letzten vier Jahrzehnte außergewöhnliche Dinge geschehen sind. Venezolaner, die zu anderen Zeiten gegeneinander kämpften, sind zu revolutionären Verbündeten geworden, Guerilleros wurden zu hervorragenden Politikern und Soldaten zu kühnen Staatsmännern, welche die Flaggen hissen, die eines Tages dieses Land mit Ruhm erfüllten.
Es steht mir nicht zu, diejenigen zu beurteilen, die von der Linken zur Rechten überwechselten; genausowenig wie diejenigen, die – möglicherweise ausgehend von einer aufrichtigen konservativen Haltung – am Ende das Volk ausplünderten und betrogen. Es ist nicht mein Ziel und ich kann mir nicht das Recht anmaßen, zum Richter für die Akteure des von Ihnen durchlebten Dramas zu werden. Wir Menschen sind alle vergänglich und fast immer fehlbar, und zwar einschließlich derer, die im guten Willen handeln. Ich möchte mich nur auf das Recht berufen, das Martí uns Kubanern vererbte: Das Verspüren einer enormen Bewunderung für Venezuela und für den, der der größte Träumer und Staatsmann unserer Hemisphäre war, Simón Bolívar. Er war fähig, sich ein lateinamerikanisches, unabhängiges und vereintes Amerika vorzustellen und dafür zu kämpfen. Er war niemals prokolonialistisch oder monarchistisch eingestellt, nicht einmal zu den Zeiten, als die Patriotischen Juntas gegründet wurden als Akt der Rebellion gegen das Aufzwingen eines ausländischen Königs auf dem spanischen Thron. Dies wurde durch den Schwur von Monte Sacro bewiesen. Fast seit seiner Jugend war er ein entschiedener Anhänger der Unabhängigkeit, zu einem so frühen Zeitpunkt wie im Jahr 1805. Er befreite mit seinem Schwert die Hälfte Südamerikas und garantierte in der historischen Schlacht von Ayacucho mit seinen von ihm geschaffenen Truppen von unbesiegten Bewohnern des Tieflandes und mutigen Soldaten des Großen Kolumbiens unter der direkten Führung des unsterblichen Sucre die Unabhängigkeit des verbleibenden Südens und Zentrums von Amerika. Zur damaligen Zeit bestanden die Vereinigten Staaten, wie wir alle wissen, aus einer Gruppe von kurz zuvor befreiten englischen Kolonien und befanden sich in voller Expansion. Im Hinblick auf sie war der geniale venezolanische Führer in der Lage vorherzusagen, „...daß sie durch die Vorsehung dazu bestimmt scheinen, Amerika im Namen der Freiheit mit Elend heimzusuchen."
Ich verstehe vollkommen die Verschiedenheit von Interessen und Kriterien, die heutzutage unvermeidbarerweise in Venezuela existieren.
Es wird berichtet, daß Napoleon Bonaparte während seines Feldzuges in Ägypten bei einer Ansprache an seine Truppen vor der Schlacht der Pyramiden sagte: „Soldaten, von der Höhe dieser Pyramiden schauen vierzig Jahrhunderte auf euch hinab."
Als Gast, dem die unermeßliche Ehre zuteil wurde, dazu eingeladen worden zu sein, zu Ihnen zu sprechen, würde ich es wagen, Ihnen mit der größten Bescheidenheit zu sagen: Venezolanische Brüder und Schwestern, 41 Jahre und 10 Monate Erfahrung im unermüdlichen Kampf gegen die Feindseligkeit und die Aggressionen des mächtigsten jemals auf der Erde existierenden Imperiums bewundern und teilen von diesem Podium aus die harte und schwierige Schlacht, die Sie, inspiriert von Bolívar, heute schlagen.
In bezug auf die Beziehungen zwischen Kuba und Venezuela wurde oftmals das rechthaberische Argument vorgebracht, daß man in Venezuela die Absicht habe, das revolutionäre Modell Kubas einzuführen. Kurz vor dem Plebiszit über die Annahme oder Ablehnung des Entwurfs einer neuen venezolanischen Verfassung wurde so viel über dieses Thema gesprochen, daß ich mich der Notwendigkeit gegenübersah, eine Gruppe von bedeutenden venezolanischen Journalisten einzuladen, um uns in Vertretung von wichtigen Radiostationen, Fernsehsendern und Zeitungen die Ehre eines Besuchs zu erweisen. Diejenigen, die Kuba auf zynische Weise als ein teuflisches Gespenst, wie es in den groben Lügen des Imperialismus dargestellt wird, in diese Angelegenheit verwickeln wollten, verliehen uns das Recht, dieses Treffen durchzuführen.
In einer schlaflosen Nacht, wie ich sie nicht einmal in den fieberhaften Zeiten als kurz vor dem Abschluß stehender Student verbrachte, las und unterstrich ich die wichtigsten Konzepte jenes Verfassungsentwurfs und verglich sie mit denjenigen unserer eigenen Verfassung. Mit der kubanischen Verfassung in der einen Hand und dem venezolanischen Verfassungsentwurf in der anderen zeigte ich die tiefgreifenden Unterschiede zwischen der einen und der anderen revolutionären Konzeption auf. Ich spreche von revolutionär, weil beide dies sind: beide zielen auf ein neues Leben für ihre Völker, beide wollen radikale Veränderungen, ersehnen Gerechtigkeit und trachten nach der engen Vereinigung desjenigen Amerikas, das Martí so definierte: „Was könnte man noch mehr sagen, es ist nicht einmal notwendig, es auszusprechen, nämlich daß es vom Río Bravo bis nach Patagonien nur ein einziges Volk gibt!" Beide kämpfen mit Standhaftigkeit für die Bewahrung der Souveränität, Unabhängigkeit und kulturellen Identität jedes einzelnen von unseren Völkern.
Unsere Verfassung stützt sich hauptsächlich auf das gesellschaftliche Eigentum der Produktionsmittel, die Programmierung der Entwicklung, die aktive, organisierte und massenhafte Teilnahme aller Bürger an der politischen Handlung und dem Aufbau einer neuen Gesellschaft, die enge Einheit des gesamten Volkes unter der Leitung einer Partei, die Normen und Prinzipien garantiert, aber die Vertreter des Volkes in den Organen der Staatsmacht weder aufstellt noch wählt, denn diese Aufgabe obliegt vollkommen den Bürgern mittels ihrer Massenorganisationen und festgelegten Rechtsmechanismen. Die venezolanische Verfassung stützt sich auf das Schema einer Marktwirtschaft und das Privateigentum erhält weitestgehende Garantien. Die berühmten drei Gewalten von Montesquieu, die als Hauptsäulen der traditionellen bürgerlichen Demokratie verkündet werden, wurden mit neuen Institutionen und Kräften ergänzt, um das Gleichgewicht bei der politischen Leitung der Gesellschaft sicherzustellen. Das Mehrparteiensystem wird als ein Grundelement festgelegt. Man mußte unwissend sein, um irgendeine Ähnlichkeit zwischen den beiden Verfassungen zu finden.
Bei jenem Treffen mit den venezolanischen Journalisten denunzierte ich die ersten Bewegungen der terroristischen kubanisch-amerikanischen Mafia aus Miami, um den Präsidenten Venezuelas zu ermorden. Jene Gangster glaubten auf ihre Art, daß Venezuela ein neues Kuba sein würde.
Ende Juli dieses Jahres, wenige Tage vor den letzten Wahlen, kam über die nationalen und internationalen Medien von Venezuela aus, eine neue kolossale Lüge in den Umlauf. Die venezolanischen Verbindungsleute der Cuban-American National Foundation hatten dazu beigetragen, die Verschwörung zu schmieden: „Kubanischer Deserteur denunziert die Präsenz von 1 500 Mitgliedern der kubanischen Geheimdienste in Venezuela, eingeschleust auf Straßen und in Kasernen...". Man fügte eine Menge von angeblichen Details hinzu. Die infame Kampagne kurz vor den Präsidentschaftswahlen wurde so geplant, daß sogar hochrangige Regierungsmitglieder von den Lügen des „kubanischen Deserteurs" sprachen. Das bedeutet, daß sie die angebliche Fahnenflucht eines Offiziers des kubanischen Geheimdienstes als reale Tatsache ansahen. Ein solcher Deserteur existierte nicht einmal. Es handelte sich um einen schlichten Faulenzer, der in der Vergangenheit Kuba verlassen hatte und vom Geschichten erzählen lebte. Er bat um Asyl und Schutz. Die Verschwörer hatten bereits fünf oder sechs weitere Personen bereitstehen, um die Geschichte und den Skandal Tag für Tag zu wiederholen, mit dem selben Mechanismus, bis zum Tag der Wahlen.
Erneut war Kuba in den Wahlkampf in Venezuela verwickelt, erneut gab es die Notwendigkeit, mit der Presse dieses Bruderlandes zu sprechen. Die Anprangerung und schnelle Aufdeckung der schaurigen Geschichte zerfetzten die Verschwörung.
Bei dieser Gelegenheit informierte ich über die reichhaltigen aus Miami stammenden Geldmittel, um die Kosten der Kampagne gegen die Wahl des Präsidenten Chávez zu tragen. Ich legte Daten und einige Namen vor, deren Verbreitung unverzichtbar war. Alle leugneten selbstverständlich. Einer von ihnen, mit einem gewissen Ruf als gebildeter und fähiger Beamter aus vergangenen Zeiten, schwor, daß die ihm zugewiesene Rolle absolut falsch sei. Ich wollte die Behauptung nicht wiederholen, obwohl ich im Besitz der präzisen Angaben über den Ort war und bin, an dem sie sich trafen und wo ihm eine halbe Million Dollar übergeben wurde, und über diejenigen, die das Geld nach Venezuela brachten und diejenigen, die es den Empfängern zukommen ließen. Ich wollte diese trübe und abstoßende Angelegenheit wirklich nicht aufwühlen. Es war nicht einmal notwendig. Die Verschwörer waren durch die Stimmen des Volkes am 30. Juli zerschmettert worden. Die Information blieb als Reserve, falls es notwendig sein würde, sie zu irgendeiner späteren Gelegenheit zu benutzen.
Sie hören weder damit auf, Kuba für Ziele der venezolanischen Innenpolitik zu benutzen, noch damit, unser Land für die Angriffe auf Chávez zu mißbrauchen, den unbestreitbaren und aufkommenden bolivarianischen Führer, dessen Handeln und Ansehen bereits bei weitem über die Grenzen seines Vaterlandes hinausreichen.
Ich bin sein Freund, und ich bin stolz darauf. Ich bewundere seinen Mut, seine Aufrichtigkeit und seine klare Vision der Probleme der heutigen Welt, und die außerordentliche Rolle, die Venezuela bei der lateinamerikanischen Einheit und dem Kampf der Länder der Dritten Welt auszufüllen hat. Ich sage dies nicht jetzt, wo er Präsident Venezuelas ist. Ich sah bereits voraus, was für ein Mann er war, als er noch im Gefängnis saß. Nur einige Monate nach seiner Entlassung lud ich ihn mit allen Ehren nach Kuba ein, auch auf das Risiko hin, daß diejenigen, die damals im Besitz der Macht waren, die Beziehungen zu Kuba abbrechen würden. Ich stellte ihn vor den Studenten vor, er sprach in der Aula Magna der Universität von Havanna und eroberte dort große Sympathien.
Mit seinem fulminanten von Volk getragenen Sieg 4 Jahre später – ohne einen Cent, ohne die üppigen Mittel der alten politischen Clique, deren Wahlkämpfe durch die gewaltigen Summen finanziert wurden, die vorher dem Volk gestohlen worden waren – zerschmetterte er seine Gegner, wobei er nur auf die Kraft seiner Ideen, seine Fähigkeit zur Übermittlung dieser Ideen an das Volk und die Unterstützung der kleinen Organisationen der fortschrittlichsten Kräfte Venezuelas zählen konnte. Auf diese Weise entstand eine außergewöhnliche Gelegenheit nicht nur für sein Land, sondern auch für unsere Hemisphäre.
Ich habe ihn nie um etwas gebeten. Niemals bat ich ihn darum, daß mein Vaterland, das seit mehr als 40 Jahren kriminell blockiert wird, in das Abkommen von San José einbezogen wird. Im Gegenteil, ich bot ihm immer die bescheidene Zusammenarbeit Kubas in jeglichem Bereich an, der für Venezuela nützlich sein könnte. Die Initiative lag vollkommen auf seiner Seite. Ich erfuhr zum ersten Mal davon, als er bei einem Gipfeltreffen der Vereinigung der Karibischen Staaten in der Dominikanischen Republik im April 1999 davon sprach. Er drückte ebenso seinen Wunsch aus, daß einige Länder der Karibik einbezogen würden, die nicht durch jenes Abkommen begünstigt wurden. Er ist die Verbindungsbrücke gewesen zwischen Lateinamerika und den würdigen Völkern der Karibik, ausgehend von seiner tiefgehenden Identifizierung mit dem Denken Bolívars.
Ich bin mir darüber bewußt, daß mein Besuch in Venezuela das Objekt von giftigen Kampagnen jeder Art war. Man beschuldigt Präsident Chávez, uns Erdöl schenken zu wollen und daß das Abkommen von Caracas ein schlichter Vorwand sei, um Kuba zu helfen. Wenn es so wäre, würde dies ein Denkmal von der Höhe des Mount Everest verdienen, denn Kuba wurde – mit Ausnahme Mexikos - durch alle Regierungen dieser Hemisphäre, die den USA untergeordnet waren, isoliert, verraten und blockiert, einschließlich von Venezuela, das damals regiert wurde durch den ersten verfassungsmäßigen Präsidenten nach dem Volksaufstand vom 23. Januar 1958 und der Gründung der Patriotischen Junta, die den Wahlen jenes Jahres vorstand. Unser Volk verteidigte gegenüber von Blockaden, schmutzigem Krieg, Söldnerinvasionen und der Bedrohung von direkten Angriffen mit Ehre sein Vaterland, den ersten Schützengraben Amerikas, wie ihn Martí sah, als er kurz vor seinem Tod auf dem Schlachtfeld bekannte, daß all das, was er im Laufe seines fruchtbaren Lebens tat, dazu gedient habe, „...mit der Unabhängigkeit Kubas rechtzeitig zu verhindern, daß sich die Vereinigten Staaten über die Antillen ausbreiten und mit der auf diese Weise ausgedehnten Macht in die Länder Unseres Amerikas einfallen."
Niemand von denen, die in Venezuela Chávez jener Absichten beschuldigen, hat jemals irgendeine Schlacht gegen den völkermörderischen Versuch geschlagen, das kubanische Volk durch Hunger und Krankheiten zu töten. Sie vergessen, daß Chávez zu dem Zeitpunkt, als die Erdölpreise äußerst niedrig waren und Venezuela eine kritische wirtschaftliche Situation durchlitt, die OPEC wiederbelebte und ihr neue Dynamik verlieh. Durch die Maßnahmen der OPEC verdreifachten sich innerhalb von weniger als zwei Jahren die Preise.
Es trifft zu, daß der momentane Preis, der von den industrialisierten und reichen Ländern perfekt ertragen werden kann, mehr als einhundert Länder der Dritten Welt in größerem oder geringerem Maße hart trifft, während die Einnahmen Venezuelas und der weiteren erdölproduzierenden Länder beträchtlich angestiegen sind. Das ist etwas, das Chávez für seinen Teil mit dem Abkommen von Caracas zu kompensieren versuchte, das, wie Sie wissen, einer Gruppe von Ländern der Karibik und Mittelamerikas Möglichkeiten bietet, einen Teil des Preises auf Kreditbasis zu zahlen, mit geringen Zinsen und langen Rückzahlungsfristen. Das ist ein gutes Beispiel, das andere erdölexportierende Länder berücksichtigen sollten.
Diejenigen, die ihn wegen dieser intelligenten und gerechten Aktion beschuldigen, die nur einen kleinen Teil der durch die momentanen Preise von Venezuela erzielten Einnahmen betrifft, reagieren auf eine extrem egoistische und kurzsichtige Weise. Sie berücksichtigen absolut nicht, daß die OPEC ohne die Hilfe der Dritten Welt nicht fähig wäre, lange Zeit dem enormen Druck durch die reichen Industriestaaten zu widerstehen, die hauptsächlich durch der Steigerung der Benzinpreise für ihre Milliarden von Autos und motorisierten Fahrzeuge gequält werden.
Die Umweltproblematik und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der ärmsten Länder rauben ihnen nicht den Schlaf.
Andererseits versucht man ebenfalls zu ignorieren, daß unser Land mit einzigartigem Stoizismus und einem eisenharten Kampfeswillen zehn schreckliche Jahre der Spezialperiode durchgehalten hat. Nach dem Verlust seiner Märkte und Lieferungen jeder Art vollführte unser Land die Heldentat, nicht nur zu überleben, sondern heute pro Kopf über mehr Ärzte, Lehrer, Dozenten und Ausbilder für Körperkultur und Sport zu verfügen als jedes andere Land der Welt, und andere Kennziffern sozialer und menschlicher Art aufzuweisen, die höher sind als diejenigen vieler industrialisierter und reicher Länder. Kubas soziale Entwicklung ist ein Beispiel für viele, Grund zu Haß und Wut seitens der hegemonialen Supermacht und ein unwiderlegbarer Beweis dafür, was ein vereintes und revolutionäres Volk mit geringsten Ressourcen erreichen kann.
Ebenso scheinen die Feinde und Verleumder zu ignorieren, daß Kuba seine Erdölproduktion beschleunigt steigert und sich innerhalb von relativ kurzer Zeit mit Erdöl und Gas selbst versorgen kann. Die Zusammenarbeit mit Venezuela im Energiebereich, bei der Kuba fortgeschrittene Technologien für eine größere Förderung und Nutzung unseres Erdöls erhalten wird, wird für sich genommen schon eine unschätzbare Hilfe darstellen, und der Brennstoff, den Venezuela uns unter den Bedingungen liefert, die in den Verpflichtungen festgelegt sind, die wir ausgehend von dem Abkommen von Caracas unterzeichnen werden, wird rigoros in frei konvertierbarer Währung und mit Gütern und Dienstleistungen bezahlt, die zweifellos von außerordentlichem Wert für das venezolanische Volk sind.
Unsere Kooperation mit Venezuela wird von Idealen inspiriert, die weit über einen einfachen Handelsaustausch zwischen zwei Ländern hinausgehen. Gemeinsam ist uns das Bewußtsein von der Notwendigkeit der Einheit der lateinamerikanischen und karibischen Völker und des Kampfes für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung, die allen Völkern zugute kommt. Es handelt sich nicht um einen schriftlich ausgefertigten Vertrag, sondern um Ziele, die unserem Handeln bei den Vereinten Nationen, in der Gruppe der 77, der Blockfreienbewegung und anderen wichtigen internationalen Institutionen entspringen.
In der Außenpolitik von jedem der beiden Länder drückt sich die Gemeinsamkeit der Vorhaben auf beredte Weise in der Ablehnung der neoliberalen Politikansätze und im Kampf für die wirtschaftliche Entwicklung und die soziale Gerechtigkeit aus.
Diejenigen, die sich so sehr bemühen, über die vorbildlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern Lügen und Verleumdungen zu verbreiten und gegen sie Verschwörungen anzuzetteln, den offiziellen Besuch der kubanischen Delegation zu behindern und den Sinn der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Kuba und Venezuela zu verzerren, sollten dem venezolanischen Volk erklären, warum in einem Land mit solch enormen Ressourcen und einem arbeitsamen und intelligenten Volk die Armut in der Bevölkerung die gigantische Ziffer von fast 80 % erreicht.
Ich werde nur einige katastrophale Beispiele nennen:
Laut Quellen der CEPAL und der Gemeinschaft der Andenländer erhöhte sich die Zahl der Armen, die vor einem Jahrzehnt bereits einen Anteil von 70 % an der Gesamtbevölkerung hatten, acht Jahre später auf einen Anteil von mehr als 77 %: unter diesen stieg der Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen von 30 % auf 38 %. Die Arbeitslosigkeit stieg auf 15,4 % und die prekären Arbeitsverhältnisse des informellen Sektors umfassen 52 % aller Arbeitskräfte.
Frühere offizielle Daten zeigten Analphabetenraten von weniger als 10 %. Offizielle Quellen des venezolanischen Bildungsministeriums schätzen, daß die reale Analphabetenquote heutzutage 20 % der Bevölkerung umfaßt.
50 % der jungen Menschen unterbrechen ihre Studien aus wirtschaftlichen Gründen, 11 % wegen der schulischen Leistungen und 9 % wegen des Fehlens von Chancen. Diese Angaben belegen einen Prozentsatz von 70 % betroffenen jungen Schülern und Studenten.
Allein in den letzten 21 Jahren gab es in Venezuela eine Kapitalflucht von 100 Milliarden Dollar, eine wahrhafte Ausblutung der für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes unverzichtbaren venezolanischen Finanzressourcen.
Es gibt eine große Menge von Zahlen unterschiedlicher Herkunft, die nicht immer übereinstimmen. Es ist unmöglich, all das Unheil einzubeziehen, das die Bolivarianische Revolution geerbt hat. Es gibt trotzdem eine Zahl, deren Nennung man nicht vermeiden kann und die dieses Unheil in nahezu mathematischer Weise belegen kann: die Angabe bezüglich der Kindersterblichkeit, ein höchst sensibles Thema von menschlichem und sozialem Charakter.
Die Angaben der UNICEF belegen, daß 1998 die Sterblichkeitsziffer bei Kindern bis zu einem Jahr den Wert von 21,4 pro 1 000 Lebendgeborenen erreichte. Diese Zahl erhöht sich auf 25 pro 1 000 Lebendgeborenen, wenn man auch diejenigen einbezieht, die vor dem Erreichen des fünften Lebensjahres sterben. Wieviele venezolanische Kinder hätten überleben können, wenn ausgehend von dem fast gleichzeitig mit der Kubanischen Revolution im Jahr 1959 begonnenen politischen Prozeß in Venezuela die Kindersterblichkeit in dem Rhythmus und auf dem Niveau abgesenkt worden wäre, wie dies in Kuba erreicht wurde, das diese Sterblichkeitsziffer von etwa 60 auf 6,4 bei Kinder bis zum ersten Lebensjahr und von 70 auf 8,3 bis zum Erreichen des fünften Lebensjahres reduzieren konnte? Diese Angaben ergeben, daß in diesem Zeitraum von 40 Jahren zwischen 1959 und 1999 in Venezuela 365 510 Kinder starben, die man hätte retten können. In Kuba - mit einer Bevölkerungszahl, die 1959 nicht einmal 7 Millionen erreichte - hat die Revolution das Leben von Hunderttausenden von Kindern gerettet, und zwar dank der Reduzierung der Kindersterblichkeitsrate, die heutzutage unter der, der Vereinigten Staaten liegt, dem reichsten und weitentwickeltsten Land der Welt. Keines dieser geretteten Kinder ist ein Analphabet, wenn es das siebte Lebensjahr erreicht, und Zehntausende haben bereits ihren Universitäts- oder Fachschulabschluß erlangt.
Allein im Jahr 1998, in dem die verhängnisvolle Etappe beendet wurde, die der Bolivarianischen Revolution voranging, starben in Venezuela 7 951 Kinder vor dem Erreichen des ersten Lebensjahres, die man hätte retten können. Diese Zahl erhöht sich auf 8 833, wenn man die Altersstufen bis zum fünften Lebensjahr einbezieht. Ich habe in allen Fällen exakte Zahlen genannt, ausgehend von offiziellen Daten, die von UN-Institutionen veröffentlicht wurden.
Eine solche Zahl von in einem Jahr gestorbenen venezolanischen Kindern übersteigt diejenige der Soldaten beider Seiten, die zusammengezählt in den Schlachten von Boyacá, Carabobo, Pichincha, Junín und Ayacucho fielen, fünf der wichtigsten und entscheidendsten Schlachten der von Bolívar geführten Unabhängigkeitskriege, laut den bekannten historischen Angaben, auch wenn die Sieger in ihren Kriegsberichten aus taktischen Gründen die Zahlen der gegnerischen Verluste erhöhten und die der eigenen Verluste verringerten oder verschwiegen.
Wer tötete diese Kinder? Welcher der Schuldigen ging dafür ins Gefängnis? Wer wurde des Völkermordes angeklagt?
Die Dutzenden Milliarden Dollar, die von korrupten Politikern veruntreut wurden, bedeuten einen Völkermord, denn die Gelder, die sie dem Staat rauben, töten eine unschätzbare Zahl von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die durch vermeidbare und heilbare Krankheiten sterben.
Eine solche gegenüber dem Volk wahrhaft völkermörderische politische und soziale Ordnung, bei der die Volksproteste mit Schüssen und Massaker unterdrückt werden, wird vor der Weltöffentlichkeit als Modell für Freiheit und Demokratie präsentiert.
Die Kapitalflucht bedeutet ebenfalls einen Völkermord. Wenn die finanziellen Ressourcen eines Landes der Dritten Welt in ein Industrieland geschafft werden, gehen die Reserven zur Neige, stagniert die Wirtschaft, steigt die Arbeitslosigkeit und die Armut, werden das Gesundheitswesen und die Bildung des Volkes am härtesten von dem Schlag getroffen, und dies alles führt zu Schmerz und Tod. Man braucht dies gar nicht genau zu errechnen: es ist hinsichtlich der materiellen und menschlichen Verluste kostspieliger als ein Krieg. Ist das gerecht? Ist das demokratisch? Ist das menschlich?
Das wahre Gesicht dieses Modells einer Gesellschaftsordnung kann man erkennen, wenn man in die großen Städte unserer Hemisphäre kommt, die voll sind von Slums, in denen Dutzende Millionen Familien unter unmenschlichen Bedingungen leben. Nichts davon geschieht im blockierten und diffamierten Kuba.
Wenn man mir erlauben würde, einige Gedanken anzustellen oder das laut zu sagen, was mir durch den Kopf geht, und wenn man dies nicht als Einmischung auffassen würde, dann würde ich Ihnen sagen: Ich habe immer geglaubt, daß Venezuela mit einer effizienten und ehrlichen Verwaltung in den letzten 40 Jahren eine ähnliche wirtschaftliche Entwicklung wie Schweden erreicht hätte. Man kann die Armut und die sozialen Mißstände nicht rechtfertigen, die aus offiziellen venezolanischen Dokumenten und Bulletins oder aus seriösen Zeitschriften internationaler Organisationen hervorgehen. Diejenigen, die Venezuela seit jenen Tagen regieren, als ich zum ersten Mal dieses Parlament besuchte, schafften die Bedingungen für das unvermeidliche Aufkommen des aktuellen revolutionären Prozesses. Diejenigen, die sich nach der Rückkehr in die verlorenen Jahre sehnen, werden niemals mehr das Vertrauen des Volkes gewinnen, wenn es der neuen Generation von Führern, die das Land heute leitet, gelingt, die Kräfte zu bündeln, die Reihen zu schließen und all das zu tun, was in ihren Händen liegt. Ist dies innerhalb des vor kurzem erarbeiteten und verabschiedeten verfassungsmäßigen und politischen Modells möglich? Meine Antwort lautet Ja.
Die enorme politische und moralische Autorität, die aus dem entspringt, was die Bolivarianische Revolution für das Volk machen kann, würde die reaktionären Kräfte politisch zerstören. Die Kultur und die revolutionären und patriotischen Werte, die dies im venezolanischen Volk schaffen würde, würden die Rückkehr zur Vergangenheit unmöglich machen.
Man könnte sich eine andere, absolut logische und sehr viel komplexere Frage stellen: Kann man unter dem Schema einer Marktwirtschaft ein höheres Niveau an sozialer Gerechtigkeit erreichen als das jetzige? Ich bin überzeugter Marxist und Sozialist. Ich denke, daß die Marktwirtschaft Ungleichheit, Egoismus, Konsumwahn, Verschwendung und Chaos erzeugt. Ein Minimum von Planung der wirtschaftlichen Entwicklung und von Festlegung der Prioritäten ist unbedingt notwendig. Doch ich bin auch der Meinung, daß die Bolivarianische Revolution in einem Land mit den enormen Ressourcen wie denen Venezuelas in der Hälfte der Zeit 75 % dessen erreichen kann, was Kuba, ein blockiertes Land mit unendlich weniger Ressourcen als Venezuela, seit dem Sieg der Revolution erreichen konnte. Dies bedeutet, daß es im Bereich der Möglichkeiten dieser Regierung läge, das Analphabetentum in wenigen Jahren vollständig auszumerzen, eine Bildung von hoher Qualität für alle Kinder, Heranwachsenden und Jugendliche und eine allgemeine höhere Kultur für die Mehrheit der Bevölkerung zu erreichen, eine optimale ärztliche Betreuung für alle Bürger sicherzustellen, Beschäftigung für alle Jugendlichen bereitzustellen, die Unterschlagung zu eliminieren, die Verbrechensrate auf ein Minimum zu reduzieren und würdige Wohnungen für alle Venezolaner zu besorgen.
Eine rationale Verteilung der Reichtümer mittels angemessener Steuersysteme ist innerhalb einer Marktwirtschaft möglich. Dies erfordert, daß alle Mitglieder der revolutionären Organisationen und alle revolutionären Kräfte sich vollständig der Arbeit widmen. Das sagt sich leicht, doch in der Praxis stellt dies eine äußerst schwierige Arbeit dar. Meiner Meinung nach hätte Venezuela auf kurze Sicht keine andere Alternative. Andererseits befinden sich nicht weniger als 70 % der wichtigsten Reichtümer im Besitz der Nation. Es gab nicht genügend Zeit für den Neoliberalismus, um alles an das ausländische Kapital zu übergeben; man braucht deshalb nichts zu verstaatlichen.
Die Periode, die wir heute durchschreiten und in Kuba dabei sind zu überwinden, hat uns verdeutlicht, wie viele Varianten bei der Entwicklung der Wirtschaft und bei der Lösung der Probleme möglich sind. Es genügt, daß der Staat seine Rolle ausfüllt und den Interessen der Nation und des Volkes Vorrang verleiht.
Wir haben ungemein viele praktische Erfahrungen darüber abgehäuft, mit wenig viel zu machen und eine erhöhte politische und soziale Wirkung zu erreichen. Es gibt weder ein Hindernis, das man nicht überwinden kann, noch ein Problem, dessen Lösung unmöglich ist.
Um objektiv zu sein, muß ich noch meine Ansicht hinzufügen, daß heute in Venezuela nur ein Mann einen solch komplexen Prozeß anführen könnte, nämlich Hugo Chávez. Sein absichtlich zugefügter oder zufälliger Tod würde diese Möglichkeit zerstören und das Chaos bringen. Und er trägt freilich – ich habe ihn nach und nach besser kennengelernt – nichts zu seiner eigenen Sicherheit bei. Er ist absolut widerspenstig gegenüber einem Minimum an angemessenen Maßnahmen in diesem Sinne. Helfen Sie ihm, und seine Freunde und sein Volk sollen ihn überzeugen. Sie sollten nicht den geringsten Zweifel daran haben, daß seine Gegner im In- und Ausland versuchen werden, ihn umzubringen. Das sagt ihnen jemand, der die einzigartige Erfahrung durchlebt hat, das Ziel von mehr als sechshundert Verschwörungen gewesen zu sein, mit größerem oder geringerem Ausmaß, um mich zu ermorden. Ein wahrhaft olympischer Rekord!
Ich kenne sie zu gut und weiß, wie sie denken und handeln. Diese Reise nach Venezuela ist hierbei nicht die Ausnahme. Ich weiß, daß sie einmal mehr mit der Idee gespielt haben, irgendeine Möglichkeit zu finden, ihre gescheiterten Vorsätze in die Tat umzusetzen. Das hat wirklich keinerlei Bedeutung. Im Gegensatz zu dem, was zur Zeit mit dem venezolanischen Prozeß geschieht, gab und gibt es in Kuba immer jemanden, sogar viele, die meine Aufgabe erfüllen können. Ich habe außerdem viele glückliche Jahre des Kampfes durchlebt und habe gesehen, wie ein Großteil meiner Träume in Erfüllung gegangen sind. Ich bin nicht wie Chávez, ein junger Führer, der voll des Lebens ist und der die Bewältigung großer Aufgaben vor sich hat. Er ist es, der auf sich aufpassen muß.
Ich habe Wort gehalten und sprach zu Ihnen mit völliger Offenheit, ohne Geziertheit oder übermäßige Diplomatie, als Freund, als Bruder, als Kubaner und als Venezolaner.
Ich danke Ihnen zutiefst für die großzügige Aufmerksamkeit, die Sie mir gewidmet haben.
Immer bis zum Sieg!
Exzellenz Herr Hugo Chávez Frías, Präsident der Bolivarianischen Republik Venezuela;
Exzellenz Herr Präsident der Nationalversammlung der Bolivarianischen Republik Venezuela;
Exzellenz Herr Präsident des Obersten Gerichtshofs;
Exzellenz Herr Präsident und weitere Mitglieder des Republikanischen Moralischen Rates;
Exzellenz Herr Präsident des Nationalen Wahlrates;
Exzellenzen Botschafter, ehrenwerte Geschäftsträger und Vertreter der im Land akkreditierten internationalen Organisationen;
Ehrenwerte Parlamentarier und Abgeordnete der Nationalversammlung;
Hohe kirchliche und militärische Würdenträger;
Meine Damen und Herren;
Venezolaner:
Ich bin nicht hierhergekommmen, um eine protokollarische Pflicht zu erfüllen, oder weil durch die Tradition die Norm festgelegt ist, daß ein offizieller Gast das Parlament besucht; ich gehöre nicht zu dieser Art von Menschen, die nach Ehrerbietung trachten, Privilegien beanspruchen oder sich von Eitelkeiten treiben lassen. Wenn ich ein Land besuche, und besonders dann, wenn es sich um ein so geliebtes Brudervolk wie das venezolanische handelt, erfülle ich die Wünsche derjenigen, die meiner Ansicht nach dieses Land mit großer Würde und mit großem Mut repräsentieren.
Ich bedaure sehr, daß die alleinige Idee meiner Anwesenheit im Parlament von Venezuela, die durch die Gastgeber in das Programm aufgenommen wurde, für einige der illustren Mitglieder dieses Parlaments Anlaß zu Verdruß gab. Ich bitte Sie um Entschuldigung.
Ich muß höflich sein, doch ich werde keine übermäßig feine, diplomatische und gezierte Sprache verwenden. Ich werde mit Worten der freien Offenheit und der ehrlichen Aufrichtigkeit sprechen.
Es ist nicht das erste Mal, daß ich das venezolanische Parlament besuche, denn ich machte dies bereits vor mehr als 41 Jahren. Doch es wäre unzutreffend, wenn ich sagen würde, daß ich zur selben Institution zurückkehre, oder daß es sich bei demjenigen, der zurückkehrt, um den selben Gast von damals handelt. Der Realität am nächsten ist, daß ein veränderter Mann zu einem veränderten Parlament zurückkehrt.
Für meine Person habe ich weder irgendein Verdienst zu belegen noch mich für irgend etwas zu entschuldigen. Nur die Tatsache, daß ich damals 32 Jahre alt war und mit der Last der gesamten Unerfahrenheit eines Mannes kam, der mit Hilfe des Schicksals viele Risiken überlebt hatte. Glück zu haben bedeutet nicht ein Verdienst zu haben. Es ist etwas sehr Gewöhnliches unter den Menschen, Träume und Ideale zu hegen. Trotzdem haben nur wenige das seltene Privileg, die Realisierung dieser Träume und Ideale zu sehen, aber nicht einmal deshalb erlangen sie das Recht zu irgendeiner Prahlerei. Jenes Parlament, mit dem ich vor so langer Zeit die Ehre hatte zusammenzutreffen, hegte ebenfalls Illusionen und Hoffnungen. Monate vorher war es zu einem siegreichen Aufstand des Volkes gekommen. Alles hat sich seitdem verändert. Jene Illusionen und Hoffnungen sind zu Asche geworden. Auf jener Asche wuchsen die neuen Hoffnungen und erhob sich dieses neue Parlament. Wie in allen Epochen der Geschichte träumen die Menschen, und sie werden immer das Recht zum Träumen haben. Das große Wunder besteht darin, daß die Hoffnungen und Träume dieses noblen und heldenhaften Volkes sich einmal in Realitäten verwandeln.
Ich hege wie viele von Ihnen diese Träume und gehe von der Idee aus, daß in Venezuela am Ende der letzten vier Jahrzehnte außergewöhnliche Dinge geschehen sind. Venezolaner, die zu anderen Zeiten gegeneinander kämpften, sind zu revolutionären Verbündeten geworden, Guerilleros wurden zu hervorragenden Politikern und Soldaten zu kühnen Staatsmännern, welche die Flaggen hissen, die eines Tages dieses Land mit Ruhm erfüllten.
Es steht mir nicht zu, diejenigen zu beurteilen, die von der Linken zur Rechten überwechselten; genausowenig wie diejenigen, die – möglicherweise ausgehend von einer aufrichtigen konservativen Haltung – am Ende das Volk ausplünderten und betrogen. Es ist nicht mein Ziel und ich kann mir nicht das Recht anmaßen, zum Richter für die Akteure des von Ihnen durchlebten Dramas zu werden. Wir Menschen sind alle vergänglich und fast immer fehlbar, und zwar einschließlich derer, die im guten Willen handeln. Ich möchte mich nur auf das Recht berufen, das Martí uns Kubanern vererbte: Das Verspüren einer enormen Bewunderung für Venezuela und für den, der der größte Träumer und Staatsmann unserer Hemisphäre war, Simón Bolívar. Er war fähig, sich ein lateinamerikanisches, unabhängiges und vereintes Amerika vorzustellen und dafür zu kämpfen. Er war niemals prokolonialistisch oder monarchistisch eingestellt, nicht einmal zu den Zeiten, als die Patriotischen Juntas gegründet wurden als Akt der Rebellion gegen das Aufzwingen eines ausländischen Königs auf dem spanischen Thron. Dies wurde durch den Schwur von Monte Sacro bewiesen. Fast seit seiner Jugend war er ein entschiedener Anhänger der Unabhängigkeit, zu einem so frühen Zeitpunkt wie im Jahr 1805. Er befreite mit seinem Schwert die Hälfte Südamerikas und garantierte in der historischen Schlacht von Ayacucho mit seinen von ihm geschaffenen Truppen von unbesiegten Bewohnern des Tieflandes und mutigen Soldaten des Großen Kolumbiens unter der direkten Führung des unsterblichen Sucre die Unabhängigkeit des verbleibenden Südens und Zentrums von Amerika. Zur damaligen Zeit bestanden die Vereinigten Staaten, wie wir alle wissen, aus einer Gruppe von kurz zuvor befreiten englischen Kolonien und befanden sich in voller Expansion. Im Hinblick auf sie war der geniale venezolanische Führer in der Lage vorherzusagen, „...daß sie durch die Vorsehung dazu bestimmt scheinen, Amerika im Namen der Freiheit mit Elend heimzusuchen."
Ich verstehe vollkommen die Verschiedenheit von Interessen und Kriterien, die heutzutage unvermeidbarerweise in Venezuela existieren.
Es wird berichtet, daß Napoleon Bonaparte während seines Feldzuges in Ägypten bei einer Ansprache an seine Truppen vor der Schlacht der Pyramiden sagte: „Soldaten, von der Höhe dieser Pyramiden schauen vierzig Jahrhunderte auf euch hinab."
Als Gast, dem die unermeßliche Ehre zuteil wurde, dazu eingeladen worden zu sein, zu Ihnen zu sprechen, würde ich es wagen, Ihnen mit der größten Bescheidenheit zu sagen: Venezolanische Brüder und Schwestern, 41 Jahre und 10 Monate Erfahrung im unermüdlichen Kampf gegen die Feindseligkeit und die Aggressionen des mächtigsten jemals auf der Erde existierenden Imperiums bewundern und teilen von diesem Podium aus die harte und schwierige Schlacht, die Sie, inspiriert von Bolívar, heute schlagen.
In bezug auf die Beziehungen zwischen Kuba und Venezuela wurde oftmals das rechthaberische Argument vorgebracht, daß man in Venezuela die Absicht habe, das revolutionäre Modell Kubas einzuführen. Kurz vor dem Plebiszit über die Annahme oder Ablehnung des Entwurfs einer neuen venezolanischen Verfassung wurde so viel über dieses Thema gesprochen, daß ich mich der Notwendigkeit gegenübersah, eine Gruppe von bedeutenden venezolanischen Journalisten einzuladen, um uns in Vertretung von wichtigen Radiostationen, Fernsehsendern und Zeitungen die Ehre eines Besuchs zu erweisen. Diejenigen, die Kuba auf zynische Weise als ein teuflisches Gespenst, wie es in den groben Lügen des Imperialismus dargestellt wird, in diese Angelegenheit verwickeln wollten, verliehen uns das Recht, dieses Treffen durchzuführen.
In einer schlaflosen Nacht, wie ich sie nicht einmal in den fieberhaften Zeiten als kurz vor dem Abschluß stehender Student verbrachte, las und unterstrich ich die wichtigsten Konzepte jenes Verfassungsentwurfs und verglich sie mit denjenigen unserer eigenen Verfassung. Mit der kubanischen Verfassung in der einen Hand und dem venezolanischen Verfassungsentwurf in der anderen zeigte ich die tiefgreifenden Unterschiede zwischen der einen und der anderen revolutionären Konzeption auf. Ich spreche von revolutionär, weil beide dies sind: beide zielen auf ein neues Leben für ihre Völker, beide wollen radikale Veränderungen, ersehnen Gerechtigkeit und trachten nach der engen Vereinigung desjenigen Amerikas, das Martí so definierte: „Was könnte man noch mehr sagen, es ist nicht einmal notwendig, es auszusprechen, nämlich daß es vom Río Bravo bis nach Patagonien nur ein einziges Volk gibt!" Beide kämpfen mit Standhaftigkeit für die Bewahrung der Souveränität, Unabhängigkeit und kulturellen Identität jedes einzelnen von unseren Völkern.
Unsere Verfassung stützt sich hauptsächlich auf das gesellschaftliche Eigentum der Produktionsmittel, die Programmierung der Entwicklung, die aktive, organisierte und massenhafte Teilnahme aller Bürger an der politischen Handlung und dem Aufbau einer neuen Gesellschaft, die enge Einheit des gesamten Volkes unter der Leitung einer Partei, die Normen und Prinzipien garantiert, aber die Vertreter des Volkes in den Organen der Staatsmacht weder aufstellt noch wählt, denn diese Aufgabe obliegt vollkommen den Bürgern mittels ihrer Massenorganisationen und festgelegten Rechtsmechanismen. Die venezolanische Verfassung stützt sich auf das Schema einer Marktwirtschaft und das Privateigentum erhält weitestgehende Garantien. Die berühmten drei Gewalten von Montesquieu, die als Hauptsäulen der traditionellen bürgerlichen Demokratie verkündet werden, wurden mit neuen Institutionen und Kräften ergänzt, um das Gleichgewicht bei der politischen Leitung der Gesellschaft sicherzustellen. Das Mehrparteiensystem wird als ein Grundelement festgelegt. Man mußte unwissend sein, um irgendeine Ähnlichkeit zwischen den beiden Verfassungen zu finden.
Bei jenem Treffen mit den venezolanischen Journalisten denunzierte ich die ersten Bewegungen der terroristischen kubanisch-amerikanischen Mafia aus Miami, um den Präsidenten Venezuelas zu ermorden. Jene Gangster glaubten auf ihre Art, daß Venezuela ein neues Kuba sein würde.
Ende Juli dieses Jahres, wenige Tage vor den letzten Wahlen, kam über die nationalen und internationalen Medien von Venezuela aus, eine neue kolossale Lüge in den Umlauf. Die venezolanischen Verbindungsleute der Cuban-American National Foundation hatten dazu beigetragen, die Verschwörung zu schmieden: „Kubanischer Deserteur denunziert die Präsenz von 1 500 Mitgliedern der kubanischen Geheimdienste in Venezuela, eingeschleust auf Straßen und in Kasernen...". Man fügte eine Menge von angeblichen Details hinzu. Die infame Kampagne kurz vor den Präsidentschaftswahlen wurde so geplant, daß sogar hochrangige Regierungsmitglieder von den Lügen des „kubanischen Deserteurs" sprachen. Das bedeutet, daß sie die angebliche Fahnenflucht eines Offiziers des kubanischen Geheimdienstes als reale Tatsache ansahen. Ein solcher Deserteur existierte nicht einmal. Es handelte sich um einen schlichten Faulenzer, der in der Vergangenheit Kuba verlassen hatte und vom Geschichten erzählen lebte. Er bat um Asyl und Schutz. Die Verschwörer hatten bereits fünf oder sechs weitere Personen bereitstehen, um die Geschichte und den Skandal Tag für Tag zu wiederholen, mit dem selben Mechanismus, bis zum Tag der Wahlen.
Erneut war Kuba in den Wahlkampf in Venezuela verwickelt, erneut gab es die Notwendigkeit, mit der Presse dieses Bruderlandes zu sprechen. Die Anprangerung und schnelle Aufdeckung der schaurigen Geschichte zerfetzten die Verschwörung.
Bei dieser Gelegenheit informierte ich über die reichhaltigen aus Miami stammenden Geldmittel, um die Kosten der Kampagne gegen die Wahl des Präsidenten Chávez zu tragen. Ich legte Daten und einige Namen vor, deren Verbreitung unverzichtbar war. Alle leugneten selbstverständlich. Einer von ihnen, mit einem gewissen Ruf als gebildeter und fähiger Beamter aus vergangenen Zeiten, schwor, daß die ihm zugewiesene Rolle absolut falsch sei. Ich wollte die Behauptung nicht wiederholen, obwohl ich im Besitz der präzisen Angaben über den Ort war und bin, an dem sie sich trafen und wo ihm eine halbe Million Dollar übergeben wurde, und über diejenigen, die das Geld nach Venezuela brachten und diejenigen, die es den Empfängern zukommen ließen. Ich wollte diese trübe und abstoßende Angelegenheit wirklich nicht aufwühlen. Es war nicht einmal notwendig. Die Verschwörer waren durch die Stimmen des Volkes am 30. Juli zerschmettert worden. Die Information blieb als Reserve, falls es notwendig sein würde, sie zu irgendeiner späteren Gelegenheit zu benutzen.
Sie hören weder damit auf, Kuba für Ziele der venezolanischen Innenpolitik zu benutzen, noch damit, unser Land für die Angriffe auf Chávez zu mißbrauchen, den unbestreitbaren und aufkommenden bolivarianischen Führer, dessen Handeln und Ansehen bereits bei weitem über die Grenzen seines Vaterlandes hinausreichen.
Ich bin sein Freund, und ich bin stolz darauf. Ich bewundere seinen Mut, seine Aufrichtigkeit und seine klare Vision der Probleme der heutigen Welt, und die außerordentliche Rolle, die Venezuela bei der lateinamerikanischen Einheit und dem Kampf der Länder der Dritten Welt auszufüllen hat. Ich sage dies nicht jetzt, wo er Präsident Venezuelas ist. Ich sah bereits voraus, was für ein Mann er war, als er noch im Gefängnis saß. Nur einige Monate nach seiner Entlassung lud ich ihn mit allen Ehren nach Kuba ein, auch auf das Risiko hin, daß diejenigen, die damals im Besitz der Macht waren, die Beziehungen zu Kuba abbrechen würden. Ich stellte ihn vor den Studenten vor, er sprach in der Aula Magna der Universität von Havanna und eroberte dort große Sympathien.
Mit seinem fulminanten von Volk getragenen Sieg 4 Jahre später – ohne einen Cent, ohne die üppigen Mittel der alten politischen Clique, deren Wahlkämpfe durch die gewaltigen Summen finanziert wurden, die vorher dem Volk gestohlen worden waren – zerschmetterte er seine Gegner, wobei er nur auf die Kraft seiner Ideen, seine Fähigkeit zur Übermittlung dieser Ideen an das Volk und die Unterstützung der kleinen Organisationen der fortschrittlichsten Kräfte Venezuelas zählen konnte. Auf diese Weise entstand eine außergewöhnliche Gelegenheit nicht nur für sein Land, sondern auch für unsere Hemisphäre.
Ich habe ihn nie um etwas gebeten. Niemals bat ich ihn darum, daß mein Vaterland, das seit mehr als 40 Jahren kriminell blockiert wird, in das Abkommen von San José einbezogen wird. Im Gegenteil, ich bot ihm immer die bescheidene Zusammenarbeit Kubas in jeglichem Bereich an, der für Venezuela nützlich sein könnte. Die Initiative lag vollkommen auf seiner Seite. Ich erfuhr zum ersten Mal davon, als er bei einem Gipfeltreffen der Vereinigung der Karibischen Staaten in der Dominikanischen Republik im April 1999 davon sprach. Er drückte ebenso seinen Wunsch aus, daß einige Länder der Karibik einbezogen würden, die nicht durch jenes Abkommen begünstigt wurden. Er ist die Verbindungsbrücke gewesen zwischen Lateinamerika und den würdigen Völkern der Karibik, ausgehend von seiner tiefgehenden Identifizierung mit dem Denken Bolívars.
Ich bin mir darüber bewußt, daß mein Besuch in Venezuela das Objekt von giftigen Kampagnen jeder Art war. Man beschuldigt Präsident Chávez, uns Erdöl schenken zu wollen und daß das Abkommen von Caracas ein schlichter Vorwand sei, um Kuba zu helfen. Wenn es so wäre, würde dies ein Denkmal von der Höhe des Mount Everest verdienen, denn Kuba wurde – mit Ausnahme Mexikos - durch alle Regierungen dieser Hemisphäre, die den USA untergeordnet waren, isoliert, verraten und blockiert, einschließlich von Venezuela, das damals regiert wurde durch den ersten verfassungsmäßigen Präsidenten nach dem Volksaufstand vom 23. Januar 1958 und der Gründung der Patriotischen Junta, die den Wahlen jenes Jahres vorstand. Unser Volk verteidigte gegenüber von Blockaden, schmutzigem Krieg, Söldnerinvasionen und der Bedrohung von direkten Angriffen mit Ehre sein Vaterland, den ersten Schützengraben Amerikas, wie ihn Martí sah, als er kurz vor seinem Tod auf dem Schlachtfeld bekannte, daß all das, was er im Laufe seines fruchtbaren Lebens tat, dazu gedient habe, „...mit der Unabhängigkeit Kubas rechtzeitig zu verhindern, daß sich die Vereinigten Staaten über die Antillen ausbreiten und mit der auf diese Weise ausgedehnten Macht in die Länder Unseres Amerikas einfallen."
Niemand von denen, die in Venezuela Chávez jener Absichten beschuldigen, hat jemals irgendeine Schlacht gegen den völkermörderischen Versuch geschlagen, das kubanische Volk durch Hunger und Krankheiten zu töten. Sie vergessen, daß Chávez zu dem Zeitpunkt, als die Erdölpreise äußerst niedrig waren und Venezuela eine kritische wirtschaftliche Situation durchlitt, die OPEC wiederbelebte und ihr neue Dynamik verlieh. Durch die Maßnahmen der OPEC verdreifachten sich innerhalb von weniger als zwei Jahren die Preise.
Es trifft zu, daß der momentane Preis, der von den industrialisierten und reichen Ländern perfekt ertragen werden kann, mehr als einhundert Länder der Dritten Welt in größerem oder geringerem Maße hart trifft, während die Einnahmen Venezuelas und der weiteren erdölproduzierenden Länder beträchtlich angestiegen sind. Das ist etwas, das Chávez für seinen Teil mit dem Abkommen von Caracas zu kompensieren versuchte, das, wie Sie wissen, einer Gruppe von Ländern der Karibik und Mittelamerikas Möglichkeiten bietet, einen Teil des Preises auf Kreditbasis zu zahlen, mit geringen Zinsen und langen Rückzahlungsfristen. Das ist ein gutes Beispiel, das andere erdölexportierende Länder berücksichtigen sollten.
Diejenigen, die ihn wegen dieser intelligenten und gerechten Aktion beschuldigen, die nur einen kleinen Teil der durch die momentanen Preise von Venezuela erzielten Einnahmen betrifft, reagieren auf eine extrem egoistische und kurzsichtige Weise. Sie berücksichtigen absolut nicht, daß die OPEC ohne die Hilfe der Dritten Welt nicht fähig wäre, lange Zeit dem enormen Druck durch die reichen Industriestaaten zu widerstehen, die hauptsächlich durch der Steigerung der Benzinpreise für ihre Milliarden von Autos und motorisierten Fahrzeuge gequält werden.
Die Umweltproblematik und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der ärmsten Länder rauben ihnen nicht den Schlaf.
Andererseits versucht man ebenfalls zu ignorieren, daß unser Land mit einzigartigem Stoizismus und einem eisenharten Kampfeswillen zehn schreckliche Jahre der Spezialperiode durchgehalten hat. Nach dem Verlust seiner Märkte und Lieferungen jeder Art vollführte unser Land die Heldentat, nicht nur zu überleben, sondern heute pro Kopf über mehr Ärzte, Lehrer, Dozenten und Ausbilder für Körperkultur und Sport zu verfügen als jedes andere Land der Welt, und andere Kennziffern sozialer und menschlicher Art aufzuweisen, die höher sind als diejenigen vieler industrialisierter und reicher Länder. Kubas soziale Entwicklung ist ein Beispiel für viele, Grund zu Haß und Wut seitens der hegemonialen Supermacht und ein unwiderlegbarer Beweis dafür, was ein vereintes und revolutionäres Volk mit geringsten Ressourcen erreichen kann.
Ebenso scheinen die Feinde und Verleumder zu ignorieren, daß Kuba seine Erdölproduktion beschleunigt steigert und sich innerhalb von relativ kurzer Zeit mit Erdöl und Gas selbst versorgen kann. Die Zusammenarbeit mit Venezuela im Energiebereich, bei der Kuba fortgeschrittene Technologien für eine größere Förderung und Nutzung unseres Erdöls erhalten wird, wird für sich genommen schon eine unschätzbare Hilfe darstellen, und der Brennstoff, den Venezuela uns unter den Bedingungen liefert, die in den Verpflichtungen festgelegt sind, die wir ausgehend von dem Abkommen von Caracas unterzeichnen werden, wird rigoros in frei konvertierbarer Währung und mit Gütern und Dienstleistungen bezahlt, die zweifellos von außerordentlichem Wert für das venezolanische Volk sind.
Unsere Kooperation mit Venezuela wird von Idealen inspiriert, die weit über einen einfachen Handelsaustausch zwischen zwei Ländern hinausgehen. Gemeinsam ist uns das Bewußtsein von der Notwendigkeit der Einheit der lateinamerikanischen und karibischen Völker und des Kampfes für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung, die allen Völkern zugute kommt. Es handelt sich nicht um einen schriftlich ausgefertigten Vertrag, sondern um Ziele, die unserem Handeln bei den Vereinten Nationen, in der Gruppe der 77, der Blockfreienbewegung und anderen wichtigen internationalen Institutionen entspringen.
In der Außenpolitik von jedem der beiden Länder drückt sich die Gemeinsamkeit der Vorhaben auf beredte Weise in der Ablehnung der neoliberalen Politikansätze und im Kampf für die wirtschaftliche Entwicklung und die soziale Gerechtigkeit aus.
Diejenigen, die sich so sehr bemühen, über die vorbildlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern Lügen und Verleumdungen zu verbreiten und gegen sie Verschwörungen anzuzetteln, den offiziellen Besuch der kubanischen Delegation zu behindern und den Sinn der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Kuba und Venezuela zu verzerren, sollten dem venezolanischen Volk erklären, warum in einem Land mit solch enormen Ressourcen und einem arbeitsamen und intelligenten Volk die Armut in der Bevölkerung die gigantische Ziffer von fast 80 % erreicht.
Ich werde nur einige katastrophale Beispiele nennen:
Laut Quellen der CEPAL und der Gemeinschaft der Andenländer erhöhte sich die Zahl der Armen, die vor einem Jahrzehnt bereits einen Anteil von 70 % an der Gesamtbevölkerung hatten, acht Jahre später auf einen Anteil von mehr als 77 %: unter diesen stieg der Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen von 30 % auf 38 %. Die Arbeitslosigkeit stieg auf 15,4 % und die prekären Arbeitsverhältnisse des informellen Sektors umfassen 52 % aller Arbeitskräfte.
Frühere offizielle Daten zeigten Analphabetenraten von weniger als 10 %. Offizielle Quellen des venezolanischen Bildungsministeriums schätzen, daß die reale Analphabetenquote heutzutage 20 % der Bevölkerung umfaßt.
50 % der jungen Menschen unterbrechen ihre Studien aus wirtschaftlichen Gründen, 11 % wegen der schulischen Leistungen und 9 % wegen des Fehlens von Chancen. Diese Angaben belegen einen Prozentsatz von 70 % betroffenen jungen Schülern und Studenten.
Allein in den letzten 21 Jahren gab es in Venezuela eine Kapitalflucht von 100 Milliarden Dollar, eine wahrhafte Ausblutung der für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes unverzichtbaren venezolanischen Finanzressourcen.
Es gibt eine große Menge von Zahlen unterschiedlicher Herkunft, die nicht immer übereinstimmen. Es ist unmöglich, all das Unheil einzubeziehen, das die Bolivarianische Revolution geerbt hat. Es gibt trotzdem eine Zahl, deren Nennung man nicht vermeiden kann und die dieses Unheil in nahezu mathematischer Weise belegen kann: die Angabe bezüglich der Kindersterblichkeit, ein höchst sensibles Thema von menschlichem und sozialem Charakter.
Die Angaben der UNICEF belegen, daß 1998 die Sterblichkeitsziffer bei Kindern bis zu einem Jahr den Wert von 21,4 pro 1 000 Lebendgeborenen erreichte. Diese Zahl erhöht sich auf 25 pro 1 000 Lebendgeborenen, wenn man auch diejenigen einbezieht, die vor dem Erreichen des fünften Lebensjahres sterben. Wieviele venezolanische Kinder hätten überleben können, wenn ausgehend von dem fast gleichzeitig mit der Kubanischen Revolution im Jahr 1959 begonnenen politischen Prozeß in Venezuela die Kindersterblichkeit in dem Rhythmus und auf dem Niveau abgesenkt worden wäre, wie dies in Kuba erreicht wurde, das diese Sterblichkeitsziffer von etwa 60 auf 6,4 bei Kinder bis zum ersten Lebensjahr und von 70 auf 8,3 bis zum Erreichen des fünften Lebensjahres reduzieren konnte? Diese Angaben ergeben, daß in diesem Zeitraum von 40 Jahren zwischen 1959 und 1999 in Venezuela 365 510 Kinder starben, die man hätte retten können. In Kuba - mit einer Bevölkerungszahl, die 1959 nicht einmal 7 Millionen erreichte - hat die Revolution das Leben von Hunderttausenden von Kindern gerettet, und zwar dank der Reduzierung der Kindersterblichkeitsrate, die heutzutage unter der, der Vereinigten Staaten liegt, dem reichsten und weitentwickeltsten Land der Welt. Keines dieser geretteten Kinder ist ein Analphabet, wenn es das siebte Lebensjahr erreicht, und Zehntausende haben bereits ihren Universitäts- oder Fachschulabschluß erlangt.
Allein im Jahr 1998, in dem die verhängnisvolle Etappe beendet wurde, die der Bolivarianischen Revolution voranging, starben in Venezuela 7 951 Kinder vor dem Erreichen des ersten Lebensjahres, die man hätte retten können. Diese Zahl erhöht sich auf 8 833, wenn man die Altersstufen bis zum fünften Lebensjahr einbezieht. Ich habe in allen Fällen exakte Zahlen genannt, ausgehend von offiziellen Daten, die von UN-Institutionen veröffentlicht wurden.
Eine solche Zahl von in einem Jahr gestorbenen venezolanischen Kindern übersteigt diejenige der Soldaten beider Seiten, die zusammengezählt in den Schlachten von Boyacá, Carabobo, Pichincha, Junín und Ayacucho fielen, fünf der wichtigsten und entscheidendsten Schlachten der von Bolívar geführten Unabhängigkeitskriege, laut den bekannten historischen Angaben, auch wenn die Sieger in ihren Kriegsberichten aus taktischen Gründen die Zahlen der gegnerischen Verluste erhöhten und die der eigenen Verluste verringerten oder verschwiegen.
Wer tötete diese Kinder? Welcher der Schuldigen ging dafür ins Gefängnis? Wer wurde des Völkermordes angeklagt?
Die Dutzenden Milliarden Dollar, die von korrupten Politikern veruntreut wurden, bedeuten einen Völkermord, denn die Gelder, die sie dem Staat rauben, töten eine unschätzbare Zahl von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die durch vermeidbare und heilbare Krankheiten sterben.
Eine solche gegenüber dem Volk wahrhaft völkermörderische politische und soziale Ordnung, bei der die Volksproteste mit Schüssen und Massaker unterdrückt werden, wird vor der Weltöffentlichkeit als Modell für Freiheit und Demokratie präsentiert.
Die Kapitalflucht bedeutet ebenfalls einen Völkermord. Wenn die finanziellen Ressourcen eines Landes der Dritten Welt in ein Industrieland geschafft werden, gehen die Reserven zur Neige, stagniert die Wirtschaft, steigt die Arbeitslosigkeit und die Armut, werden das Gesundheitswesen und die Bildung des Volkes am härtesten von dem Schlag getroffen, und dies alles führt zu Schmerz und Tod. Man braucht dies gar nicht genau zu errechnen: es ist hinsichtlich der materiellen und menschlichen Verluste kostspieliger als ein Krieg. Ist das gerecht? Ist das demokratisch? Ist das menschlich?
Das wahre Gesicht dieses Modells einer Gesellschaftsordnung kann man erkennen, wenn man in die großen Städte unserer Hemisphäre kommt, die voll sind von Slums, in denen Dutzende Millionen Familien unter unmenschlichen Bedingungen leben. Nichts davon geschieht im blockierten und diffamierten Kuba.
Wenn man mir erlauben würde, einige Gedanken anzustellen oder das laut zu sagen, was mir durch den Kopf geht, und wenn man dies nicht als Einmischung auffassen würde, dann würde ich Ihnen sagen: Ich habe immer geglaubt, daß Venezuela mit einer effizienten und ehrlichen Verwaltung in den letzten 40 Jahren eine ähnliche wirtschaftliche Entwicklung wie Schweden erreicht hätte. Man kann die Armut und die sozialen Mißstände nicht rechtfertigen, die aus offiziellen venezolanischen Dokumenten und Bulletins oder aus seriösen Zeitschriften internationaler Organisationen hervorgehen. Diejenigen, die Venezuela seit jenen Tagen regieren, als ich zum ersten Mal dieses Parlament besuchte, schafften die Bedingungen für das unvermeidliche Aufkommen des aktuellen revolutionären Prozesses. Diejenigen, die sich nach der Rückkehr in die verlorenen Jahre sehnen, werden niemals mehr das Vertrauen des Volkes gewinnen, wenn es der neuen Generation von Führern, die das Land heute leitet, gelingt, die Kräfte zu bündeln, die Reihen zu schließen und all das zu tun, was in ihren Händen liegt. Ist dies innerhalb des vor kurzem erarbeiteten und verabschiedeten verfassungsmäßigen und politischen Modells möglich? Meine Antwort lautet Ja.
Die enorme politische und moralische Autorität, die aus dem entspringt, was die Bolivarianische Revolution für das Volk machen kann, würde die reaktionären Kräfte politisch zerstören. Die Kultur und die revolutionären und patriotischen Werte, die dies im venezolanischen Volk schaffen würde, würden die Rückkehr zur Vergangenheit unmöglich machen.
Man könnte sich eine andere, absolut logische und sehr viel komplexere Frage stellen: Kann man unter dem Schema einer Marktwirtschaft ein höheres Niveau an sozialer Gerechtigkeit erreichen als das jetzige? Ich bin überzeugter Marxist und Sozialist. Ich denke, daß die Marktwirtschaft Ungleichheit, Egoismus, Konsumwahn, Verschwendung und Chaos erzeugt. Ein Minimum von Planung der wirtschaftlichen Entwicklung und von Festlegung der Prioritäten ist unbedingt notwendig. Doch ich bin auch der Meinung, daß die Bolivarianische Revolution in einem Land mit den enormen Ressourcen wie denen Venezuelas in der Hälfte der Zeit 75 % dessen erreichen kann, was Kuba, ein blockiertes Land mit unendlich weniger Ressourcen als Venezuela, seit dem Sieg der Revolution erreichen konnte. Dies bedeutet, daß es im Bereich der Möglichkeiten dieser Regierung läge, das Analphabetentum in wenigen Jahren vollständig auszumerzen, eine Bildung von hoher Qualität für alle Kinder, Heranwachsenden und Jugendliche und eine allgemeine höhere Kultur für die Mehrheit der Bevölkerung zu erreichen, eine optimale ärztliche Betreuung für alle Bürger sicherzustellen, Beschäftigung für alle Jugendlichen bereitzustellen, die Unterschlagung zu eliminieren, die Verbrechensrate auf ein Minimum zu reduzieren und würdige Wohnungen für alle Venezolaner zu besorgen.
Eine rationale Verteilung der Reichtümer mittels angemessener Steuersysteme ist innerhalb einer Marktwirtschaft möglich. Dies erfordert, daß alle Mitglieder der revolutionären Organisationen und alle revolutionären Kräfte sich vollständig der Arbeit widmen. Das sagt sich leicht, doch in der Praxis stellt dies eine äußerst schwierige Arbeit dar. Meiner Meinung nach hätte Venezuela auf kurze Sicht keine andere Alternative. Andererseits befinden sich nicht weniger als 70 % der wichtigsten Reichtümer im Besitz der Nation. Es gab nicht genügend Zeit für den Neoliberalismus, um alles an das ausländische Kapital zu übergeben; man braucht deshalb nichts zu verstaatlichen.
Die Periode, die wir heute durchschreiten und in Kuba dabei sind zu überwinden, hat uns verdeutlicht, wie viele Varianten bei der Entwicklung der Wirtschaft und bei der Lösung der Probleme möglich sind. Es genügt, daß der Staat seine Rolle ausfüllt und den Interessen der Nation und des Volkes Vorrang verleiht.
Wir haben ungemein viele praktische Erfahrungen darüber abgehäuft, mit wenig viel zu machen und eine erhöhte politische und soziale Wirkung zu erreichen. Es gibt weder ein Hindernis, das man nicht überwinden kann, noch ein Problem, dessen Lösung unmöglich ist.
Um objektiv zu sein, muß ich noch meine Ansicht hinzufügen, daß heute in Venezuela nur ein Mann einen solch komplexen Prozeß anführen könnte, nämlich Hugo Chávez. Sein absichtlich zugefügter oder zufälliger Tod würde diese Möglichkeit zerstören und das Chaos bringen. Und er trägt freilich – ich habe ihn nach und nach besser kennengelernt – nichts zu seiner eigenen Sicherheit bei. Er ist absolut widerspenstig gegenüber einem Minimum an angemessenen Maßnahmen in diesem Sinne. Helfen Sie ihm, und seine Freunde und sein Volk sollen ihn überzeugen. Sie sollten nicht den geringsten Zweifel daran haben, daß seine Gegner im In- und Ausland versuchen werden, ihn umzubringen. Das sagt ihnen jemand, der die einzigartige Erfahrung durchlebt hat, das Ziel von mehr als sechshundert Verschwörungen gewesen zu sein, mit größerem oder geringerem Ausmaß, um mich zu ermorden. Ein wahrhaft olympischer Rekord!
Ich kenne sie zu gut und weiß, wie sie denken und handeln. Diese Reise nach Venezuela ist hierbei nicht die Ausnahme. Ich weiß, daß sie einmal mehr mit der Idee gespielt haben, irgendeine Möglichkeit zu finden, ihre gescheiterten Vorsätze in die Tat umzusetzen. Das hat wirklich keinerlei Bedeutung. Im Gegensatz zu dem, was zur Zeit mit dem venezolanischen Prozeß geschieht, gab und gibt es in Kuba immer jemanden, sogar viele, die meine Aufgabe erfüllen können. Ich habe außerdem viele glückliche Jahre des Kampfes durchlebt und habe gesehen, wie ein Großteil meiner Träume in Erfüllung gegangen sind. Ich bin nicht wie Chávez, ein junger Führer, der voll des Lebens ist und der die Bewältigung großer Aufgaben vor sich hat. Er ist es, der auf sich aufpassen muß.
Ich habe Wort gehalten und sprach zu Ihnen mit völliger Offenheit, ohne Geziertheit oder übermäßige Diplomatie, als Freund, als Bruder, als Kubaner und als Venezolaner.
Ich danke Ihnen zutiefst für die großzügige Aufmerksamkeit, die Sie mir gewidmet haben.
Immer bis zum Sieg!
Donnerstag, 28. September 2000
Fidel Castro uf der antiimperialistischen Tribüne anlässlich des 40. Jahrestags der Gründung der Komitees zu Verteidigung der Revolution (CDR)
Rede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, erster Sekretär des Zentralkomitees der kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzener des Staatsrates und s Ministerrates, gehalten auf der antiimperialistischen Tribüne anlässlich des 40. Jahrestags der Gründung der Komitees zu Verteidigung der Revolution (CDR), Placio de las Convenciones, 28. September 2000
Liebe Genossinnen und Genossen!
Oft habe ich gesagt, daß ich mich kurz fassen würde, und fast nie erfülle ich dies (Lachen und Beifall), und, obwohl man bei einem Anlaß wie diesem an vieles erinnern kann, sage ich, daß ich mich kurz fassen werde, und ich werde versuchen, mich daran zu halten (Beifall).
Einem Teil von uns muß es bei der Erinnerung an den Tag, an dem die Komitees zur Verteidigung der Revolution gegründet wurden, genauso gegangen sein, beinahe genau um diese Uhrzeit, ein wenig früher, vor 40 Jahren. Wie viele Dinge geschehen in 40 Jahren, aber welch andere Zeiten waren dies.
Bei einer Massenveranstaltung vor dem alten Palacio entstand die Idee der Verteidigungskomitees wie durch eine plötzliche Inspiration angesichts des Krachens von vier Bomben: eine hier, eine dort, das war wie ein Bombardement, und ich frage mich: Wer legt diese Bomben und weshalb können sie sie legen? Es war die Zeit, in der es 300 konterrevolutionäre Organisationen gab. Ihr wißt, wer sie geschaffen hatte. Ich sage: Wie ist es möglich, daß sie sich, wenn das gesamte Volk die Revolution unterstützt, mit solcher Freiheit bewegen und in Minutenschnelle sogar vier Bomben legen können?
Das war nicht ihre einzige schwere oder ernste Tat. An demselben Ort, an dem die Komitees gegründet wurden, hatten sie unter anderem ein Appartement voll mit Bazookas, Maschinengewehren und so organisiert, um zu versuchen, dort die Hälfte der Revolutionsführer zu liquidieren. Sie waren kurz davor, haben aber ihr Ziel nicht erreicht.
In jener Zeit siegte die Revolution, es gab keine Organisation - unsere kleine Armee löst sich praktisch in einer Masse neuer Kämpfer auf, die die Waffen ergriffen, die Kasernen besetzten, und binnen einiger Wochen wuchs sie auf 40 000 Mann; sagen wir, unsere Armee wuchs um das Zehnfache -, die Menschenmassen waren auf der Straße, es war chaotisch. Das Schlimmste aber war, daß noch alles zu tun war.
Unsere Probleme waren damals die 30% Analphabeten, der Mangel an Schulen, der Mangel an medizinischer Versorgung, der Mangel an sozialer Absicherung, der Mangel an Arbeitsplätzen, die notwendige Wiederbeschaffung aller Güter, die während sieben Jahren gestohlen worden waren.
Ich sagte einmal, daß dies am 10. März 1952, mit dem Tag des Staatsstreichs, beendet wurde, weil, wenn wir weiter zurückgegangen wären, die Hälfte der Republik hätten enteignen müssen, und tatsächlich wollten wir die Maßnahmen zur Wiederbeschaffung nicht in dem Ausmaß betreiben, wie wir es hätten tun können, zurück bis zur Gründung jener Karikatur einer Republik im Jahr 1902, denn ich glaube, wir hätten sogar viele Urenkel enteignen müssen.
Es gab das, was wir in jener Zeit eine Art Amnestie für die Zeit vor dem 10. März nannten. Übrigens hat uns das nicht groß geschadet, weil viele dieser Diebe nicht lange damit warteten, nach Miami zu reisen, und dann hinterließen sie uns als Erbe all das, was sie gestohlen hatten. Andere, deren Reichtümer anderen Ursprungs waren, gingen ebenfalls fort, wobei sie dachten, daß sie in fünf Monaten, sechs Monaten, allerhöchstens in einem Jahr zurückkehren würden. Wie hätten sie die Zukunft erahnen können? Sie sahen nur eine Gruppe Verrückter, die neben einem so mächtigen Nachbarn Dinge unternahmen, und daß so etwas nicht lange andauern konnte. Also diese hinterließen uns ebenfalls als Erbe eine große Menge von Gütern; dazu kamen in jenen Tagen noch die Gesetze der Wohnungsreform, der Agrarreform und viele weitere revolutionäre Dinge.
Wie viele Schulen gab es aber im Land? Wie viele Lehrer? Wir wußten, daß 10 000 arbeitslos waren und ein großer Anteil der Kinder weder Schulen noch Lehrer hatten.
Von Anfang an begann die Politik der Yankees das Land der Fachleute, Ärzte, Lehrer, Professoren, usw. zu berauben, Hunderttausende, die sich nach der Gelegenheit gesehnt hatten, in die Vereinigten Staaten zu reisen, um Arbeit zu finden, oder um unter wesentlich besseren Lebensbedingungen zu leben, als sie sich in unserem Land erhoffen konnten, bzw. die unser Land in jener Zeit bieten konnte.
In jener Zeit wurden auch jährlich Zehntausende Autos ins Land geschmuggelt. Sie kauften sie dort gebraucht, total billig für 300 oder 400 Dollar, und verkauften sie hier für 1 500 oder 2 000, wodurch sie das Land mit einem phantastischen Bedarf an Kraftstoff, Ersatzteilen, usw. usf. belasteten.
Ich erwähne dies, weil die Lage am Nachmittag des 28. September 1960 so aussah, unmittelbar gab es weitere Warnungen, bewaffnete Banden, Söldner wurden angeworben, um in das Land einzufallen, und etwas, das nie fehlgeschlagen war, nämlich der Sturz jeglicher fortschrittlichen oder revolutionären Regierung in dieser Hemisphäre, wie es in Guatemala und anderen Orten geschehen war.
Das war unsere Situation und so wurden die Komitees zur Verteidigung der Revolution in jener Nacht, neben so vielen Dingen, die in den ersten Jahren der Revolution geschehen sind und die weiterhin geschehen, als Idee, als Gedankenblitz, als Inspiration geboren, denn der Revolutionär muß auch die Rolle der "Decimistas", der singenden Spontandichter, die wir so bewundern, übernehmen. Sie finden das präzise, genaue Wort, um einen Gedanken auszudrücken, und die Revolution hat uns alle zum Teil zu "Decimistas" gemacht: Die Notwendigkeit der - oft unmittelbaren - Suche nach den Lösungen angesichts neuer Probleme, obwohl wir nicht wirklich gegen neue Probleme kämpften. Wir kämpften gegen alte Probleme, alte Rezepte, gegen die, die der Imperialismus gewöhnlich überall anwendete.
In Kuba war es zunächst der imperialistische, interventionistische Krieg; nachdem viele Jahre lang alles möglich unternommen wurde, um die Unabhängigkeit Kubas zu verhindern, indem Waffen, Schiffe abgefangen wurden, intervenieren sie auf opportunistische Weise in einem Krieg, in dem sie keine Gegner hatten.
Manch einer kennt die Geschichte des Geschwaders von Cervera, bei dem sogar einige Maschinen der besten Schiffe reparaturbedürftig waren, wo neue Kanonen vorhanden waren, die noch aufgestellt werden mußten, und das sogar ohne ein Kohlen-Versorgungsschiff losgeschickt wurde. Außer U-Booten und nuklear betriebenen Flugzeugträgern haben die Schiffe selbst heute noch überall auf der Welt Schiffe zur Versorgung mit Treibstoff dabei, und diese so kriegerischen Herren, die Politiker, die jenes Land oder jene Metropole regierten, schickten diese Schwadron ohne ein Schiff zur Versorgung mit Kohle los. Alles war improvisiert, unüberlegt. Sie befanden sich dort in Santiago de Cuba. Danach gaben sie die selbstmörderische Order zur Ausfahrt, als sie mit den Kanonen jener Schwadron und der Marineinfanterie, die sie begleitete und die die Stadt Santiago de Cuba verteidigte, viele andere Dinge hätten tun können. Vor der engen Ausfahrt aus der Bucht lag der ganze Verband der Yankees mit überlegener Artillerie, unvergleichlich festerer Panzerung, einfach stärker; er schoß jene Schiffe, die den Befehl mit großem Mut, großer Unerschütterlichkeit, bewundernswerter Tapferkeit und Heldentum ausführten, eines nach dem anderen ab.
Jener Krieg kostete sie nichts. Die Befreiungsarmee half ihnen bei der Landung, kooperierte mit ihnen, kämpfte an ihrer Seite bei der Eroberung der Festung von El Caney, von El Viso und später bei der Eroberung von San Juan. Viele Kubaner starben bei diesen Gefechten und als Belohnung für all dies ließen sie nicht einmal nach Santiago de Cuba einrücken. Was sie taten, war etwas Schreckliches in der Geschichte unseres Landes, und außerdem nahmen sie alles an sich.
Dasselbe taten sie in diesem Jahrhundert, sie taten es in Santo Domingo, sie taten es in Haiti, sie taten es in Nicaragua, sie taten es, wo immer sie wollten, und mehr als einmal. Und sie haben es selbst nach dem Sieg der Kubanischen Revolution im Jahr 1959 getan: Sie haben in Santo Domingo interveniert, als eine Revolution im Begriff war, zu siegen; sie haben in Grenada interveniert, weil es ihnen danach war, unter dem Vorwand, einige Studenten seien angeblich in Gefahr gewesen, und um eine Aktion im Mittleren Osten - ich glaube im Libanon -, bei der einige US-amerikanische Marines getötet worden waren, zu vergelten. Sie rächten sich an der Insel Grenada; danach intervenierten sie in Panama; sie organisierten die schmutzigen Kriege gegen Nicaragua; sie unterstützten ein sehr hartes Regime, eine sehr blutige Regierung in einem anderen zentralamerikanischen Land, in El Salvador; sie intervenierten in den Krieg in Guatemala. Überall haben sie interveniert.
Bei uns sind sie in der Schweinebucht eingefallen, sie haben uns von Anfang an blockiert, sie waren kurz davor, einen wirklichen Atomkrieg zu provozieren. Wir erlebten die reale Gefahr des Ausbruchs eines solchen Kriegs als Folge der überheblichen Politik, die sie seit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgten. Und je reicher und mächtiger sie waren, um so eher zeigten sie ihre Neigung zur bewaffneten Intervention.
Wir alle wissen, was sie in Vietnam getan haben. Das hat 4 Millionen Vietnamesen das Leben gekostet. Und so haben sie haufenweise Interventionen in vielen Teilen der Welt durchgeführt.
Wir kämpften gegen alte Leiden.
Das besondere der Geschichte unserer Revolution scheint mir, daß wir all diesen Versuchen, sie zu zerstören, widerstanden haben, und in dieser Hinsicht war jener Tag, an dem die Komitees zur Verteidigung der Revolution gegründet wurden, ein wirklich historischer Tag.
Jedermann versteht, daß wir andere Aufgaben hatten, und daß das nicht die heutige Situation ist, daß das nicht die Welt von heute ist. Damals gab es zwei Weltmächte, die Technologie war weniger entwickelt, es gab kein Internet, es gab keine Informatik, es gab nichts; das Fernsehen gab es gerade seit kurzem, es gab keine globalisierte Welt und kein weltweites System, in dem die neoliberale Globalisierung dominiert, und das Imperium aus politischer, wirtschaftlicher, militärischer, technologischer und kultureller Sicht, wenn man das Gift, das sie über die Welt verbreiten, Kultur nennen kann, besaß nicht die unermeßliche Macht wie heute.
Heute ist es viel mächtiger, die Welt ist anders. Das sind die neuen Bedingungen, unter denen unser Volk und unsere Revolution ihren Kampf führen müssen. Ist das etwa schwieriger? Nein, es ist nicht schwieriger. Schwieriger war es, als das durchschnittliche Bildungsniveau unserer Bevölkerung beim Abschluß der, was weiß ich, dritten oder vierten Klasse lag, was mir hoch gegriffen erscheint. Niemand hat gründlich untersucht, und jemand sollte es tun, wie viele Bürger dieses Landes in jener Zeit die sechste Klasse mit Erfolg abgeschlossen hatten.
Ich bin davon überzeugt - ich habe es nicht ganz genau ausgerechnet -, daß es in unserem Land heute mehr Hochschulabsolventen gibt, als Menschen, die vor der Revolution die sechste Klasse abgeschlossen hatten.
Es gab keine allgemeine Bildung, es gab auch keine politische Erziehung, es gab keine politische Kultur, und unter diesen Bedingungen entstehen die Komitees zur Verteidigung der Revolution; Und die heutigen sind die neuen Bedingungen, unter denen die Komitees zur Verteidigung der Revolution, alle Massenorganisationen und unser ganzes Volk kämpfen müssen. Das sind ganz andere Bedingungen.
Eines Tages wird ausgiebig darüber gesprochen werden müssen, wie die Heldentat unseres Volkes, während dieser 40 Jahre zu widerstehen, möglich war. Soeben erwähnte Contino vier Jahrzehnte; aber unter diesen vier Jahrzehnten gibt es ein sehr schwieriges, die ersten Jahre des ersten Jahrzehnts; und ein weiteres Jahrzehnt war unserer Meinung nach das schwierigste von allen, das letzte der vier Jahrzehnte, jenes, das gerade vorbei ist.
Was haben wir heute? Wir haben heute eine Bevölkerung, die mindestens neun Schuljahre absolviert hat; wir haben heute ungefähr 700 000 Hochschulabsolventen, wir haben heute sogar in den abgelegensten Winkeln des Landes kleine Schulen. Es reicht aus zu sagen, daß es 600 Schulen mit fünf oder weniger Schülern und einem Lehrer gibt. Das heißt, es gibt keinen Winkel des Landes ohne eine kleine Schule und ohne Lehrer.
Jetzt versuchen wir, die Probleme zu lösen, die 1 962 abgelegene Schulen ohne Stromversorgung bedeuten. Wie viele Grundschulen gibt es? Von ungefähr 9 000 Grundschulen sind 1 962 an so abgelegenen Orten, daß sie, obwohl wir mehr als 90 Prozent des Landes elektrifiziert haben, ohne Stromversorgung sind. Natürlich haben sie nur sehr wenige Schüler. Die Gesamtzahl der Schüler dieser Schulen beträgt 30 000. Derzeit wird bei 300 Schulen die Stromversorgung installiert und diese 300 größten Schulen entsprechen 11 000 Schülern. Es verbleiben uns noch 19 000 Schüler ohne Stromversorgung für die Fernseher und Videos. Sie haben aber statt dessen besondere Literatur erhalten und in einer bestimmten Zeit werden sie mittels fotovoltaischer Zellen über ausreichend Strom für den Fernseher, das Videogerät und zwei Leuchtröhren verfügen. So schützen wir die Umwelt, geben keinen Cent für Brennstoff aus und beginnen, eine neue Technik in viele Winkel des Landes zu bringen. Und außer den genannten 19 000 Schülern, werden ungefähr 2 400 000 Schüler Strom und die audiovisuellen Mittel für den Unterricht haben.
Vergleicht das mit dem, was es früher gab. Es gab keine Lehrer, 10 000 waren arbeitslos. Wir haben 10 000 Stellen geschaffen und konnten sie nicht alle besetzen, weil nicht alle arbeitslosen Lehrer dazu bereit waren, zum unterrichten in die Berge, in abgelegene Winkel zu gehen. Es gab auch den Reiz der Vereinigten Staaten, die allen Lehrern und Professoren, die fort wollten, ein Visum gewährte, und vor die Entscheidung gestellt, in jener Zeit in die Berge von Baracoa, von Segundo Frente, der Sierra Maestra zu gehen, oder nach Miami, wählte ein Teil derer, die in jener Gesellschaft ausgebildet worden waren, deren Prinzip nicht die Solidarität, sondern eher der Individualismus war, diesen Weg.
Die 10 000 Stellen, die geschaffen wurden, hätten ausgereicht, es gab aber kein Personal. Also Lehrer improvisieren, Abiturienten in Schnellkursen zu Lehrern und Professoren ausbilden! Und diese gingen darauf ein.
Die Alphabetisierungskampagne stand bevor. Das war eine der Großtaten, die glaube ich noch nie einem anderen Land durchgeführt worden war. Und sie wurde hauptsächlich von den Studenten durchgeführt, 100 000 Studenten, Menschen, die sich freiwillig bereit erklärten, und die Grund- und Mittelschullehrer, die uns damals zur Verfügung standen - das waren 25 000 oder 30 000, ich kann das nicht mit Sicherheit sagen, irgend jemand könnte diese Zahlen ein wenig ergründen. Und inmitten der Alphabetisierungskampagne gab es die bewaffneten Banden im ganzen Land, und außerdem die Invasion in der Schweinebucht.
Die Banden waren einige Monate vor der Schweinebucht, in Voraussicht der Schweinebucht im Escambray-Gebirge schwer geschlagen. Die Invasion in der Schweinebucht fand mitten während der Kampagne statt. Wir begriffen auch, daß die Jugendlichen auf dem Land und in den Bergen sicherer sein würden als hier in der Hauptstadt, wenn es eine groß angelegte Invasion, einen Krieg geben sollte.
All dem stellten wir uns mit den Komitees zur Verteidigung der Revolution, dem Kubanischen Frauenbund, dem Kommunistischen Jugendverband, der Partei, die dabei war, sich zu organisieren; denn unsere Partei war der Zusammenschluß verschiedener revolutionärer Organisationen, von Jugendlichen, Mitgliedern des Partido Socialista Popular - einer alten Partei -, den Mitgliedern und Sympathisanten der Bewegung des 26. Juli und der Leitung der Revolution. Mit ihnen wurde die Einheit geschaffen und der erste Vorstand gebildet, es mußten aber noch die Parteimitglieder gebildet werden. Es gab Probleme mit Sektierertum. Es wurden Fehler, unvermeidbare Fehler begangen.
Ich erinnere mich daran, daß die Komitees zur Verteidigung der Revolution, die öffentlich gegründet worden waren, anfingen, sich heimlich zu organisieren - kaum jemand wird sich daran erinnern -, aber eine heimliche Massenorganisation ist etwas Verrücktes. Das waren tatsächlich Fehler einiger Genossen und wir fragten: Wie kann das eine Geheimorganisation sein? Unmöglich! Die Partei selbst organisierte sich fast im Untergrund, bis eines Tages das Verfahren eingeführt wurde, jedes Mitglied von den Massen bestätigen zu lassen.
Wir hatten, wie ich sagte, eine Zeit des Sektierertums. Es gab all diese Laster. Diese Dinge kommen bei allen Revolutionen vor. Aber glücklicherweise wurden sie überstanden.
Die Gewerkschaften erlangten große Einheit, große Stärke. Die Gewerkschaften, die es beim Sieg der Revolution gab, waren Gewerkschaften, die von den sogenannten "Mujalistas" geleitet wurden, das waren offizielle Gewerkschaftsführer; sie dauerten nur kurze Zeit, denn ich glaube sie hörten am Ersten Januar auf zu bestehen, als von Palma Soriano aus zum revolutionären Generalstreik aufgerufen wurde, das Land vollständig zum Stillstand kam und sogar die Beschäftigten des Radios Radio Rebelde hörten. Seit diesem ersten Januar gab es nur noch einen Radiosender, Radio Rebelde, das für das ganze Land sendete noch bevor die Lage in der Hauptstadt entschieden war. Es waren die letzten Manöver des Imperialismus, die Revolution verschwinden zu lassen, aber die schnelle, niederschmetternde Reaktion, der Generalstreik, der Befehl an alle Kolonnen, ohne Feuerpause weiter vorzumarschieren, führte dazu, daß nach 72 Stunden alle Kasernen des Landes besetzt waren. Sie hatten keine Chance.
Seither haben sie versucht, ihre Chance zu suchen, immer eine neue Chance; es sind aber 40 Jahre vergangen und sie haben täglich, das versichere ich euch, weniger Chancen (Beifall). Ich würde es wagen zu sagen, daß sie, wegen dem, was wir jetzt haben, weniger Chancen haben denn je. Das ist sehr ernst, und nicht gerade im Bereich der materiellen Reichtümer, sondern im Bereich des Reichtums, der für jede Veränderung wichtig ist, für jede Revolution, und vor allem für eine tiefgehende Revolution, für eine große Revolution, zu der unsere bescheidene Revolution, die am Ersten Januar siegte, geworden ist.
In diesem Zeitpunkt war es eine bescheidene Revolution, die mit äußerst bescheidenen Mitteln durchgeführt worden war, und deren historischer Ablauf euch allen bekannt ist. Der Krieg dauerte weniger als 24 Monate, wenn wir die Zerstreuung von Alegría del Pío und die Probleme, die wir hatten, um überlebensfähig zu werden, abziehen. Wir schafften es vor allem, nicht wegen unserer Stärke, sondern aufgrund unseres Trainings, unserer Kenntnis der Berge und wegen der beschleunigten Lehre, die wir jeden Tag erfuhren. Denn wir waren zu siebt, danach waren wir ein paar mehr, bis zu 17 im ersten Kampf
- 17 Gewehre, mindestens -, danach wurden wir wieder weniger, wir erlitten die eine oder andere Zerstreuung und fanden uns wieder zusammen. An einem Zeitpunkt waren wir wieder nur 12 und danach stieg unsere Zahl wieder, und nachdem all diese Zwischenfälle durchgestanden waren, hatten wir uns die erforderliche Erfahrung angeeignet, damit sie uns nicht mehr schlagen konnten, obwohl wir sehr wenige waren.
Ich sage, daß mit sehr bescheidenen Mitteln eine bescheidene Revolution gemacht wurde, die weiter kämpfte, weiter Erfahrungen sammelte, weiter im Umfang wuchs, bis sie dazu wurde, was sie heute ist. Heute ist es kein Volk der Analphabeten mehr, weil die durchschnittliche Bildungsstand der Abschluß der neunten Klasse ist, soviel zur Schuljahren. In bezug auf die politische Kultur könnten wir ein Zeugnis mit der Bestnote von 100 Punkten verleihen. Wir sind nicht das einzige Land, es gibt andere Länder, die große Heldentaten vollbracht haben; hier anwesend ist die Vertretung unserer geliebten Schwester, der Sozialistischen Republik Vietnam (Beifall), die mit ihrem Kampf und ihrem Sieg so viel auch zur Sicherheit unseres Landes beigetragen hat.
Ja, weil sich die Regierungen der Vereinigten Staaten nach der Oktoberkrise, nachdem die Welt am Rande eines Atomkriegs stand, auf den Krieg gegen Vietnam einließen. Sie begingen eine große Verrücktheit, die sie über 500 000 Leben kostete. Gleichzeitig aber kostete es das Leben von mindestens
4 Millionen Vietnamesen. Dazu kommen noch die Invaliden und die, die in Folge der Leiden jenes Kriegs und des Einsatzes chemischer Mittel usw. erkrankt sind.
Wir könnten aber sagen, daß, wenn sich um eine Revolution hier handelt, 90 Meilen von den Vereinigten Staaten entfernt und im Herzen einer Hemisphäre, die sie immer dominiert haben, und im Herzen des Westens, um unsere Revolution, dann kann man sagen, daß ihr Niveau politischer Kultur die Bestnote, 100 Punkte, erhält.
Ein jeder würde sagen, daß wir dem, was unser Volk heute weiß, zufrieden sind; ein jeder würde sagen, daß wir mit seiner politischen Kultur zufrieden sind; nein, ich erwähne das, was in entscheidenden Momenten seiner Geschichte erreicht wurde.
Man muß diese Dinge erwähnen, man muß einige Ereignisse erwähnen, man muß alle Massenorganisationen erwähnen, man muß unsere Partei erwähnen und man muß unsere Jugend erwähnen um zu verstehen, weshalb das Land während dieser vier Jahrzehnte widerstehen konnte, weshalb das Land bis zu diesem 40. Jahrestag der Gründung der Komitees zur Verteidigung der Revolution gelangen konnte.
Und die gelebten Phasen sind unterschiedlich. Als die bewaffneten Banden niedergeschlagen und die 300 konterrevolutionären Organisationen ausgeschaltet wurden; als die Invasion in der Schweinebucht niedergeschmettert wurde; als das Land standhaft den Risiken der Atomkrise widerstand und als wir uns auch nach einer angeblichen Lösung weigerten, daß sie dieses Land inspizierten oder Ähnliches unternahmen, oder daß die Militärflugzeuge der Vereinigten Staaten Tiefflüge durchführten, oder unsere Truppen zu entmobilisieren, nach all dem und nach dem großen Schreck, den viele unserer eigenen Gegner erlebt hatten, war eine etwas ruhigere Zeit zu genießen. Wir brauchten natürlich noch Jahre, um die letzte Bande aufzulösen. Man kann sagen, daß wir das einzige revolutionäre Land sind, daß die im Dienst des Imperialismus stehenden bewaffneten Banden auflösen konnte; das muß festgehalten werden. Neben anderen Faktoren haben es uns die angewandten Methoden, die Art des Kampfes, der Einsatz ausschließlich freiwilliger Kämpfer in diesem Kampf, denn alle waren Freiwillige, wie bei den internationalistischen Einsätzen, ermöglicht zu siegen und mit all dem aufzuräumen.
Jahrelang dauerten die Piratenangriffe an, die über verschiedene Orte durchgeführt wurden, von Mutterschiffen aus, Angriffe über einen Hafen, über einen anderen Ort, einen weiteren Ort, über noch einen anderen, die Einschleusung von Sprengstoff, Waffen, Sabotageakte, in Brand gesteckte Geschäfte, zerstörte Fabriken, Dutzende von Opfern, Hunderte von Opfern, allein die bewaffneten Banden kosteten uns über 400 Menschenleben. Im Kampf gegen die Banden starben mehr kubanische Kämpfer als in den Kämpfen, die zum Sieg der Rebellenarmee führte, denn in ihrer letzten Offensive gegen die Sierra Maestra fielen weniger als 50 der Rebellenkämpfer, und in unserer letzten Offensive gegen Santiago de Cuba, das sind die zwei großen Operationen, die wir mit einer recht großen Zahl an Kämpfern durchführten, starben weniger als 50. Die genauen Zahlen habe ich hier nicht vorliegen; die Morde zähle ich nicht mit, ich zähle die im Kampf gefallenen, und es starben mehr in den Kämpfen gegen die Banden als in der ganzen Zeit, die unser Krieg dauerte.
Das haben sie viele Jahre lang getan und dazu kommt natürlich noch die eiserne Blockade. Sie entführten Fischereiboote, griffen Frachter an, versuchten unsere Zuckerindustrie zu sabotieren, uns unsere Märkte wegzunehmen, Schiffe, die ein- und ausfuhren, wurden beschossen und ein eiserner wirtschaftlicher Krieg geführt. Es gab Attentatspläne, weshalb sollen darüber sprechen, das würde lange dauern und ich habe gesagt, daß ich mich kurz fassen würde (Lachen).
Gut, die Revolution widerstand dieser ganzen Geschichte, dieser ganzen Politik; aber das schwierigste Jahrzehnt, war dieses letzte, das hat uns am härtesten getroffen, die Spezialperiode, denn die Spezialperiode hat sehr schwierige Bedingungen geschaffen. Ihr war ein ideologisches Bombardement vorangegangen, etwas, das vom "Heiligen Geist" kam. Ich benutze diesen religiösen Begriff, weil er mir der passendste scheint, um die Herkunft dieses Bombardements zu erklären. Dieses Bombardement kam von niemand anderem als der Sowjetunion in den 80er Jahren. Ich sage, es kam vom Heiligen Geist, weil sie für höchste, unbestreitbare und unfehlbare Wahrheiten gehalten wurden.
Die UdSSR spielte eine sehr wichtige Rolle in unserer Revolution nach dem Sieg des Volkes in Kuba, den sie sich nicht einmal hatten vorstellen können, und sie leisteten uns danach entscheidende Hilfe. Wenn wir die Spezialperiode in der Anfangszeit hätten erleiden müssen - den Jahren 60, 61, 62, 63 -, als sie uns außer dem Erdöl auch die Versorgung, die Märkte, alles wegnahmen, hätte sich dieses Land nicht auf eine so grausame Blockade vorbereitet. Ich kann euch versichern, daß dieses Land darauf vorbereitet war, zu kämpfen und zu sterben. Wir wären Vietnam gewesen, wir hätten die eine Invasion der Yankees aushalten müssen, die niedergeschlagen worden wäre - daran kann niemand zweifeln -, denn wir hatten bereits Hunderttausende von Männern unter Waffen und wir kamen nicht von den Militärakademien, sondern aus den Bergen, die unsere Schule waren, und die Leute konnten kämpfen, waren aus ihrer Kampferfahrung im irregulären Krieg inspiriert. Das stammte aus dem vergangenen Jahrhundert, weil unser Volk seit 1868 mit der Machete gegen die damals mächtigste Armee kämpfte.
Ich kann euch versichern, daß eine Invasion dieses Land nicht hätte unterwerfen können, ihre Truppen hätten sich unter beachtlichen Kosten zurückziehen müssen, oder alle Patrioten bis auf den letzten auslöschen müssen. Das Glück unseres Landes ist, daß die Zeit nicht ausreichte, da es die Söldnermacht direkt vor der Nase eines Geschwaders mit Flugzeugträgern und allem zerstörte; es zerstörte sie in 68 Stunden, so daß es, als sie ihnen den Befehl zum Beistand gaben, niemand mehr gab, dem beizustehen war. Hätten sie aber diesen Brückenkopf eingenommen, hätten sie einen Abnutzungskrieg gegen unser Land geführt und wir hätten im Jahr 1961 ein Vietnam gehabt. Hunderttausende von Leben wären verloren worden, da bin ich sicher, denn ich kenne die Kubaner, ich kenne die Rebellen. Und sie ergeben sich nicht, sie kämpfen, nehmen den Kampf wieder auf, sind einfallsreich, erfinderisch, sie haben den nötigen Mut und im politischen und militärischen Bereich waren die Bedingungen für den Fall einer direkten Invasion gegeben, aber nicht, um wirklich nur im wirtschaftlichen Bereich zu siegen.
Die Spezialperiode geschieht 30 Jahre nach dem Sieg der Revolution, als viele Dinge der Vergangenheit verschwunden waren. Wir hatten bereits die politische Kultur des Widerstands gegen eine Spezialperiode in Friedenszeiten In den ersten Monaten der Revolution gab es noch keine sozialistische Kultur. Unser Volk hatte eher einen Klasseninstinkt als ein Klassenbewußtsein; es haßte den Diebstahl, es haßte die Korruption, es haßte die Armut, es haßte die Ungleichheit, es haßte die Ungerechtigkeit.
Die revolutionären Gesetze waren ein fundamentaler Faktor, der dazu beitrug, das politische Bewußtsein zu verändern, das vom Gift der McCarthy-Ära und der antikommunistischen Propaganda vieler Jahre auf unser Volk, und von der Abhängigkeit, die bereits über ein halbes Jahrhundert andauerte, gesättigt war. Seit sie 1898 gelandet waren und unser Land besetzten, bildeten sie darüber hinaus, schrieben sie die Geschichte Kubas, in der sie das Land als von den Vereinigten Staaten befreit darstellten und es begann die Amerikanisierung Kubas auf jede mögliche Weise. Über die Schule, über die damaligen Massenmedien, sie machten viele Leute auf dieser Insel glauben, daß die Vereinigten Staaten der Retter war.
Wer würde zu ihnen von Imperialismus reden? Lenin hatte noch nicht einmal sein Buch über den Imperialismus geschrieben. Lenin nennt jenen Krieg von 1898 als Vorbild für den ersten imperialistischen Krieg im modernen Sinn des Wortes. Sie eigneten sich alles an: Kuba, Puerto Rico, die Philippinen, sie festigten ihre Herrschaft über die Hemisphäre, besetzten Kuba direkt vier Jahre lang, zerschlugen die Befreiungsarmee, lösten die Revolutionäre Partei José Martís auf und brachten ihre Rezepte, die uns Kubaner so teuer zu stehen kamen, und so teuer kam es allen anderen Völkern Lateinamerikas zu stehen. Wir sind zum Glück bereits von den Rezepten des Imperialismus befreit; den Rezepten, die sie uns wieder hierher bringen wollten und die sie nie mehr wieder hierher bringen können (Beifall).
Das Werk der Revolution, mehr noch die Predigt der Revolution, das Beispiel der Revolution hat ein sozialistisches und kommunistisches politisches Bewußtsein geschaffen. In jenen Zeiten vor dem Sieg von 1959 war das Erwähnen des Worts Kommunismus wie das Erwähnen des Worts Hölle, aller Teufel zusammen genommen, jenes Wort, das gerade die reinste Ethik, die fortschrittlichsten menschlichen Gefühle zusammenfaßte.
Man kann die Religionen studieren, man kann das Christentum studieren, und man wird herausfinden, daß es bereits in jener Epoche, vor 2 000 Jahren in vollständig anderen Gesellschaften und unter dem römischen Imperium, Menschen gab, die an das dachten, was sie Nächstenliebe nannten, dem anderen Gutes tun, Solidarität mit den Armen verspüren. Oft habe ich den Gründer des Christentums als Beispiel genannt, der keine Grundbesitzer oder Händler suchte, um seine Lehre zu gründen, er suchte Fischer, die weder lesen noch schreiben konnten.
Es war ein wirklich menschliches Handeln. Ich widerspreche hiermit keinem anderen religiösen Gefühl oder Kriterium, ich beschränke mich darauf, indem ich unsere Sprache benutze, zu sagen, daß es, ausgehend von einem religiösen Gefühl, ein zutiefst menschliches Handeln war. Es ist aber der Marxismus, der Sozialismus, der Kommunismus, der, ausgehend von einer grundlegenden Kenntnis des kapitalistischen Systems und einer historischen, wirtschaftlichen und sozialen Analyse der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im Laufe seines Bestehens, den menschlichen Geist, den Geist der Solidarität unter den Menschen und den internationalistischen Geist unter den Völkern zu seiner höchsten Entfaltung bringt.
Vor 2 000 Jahren konnte etwas Ähnliches nicht entstehen. Das marxistische Denken entsteht mit der Arbeiterklasse, die sich in den westlichen Ländern entwickelt, und es wird bereits ganz von Anfang an als vom Internationalismus untrennbar aufgefaßt, weil die Existenz des Sozialismus und des Kommunismus ist ohne den Internationalismus unmöglich. Er geht von der Prämisse einer entwickelten Welt mit einer hochentwickelten Kapazität der Produktivkräfte aus, die es erlaubten, genügend Reichtümer zu schaffen, um dem Menschen zu ernähren, zu kleiden, mit Schuhen zu versorgen und um die notwendigen Lebensbedingungen zu schaffen, und nicht nur die des materiellen Lebens - das ist ein sehr wichtiger Punkt -, sondern auch die des geistigen Lebens, geistigen Reichtum für die damalige Menschheit, die ungefähr 1 Milliarde Bewohner umfaßte.
Viele Probleme von heute waren unbekannt; in jener Zeit dachte man, die Quelle des Reichtums, die in der Lage sind, die Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen, sei sozial und nicht materiell begrenzt. Die Nutzung von Erdöl, die phantastischen Technologien, die es heute gibt, waren noch nicht entwickelt. Wenn Marx diese Technologien gekannt hätte, wäre er noch marxistischer, noch kommunistischer gewesen, weil es der Fortschritt der Wissenschaft und der Technologie ermöglicht, diese Quelle des Reichtums als für den Menschen absolut zugänglich zu entwerfen, die dazu in der Lage ist, Bedürfnisse wie jene der Ernährung, von Schuhen, Kleidung, Wohnung, Bildung, ärztlicher Versorgung, Freizeit, Kultur und andere zu befriedigen.
In der Zeit von Marx gab es das Auto nicht, viele der gegenwärtigen Produkte gab es nicht. Ich erwähne das Auto, weil ich glaube, daß es eines der Instrumente in den Händen der kapitalistischen Gesellschaften ist, das zu einem der wichtigen Faktoren der Zerstörung der Umwelt und der natürlichen Ressourcen geworden ist.
Der technische Fortschritt wurde vom Kapitalismus dazu genutzt, die weniger entwickelten Völker und die Völker, die beinahe bis zur Hälfte dieses Jahrhunderts Kolonien waren, verstärkt auszubeuten. Die Kolonien, die später zu Neokolonien wurden, und heute zu etwas, das noch schlechter ist als Kolonien und Neokolonien. Die Technologie wurde als Instrument der Vorherrschaft benutzt. Die militärische Technologie wurde von imperialistischem Krieg zu imperialistischem Krieg immer weiter entwickelt, bis sie die Atombombe zum Abschluß brachten. Und viele dieser modernen Waffen, wie die intelligenten Waffen, die es Anfang dieses Jahrhunderts nicht gab, benutzten sie, um sich durchzusetzen.
Die Technologien für den zivilen Gebrauch wie die mechanische Industrie, die Elektrizität, die Kommunikationstechnologie, die Energietechnik, alles benutzten sie einfach dazu, Konsumgesellschaften zu schaffen, womit sie meiner Meinung nach eines der gefährlichsten Elemente in der Geschichte der Menschheit eingeführt haben, das zu dem gehört, das die natürlichen Ressourcen und die für das Überleben der menschlichen Gattung unentbehrliche Umwelt am stärksten angreift.
Es stimmt, daß die Düngemittel es ermöglichten, die Produktionskapazität von Ödland wiederzugewinnen, die Produktivität pro Hektar zu steigern; die Fortschritte der traditionellen Genetik ermöglichten auch, wesentlich ertragreichere Sorten von Pflanzen zu entwickeln; Die Traktoren und Maschinen ermöglichten es, die Produktivität der landwirtschaftlichen Arbeit erheblich zu erhöhen. Das heißt, die Menschheit hat tatsächlich die passenden Instrumente geschaffen, um die unentbehrlichen Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen.
Wenn man den Wohlstand des Menschen als die Summe der materiellen Reichtümer auffaßt, die dazu notwendig sind, ein materiell anständiges Leben zu führen, von denen man weiß, woraus sie bestehen, und die unbegrenzte Schaffung kultureller und geistige Reichtümer, so glaube ich, daß dies das einzige Konzept ist, daß sich zu einer rationellen Vorstellung davon entwickeln kann, wie die Welt der Zukunft sein soll.
Die geistigen Reichtümer werden unterbewertet, weil die Konsumgesellschaften zur völligen Unterbewertung von all dem neigen, das kein materielles Luxusgut ist. Es gibt Häuser mit fünf Fernsehern, Familien mit sechs Autos und Ähnliches.
Den geistigen Reichtum und seinen Wert sehen wir ständig. Das, was wir heute hier genossen haben, heißt geistiger Reichtum. In dem Gedicht von Neruda, das für mich eine äußerst angenehme Überraschung war, schien es mir wegen dem, was es er 1960 über dieses Jahr 2000 schrieb, als sehe ich einen Propheten. Und ich würde ihm völlig recht geben. Wäre es der 30. Jahrestag gewesen, hätte ich ihm noch nicht recht gegeben, vor dieser Spezialperiode, vor 20 Jahren hätte ich ihm nicht recht gegeben, aber heute stimme ich ihm zu, weil wir uns an der Schwelle zu einer neuen Epoche für Kuba befinden, wie Neruda sie an jenem Tag scheinbar erträumt hat (Beifall). Um aber nicht entgegengesetzt zu seinem Wert zu übertreiben, sage ich an der Schwelle zu einer Epoche, die nicht einmal Neruda an jenem Tag hätte erträumen können (Beifall). Das sage ich und ich kann es sogar beweisen.
Als Neruda dieses Gedicht schrieb, konnte er nicht ahnen, daß dieses Land einundvierzigeinhalb Jahre lang der Blockade, dem ganzen Arsenal schmutziger Verfahren, die das Imperium im Laufe seiner Geschichte geschaffen hatte, und außerdem einer Spezialperiode widerstehen würde. Eine Spezialperiode als die Hälfte der Bevölkerung mit Strom versorgt war und fast niemand mehr als ein Radio oder etwas ähnliches hatte - es gab weder massenhaft Fernseher noch viele Haushaltsgeräte, von Waschmaschinen bis zu vielen anderen Dingen - ist etwas anderes, als wenn eine Spezialperiode kommt und ein Land, in dem über 90% der Wohnungen mit Strom versorgt sind in dem es Abermilllionen von Radios, Fernsehern, Waschmaschinen, elektrischen Bügeleisen usw. usf. gibt, keinen Brennstoff mehr hat.
Ich erinnere mich daran, daß es bei mir Zuhause über lange Zeit keinen Strom gab, und es gab nie genug für ein elektrisches Bügeleisen, weil er für den Fernseher - als es einen gab; als ich dort war, gab es keinen Fernseher - und für das Radio genutzt wurde, das von meinem Vater streng monopolisiert und verwaltet wurde. Er erlaubte nicht, daß es angeschaltet wurde, zu recht, um es zu schonen, und ich mußte es einschalten, wenn alle schon schlafen gingen, um das Baseball-Spiel anzuhören oder um zu lesen (Lachen und Beifall).
Bei mir Zuhause gab es nie ein elektrisches Bügeleisen. Mein Vater besaß ein recht großes Stück Land und er hatte noch ein weiteres recht großes Stück Land gepachtet; es gab Einkommen, es gab dort alles und wir waren vier Kilometer von der nächsten Zuckerfabrik, der von Marcané - so hieß sie damals - entfernt. Heute heißt sie ganz zurecht "Loynaz Hechevarría", benannt nach dem Arbeiterführer und Kommunisten jener Fabrik, der von der Tyrannei ermordet wurde. Bei mir Zuhause gab es kein elektrisches Bügeleisen.
Welche Familie hatte 30 Jahre nach dem Sieg der Revolution kein elektrisches Bügeleisen in den Städten, auf dem Land, überall; einen Ventilator, einen Fernseher und eine Menge Haushaltsgeräte, Glühbirnen, usw.? Aus der Dunkelheit ins Licht zu gehen ist leicht, vom Licht in die Dunkelheit zu gehen ist schrecklich (Lachen und Beifall).
Ich bin bereits dabei, mein Wort zu brechen (Lachen).
Von den Kühlschränken habe ich nicht gesprochen. Als es zu Beginn der Spezialperiode einer von diesen 14stündigen Stromausfällen kam, wurde alles aufgetaut und es verdarb ein Teil der bescheidenen Vorräte an Lebensmitteln, die in diesen Kühlschränken waren.
Die Fernseher gingen ebenfalls aus, alles ging aus; es waren Schwarzweißfernseher, sie verbrauchten 180 Watt und es gab keine Ersatzteile; das Modell, das heute in allen Schulen steht verbraucht 80 Watt, ist 20 Zoll groß und in Farbe.
Ja, wir wissen, wie sehr die Versorgung der Bevölkerung mit materiellen Gütern litt. Einschließlich der Schuhe, um nicht von Zahnpasta, Zahnbürsten, Seife zu reden; um nicht von Zuteilungsquoten zu reden, die beträchtlich verringert wurden, nicht aus Spaß, sondern es gab sie nicht; kein Markt, keine Devisen, nichts, vor allem in diesen ersten vier oder fünf Jahren.
Das Land stellt sich der Spezialperiode in einer Situation, in der wir ein gewisses materielles Wohlstandsniveau erreicht hatten, das abrupt abfiel. Es stellt sich der Spezialperiode und plötzlich unterliegt es einer doppelten Blockade. Welche doppelte Blockade? Die der Yankees und das Verschwinden des Marktes des gesamten europäischen sozialistischen Lagers, zunächst der Lieferungen und des Marktes der UdSSR und später des russischen.
Der Handel mit praktisch all diesen Ländern wurde unterbrochen. Manchmal gab es einen Tausch von Zucker gegen Erdöl, der Zucker wurde aber zu Weltmarktpreisen bewertet, der ein Drittel des Preises betrug, den er hatte, als es das sozialistische Lager und die UdSSR gab. Er sackte beinahe auf Null ab. Die Lieferungen von Ersatzteilen und einer Menge anderer Dinge hörten auf. In einem Land wie Kuba, das die Landwirtschaft von den 5 000 Traktoren, die im Jahr des Siegs vorgefunden wurden, mit 80 000 Traktoren mechanisiert hatte; das den Schnitt des Zuckerrohr bereits mechanisiert hatte; zum Transport wurden keine Ochsen mehr benutzt, sondern es wurden Lastwagen, von Traktoren gezogene Züge von Karren, Greifer zu ihrer Beladung, Lagerzentralen zum Säubern des Strohs eingesetzt; es gab eine hohe Erzeugung von Milch, Eiern, Geflügel- und Schweinefleisch; da schmerzt es sehr, sich an den so harten Schlag und daran, wie viel in dieser Situation verloren ging, zu erinnern.
Havanna: 30 000 Omnibusfahrten täglich - wir mußten schnell losziehen, um auf Kredit Fahrräder zu kaufen, weil wir von China einen Kredit für eine Million Fahrräder für die Hauptstadt beantragten, wir mußten anfangen, das Fahrrad zu benutzen -, die Zahl der Fahrten wurde auf 5 000 verringert, Arbeiter mußten versetzt werden. Wie vieles mußte getan werden. Wie sollte der Liter Milch für die unter 7jährigen beibehalten werden; wie sollte der unentbehrliche Kraftstoff für den Betrieb von Krankenwagen und einige Dienstleistungen besorgt werden.
Man kann sich keine schlimmere Situation vorstellen, als die, durch die unser Land gegangen ist. Kein anderes Land dieser Hemisphäre - um nicht von der restlichen Welt zu sprechen - hätte 15 Tagen Spezialperiode widerstanden. Mehr noch, die Regierungen, Systeme oder was auch immer wären nur beim Gedanken an das, was kommen würde, einen Monat vorher gestürzt. Keines!
Alle erwarteten den Fall der Revolution binnen 24, 48 oder 72 Stunden, zwei Wochen oder höchstens drei Monaten. In Miami richteten sie die Koffer: Es ist vorbei! Sie sahen, wie sie in Europa eins nach dem anderen stürzten. Und selbst die UdSSR, was so war wie zu sagen: Die Sonne verschwindet.
Und jawohl, eines Tages erwachten wir ohne Sonne. Das ist etwas sehr Merkwürdiges, nicht wahr? Denn die Leute hatten das von der sowjetischen Großtat im Kopf, die erste Revolution, ihre heldenhaften Kriege, die Intervention im Ausland in der ersten Phase der Revolution, der Zweite Weltkrieg, die
20 Millionen Toten, die Niederlage des Faschismus, bei der dieses Land die Hauptlast trug. Und das beweist die Mathematik, das beweist die Geschichte, alles beweist dies. Sie können keinem weismachen, daß es einige Schiffchen waren, die mit bestimmten materiellen Lieferungen kamen, die die Situation retteten. Ja, es kamen einige Lieferungen, aber das war nichts. Wer die genauen Zahlen kennt, wer die Geschichte dieses schrecklichen Kriegs richtig gelesen hat, die Panzer, die sie herstellten, und wie sie bauten, wie sie dort in Sibirien mitten im Winter in Werkstätten, die kein Dach hatten, Waffen produzierten, weiß ganz genau, wie der Faschismus besiegt wurde.
Heute nicht, heute wird das nicht erwähnt. Ich verteidige keinen der Fehler, weil ich mir vieler der Fehler, die in der UdSSR begangen wurden, bewußt war; aber die Großtaten, die dort geleistet wurden, kann niemand verkleinern, und deshalb hatte jenes Land ein so hohes Ansehen.
Ich erinnere mich daran, daß wir uns in den ersten Jahren der Kubanischen Revolution um die heldenhaften Bücher kümmerten: Die Landstraße von Volokolamsk, Die Männer von Panfilov, Tage und Nächte; und all das; ich erinnere mich daran, weil ich mich persönlich darum kümmerte, zu versuchen, daß all diese Bücher gedruckt würden, weil es Heldenliteratur war und unser Volk brauchte dringend Heldenliteratur, weil eine Invasion in der Schweinebucht bevorstehen konnte, eine direkte Invasion, und zwanzig andere Dinge. Die Wahrheit ist, daß die Heldenliteratur dabei half, Bewußtsein zu bilden, sie förderte aber auch das Denken, von dort käme die ganze Wahrheit, die ganze Erfahrung. Unser Volk hatte großen Respekt.
Ich meinerseits muß sagen, daß ich große Bewunderung und Respekt hatte, aber eine kritische Bewunderung und einen kritischen Respekt, und ich habe mich immer dagegen gewehrt, die Erfahrungen anderer Länder, so gut sie auch seien, mechanisch zu kopieren, weil man die kubanische Geschichte studiert und weiß, was in der Geschichte Kubas alles richtig gemacht wurde und welche Fehler begangen wurden, und man weiß, was in der französische Revolution, der ersten großen sozialen Revolution der modernen Zeit, und in anderen Revolutionen geschehen ist.
Nun, es stimmt, eines Tages sah ich, wie sie, ausgehend von der Zerstörung der Geschichte jenes Landes, das solche Literatur hatte, damit begannen, die Geschichte, die Würde und Ehre jenes Landes zu Asche zu machen, daß sie es geistig entwaffneten. Dieses Land mußte in Ordnung gebracht, aber nicht zerstört werden. Ich habe das Privileg, denn ich werde nicht sagen den Verdienst, oder aus Zufall, daß ich zwei Jahre vor dem Verschwinden der UdSSR in Camagüey gesagt habe, noch mit dem Risiko, daß mich einige für verrückt halten könnten, denn zu sagen, daß wir, falls die UdSSR eines Tages zusammenbrechen würde, weiter kämpfen und den Sozialismus aufbauen würden, bedeutete zwei Dinge: Erstens, daß wir die Gefahr sahen; zweitens, daß wir unserem Volk vertrauten, daß wir unter diesen schwierigen Bedingungen in der Lage sein würden, diesen Kampf fortzusetzen.
Aber es geschah, die Sonne erschien plötzlich nicht mehr am Horizont, und es war auch ein athletischer, ein sportlicher Tag, kein olympischer, es war ein panamerikanischer Tag, als das anfing zusammenzubrechen; was weiß ich, eine Bewegung dort innerhalb einiger Sektoren jenes Landes, die mit Gewalt eine Veränderung förderten - ich werde das nicht bewerten, das würde lange dauern -. es war der Tag, an dem die Panamerikanischen Spiele zu Ende gingen. Und was danach kam: die Auflösung, und diese Auflösung wird von vier Personen in einer Datscha am Standrand von Minsk durchgeführt; ausgerechnet in Minsk, wo Lenin in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Kommunistische Partei Rußlands gründete. Ich glaube es waren - ich erinnere mich nicht - 15 oder 20 Delegierte, die sich dort trafen, um diese Partei zu gründen.
Gut, wenn Lenin mit 15 oder 20 Delegierten das gründete, was später diese riesige Partei war, haben schließlich vier Personen unter dem brennenden Einfluß eines fast durchsichtigen berühmten Branntweins, der einigen sehr angenehm ist, für mich ein wenig geschmacklos ist - achtet genau darauf, wie die Geschichte geht -, einiger großer Gläser oder mehrerer guter Flaschen und wer weiß welchen Summen (Er macht eine Geste mit der Hand, die Geld bedeutet) - ich sage: wer weiß welche Summen - (Lachen und Beifall), in einer unglücklichen Nacht vereinbart, die Sowjetunion aufzulösen. Ich weiß es, weil es mir jemand erzählt hat, der das Recht hat zu wissen, was dort geschah und wie es geschah. Seht, welch Zufall!
Weiß jemand von euch, der sich sehr gut in den Handbüchern der politischen Erziehung auskennt, an welchem Tag, in welchem Monat und welchem Jahr Lenin die Kommunistische Partei, die damals Sozialdemokratische Partei hieß, in Minsk gegründet hat? Wer es weiß, hebe die Hand. Ich denke mir, daß ihr das genaue Datum vergessen habt. Ich weiß, daß es nach der Gründung unserer ersten Partei war, der Kubanischen Revolutionären Partei durch Martí im Jahr 1892, gegründet zur Leitung der Revolution. Gut, wann verschwand die UdSSR? Wann lösten sie sie dort in Minsk auf? Ein Jahrhundert oder fast ein Jahrhundert später. Und natürlich, wenn es hier niemand weiß, in einer Stunde wissen wir es genau, weil wir es in Erfahrung bringen werden, das ist nicht sehr schwer (Beifall).
Jawohl, vier Personen, und darüber muß man gut nachdenken. Gegen welche Gefahren muß sich eine Revolution wappnen? Gegen die Gefahr, daß vier Individuen sie an einem frühen Morgen zerstören können. Natürlich waren es nicht vier, es waren eine Menge von ihnen, weil es Vorkämpfer gab, die voller Illusionen waren und anfingen, eigenartige Dinge zu träumen, die von den politischen Wirklichkeiten nichts wußten. Ich kann euch versichern, daß eine Gruppe unserer Pioniere, von denen, die wir heute hier auf den Tribünen haben erstrahlen sehen, besser in der Lage gewesen wäre, zu verstehen, was dort zu tun war, als diejenigen, die das taten was sie taten.
Gut, einer fing damit an, unterstützt von einigen anderen, deren Geschichte nicht bekannt ist, das Pandämonium loszubrechen. Welche Geheimnisse die CIA wohl gut verwahrt hält! Aber sie müssen genau wissen, welche all die Berater desjenigen waren, der der Zünder bei dieser Zerstörung der Geschichte und der Verdienste dieses Landes war, und der die sonderbaren Ideen entwickelte, die zur geistigen und moralischen Entwaffnung jenes multinationalen Staates führten, der eine der heldenhaftesten Seiten der Geschichte unserer Zeit geschrieben hatte, neben dem Versuch, den Sozialismus unter Bedingungen zu erstellen, unter denen es sich selbst Marx nicht hätte vorstellen können: Denn es war die Kühnheit von Lenin, der marxistischer war als Marx selbst, in dem Sinn, daß er ein genialer Anhänger von Marx war, der seine Ideen weiter entwickelte und angesichts der Alternative, sich zu ergeben oder weiter zu kämpfen, beschloß, den Sozialismus in einem einzigen Land aufzubauen, das außerdem weder England noch Deutschland oder Frankreich war, wie es jener geträumt hatte, sondern das industriell rückständigste Land Europas - mit dem Vorteil, daß es für sich alleine eine Welt war, denn die UdSSR war mit ihren 22 Millionen Quadratkilometern eine ganze Welt -; er versuchte es und es gelang ihm. Er schaffte das, was andere nicht erhalten konnten; er schaffte das, was eine Gruppe Einfaltspinsel zerstören konnten. Ich glaube sogar nicht, daß der Täter - und ich werde keine Namen nennen, denn zerhacke nicht gerne gefallene Bäume, aber ihr versteht mich gut -, derjenige, der zu jener Zeit das Zentrum der Partei war, mutwillig beabsichtigte, es zu tun.
Ich für mich, ausgehend von meinen tiefsten Überzeugungen, glaube es nicht, obwohl der Täter vor sehr kurzem erklärte, daß er sich vorgenommen hatte den Kommunismus zu zerstören; es gab viel mehr Illusionen, Naivität, als die Absicht, die UdSSR zu zerstören. Die anderen spielten ihre Rollen, der Westen tat mit seinen Schmeicheleien das Seine, und so wurden die Bedingungen im Vorfeld des Morgenstreichs von Minsk geschaffen; denn dies alles war eine Entwicklung - vergeßt das nicht -, die Entwicklung der Demoralisierung, der Aufweichung und Zerstörung jenes gigantischen und mächtigen Staates, der aus einer proletarischen Revolution hervorgegangen war.
Wir waren kein Satellit, der um die Sonne kreiste, weil wir es nie gewesen sind. Im Gegenteil, wir diskutierten sehr viel und wer weiß, wie viele Jahre wir nach der Oktoberkrise diskutierten. Die Geschichte jener 30 Jahre der Beziehungen unserer Revolution mit der UdSSR ist nicht bekannt und die Politik Kubas ist nicht bekannt, und vielleicht ist die Zeit noch nicht gekommen, diese Geschichte zu erzählen oder aufzuschreiben.
Ihr redet von den 40 Jahren der Komitees zur Verteidigung der Revolution. Wir können über 41 Jahre Geschichte der Revolution sprechen. In jedem der kritischen Momente sollten die Papiere vielleicht aufbewahrt werden, damit unsere Politik und unsere Gedanken in bezug auf Lateinamerika, unsere Politik und unsere Gedanken in bezug auf die von Kuba durchgeführten internationalistischen Einsätze bekannt werden.
Ich kann euch versichern, daß in dieser Geschichte viel Ehre und Ruhm steckt, die dazu beitragen, das warum zu verstehen, obwohl es eine Reihe von warum, weshalb, warum gibt; man kann viele Fragen stellen, weil es die Summe der Antworten auf eine Reihe von Warums ist, die erklären kann, weshalb die Revolution bis hierher gelangt ist. Die Spezialperiode war aber das Schwierigste. Die Zahlen, die ich dargeboten habe, dienen dazu, uns in die Lage zu versetzen, in der die Großtat vollbracht wurde.
Hier wurde von unterschiedlichen Dingen gesprochen: Ana Fidelia hat erwähnt, daß es in den sportlichen Techniken große Veränderungen gegeben hat, selbst der Sport wurde hier erwähnt, und andere haben von ihrer Arbeit in all den Jahren gesprochen.
Die größte Arbeit, die alle Massenorganisationen geleistet haben, und es ist bedeutend, was sie objektiv geleistet haben, ist, daß sie unter der Leitung der Partei und des Kommunistischen Jugendverbandes (UJC), gestützt auf der engen Verbindung der Revolution mit dem Volk und der festen Einheit, die Revolution gerettet haben (Beifall). Sie wollen, daß wir das aufgeben, was uns das Leben gegeben hat, was unsere Errungenschaften und unsere Zukunft erhalten hat: die Einheit. Sie wollen, daß wir das Land in Stücke spalten (Ausrufe: "Nein!"), wir haben eine Antwort mit sieben Ausrufungszeichen auf beiden Seiten, hier nach oben und dort nach unten (Er macht Handzeichen). (Lachen.) ¡¡Niemals!! (Beifall.) Wie hätten wir ohne diese Einheit, ohne diese Festung widerstehen und die Schlachten liefern können, die wir geliefert haben? Wir haben sie immer glatt besiegt und wir werden weiterhin immer alle besiegen, die uns trennen wollen, zum Schlechten trennen wollen. Unsere Losung ist, zum Guten vereinen und verbrüdern (Beifall).
Die Spezialperiode hat uns nichtsdestotrotz nicht nur materiellen Schaden gebracht. Als hier die Zahl von 574 320 Blutspenden genannt wurde, dachte ich daran, unter welchen Bedingungen dieser Rekord erzielt wurde, und ich erinnerte, und einige Genossen haben es bestätigt, daß die Zahl der Blutspenden in dieser Spezialperiode weiter stieg. Vor der Spezialperiode waren es circa 400 000 und im Jahr 2000 sind sie auf 574 320 gestiegen. Ich habe es soeben zum ersten Mal gehört und werde es nie vergessen (Beifall), weil ich niemals vergessen kann, daß, wegen der doppelten Blockade, als das sozialistische Lager und die UdSSR zerfielen, der durchschnittliche Kalorienverbrauch unserer Bevölkerung, der bei 3 000 lag, auf 1 800 sank, und daß der Verbrauch von Proteinen - mehr oder weniger gut verteilt, so wie es eben war - von 80 auf 50 Gramm sank, und nicht einmal die selbe Zusammensetzung und Qualität hatte. Heute haben wir die
3 000 nicht erreicht, der Verbrauch liegt bei etwas über 2 400. Das haben wir wieder aufgeholt, 600 Kalorien, und wir haben bereits einen Teil der Proteine wieder aufgeholt. Das heißt, diese Spezialperiode hat die Ernährung der Bevölkerung beeinträchtigt und hatte eine Reihe von Maßnahmen jeder Art zur Folge.
Die 30 Millionen Zentner Gemüse, die heute in den Gärten der Städte produziert werden, wurden vor der Spezialperiode nicht produziert. Es gab großflächigen Anbau von Tomaten und anderer Gemüsesorten, aber nur auf dem Land, nicht in den Städten selbst. Das ist Teil der Anstrengung, die auf die eine oder andere Weise unternommen wurde, um zu versuchen, die Selbstversorgung zu garantieren und dafür zu sorgen, daß es nicht am Allernotwendigsten, vor allem für die Kinder, mangelt. Das selbe können wir zu den Medikamenten sagen.
Eines Tages sollte die Geschichte darüber geschrieben werden, wie das Land diese Großtat vollbringen konnte. Aber eines kann ich sehr wohl bekräftigen, bevor die detaillierte Geschichte geschrieben wird: Dies war möglich dank dem Opfergeist, dem Patriotismus und dem revolutionären Bewußtsein unseres Volkes! (Anhaltender Beifall) Wir können noch nicht sagen, daß die Spezialperiode zu Ende ist, aber wir können sagen, daß wir das Schwierigste der Spezialperiode überstanden haben, daß wir weiterhin Opfer bringen, viele Opfer, doch wir sind dabei, Boden zu gewinnen, auf eine solide Art und Weise, mit mehr Stärke als je zuvor, zusammen mit einer reicheren Erfahrung als je zuvor.
Hier spreche ich von den materiellen Gütern, die meiner Ansicht nach unverzichtbar für das Leben sind; wir haben heutzutage nicht alles Lebenswichtige. Hinsichtlich der Wohnungen wissen wir, wo wir stehen, und wir können keine großen Versprechungen machen, aber wir können sehr wohl daran erinnern, daß wir eine Kapazität zum Bau von 100 000 Wohnungen pro Jahr hatten. Es brauchte Jahre, um das zu erreichen, wir hatten es bereits in der Hand, und von einem Tag auf den anderen konnte dies alles nicht weitergeführt werden. Alle Investitionen, alle Fabriken, viele davon neu, die Kapazität für mehr als vier Millionen Tonnen Zement pro Jahr, die Fähigkeit zur Produktion von Rundeisen, Sanitäreinrichtung, Ziegeln und allen erforderlichen Materialien zum Bau von 100 000 neuen und der Reparatur von 100 000 weiteren Wohnungen, und plötzlich und abrupt stehen wir ohne diese Möglichkeit da.
Heute müssen wir auf die Anstrengungen zurückgreifen, die unternommen werden, wie diejenigen, die in der Hauptstadt bereits vor dem letzten Wirbelsturm begonnen wurden und die nach dessen Beendigung gesteigert wurden, denn die Zahl der Häuser, die in der Hauptstadt zusammenstürzten oder soweit herunterkamen, daß sie unbewohnbar wurden, überstieg die Zahl der Häuser, die neu gebaut wurden. Heute verfügen wir wenigstens über Pläne für die Reparatur von Zehntausenden von Wohnungen pro Jahr, mit dem Cayo Hueso-System, bei niedriggeschossigen Häusern. Es gibt eine Reihe von Brigaden, die Schritt für Schritt die 25 000 Gebäude mittlerer Höhe in der Stadt reparieren, und andere Brigaden, die an den 500 höchsten Gebäuden der Hauptstadt arbeiten.
Es gibt eine Reihe von Plänen, etwas, was noch nicht viel verbreitet wurde, denn wir können nicht das ganze Land abdecken und mußten zuerst zu den kritischsten Punkten gehen. Man kennt die Gewohnheit der Revolution bei allen Dingen, daß dasjenige, das hier begonnen wird, fortschreitend auf den Rest des Landes ausgedehnt wird. So ist es mit allen Dingen geschehen. Doch jetzt gehen wir allmählich mit festeren Schritten, man hat eine enorme Erfahrung gewonnen und macht in vielen Bereichen Fortschritte.
Ich wollte das Materielle von dem trennen, was ich unendliche Reichtümer nenne, und diese haben einen herausragenden menschlichen Wert. Ich zitiere ein Beispiel: das Kino wird als ein Fortschritt beim Zeitvertreib der Gesellschaft angesehen, und zwar seit der Epoche der Stummfilme. Die Produktion von Zeichentrickfilmen für Kinder und von Filmen von hoher Qualität, die Schaffung von musikalischen Werken mit universellem Wert, das Malen von Gemälden, die Berühmtheit erlangen, und das Schreiben von Büchern für Kuba und für die Welt, bedeuten immense Reichtümer, die nicht in Tonnen gemessen werden und kaum etwas zu den makroökonomischen Werten eines Landes beitragen. Trotzdem können weder die Menschheit noch unser Volk im Besonderen ohne diese Dinge leben. Das bedeutet Standard und Lebensqualität.
Ein weiteres Beispiel: Kuba war bei diesen Olympischen Spielen praktisch das einzige Land auf der Welt, das live und zu jeder Uhrzeit, vom Mittag bis um 6.00 Uhr oder 7.00 Uhr am folgenden Morgen, Hunderte von Stunden des allzeit wunderbaren olympischen Spektakels übertrug. Diese Übertragungen produzierten im Geist und in den Herzen unseres Volkes unvergeßliche Emotionen und Erinnerungen.
Ich würde es wagen, euch hier zu fragen, ob es irgend jemanden gibt, der keinen einzigen Tagesanbruch vor dem Fernseher verbracht hat. Falls es ihn gibt, hebe er die Hand (Niemand hebt die Hand). Nun, ich lasse beide Hände unten, denn ich habe unzählige Stunden damit verbracht, diese Übertragungen anzusehen. Und alles zu geringen Kosten und ohne irgendeine Werbung (Beifall). Dieses Privileg, dieses kolossale geistige Wohlergehen, bedeutet im Hinblick auf das Lebensniveau eines Volkes nichts für all diejenigen, die das menschliche Lebensniveau über den vulgären Kamm der Makroökonomie scheren.
Und nebenbei sage ich, daß einige Dinge, die in Sydney vorfielen, mir nicht im Geringsten den Mut nehmen. Ich teile das, was Ana Fidelia hier sagte, daß die Wettbewerbe immer härter werden, es nehmen immer mehr Länder daran teil, man muß sich mit immer mehr Leuten auseinandersetzen, um bis ins Finale zu kommen, gegen immer mehr Leute laufen, springen und Kämpfe austragen. Außerdem ist der Sport auf eine scheußliche Weise kommerzialisiert worden, sie haben ihm seine besten Fähigkeiten und Qualitäten entrissen.
Heutzutage sind wir die einzigen Amateure auf der Welt, die gegen Profis kämpfen (Beifall), mit Patriotismus und Ehre. Unsere Sportler haben uns mit viel Würde vertreten. Schaut, es gibt praktisch keine Sportart, wo nicht ein oder zwei Kubaner teilnehmen, sei es Taekwondo, Freistilringen, Ringen im Griechisch-Römischen Stil, Boxen, Fechten, Mannschaftssportarten; es gibt keine Sportart, bei der die Kubaner nicht am Wettbewerb teilnehmen. Deshalb konnte das Fernsehen so viel übertragen, trotz der Versuche, uns Sportler zu stehlen, und trotz einiger guter Sportler, die sie uns in jedem olympischen Zyklus geraubt haben, wenn es ihnen in Sydney auch mit keinem gelungen ist. Die Leute konnten am Fernsehen sehen, wie diese Art von Olympiaden beschaffen sind.
Doch ich werde nichts mehr dazu hinzufügen, denn man muß zu anderer Gelegenheit vielleicht darüber sprechen. Ich sage nur, daß uns nichts den Mut nimmt, unsere Sportler haben uns mit Ehre vertreten, und wir hatten einen Rückschlag, einen sehr harten Rückschlag. Die Agenturmeldungen hatten nicht Unrecht, als sie verlautbarten, daß Kuba gestern Trauer trug. Heute ist das Land nicht mehr so sehr in Trauer, aber es erlebte den Tagesanbruch aus zwei Gründen sehr wohl in Trauer: wegen der Niederlage gegen das Team der Vereinigten Staaten, daran sind wir nicht gewohnt; und wir sind zutiefst verbittert, denn in der Sportart, die sie erfanden und in der wir fast immer die Goldmedaille gewonnen haben, bekamen wir die Silbermedaille. Für uns zählt sowohl beim Nationalsport als auch in bezug auf die Ehre nur die Goldmedaille (Beifall). Wir wollten die Goldmedaille, ja, und wir haben alle sehr gelitten. Doch wann hat die Revolution einmal den Mut verloren? Niemals!
Ich glaube, es gibt einen US-amerikanischen General, dem ein berühmter Satz zugesprochen wurde, als er dort bei Manila in einem kleinen Schnellboot eine mächtige Festung verlassen mußte. Der Satz lautet: „Wir kehren zurück!" Nun gut, wir sagten dies unseren Nachbarn aus dem Norden, und wir sagten es in freundlicher Weise, ohne Haßgefühle oder etwas Ähnliches, denn wir waren dort in der Stadt Baltimore, und dort gab es ein Spiel der Gentlemen zwischen US-amerikanischen Profis und kubanischen Amateuren, und hier gab es vorher ein weiteres Spiel der Gentlemen, das sie gewannen. Sie hatten dabei den totalen Respekt unserer gebildeten Bevölkerung und sogar Beifallsbekundungen. Doch wir werden zurückkommen und gegen die Profis spielen. Hoffentlich bringen sie eines Tages das Dream Team mit, oder das Team der Träume, was weiß ich (Lachen). Hoffentlich, denn wir hätten vielleicht mit ein wenig Traurigkeit gewonnen, denn wir kämpften gegen zwar gegen Profis, aber viele davon aus der Triple A-Liga. Es wird eine größere Ehre sein, wenn sie ein Dream Team zusammenstellen – mein Englisch benötigt ohne Zweifel eine Auffrischung (Lachen und Beifall), ich werde mich bei dem Fernsehkurs einschreiben müssen -; sollen sie doch das Dream Team mit den Homerun-Spezialisten und den besten Spielern der Major Leage bringen, sie sollen sie überallhin mitbringen, und dann werden wir sehen.
Aus den Geschehnissen mit unserem Sport müssen wir die entsprechenden Lehren ziehen und es gut analysieren. Ihr wißt, daß sich alle in diesem Land mit Baseball auskennen. Und sie kennen sich wirklich aus! Daran besteht kein Zweifel. All dies muß einer rigorosen Analyse unterworfen werden, denn ich sage euch sehr wohl, daß alle Mittel für die Vorbereitung vorhanden waren, ganze Monate lang, seit dem Spiel von Baltimore, seit der Vorbereitung des Teams für Baltimore, wo wir unseren Sieg errangen, und alle Provinzen haben heutzutage den kleinen Apparat, um die Geschwindigkeit zu messen, die
Pitch-Teams verfügen über alles. Es gibt Ausbilder und alle Grundlagen, um Sportler auszubilden und weiterzuentwickeln. Jetzt muß man die aktuelle Lage analysieren. Warum gibt es zum Beispiel keine linkshändigen Pitcher? Das ist eine kleine Frage. Wie steht es um die Ausbildung der Sportler, nicht nur die im Bereich des Baseballs, der gelegentlich zu sehr den Nachwuchs an guten Sportlern monopolisiert? Man benötigt Sportler für alle Wettbewerbe, außer dem Pferdesport und ähnlichen Sachen, denn das ist ein rein bürgerlicher Sport, und es kostet mehr Geld, eine Schwadron von diesen Pferden aufrechtzuerhalten und zu Wettkämpfen zu schicken, als 250 Sportler dorthin zu senden (Beifall). Wir schenken ihnen einige Sportarten, denn es sind Sportarten von Millionären. Doch wir haben dort sogar an Wettbewerben mit kleinen Segelbooten teilgenommen.
Wer errang die ersten Plätze beim Radsport? Diejenigen, die vom Beruf des Fahrradfahrens leben und für Geld an europäischen Wettbewerben teilnehmen.
Sie haben den Sport schrecklich prostituiert. Doch auch so müssen wir weiterkämpfen. Wir sind in vieler Hinsicht stärker als je zuvor und verfügen über 34 000 Lehrer für Sport und Körperkultur. Im kommenden Monat wird eine internationale Hochschule für Körperkultur und Sport eröffnet (Beifall).
Wir haben nicht nur Ausbilder, Kuba ist das Land, das am meisten bei der Entwicklung des Sports in der Dritten Welt mitarbeitet. Es steigt die Zahl der unter Vertrag genommenen Ausbilder, die in befreundeten Ländern arbeiten und dort eine exzellente Arbeit verrichten, und wir immatrikulieren weiter neue Schüler und zukünftige Ausbilder. Unsere Ausbilder bereiten die Sportler vor, die mit den unsrigen in Wettbewerb treten, in gutem Kampf, und wir werden das weiterhin tun.
Über das Thema des Sports muß man sprechen, jetzt ist nicht die Zeit dafür. Niemand soll den Mut verlieren, denn die Perspektiven sind größer und besser als je zuvor. Wir haben das notwendige Humankapital.
Uns schmerzten sehr die drei oder vier Boxkämpfe, die sie uns auf gemeine Weise entrissen, drei oder vier, nicht alle. Man muß jede einzelne der gefällten Entscheidungen analysieren, warum dieser, warum der andere; und es gibt offensichtliche Fehler, niemand zweifle daran, alle müssen analysiert werden. Jetzt ist es kein Messer, sondern ein Dolch, den sie gegen unsere Boxer benutzen. Ich sagte euch bereits, daß ich genauso wie viele von euch mehr als einmal im Morgengrauen vor dem Fernseher gesessen habe. Vielleicht schlafe ich heute, denn es gibt nur einen einzigen Kampf um 3.00 Uhr morgens (Lachen). Morgen ist es etwas anderes, denn morgen gibt es die Finalkämpfe im Boxen und die Mafia bereitet Sorgen. Dieser Mafia haben wir Schläge versetzt, wir haben sie angeprangert und werden das auch weiterhin tun. Sie haben Lust, sich gegenüber uns zu rächen (Lachen).
Wir haben einige Boxer verloren, man muß sich fragen, warum dies geschah; andere raubten sie uns. Man muß alle diese Videos nehmen und sie mit einem elektronischen Mikroskop untersuchen: jeden Schritt, jeden Schlag, jedes Manöver, und mit allen dafür in Frage kommenden Personen über diese Frage diskutieren.
Die Wirklichkeit sieht so aus, daß sie uns einige Goldmedaillen wegnehmen werden, aber es ist auch wahr, daß die Wettbewerbe sehr hart sind.
Es gab Großtaten wie die von Iván Pedroso, das war bewundernswert (Beifall). Alle wissen, daß seine ersten Sprünge die weitesten sind, niemals die letzten, und gestern stand er mit dem Rücken zur Wand, 49 zu 44, ich will damit sagen 8.49 Meter gegenüber 8.44 Meter. Er vollbrachte es im letzten Versuch, als es fast keine Hoffnung mehr gab.
Und ich weiß mehr von Iván, weil ich ihn mehr als einmal im Krankenhaus besuchte, als er an einem gewaltigen Riß von einigen für den Weitsprung unentbehrlichen Muskeln litt, und es geschah ein schrecklicher Fehler eines selbstgenügsamen Arztes und eines Trainers, ich würde hier von völliger Verantwortungslosigkeit sprechen. Wißt ihr warum? Denn sie machten sich daran, ihn zu behandeln, ohne eine tiefgehende Untersuchung der Verletzung durchgeführt zu haben, und es dauerte 11 Tage, bis Iván Pedroso operiert wurde. 11 Tage, während sich die Muskeln verkürzen und verklemmen. Er wurde im Krankenhaus „Frank País" operiert. Alvarez Cambra führte die schwierige Operation durch. Der Schaden durch diese Verletzung war so groß und er verlor so viele Tage- man hätte sofort operieren müssen -, daß ich mir nicht vorstellen konnte, wie er wieder springen könnte.
Ich wußte, daß er an die neun Meter dachte, so daß ich mich immer fragte: Kann er das mit dieser schrecklichen Verletzung schaffen? Wenn Iván Pedroso nicht diese Verletzung erlitten und eine so lange Zeit ohne eine ordnungsgemäße Behandlung verbracht hätte, hätte er schon seit einiger Zeit die neun Meter erreicht. Ohne diese Verletzung springt Iván Pedroso mehr als 9 Meter, dann springt er 9,20 Meter oder 9,25 Meter. Man weiß nicht, wie weit er gesprungen wäre, denn er verfügt über den notwendigen Willen und außergewöhnliche Fähigkeiten. Gestern abend bewies er es und verhielt sich genau wie ein Held gegenüber den 100 000 Zuschauern, als er zum letzten Sprung ansetzte, wobei ein einfaches Übertreten alle Hoffnungen zunichte gemacht hätte. Einmal sprang er 8,80 Meter, wenigstens, doch er trat über. Ich glaube, daß dieses Übertreten im zweiten oder dritten Versuch geschah. Es ist sein dort errungenes unglaubliches Verdienst, den Wettkampf im sechsten Versuch gewonnen zu haben, gegenüber den 100 000 Zuschauern, die seinen Rivalen unterstützten, einen australischen Sportler. Ich glaube, daß dies eine der großen Heldentaten unseres Sportes darstellt, und ich schätze sie umso mehr, wenn ich mich an all das erinnere, was er erlitt und weswegen er nur mit Mühe an den Olympischen Spielen in Atlanta teilnehmen konnte. Das ist der Sportler, der gestern die Goldmedaille für unser Land errungen hat. Ich schließe nicht aus, daß er eines Tages seinen Traum von den neun Metern erfüllt.
Die Mädels des Volleyballteams verhielten sich wie wahrhafte Champions: im vierten Satz lagen sie 16:8 oder 16:9 zurück, dieser Vorsprung schien nicht aufholbar. Doch sie holten den Rückstand auf und gewannen diesen Satz, um in den berühmten Tie-Break zu gehen, den sie schließlich gewannen. Es fehlt uns noch der morgige Tag, man muß Vertrauen in sie haben.
Unseren Sportlern muß man nicht nur Beifall spenden, wenn sie mit Goldmedaillen zurückkommen, sondern man muß alle mit brüderlicher Zuneigung so empfangen, als ob sie gewonnen hätten. Sie sind keine Profisportler, sondern Sportler, die für die Ehre unseres Landes kämpfen, wie sie es oftmals getan haben (Anhaltender Beifall).
250 von ihnen, einschließlich Trainern und Hilfspersonal, sind bereits in der Luft. Man geht davon aus, daß sie morgen gegen 13.00 Uhr hier sind, obwohl ich mitbekommen habe – und das sage ich für die Familie von Iván, ich sah sie im Fernsehen -, daß Iván nicht in diesem ersten Flugzeug kommt, einige bleiben dort für den zweiten Flug, denn er beendete den Wettbewerb sehr spät am Abend. Das ist das, was wir über den Sport sagen können.
Ich rede bereits – unter Nichteinhaltung meines Versprechens und aufgrund der Themen – mehr als zwei Stunden (Ihm wird etwas gesagt). Vielen Dank, das tröstet mich ein wenig. Vielleicht bin ich vor zwei fertig (Lachen), nein, ich meine nicht vor 2.00 morgens, sondern in weniger als zwei Stunden (Lachen), erschreckt euch nicht (Beifall).
Ja, ich sehe schon, wie ihr Beifall klatscht für dieses Versprechen (Lachen). Nein, ihr werdet von den Genossen erwartet, die das Fest der Komitees vorbereitet haben.
Wir hätten gerne über das „Carlos Marx"-Theater verfügt, doch das war nicht möglich. So haben wir diese Kapazitäten des Palacio de las Convenciones und einige an diesen Hauptsaal angrenzende Räume genutzt; doch jetzt kommt ein Thema, und ich werde versuchen, vor 0.00 Uhr zum Ende zu kommen. Auch wenn für euch die 24 Stunden des Jubiläumstages fast vorübergegangen sind, laßt uns das ausnutzen, was vom 28. September noch bleibt (Beifall).
Ich will euch etwas sagen. Das vielleicht ernsteste, was ich euch sagen muß, ist, daß die Revolution in eine neue Etappe eintritt. Wir haben viele Dinge getan, doch unsere Revolution muß perfektioniert werden, unsere Arbeit muß perfektioniert werden. Ich erläuterte bereits den materiellen Schaden und sogar den moralischen Schaden, den die Spezialperiode mitbrachte, vor allem wegen dem, was ihr vorausging. Doch es ist uns gelungen, uns über die Schwierigkeiten hinwegzusetzen und es zu schaffen.
Die Spezialperiode brachte außerdem Ungleichheiten, viele Ungleichheiten, traurige und schmerzhafte Dinge, die uns durch die Umstände auferlegt waren. Es gab keine andere Alternative, wir mußten eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. Das war der zusätzliche moralische Schmerz, den wir erleiden mußten. Es kam zu Ungleichheiten bei den Einkommen, eine bestimmte Anzahl von Personen, die Geldüberweisungen aus dem Ausland erhielten, und viele erhielten nichts; die Fabriken blieben ohne Rohstoffe, obgleich kein Arbeiter ohne das notwendige Minimum blieb, um wenigstens das zu kaufen, was er über den Bezugsschein erhielt. Wir blieben ohne Busse und hier in Havanna mußte man auf das Fahrrad zurückgreifen. Auch die Städte im Landesinneren blieben ohne Busse und man mußte Kutschen und Kutscher einsetzen. Es entstanden unzählige selbständige Arbeiten, wobei einige davon absolut logisch waren, während andere nicht so logisch waren und überzogene Preise verlangten.
Glaubt mir, es war genauso schmerzhaft, sich an Personen zu erinnern, denen die Revolution die Wohnung übergeben hatte, wobei nicht alle gleich waren, denn einige wohnten in bescheidenen Häusern oder Apartments, während andere in Villen lebten, denn das waren die Häuser, die zurückblieben, als die reichsten Sektoren der Gesellschaft das Land verließen. Der Tourismus wird ausgebaut und mit dem Tourismus kommt es zur Vermietung von Zimmern oder ganzen Wohnungen in konvertierbaren Devisen. Nein, wir werden es nicht verbieten, alle können ruhig bleiben, das einzige, was wir gemacht haben, ist die Regulierung solcher Aktivitäten und die Bitte, daß sie ihre kleine Steuer zahlen, aber sie müssen sie zahlen. Sie müssen die Gesetze einhalten, und zwar strikt.
Heute macht uns Sorgen, daß diejenigen, die am meisten Geld haben
– denn es gibt Leute, die ziemlich viel Geld haben -, sich die besten Wohnungen dieses Landes unter den Nagel reißen, auf die eine oder andere Weise. Es gibt einige Schurken, die wir gut kennen, wir wissen von den Wächtern der Senioren, die dann, wenn sie sehen, daß in einer großen Wohnung zwei alte Menschen verbleiben und jemand davon krank ist – und ich habe solche Fälle gesehen –, dort hingehen und den guten Samariter spielen. Sie tun so, als seien sie unersetzlich, gehen von hier nach dort, waschen, helfen, machen alles, und wenn die zwei Alten sterben, behalten sie die Wohnung, oftmals wahrhafte Villen, und die gesamte Inneneinrichtung.
Ich habe nur ein Beispiel gebracht, ich könnte viele zitieren: Illegalitäten mit den Wohnungen, Hin- und Herschieben von Dokumenten, Bestechung von Beamten, die in diesem Bereich arbeiten. Glaubt nicht, daß wir dies ignorieren, die Liste kann so lang sein (Er zeigt es an), vor allem die Techniken der Korruption oder der Bestechung – auf den unteren Ebenen, es ist sehr schwierig, daß es ab bestimmten Ebenen zu so etwas kommt, sehr schwierig! -, doch gelegentlich benötigt man ein Schreiben, ein Dokument, einen Tausch, und es gibt ziemlich viel Unordnung in bezug auf die Frage der Wohnungen. Wir haben die Pflicht, zu fordern, daß die Gesetze eingehalten werden, und wenn die Gesetze nicht eingehalten werden, müssen Strafen verhängt werden (Beifall). Wenn jemand eine Wohnung hat und zu einem Cousin oder einem anderen Verwandten zieht, um diese Wohnung zu vermieten, dann soll er dies tun, aber er muß die festgesetzten gesetzlichen Normen einhalten.
Der Staat wird ebenfalls in der Zukunft alle entsprechenden Bedingungen und die notwendigen Wohnungen haben. Es sind viele Vertreter ausländischer Firmen gekommen, Personen, die Geschäftsbeziehungen mit uns unterhalten, und man konnte ihnen nicht die Wohnungen zur Verfügung stellen, die sie benötigen; viele von ihnen kommen und mieten Privatwohnungen: Eintausend Dollar? Eintausend Dollar. Und eintausend Dollar sind eintausend Dollar! Das entspricht nicht weniger als 20 000 Peso pro Monat.
Ich möchte euch nur eine Sache sagen: es gibt viele Leute in diesem Land, viele – wenn ich davon spreche, möchte ich nicht behaupten, daß es eine Million sind, oder 500 000 oder 100 000, vielleicht sind es nicht einmal 10 000, darüber müßte man bereits nachdenken -, einige Hundert oder einige Tausend, von deren jeweiligem Monatseinkommen man das Gehalt der 35 Leiter der zentralen staatlichen Behörden bezahlen könnte. Deren Gehalt beträgt 450 Peso.
Die Leute haben die Tendenz zu glauben, daß die Minister sehr gut leben, das ist ein bedingter Reflex von vor langer Zeit – ich sage nicht, daß sie betteln gehen oder im Elend leben; doch wir haben das Recht, sie zu kennen, denn wir sehen sie sehr oft. Gut, ein Minister erhielt hier die Unterkunft, um eine Woche Ferien zu verbringen. Vor zwei Jahren entschied man, nicht nur die Unterkunft, sondern auch die Verpflegung für diese Ferienwoche zu stellen. Wißt ihr warum? Weil es Minister gab, denen das Geld nicht ausreichte, um diese Woche Ferien zu bezahlen. Und ich verteidige nicht die Minister, den ich kritisiere sie sooft ich kann. Doch um der Gerechtigkeit willen muß ich dies sagen, und ich bringe es als Beispiel.
Es gibt Personen hier, die für das Ausführen irgendeiner Arbeit 3 000 oder 4 000 Peso in weniger als einer Woche kassieren; das heißt, daß es einen Mißbrauch gegeben hat, und ich muß es sagen, bei dem, was den Familien für irgendeine private Serviceleistung in Rechnung gestellt wurde. Der Staat soll keine hohen Preise haben, und mit Recht, unser Staat ist nicht dafür da, viel abzukassieren. Aber applaudiert nicht. Unser Staat muß ein finanzielles Gleichgewicht aufrechterhalten, denn als dieses Gleichgewicht in den ersten Jahren der Spezialperiode zu Bruch ging, wurden für einen Dollar 150 Peso gezahlt, und heutzutage kann man für einen Dollar 20, 21 oder 22 Peso kaufen, es ist relativ variabel innerhalb eines engen Rahmens.
Kuba ist das einzige Land der Welt – das einzige Land der Welt, hört gut! - , daß es geschafft hat, den Wert seiner Währung innerhalb von viereinhalb Jahren um das Siebenfache zu erhöhen und den Peso auf das Niveau zu führen, das er im Moment in bezug auf den US-Dollar hat. Man muß dies aufrechterhalten, wir können nicht damit beginnen, auf der Straße Peso auszustreuen und wieder in eine Überschwemmung mit Peso zurückzufallen, denn man muß für den Arbeiter, der sein Geld hortet, den Wert der Währung und den an ihn ausgezahlten Lohn aufrechterhalten. Deshalb wird der Lohn nur selektiv erhöht, obwohl es viele Forderungen gibt. Die Lehrer hatten Jahre ohne eine Lohnerhöhung, es kam der Moment, als man den Lehrern den Lohn erhöhen mußte, genauso wie anderen Sektoren. Es kommt zu Piraterie, an der Universität mußte man den Lohn erhöhen, nicht viel, denn sie waren vorher sogar reduziert worden. Ah, weil es zur Piraterie kommt, irgendein Unternehmen, weil das Unternehmenssystem bestimmte Vorteile hat, es sind Staatsunternehmen, doch einigen dieser Chefs von Unternehmen gefällt es, Arbeiter in Piratenmanier abzuwerben.
Wir überprüften kürzlich die Jugendcomputerclubs: Von den mehr als zweihundert Beschäftigten, die sie am Anfang hatten, blieben 10, die 13 Arbeitsjahre an dieser Arbeitsstelle abgeleistet hatten. Es ist leicht, daß irgend jemand einen Computerlehrer ausbildet, und dann kommt ein Hotel, ein x-beliebiges Unternehmen oder sonstwer und wirbt den Arbeiter ab. Aus ethischer Sicht kann das nicht sein.
Und von der Universität warben sie die Dozenten ab. Wir entschieden uns für eine Behandlung mit ihnen, denn wir haben während der Spezialperiode keinen einzigen Dozenten auf die Straße gesetzt; im Gegenteil, wir werden aus anderen Gründen die Anzahl der Studiengänge erhöhen, und wir haben diesen Lehrkörper an Dozenten.
Warum konnten wir eine lateinamerikanische Hochschule für Medizin aufbauen? Weil wir über den Lehrkörper verfügten. Das Gebäude des Ministeriums der Streitkräfte, das seine Kosten und das Personal für die Verteidigung reduziert hatte, mußte man instandsetzen, und jetzt funktioniert es schon mit voller Kapazität. Ich spreche von einer Institution, die bereits über ein gewaltiges Ansehen auf der Welt verfügt.
Unsere Probleme können wir nicht lösen, indem wir verzweifelt unsere Positionen aufgeben. Heute gibt es viele Familien, die ihr Geld auf der Bank liegen haben und einen bestimmten Zins erhalten.
Wir haben heutzutage drei Währungen: unseren normalen Peso; einen konvertierbaren Peso, mit dem bestimmte Sektoren von Arbeitern Anreize erhalten, mehr als eine Million Arbeiter erhalten irgendeinen Anreiz in Form dieser Währung, und es existieren die US-Dollar. Es gibt Dollarkonten, Konten in konvertierbaren Peso und Konten in normalen Peso. Es gibt im Finanzbereich eine sehr gute Situation, die uns sehr helfen kann, deshalb sage ich, daß wir bei keiner der erzielten Errungenschaften zurückweichen können.
Wir kennen die Meinungen über bestimmte Themen, denn Tag für Tag sammeln wir Tausende von spontanen Meinungen. Wir verwenden dieses Thermometer, um die verschiedensten Meinungen zu messen, einige Kriterien sind offensichtlich falsch, im Irrtum befindlich, das zeigt uns, daß wir die Dinge besser erklären müssen. Alle Meinungen sind nützlich; manchmal sind einige von extremistischer Natur, die wenigsten, aber ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sie sich verändert haben, wieviel das Volk in diesen letzten 10 Monaten gelernt hat, es war ein beschleunigter Lernprozeß. Die Schlacht um das entführte Kind und die Schlacht für die Ziele von Baraguá haben auf bedeutende Art und Weise die Kenntnisse unserer Bevölkerung erhöht. Wir sehen sogar die Umfragen über komplizierte Themen: Was ist die Weltbank, was ist der Internationale Währungsfonds, was ist die Dollarisierung, was ist dies, was ist jenes, komplizierte Themen, und in dem Maße, in dem unsere Spezialisten sich daran gewöhnt haben, daß sie nicht mit Akademikern sprechen, sondern mit der Bevölkerung, sind ihre Worte verständlicher geworden.
Ich erwähne dies aus einem einfachen Grund: unser Land wird einen gigantischen Sprung im Bereich der Bildung und der Kultur unternehmen und wird im materiellen Bereich langsamer voranschreiten.
Wir hören Meinungen über Offene Tribünen, Podiumsdebatten und viele andere Themen. Einige werden sogar ungeduldig, weil sie nicht alle sehen können, und sie sagen: „Macht es zweimal pro Woche, oder dreimal." Wir sammeln alle Meinungen, Tausende, und danach wird ein Katalog der gesammelten Meinungen erstellt, und diejenigen, die am härtesten und kritischsten ausfallen, stehen an erster Stelle, auch wenn es nur drei sind. Wenn drei Personen an drei Orten etwas sagen, und sei es auch Unsinn, wird diese Meinung gesammelt, manchmal ist es eine einzige unter Tausenden, und sie wird gesammelt.
Man müßte im Besitz aller Urteilskriterien und aller Details sein, damit ihr eine Ahnung davon haben könntet, wie die allgemeine Bildung und die politische Bildung unserer Bevölkerung vorangeschritten sind, die bereits Themen behandelt, die viele Fachleute in anderen Teilen der Welt nicht behandeln.
Ich kann euch trotzdem sagen, daß das, was wir im Bereich der Bildung gemacht haben, nichts ist. Und ich sage dies trotz der Tatsache, daß zum Beispiel – jetzt wo wir von Olympiaden reden – vor einigen Monaten die Länder des Karibischen Beckens eine Olympiade der Mathematik veranstalteten, und bei dieser Olympiade belegte Kuba mit einer Goldmedaille und einer Silbermedaille den ersten Platz (Beifall).
Ich habe andere Male erwähnt, daß bei einer Untersuchung der UNESCO der Grad der Kenntnisse unserer Kinder fast das Doppelte vom Durchschnitt Lateinamerikas ausmachte, das ist nicht schwierig zu beweisen, denn ihr habt es gesehen. Aus der selben Schule von Los Palacios, aus der sie ein 13jähriges Kind mitnahmen, das fast ums Leben kommt, sprach ein Kind auf der Offenen Tribüne und hielt eine Rede, die so brillant war wie alle, die auf den Tribünen gehalten werden. Eine Lehrerin dieser Schule hält eine exzellente Rede. Überall geschieht Gleiches.
Eine andere Olympiade – diese fand statt, während die von Sydney abgehalten wurde, und zwar vom 16. bis zum 24. September –, eine iberoamerikanische Olympiade der Mathematik: unsere Schüler fuhren dort hin
– sie kamen spät an wegen Problemen mit der Reise und den Flügen – sie mußten an einem Tag eine Prüfung ablegen und an einem anderen Tag eine weitere, an einem einzigen Tag mußten sie zwei Prüfungen ablegen und sie erreichten zwei Silbermedaillen (Beifall). Dieser Wettbewerb fand in Venezuela statt.
Die letzte, die in diesen Tagen stattfand – diese Nachrichten kamen gestern -, eine Olympiade der Physik in Spanien, an der die iberoamerikanischen Länder teilnahmen: unsere jungen Vertreter gewannen zwei Goldmedaillen, eine Silbermedaille und eine Bronzemedaille, womit sie den ersten Platz unter allen Teilnehmerländern einnahmen (Beifall). Wenn ich also sage, daß wir im Bereich der Bildung nichts gemacht haben, dann kann dies dazu dienen, eine Idee zu geben von dem, was unserer Ansicht nach in der Bildung gemacht werden kann, daß es in unseren Händen liegt, es zu tun, und daß wir bereits damit begonnen haben, es zu tun.
Wenn wir ein wirklich gebildetes Volk haben werden, wird dies ein massenhaft gebildetes Volk sein.
Das bedeutet, daß früher das Bildungsministerium kam und während der unterrichtsfreien Woche ein Seminar veranstaltete; es kamen 300 Teilnehmer und danach veranstalteten sie die Seminare auf den darunterliegenden Ebenen. Dieser Kurs sieht so aus, daß wir in der ersten unterrichtsfreien Woche simultan Seminare für 200 000 Lehrer und Dozenten veranstalten werden. Schaut, welch ein Sprung: von einem Seminar für 300 Teilnehmer zu gleichzeitig stattfindenden Seminaren für 200 000 Teilnehmer; doch zudem kann jeder Bürger dieses Programm sehen. Über die Massenmedien werden wir schlichtweg das erreichen, was als das Unendliche bezeichnet werden kann. Ein Team von Dozenten,
10 oder 12, kann an erster Stelle für die Schüler, für die Lehrer und für die ganze daran interessierte Bevölkerung einen Lehrstoff vermitteln.
In den ersten Oktobertagen beginnt der erste Kurs, dieser war für die Journalisten gedacht, jetzt wird er aber für alle Dozenten und die fortgeschrittensten Schüler sein, denn mittels der Fernsehgeräte, die sich in den Schulen befinden – mit ihren dazugehörigen Videorekordern -, werden sie einen Kurs in Erzähltechniken erteilt bekommen. Das ist sogar für denjenigen nützlich, der einen Brief schreiben will. Ich würde empfehlen, daß jeder, der dazu die Möglichkeit hat, sich diesen Kurs anhört, im besonderen die Lehrer und Dozenten. Dieser Kurs wird 20 Stunden umfassen und das Begleitmaterial wurde bereits verfaßt. Diejenigen, an die sich der Kurs richtet, werden das Material erhalten, und die anderen, die den Kurs verfolgen wollen, können es an den Zeitungskiosken kaufen.
Es gibt einige, die glauben, daß gewisse Dinge, die verkauft werden, zu einem teuren Preis verkauft werden. Die Sammlung der Beilagen über die Podiumsdebatten erscheinen einigen Leuten als sehr teuer, sie wurde für 10 Peso verkauft. Ah, wenn sie sie bereits am Erscheinungstag der Zeitung gekauft und aufgehoben hätten, wäre es billiger geworden. Aber ich möchte euch sagen, daß 10 Peso nicht einmal ausreichen, um die Ausgaben für das Papier dieser Sammlung abzudecken. Ich weise darauf hin.
Wir haben uns viele Arten ausgedacht, um billige Bücher zu drucken, und man kann bereits in jedem Munizipium des Landes ein Buch drucken. Die Kulturhäuser verfügen über Computer; ich werde jetzt darüber nicht sprechen, denn zu gegebener Zeit muß man über dieses Thema reden.
Wir haben vor kurzem bereits erklärt, was wir im Bereich der Computertechnik machen, das ist ein langes Thema; doch wir sind eingetreten in die Ära der Computer und der allgemeinen Ausbildung in Computertechnik für 2 400 000 Schüler, einschließlich der Grund- und Vorschule, den Kindern, denen man diese Dinge zeigen muß, inklusive lehrreiche Spiele und nicht einfach gewaltverherrlichende Spiele, die als Handelsprodukte verkauft werden. Es werden ausgewählte, unterhaltende und bildende Programme sein.
Wir haben zwei Schulen eröffnet: eine, die hier erwähnt wurde, von der ein Schüler sprach, von Jugendlichen, die das Abitur abgelegt haben und sich nicht an der Universität einschreiben konnten. Das ist eine tolle Schule mit intensiven Studien für eine Arbeit von enormer Wichtigkeit! Ich werde euch nichts davon erzählen, doch ich möchte euch sagen, daß es eine Welt und eine Perspektive der wahrhaften Gerechtigkeit für unsere Gesellschaft eröffnet, in der es noch aus der Zeit des Kapitalismus vererbte Marginalisierung gibt.
Es trifft nicht zu, daß es gleiche Chancen für alle Kinder in diesem Land gibt. Wir glaubten, daß wir durch den Bau vieler Schulen, die Durchführung so vieler Programme und die Investition eines hohen Prozentsatzes unseres Bruttoinlandsprodukts in die Bildung – was gemeinsam mit dem Etat für den Gesundheitssektor eine beträchtliche Summe ergibt -, gleiche Möglichkeiten für alle geschaffen hätten.
Wir sind dabei, uns in das Studium einer Reihe von Aspekten zu vertiefen, die von der Kriminalität und deren Ursachen bis zu der in unserer Gesellschaft existierenden Marginalisierung reichen. Einige hängen mit materiellen Wohnungsproblemen zusammen. Doch trotz alledem und trotz der Tatsache, daß wir nicht den Beginn des Baus aller im Land notwendiger Wohnungen versprechen können, kann ich euch sehr wohl versichern, daß man auch unter den aktuellen Bedingungen viel machen kann, um die Marginalisierung zu bekämpfen und eine wahrhafte Chancengleichheit zu schaffen.
Ich sprach davon, daß einige Personen in einem Monat genügend verdienen, um den 35 Mitgliedern des Ministerrates ihr Gehalt zu zahlen. Nun, ich kann euch sagen, daß einige dieser vermögenden Leute, die aus verschiedenen Gründen hohe Einnahmen haben, weil sie Selbständige sind, dieses oder jenes besitzen oder Wohnungen gegen Dollar vermieten – und ich sagte bereits, daß wir es nicht verbieten werden, nein, nein, wir werden es nicht verbieten, keiner soll erschrecken; ich sagte aber sehr wohl, daß wir das Gesetz anwenden würden, und zwar nicht auf eine spontane Art, sondern in einer Weise, von der wir wissen, daß die Gesetze so angewendet werden müssen -, einem Lehrer das Doppelte des Gehalts zahlen, das der Staat heutzutage einem aus unserem gewaltigen Kollektiv von Lehrkräften zahlen kann, um ihrem Kind einige Stunden zum Wiederholen des Lernstoffes zu geben, womit dieses Kind sich bereits im Vorteil befindet gegenüber dem Kind einer Arbeiterfamilie, die dort in einem dieser Wohnkomplexe leben, in denen die Familien auf engstem Raum unter schwierigen Bedingungen wohnen. Damit rauben sie Lehrer und schaffen zudem Privilegien, da alles auf der Option gründet, gemäß der Noten und der Prüfungen, so daß die Kinder, die unter Bedingungen der Marginalisierung leben oder nicht aus Familien mit einem höheren Kulturniveau hervorgehen, keinen Zugang zu den selben Möglichkeiten haben. Ich werde nicht mehr sagen.
Dahinter befindet sich eine enorme Welt, die wir gerade entdeckt haben und die wir kürzlich, inmitten der Schlacht, wahrzunehmen begannen. Und wenn wir diese im Bewußtsein ihrer Existenz nicht so behandeln würden, wie sie behandelt werden muß – und ich glaube, wir behandeln sie angemessen -, könnten wir uns nicht als sozialistisches Land bezeichnen. Wir können uns aufgrund all dessen, was wir gemacht haben, als sozialistisches Land bezeichnen. In der Vergangenheit haben wir jedoch die gesamte noch fehlende Gerechtigkeit nicht wahrgenommen.
Die Spezialperiode schuf viel mehr Ungleichheiten und als Folge davon weniger Chancen für jene, die weniger Einkommen haben, und wir müssen dafür kämpfen, daß jedes Kind dieses Landes die selben Chancen hat, die Grundschule, die Oberschule oder das Abitur abzuschließen oder eine Schule für begabte Schüler, eine Universität oder sonstige Lehreinrichtung zu besuchen (Beifall).
Selbstverständlich sind diejenigen, die über mehr Geld verfügen, nicht die einzigen, denen mehr Möglichkeiten offenstehen. Wir verfügen über 700 000 Hochschulabsolventen, die eine bestimmte Bildung genossen haben, die höherstehend ist als diejenige, die Familien haben können, die in gesellschaftlichen Randzonen leben; obwohl wir Universitätsabsolventen in einigen dieser Gebiete angetroffen haben.
Es wurde eine kleine Truppe mobilisiert; ich spreche von einer kleinen Truppe, denn es handelt sich zur Zeit um nur 600 Personen. Wir organisieren bereits die zweite Brigade von Universitätsstudenten – ich verrate euch hiermit etwas Neues -, um an den Samstagen eine sehr wichtige Arbeit zu verrichten, denn wir müssen viele Dinge im sozialen Bereich untersuchen, um auch inmitten der Ungleichheiten einen viel gerechteren Sozialismus als den zu entwickeln, den wir heutzutage haben, und ich versichere euch, daß wir es schaffen werden, denn hierbei verwenden wir die Erfahrung von vielen Jahren, die in diesen 40 Jahren aufgehäufte Erfahrung.
Wir sagten, daß wir die katastrophale Situation in der Hauptstadt lösen würden. Was ist die Katastrophe der Hauptstadt im Bereich der Bildung? Sie besteht darin, daß die Resultate der Hauptstadt bei den Tests der Forschungszentren nur etwa halb so gut sind wie die Resultate der Grundschüler von Santiago de Cuba, die einen Wert von etwas mehr als achtundachtzig erreichen, während es im Fall von Havanna nur etwas mehr als vierzig Punkte sind. Ist das die Schuld der Lehrer? Nein! Nirgendwo gibt es heldenhaftere Lehrer – ich wage dies zu sagen -, wenn auch das ganze Land voll ist von heldenhaften Lehrern, denn diejenigen, die dort Unterricht erteilen, wo es keinen Stromanschluß oder anderen Anschluß gibt, sind Helden; doch Lehrerinnen, die hier in der Hauptstadt an fünf Tagen in der Woche Unterricht für 40, 42 oder 45 Schüler erteilen müssen – und sie sind von 7.00 Uhr morgens bis nach 18.00 Uhr in der Schule, gehen dann nach Hause und müssen ihre Familien betreuen, was oftmals Waschen, Bügeln und Kochen einschließt, und das an allen Tagen, auch am Samstag und Sonntag, wobei es Grundschullehrerinnen gibt, die oftmals nicht mal eine Waschmaschine haben –, sind Heldinnen. Und ich spreche von Heldinnen, weil es sich hauptsächlich um Frauen handelt.
Nein, wir müssen über all das Bescheid wissen und versuchen, diese übermäßige Unterrichtslast abzumildern; wir werden es tun, und zwar schlichtweg mit einfachen Formeln. Ich sage, daß es in zwei Jahren in Havanna-Stadt keine einzige Klasse mit mehr als 20 Schülern mehr geben wird (Beifall).
Klar, wenn die Eltern das Opfer der Lehrer sehen, sind sie die ersten, die ihren Kindern raten, nicht Pädagogik zu studieren, denn sie wissen von der Tragödie, in der die Lehrer leben.
Vor der Spezialperiode hatten wir ebenfalls einen ausgezeichneten Plan zum Bau von Schulen, wir waren bereits dabei, die Projekte zu erarbeiten. Drei oder vier Jahre später hätten wir Beträchtliches im Bereich von neuen Schulgebäuden machen können. Wir wissen, in welchem Zustand viele von ihnen in der Hauptstadt sind, ich habe Klassenzimmer gesehen, die das kleine Klassenzimmer in einem Holzhaus beneiden könnten, in dem ich dort in Birán zum ersten Mal in die Schule ging und das so etwas wie ein Kinderhort war, denn sie dürften mich dort mit etwa 3 Jahren hingeschickt haben. Hier in der Hauptstadt gibt es das Problem der Überbelegung, Schwierigkeiten in vielen Schulen, wir wissen davon. Wir werden von allen erfahren und machen von jeder einzelnen eine Röntgenaufnahme, und zwar nicht mit dem Versprechen einer sofortigen Instandsetzung oder eines Neubaus, denn es dürfen keine Erwartungen geweckt werden. Aber man muß sehr wohl wissen, was geschieht und wo es die kritischste Situation gibt, um danach zu handeln.
Ich sprach von einem Lehrer pro 20 Schüler. Ich gestehe euch, daß ich übertreibe und daß es vielleicht ein bißchen weniger als 20 Schüler sein werden, und das können wir garantieren.
Wir eröffneten vor einigen Tagen eine Schule für dringende Intensivbildung; eine für Sozialarbeiter und eine andere für die Ausbildung von Lehrern. Sie funktionieren exzellent und wir müssen einige weitere für andere Fachgebiete eröffnen. Die Erfahrung von vielen Jahren zeigt uns, wie wir die großen Probleme mit sehr wenigen Mitteln lösen können.
Haben wir etwa vergessen, daß es zu der Zeit, als jedes Jahr Hunderttausende von Schülern die sechste Klasse absolvierten, weder Schulen noch Lehrer für die Oberschulausbildung gab und daß wir die Schulen bauen und ein Freiwilligenkontingent bilden mußten, damit die Lehrer ausgebildet wurden und mit ihrer Lehrtätigkeit beginnen konnten? Dank dessen verfügen wir über die 700 000 Arbeiter mit Universitätsabschluß. Warum sollten wir uns jetzt in einem Glas Wasser ertränken? Wir können jetzt nicht zulassen, daß in unserer Hauptstadt, wo es mehr Probleme, mehr Schwierigkeiten und mehr soziale Probleme jeder Art gibt, es nicht einmal eine Berufung zum Lehrerberuf gibt.
Und dies abgesehen davon, daß es selbstverständlich viel mehr Optionen gibt, denn man redet von Tourismus und etwa 100 heben die Hand. Redet man jedoch von Lehrern, melden sich nur drei oder vier. Sie verfügen bereits über 14 Schulen zur Vorbereitung auf das Pädagogikstudium in Havanna-Stadt, um die Berufung zum Lehrerberuf zu fördern.
Man muß dieses Problem lösen. Dies ist selbstverständlich nicht die Situation im Rest des Landes.
Ich möchte nicht in Details ausschweifen und bevorzuge, daß man von den Dingen spricht, die unternommen werden, in dem Maße, in dem sie angepackt werden. Doch ich sage euch, daß sich für unsere Revolution eine Welt eröffnet, und wir werden die Bildungsarbeit ohne außergewöhnliche Anstrengung und zu einem unbedeutenden Preis vervielfachen. In diesem Bereich und bei anderen Sachen.
Ich sage nicht mehr. Wir werden die Kenntnisse unserer Bevölkerung vervielfachen, und ihr werdet es schon sehen. Im November beginnen die Spanischkurse und zweimal pro Woche Kurse in Englisch, und danach eine dritte Sprache, es sind drei; aber wohl bekannte und notwendige Sprachen, darunter spanische Grammatik. Wenn ich einige von euch teste, werdet ihr euch möglicherweise an 90 % einiger Konzepte nicht erinnern, die ihr in der sechsten Klasse erlerntet.; ich werde es nicht machen, denn ich bin euer Freund (Lachen), ich habe es mit Universitätsabsolventen gemacht.
Wir werden die Kenntnisse und die Kultur unserer Bevölkerung vervielfachen und wir werden die geistigen Reichtümer in einem nie zuvor in der Geschichte irgendeines Landes angeschlagenen Rhythmus vervielfachen. Und wir tun dies nicht, weil wir besser sind, sondern weil wir durch die Kraft des immer wieder aufgenommenen Kampfes sowie den Willen zur Vervollkommnung der Dinge die bestehenden Möglichkeiten entdeckt haben.
Wir werden einen viel gerechteren Sozialismus entwickeln und die Möglichkeiten garantieren, damit alle Kinder, die in diesem Land geboren werden, unabhängig vom kulturellen Niveau ihrer Familie, ihrem Wohnort und der Marginalisierung, unter der sie leiden, absolut alles haben, die selben Chancen. Und das liegt in unserer Hand, wir verfügen über die Kraft, um das zu erreichen.
Das sage ich heute an diesem 40. Jahrestag, Contino, ich sage es euch von den Komitees zur Verteidigung der Revolution; ich sage es mit größerer Überzeugung als die, die Neruda in seinem Gedicht ausdrückte, denn ich sage es mit einer totalen Sicherheit und übernehme die Verantwortung für das, was ich sage (Beifall).
Aus diesem Grund eröffnet sich eine transzendentale Etappe, und diese Möglichkeiten haben wir uns erworben durch den Kampf und das Ausharren.
Das Privileg besteht darin, ein Volk mit einem solchen Wissens- und Kulturniveau zu haben, daß seine Zukunft in politischer Hinsicht für alle Zeiten gesichert ist. Wir wollen ein Volk von Millionen denkenden Köpfen und eine Revolution, die eine Versicherungspolice mit einer totalen Garantie hat, damit eine Revolution nicht durch einen, zwei, zehn, einhundert, eintausend oder hunderttausend Personen zerstört werden kann, denn ausgehend von der historischen Erfahrung ist klar, sonnenklar, daß es das Bewußtsein einer Nation sein muß, das heute, morgen und für alle Zeit führt und entscheidet.
So groß ist der Glaube in die Gerechtigkeit einer Revolution und in das, was mit dem Menschen gemacht werden kann, daß ich aus diesem Grund nicht den geringsten Zweifel daran hege, daß wir es schaffen werden. Zudem wird dies nicht nur zugunsten der 11 Millionen Bürger dieses Landes geschehen, sondern ich versichere euch, daß das, was unser Land unternimmt, Hunderten Millionen Menschen auf der Welt zugute kommen kann und heutzutage bereits beginnt, ihnen zugute zu kommen.
Martí sagte: „Vaterland bedeutet Menschheit", und dies ist einer der schönsten und tiefgründigsten Sätze, die jemals gesagt wurden. Der Satz „Vaterland bedeutet Menschheit" will aussagen, das man diese Revolution verteidigen muß, die gerechteste, menschlichste, sauberste und moralischste, denn in 40 Jahren war dies weder eine Revolution von Dieben oder Wendehälsen noch von Korrumpierten oder Verrätern, sondern jeder von denen, die wir an dieser Revolution beteiligt sind – einige längere Zeit als andere, und diejenigen, die uns nachfolgen -, wird eine Garantie für diese Linie sein, die wir über 40 Jahre hinweg verfolgt haben.
Das Prestige dieses vierzigjährigen Kampfes ist etwas, das bereits unzerstörbar ist, ich kann es euch versichern, und es wächst zudem, genauso wie die Kraft, über die wir für unsere Verteidigung verfügen, die Mittel und die Ideen, die wir verteidigen. Und es sind nicht mehr nur Ideen für uns, denn wir haben Versprechen abgegeben: Schulen der einen oder anderen Art für unser Land und zur Zusammenarbeit mit anderen Ländern in lebenswichtigen Fragen. Niemand soll glauben, daß das Land sich ruiniert, ich weise euch darauf hin – wir haben gelernt, die Dinge mit einem Minimum an Ausgaben zu bewerkstelligen –, denn die Gebäude waren bereits da, genauso wie die Lehrer und die weiteren Arbeiter. Wenn sie die weiteren Ausgaben sehen würden, die wir exakt errechnet haben, dann würde unsere Bevölkerung staunen, wie gering sie sind.
Wir verfügen im Überfluß über etwas, das sich Humankapital nennt, kein Volk hat in dem Maße Humankapital gehabt wie wir es heute haben. In dieser Spezialperiode haben wir trotz der Reduzierungen bei den importierten Lebensmitteln Jahr für Jahr die Zahl der Blutspenden erhöht, heute, wo die Situation schwieriger ist und dies eine viel größere Wichtigkeit hat.
Sehr reiche Länder haben keinen anderen Weg, auf dem sie Blut besorgen, als die Bezahlung dieses Blutes zu jedem Preis, denn mit der Ausbreitung von neuen Krankheiten wie AIDS oder alten Krankheiten wie Hepatitis und andere, die über das Blut verbreitet werden, hat Blut heute einen unschätzbaren Preis. Und es gibt ein Land, daß nicht einen Cent für das Blut von irgend jemandem bezahlen muß, denn dieses Land verfügt über das freigiebige und solidarische Blut von diesen Hunderttausenden von Mitbürgern, die es spenden.
Das ist nicht neu, hier wurde zum Beispiel nicht gesagt, daß nach dem Erdbeben in Peru im Jahr 1970 innerhalb von 10 Tagen etwa 105 000 Blutspenden abgegeben wurden (Beifall). Man suche ein anderes Volk, das so etwas gemacht hat, und ich spreche von einem vor 30 Jahren vorherrschenden Bewußtsein, und wir haben diese Blutspenden mehr als einmal geleistet. Wir leisteten sie ebenfalls für den Iran und für Armenien, als es dort zu Erdbeben kam.
Wir verwandelten ein Pionierlager in ein Zentrum für die Kinder, die vom Unfall in Tschernobyl betroffen sind. In diesem Zentrum wurden bereits mehr als 15 000 Jugendliche und Kinder behandelt - und wenn es nicht in seiner vollen Kapazität ausgenutzt wurde, ist dies nicht unsere Schuld -, ohne einen Cent dafür zu verlangen. Wir haben die Ärzte, die Arbeiter und das Humankapital, um dies zu machen.
Wir sprachen bei den Vereinten Nationen von der Notwendigkeit, ganze Nationen zu retten, die Hemisphäre zu retten, und wir haben die reichen und industrialisierten Länder vorgeladen, oder an sie appelliert – um ein diplomatischeres Wort zu gebrauchen -, die Medikamente beizusteuern. Wir sagten, daß wir die Infrastruktur schaffen können, um sie zu verteilen und anzuwenden. Als die reichen kapitalistischen Länder bei einer Konferenz vor einigen Wochen in Durban – geschockt angesichts dessen, was auf diesem Kontinent durch AIDS geschehen kann – begannen, von Gesprächen mit den transnationalen Firmen zu reden, damit diese den Preis für die Medikamente reduzieren, die heute jährlich 10 000 Dollar pro Person kosten, nur damit dieser Mensch überlebt – und jene sprachen davon, die Preise auf das Niveau der realen Kosten zu senken, die etwa 1 000 Dollar betragen -, sagten die Vertreter der afrikanischen Staaten: „ Wenn sie sie uns auch gratis geben, wir haben nicht die Infrastruktur, um sie anzuwenden." Diese Infrastruktur besteht hauptsächlich aus Menschen.
Ich konnte ihnen dort sagen: „Kuba kann diese Infrastruktur innerhalb von einem Jahr aufbauen"" und ich übertrieb dabei, denn wir können sie innerhalb von kürzerer Zeit aufbauen. Wir haben das Humankapital dafür; die Vereinigten Staaten und Europa haben nicht das Humankapital, um eine solche Infrastruktur aufzubauen, und wir können es mit weniger als 10 % des Humankapitals machen, über das wir im Bereich des Gesundheitswesens verfügen. Nein! Was sage ich? Ich übertreibe, denn wir können es mit etwa 6 % des Humankapitals machen, über das wir verfügen. Alle Industrieländer zusammen verfügen nicht über das Humankapital, das ein kleines und blockiertes Land hat, um diese Dinge in die Tat umzusetzen (Beifall). Das ist das Werk von 40 Jahren Revolution, das ist euer Werk.
Der Tag mußte kommen, an dem wir sagen würden: Kuba kann der Welt helfen. Und wir sprechen hier nicht mehr nur davon, 100 Kinder zu retten, wir sprechen davon, ganze Nationen zu retten, die mathematisch zum Verschwinden verurteilt sind. Es ist fast schon zu spät, damit zu beginnen.
Dieser Vorschlag fand ein großes Echo in den Vereinigten Staaten. Dort konnten wir gegenüber den Freunden der Schwarzen Fraktionsversammlung im US-Kongreß, die 35 Millionen Afro-US-Amerikaner vertreten – aus dem Anlaß, daß einige von ihnen uns erklärt hatten, daß es in ihren Wahldistrikten keine Ärzte gäbe -, wiederholen, daß wir ihnen eine bestimmte Anzahl von Ärzten schicken könnten. Und daß wir darüber hinaus eine Anzahl von Studenten dieser Distrikte empfangen können, damit sie in unserem Land studieren. Sie nahmen dies wirklich mit eindrucksvollem Interesse auf. Wenn sie darum bitten, einen Arzt zu irgendeinem dieser Orte zu schicken, weil sie dies beantragen, haben die Behörden dieses Landes dann die Moral, es zu verbieten, während sie Scheine für die Verlosung zu den Ärzten in Simbabwe schicken, einem Land, das fast ohne Ärzte geblieben ist und wo die Kennzahlen für bestimmte Krankheiten äußerst hoch sind? Sie schicken ihnen die Scheine für die Verlosung, damit sie desertieren. Könnten sie uns verbieten, einigen Distrikten mit schwarzer Bevölkerung in den Vereinigten Staaten Ärzte zu schicken? Ich hatte ihnen bereits gesagt: „Ihr seid die Dritte Welt der Vereinigten Staaten." Und dort boten wir Stipendien an, 250 Stipendien pro Jahr für junge Menschen aus den Distrikten dieser Kongreßabgeordneten, um in Kuba ein Fach zu studieren, dessen Studium in den USA 200 000 Dollar kostet. Jetzt werden wir sehen, wer die gerechtesten Ideen verteidigt, wir treten in die tiefgreifende Analyse von allem ein.
Ich habe eines von Hunderten von Beispielen zitiert, von Tausenden von Beispielen. Für die dortigen Minderheiten der indianischen Ureinwohner und der Menschen lateinamerikanischer Herkunft haben wir 250 zusätzliche Stipendien angeboten, und zwar über die kubanische Parlamentarierdelegation, die von Sáez, dem Ersten Sekretär der Partei in der Provinz Havanna, geleitet wurde und die die Vereinigten Staaten auf Einladung der schwarzen Kongreßabgeordneten besuchte. Sie behandelten unsere Delegation dort mit großem Entgegenkommen. Alarcón ließen sie nicht reisen, doch die anderen akzeptierten sie, und diese fuhren dann – sie kamen etwas verspätet an -, es ist eindrucksvoll, was sie von ihrem Treffen mit den Abgeordneten der sogenannten Schwarzen Fraktionsversammlung im US-Kongreß berichteten. Es handelt sich hierbei um 38 Mitglieder des US-Kongresses. Sie erzählten von dem Entgegenkommen ihnen gegenüber und der Behandlung, die ihnen bei einem Essen mit 5 000 Tischgenossen zuteil wurde.
Ah, warum kann unser Land dies tun? Weil wir in diesen zehn Jahren der Spezialperiode und als Erbe dessen, was wir hatten, von den 21 medizinischen Fakultäten, die die Revolution geschaffen hat, 30 000 Ärzte in die Gemeinden eingliederten.
Wir reduzierten die Einschreibungen für dieses Studienfach und jetzt schreiben sich in diesem Jahr 2 750 kubanische Studenten und im nächsten Jahr 3 000 ein, es werden nicht mehr benötigt. Aber unser Land verfügt heute über menschliche Ressourcen, Humankapital, um der Welt große Dienste zu leisten, und es leistet sie nicht nur in der Tat damit, indem es soundso viele Leute entsendet und soundso viele Studenten graduiert, sondern auch mit seinem Beispiel. Wie kann ein über 40 Jahre hinweg blockiertes und angefeindetes Land, das schließlich seit 10 Jahren einer doppelten Blockade unterworfen ist, das bekräftigen, was ich heute hier euch gegenüber bekräftige?
Unsere Aufgabe wird nicht mehr wie am Tag der Gründung der Komitees zur Verteidigung der Revolution darin bestehen, zu sehen, was ein terroristischer Konterrevolutionär treibt, auch wenn das nicht im Geringsten das war, was ihr machtet, denn ab der ersten Etappe habt ihr euch dem Dienst an der Bevölkerung gewidmet. Man müßte eine Berechnung anstellen über die Zehntausende oder Hunderttausende von Menschenleben, die die Komitees zur Verteidigung der Revolution gerettet haben, und zwar einfach durch das Programm der Blutspenden, und das sind sehr wohl Menschenrechte (Beifall).
Man könnte die Frage stellen, welchen Bürger ihr ermordet habt, oder der Kubanische Frauenbund und andere Massenorganisationen, oder die Jungkommunisten, oder die Studenten; welchen Bürger hat ein Soldat der Revolutionären Streitkräfte ermordet; welcher Bürger wurde von einem unserer Kämpfer des Innenministeriums getötet, und niemand könnte einen einzigen finden in 40 Jahren Kampf, Anfeindung und Blockade gegenüber einem Land, das hier und außerhalb seiner Grenzen gekämpft hat.
Man suche einen gefangengenommenen rassistischen südafrikanischen Soldaten, der von einem internationalistischen kubanischen Kämpfer ermordet wurde, dort und überall sonst, wo diese Internationalisten gewesen sind, in irgendeinem der Länder, dem sie geholfen haben, in jener Hemisphäre oder woanders – das wird man niemals von einem kubanischen Kämpfer sagen können, von einem kubanischen Revolutionär, und das in 40 Jahren, das sind keine vier Tage, vier Monate oder vier Jahre, sondern vierzig Mal ein Jahr. Und für diese Zeitspanne suche man nach solchen Dingen wie denjenigen, die jene verübten, die vom Imperium trainiert wurden -, und sie werden sehen, wie viele Jahre die kubanische Revolution ohne einen einzigen Gefolterten angedauert hat. Und ich sage und wiederhole es einhundert Mal. Es ist sehr schwierig, daß wir nicht davon erfahren, wenn ein Bürger gefoltert worden wäre.
Niemals! Hier gibt es niemanden, der dieses Wort gehört hat. Deshalb sagen wir oftmals: „Sprecht mit dem Volk und fragt es." Das ist das, was uns Moral verleiht, eine Autorität, die niemand hat, während es an Orten wie Argentinien 30 000 Verschwundene gab, 3 000 Ermordete in Chile, mehr als 100 000 in Guatemala, Zehntausende an anderen Orten, unzählige Tote und Verschwundene.
Marx sagte, daß der Kapitalismus zur Welt kam, indem er von Kopf bis Fuß Blut ausströmte. Dies zeigt die Geschichte des Imperialismus in aller Welt, in Vietnam, in Angola, als sie die im Dienst der Apartheid stehenden Truppen ausrüsteten, als sie davon wußten, daß Südafrika sieben Atomwaffen hatte und sie die Hoffnung hegten, daß diese gegen uns eingesetzt würden in jenen Tagen, in denen wir in Richtung Namibia vorrückten, als überaus wichtige Probleme Afrikas entschieden wurden. Diese Dinge beweisen die grausamen, scheinheiligen und blutigen Eingeweide des Imperialismus in aller Welt.
Welche Moral hat das Imperium? Es existiert bei ihnen keine Moral, es existiert nur die Lüge, einzig und ausschließlich die Lüge, denn die Ungerechtigkeit und das Verbrechen kann man nur auf der Lüge aufbauen.
Um 4 Millionen Vietnamesen zu ermorden, mußten sie dem US-amerikanischen Volk sagen, daß sie dies für die Rettung der Sicherheit der Vereinigten Staaten und des Weltfriedens täten; und die Vietnamesen wollten nur ihr Land regieren und keine Kolonie sein, Reis und Lebensmittel für ihr Volk produzieren und unabhängig sein. Eines Tages entdeckte das US-amerikanische Volk die Wahrheit und handelte entschieden gegen jenes monströse Verbrechen.
Die Moral unserer Revolution ist aufgrund ihres Verhaltens tadellos, sehr hoch, sehr stark, und wir spüren dies, denn wir haben Kontakt mit vielen Personen auf der Welt.
Viele von denen, die glaubten, daß diese Revolution innerhalb von Tagen verschwinden würde, bewundern heute außerordentlich mehr diese Revolution, die nicht nur fähig war, auszuhalten, sondern auch, das Werk zu vollbringen, das sie vollbracht hat. Und niemand kann uns des Chauvinismus anklagen, denn ein wahrer Internationalist ist niemals Chauvinist. Wer für die Welt arbeitet, kann niemals als Chauvinist beschuldigt werden.
Es ist kein Chauvinismus, stolz zu sein auf ein Volk, das diese Heldentat vollbracht hat, sondern es ist gerecht und verdient Anerkennung. Das waren keine Selbstpreisungen für uns. Wir Kubaner sind privilegierte Bürger gewesen, die die Gelegenheit gehabt haben, einige Dinge zu tun, zu einem revolutionären Prozeß beizutragen. Wir sagen kein einziges Wort um der Ehre von irgendeinem von uns willen. Das was ich gesagt habe und was ich wiederhole und immer wiederholen werde, dient der wohlverdienten Ehre unseres Volkes.
Vaterland oder Tod!
Wir werden siegen!
(Ovation)
Liebe Genossinnen und Genossen!
Oft habe ich gesagt, daß ich mich kurz fassen würde, und fast nie erfülle ich dies (Lachen und Beifall), und, obwohl man bei einem Anlaß wie diesem an vieles erinnern kann, sage ich, daß ich mich kurz fassen werde, und ich werde versuchen, mich daran zu halten (Beifall).
Einem Teil von uns muß es bei der Erinnerung an den Tag, an dem die Komitees zur Verteidigung der Revolution gegründet wurden, genauso gegangen sein, beinahe genau um diese Uhrzeit, ein wenig früher, vor 40 Jahren. Wie viele Dinge geschehen in 40 Jahren, aber welch andere Zeiten waren dies.
Bei einer Massenveranstaltung vor dem alten Palacio entstand die Idee der Verteidigungskomitees wie durch eine plötzliche Inspiration angesichts des Krachens von vier Bomben: eine hier, eine dort, das war wie ein Bombardement, und ich frage mich: Wer legt diese Bomben und weshalb können sie sie legen? Es war die Zeit, in der es 300 konterrevolutionäre Organisationen gab. Ihr wißt, wer sie geschaffen hatte. Ich sage: Wie ist es möglich, daß sie sich, wenn das gesamte Volk die Revolution unterstützt, mit solcher Freiheit bewegen und in Minutenschnelle sogar vier Bomben legen können?
Das war nicht ihre einzige schwere oder ernste Tat. An demselben Ort, an dem die Komitees gegründet wurden, hatten sie unter anderem ein Appartement voll mit Bazookas, Maschinengewehren und so organisiert, um zu versuchen, dort die Hälfte der Revolutionsführer zu liquidieren. Sie waren kurz davor, haben aber ihr Ziel nicht erreicht.
In jener Zeit siegte die Revolution, es gab keine Organisation - unsere kleine Armee löst sich praktisch in einer Masse neuer Kämpfer auf, die die Waffen ergriffen, die Kasernen besetzten, und binnen einiger Wochen wuchs sie auf 40 000 Mann; sagen wir, unsere Armee wuchs um das Zehnfache -, die Menschenmassen waren auf der Straße, es war chaotisch. Das Schlimmste aber war, daß noch alles zu tun war.
Unsere Probleme waren damals die 30% Analphabeten, der Mangel an Schulen, der Mangel an medizinischer Versorgung, der Mangel an sozialer Absicherung, der Mangel an Arbeitsplätzen, die notwendige Wiederbeschaffung aller Güter, die während sieben Jahren gestohlen worden waren.
Ich sagte einmal, daß dies am 10. März 1952, mit dem Tag des Staatsstreichs, beendet wurde, weil, wenn wir weiter zurückgegangen wären, die Hälfte der Republik hätten enteignen müssen, und tatsächlich wollten wir die Maßnahmen zur Wiederbeschaffung nicht in dem Ausmaß betreiben, wie wir es hätten tun können, zurück bis zur Gründung jener Karikatur einer Republik im Jahr 1902, denn ich glaube, wir hätten sogar viele Urenkel enteignen müssen.
Es gab das, was wir in jener Zeit eine Art Amnestie für die Zeit vor dem 10. März nannten. Übrigens hat uns das nicht groß geschadet, weil viele dieser Diebe nicht lange damit warteten, nach Miami zu reisen, und dann hinterließen sie uns als Erbe all das, was sie gestohlen hatten. Andere, deren Reichtümer anderen Ursprungs waren, gingen ebenfalls fort, wobei sie dachten, daß sie in fünf Monaten, sechs Monaten, allerhöchstens in einem Jahr zurückkehren würden. Wie hätten sie die Zukunft erahnen können? Sie sahen nur eine Gruppe Verrückter, die neben einem so mächtigen Nachbarn Dinge unternahmen, und daß so etwas nicht lange andauern konnte. Also diese hinterließen uns ebenfalls als Erbe eine große Menge von Gütern; dazu kamen in jenen Tagen noch die Gesetze der Wohnungsreform, der Agrarreform und viele weitere revolutionäre Dinge.
Wie viele Schulen gab es aber im Land? Wie viele Lehrer? Wir wußten, daß 10 000 arbeitslos waren und ein großer Anteil der Kinder weder Schulen noch Lehrer hatten.
Von Anfang an begann die Politik der Yankees das Land der Fachleute, Ärzte, Lehrer, Professoren, usw. zu berauben, Hunderttausende, die sich nach der Gelegenheit gesehnt hatten, in die Vereinigten Staaten zu reisen, um Arbeit zu finden, oder um unter wesentlich besseren Lebensbedingungen zu leben, als sie sich in unserem Land erhoffen konnten, bzw. die unser Land in jener Zeit bieten konnte.
In jener Zeit wurden auch jährlich Zehntausende Autos ins Land geschmuggelt. Sie kauften sie dort gebraucht, total billig für 300 oder 400 Dollar, und verkauften sie hier für 1 500 oder 2 000, wodurch sie das Land mit einem phantastischen Bedarf an Kraftstoff, Ersatzteilen, usw. usf. belasteten.
Ich erwähne dies, weil die Lage am Nachmittag des 28. September 1960 so aussah, unmittelbar gab es weitere Warnungen, bewaffnete Banden, Söldner wurden angeworben, um in das Land einzufallen, und etwas, das nie fehlgeschlagen war, nämlich der Sturz jeglicher fortschrittlichen oder revolutionären Regierung in dieser Hemisphäre, wie es in Guatemala und anderen Orten geschehen war.
Das war unsere Situation und so wurden die Komitees zur Verteidigung der Revolution in jener Nacht, neben so vielen Dingen, die in den ersten Jahren der Revolution geschehen sind und die weiterhin geschehen, als Idee, als Gedankenblitz, als Inspiration geboren, denn der Revolutionär muß auch die Rolle der "Decimistas", der singenden Spontandichter, die wir so bewundern, übernehmen. Sie finden das präzise, genaue Wort, um einen Gedanken auszudrücken, und die Revolution hat uns alle zum Teil zu "Decimistas" gemacht: Die Notwendigkeit der - oft unmittelbaren - Suche nach den Lösungen angesichts neuer Probleme, obwohl wir nicht wirklich gegen neue Probleme kämpften. Wir kämpften gegen alte Probleme, alte Rezepte, gegen die, die der Imperialismus gewöhnlich überall anwendete.
In Kuba war es zunächst der imperialistische, interventionistische Krieg; nachdem viele Jahre lang alles möglich unternommen wurde, um die Unabhängigkeit Kubas zu verhindern, indem Waffen, Schiffe abgefangen wurden, intervenieren sie auf opportunistische Weise in einem Krieg, in dem sie keine Gegner hatten.
Manch einer kennt die Geschichte des Geschwaders von Cervera, bei dem sogar einige Maschinen der besten Schiffe reparaturbedürftig waren, wo neue Kanonen vorhanden waren, die noch aufgestellt werden mußten, und das sogar ohne ein Kohlen-Versorgungsschiff losgeschickt wurde. Außer U-Booten und nuklear betriebenen Flugzeugträgern haben die Schiffe selbst heute noch überall auf der Welt Schiffe zur Versorgung mit Treibstoff dabei, und diese so kriegerischen Herren, die Politiker, die jenes Land oder jene Metropole regierten, schickten diese Schwadron ohne ein Schiff zur Versorgung mit Kohle los. Alles war improvisiert, unüberlegt. Sie befanden sich dort in Santiago de Cuba. Danach gaben sie die selbstmörderische Order zur Ausfahrt, als sie mit den Kanonen jener Schwadron und der Marineinfanterie, die sie begleitete und die die Stadt Santiago de Cuba verteidigte, viele andere Dinge hätten tun können. Vor der engen Ausfahrt aus der Bucht lag der ganze Verband der Yankees mit überlegener Artillerie, unvergleichlich festerer Panzerung, einfach stärker; er schoß jene Schiffe, die den Befehl mit großem Mut, großer Unerschütterlichkeit, bewundernswerter Tapferkeit und Heldentum ausführten, eines nach dem anderen ab.
Jener Krieg kostete sie nichts. Die Befreiungsarmee half ihnen bei der Landung, kooperierte mit ihnen, kämpfte an ihrer Seite bei der Eroberung der Festung von El Caney, von El Viso und später bei der Eroberung von San Juan. Viele Kubaner starben bei diesen Gefechten und als Belohnung für all dies ließen sie nicht einmal nach Santiago de Cuba einrücken. Was sie taten, war etwas Schreckliches in der Geschichte unseres Landes, und außerdem nahmen sie alles an sich.
Dasselbe taten sie in diesem Jahrhundert, sie taten es in Santo Domingo, sie taten es in Haiti, sie taten es in Nicaragua, sie taten es, wo immer sie wollten, und mehr als einmal. Und sie haben es selbst nach dem Sieg der Kubanischen Revolution im Jahr 1959 getan: Sie haben in Santo Domingo interveniert, als eine Revolution im Begriff war, zu siegen; sie haben in Grenada interveniert, weil es ihnen danach war, unter dem Vorwand, einige Studenten seien angeblich in Gefahr gewesen, und um eine Aktion im Mittleren Osten - ich glaube im Libanon -, bei der einige US-amerikanische Marines getötet worden waren, zu vergelten. Sie rächten sich an der Insel Grenada; danach intervenierten sie in Panama; sie organisierten die schmutzigen Kriege gegen Nicaragua; sie unterstützten ein sehr hartes Regime, eine sehr blutige Regierung in einem anderen zentralamerikanischen Land, in El Salvador; sie intervenierten in den Krieg in Guatemala. Überall haben sie interveniert.
Bei uns sind sie in der Schweinebucht eingefallen, sie haben uns von Anfang an blockiert, sie waren kurz davor, einen wirklichen Atomkrieg zu provozieren. Wir erlebten die reale Gefahr des Ausbruchs eines solchen Kriegs als Folge der überheblichen Politik, die sie seit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgten. Und je reicher und mächtiger sie waren, um so eher zeigten sie ihre Neigung zur bewaffneten Intervention.
Wir alle wissen, was sie in Vietnam getan haben. Das hat 4 Millionen Vietnamesen das Leben gekostet. Und so haben sie haufenweise Interventionen in vielen Teilen der Welt durchgeführt.
Wir kämpften gegen alte Leiden.
Das besondere der Geschichte unserer Revolution scheint mir, daß wir all diesen Versuchen, sie zu zerstören, widerstanden haben, und in dieser Hinsicht war jener Tag, an dem die Komitees zur Verteidigung der Revolution gegründet wurden, ein wirklich historischer Tag.
Jedermann versteht, daß wir andere Aufgaben hatten, und daß das nicht die heutige Situation ist, daß das nicht die Welt von heute ist. Damals gab es zwei Weltmächte, die Technologie war weniger entwickelt, es gab kein Internet, es gab keine Informatik, es gab nichts; das Fernsehen gab es gerade seit kurzem, es gab keine globalisierte Welt und kein weltweites System, in dem die neoliberale Globalisierung dominiert, und das Imperium aus politischer, wirtschaftlicher, militärischer, technologischer und kultureller Sicht, wenn man das Gift, das sie über die Welt verbreiten, Kultur nennen kann, besaß nicht die unermeßliche Macht wie heute.
Heute ist es viel mächtiger, die Welt ist anders. Das sind die neuen Bedingungen, unter denen unser Volk und unsere Revolution ihren Kampf führen müssen. Ist das etwa schwieriger? Nein, es ist nicht schwieriger. Schwieriger war es, als das durchschnittliche Bildungsniveau unserer Bevölkerung beim Abschluß der, was weiß ich, dritten oder vierten Klasse lag, was mir hoch gegriffen erscheint. Niemand hat gründlich untersucht, und jemand sollte es tun, wie viele Bürger dieses Landes in jener Zeit die sechste Klasse mit Erfolg abgeschlossen hatten.
Ich bin davon überzeugt - ich habe es nicht ganz genau ausgerechnet -, daß es in unserem Land heute mehr Hochschulabsolventen gibt, als Menschen, die vor der Revolution die sechste Klasse abgeschlossen hatten.
Es gab keine allgemeine Bildung, es gab auch keine politische Erziehung, es gab keine politische Kultur, und unter diesen Bedingungen entstehen die Komitees zur Verteidigung der Revolution; Und die heutigen sind die neuen Bedingungen, unter denen die Komitees zur Verteidigung der Revolution, alle Massenorganisationen und unser ganzes Volk kämpfen müssen. Das sind ganz andere Bedingungen.
Eines Tages wird ausgiebig darüber gesprochen werden müssen, wie die Heldentat unseres Volkes, während dieser 40 Jahre zu widerstehen, möglich war. Soeben erwähnte Contino vier Jahrzehnte; aber unter diesen vier Jahrzehnten gibt es ein sehr schwieriges, die ersten Jahre des ersten Jahrzehnts; und ein weiteres Jahrzehnt war unserer Meinung nach das schwierigste von allen, das letzte der vier Jahrzehnte, jenes, das gerade vorbei ist.
Was haben wir heute? Wir haben heute eine Bevölkerung, die mindestens neun Schuljahre absolviert hat; wir haben heute ungefähr 700 000 Hochschulabsolventen, wir haben heute sogar in den abgelegensten Winkeln des Landes kleine Schulen. Es reicht aus zu sagen, daß es 600 Schulen mit fünf oder weniger Schülern und einem Lehrer gibt. Das heißt, es gibt keinen Winkel des Landes ohne eine kleine Schule und ohne Lehrer.
Jetzt versuchen wir, die Probleme zu lösen, die 1 962 abgelegene Schulen ohne Stromversorgung bedeuten. Wie viele Grundschulen gibt es? Von ungefähr 9 000 Grundschulen sind 1 962 an so abgelegenen Orten, daß sie, obwohl wir mehr als 90 Prozent des Landes elektrifiziert haben, ohne Stromversorgung sind. Natürlich haben sie nur sehr wenige Schüler. Die Gesamtzahl der Schüler dieser Schulen beträgt 30 000. Derzeit wird bei 300 Schulen die Stromversorgung installiert und diese 300 größten Schulen entsprechen 11 000 Schülern. Es verbleiben uns noch 19 000 Schüler ohne Stromversorgung für die Fernseher und Videos. Sie haben aber statt dessen besondere Literatur erhalten und in einer bestimmten Zeit werden sie mittels fotovoltaischer Zellen über ausreichend Strom für den Fernseher, das Videogerät und zwei Leuchtröhren verfügen. So schützen wir die Umwelt, geben keinen Cent für Brennstoff aus und beginnen, eine neue Technik in viele Winkel des Landes zu bringen. Und außer den genannten 19 000 Schülern, werden ungefähr 2 400 000 Schüler Strom und die audiovisuellen Mittel für den Unterricht haben.
Vergleicht das mit dem, was es früher gab. Es gab keine Lehrer, 10 000 waren arbeitslos. Wir haben 10 000 Stellen geschaffen und konnten sie nicht alle besetzen, weil nicht alle arbeitslosen Lehrer dazu bereit waren, zum unterrichten in die Berge, in abgelegene Winkel zu gehen. Es gab auch den Reiz der Vereinigten Staaten, die allen Lehrern und Professoren, die fort wollten, ein Visum gewährte, und vor die Entscheidung gestellt, in jener Zeit in die Berge von Baracoa, von Segundo Frente, der Sierra Maestra zu gehen, oder nach Miami, wählte ein Teil derer, die in jener Gesellschaft ausgebildet worden waren, deren Prinzip nicht die Solidarität, sondern eher der Individualismus war, diesen Weg.
Die 10 000 Stellen, die geschaffen wurden, hätten ausgereicht, es gab aber kein Personal. Also Lehrer improvisieren, Abiturienten in Schnellkursen zu Lehrern und Professoren ausbilden! Und diese gingen darauf ein.
Die Alphabetisierungskampagne stand bevor. Das war eine der Großtaten, die glaube ich noch nie einem anderen Land durchgeführt worden war. Und sie wurde hauptsächlich von den Studenten durchgeführt, 100 000 Studenten, Menschen, die sich freiwillig bereit erklärten, und die Grund- und Mittelschullehrer, die uns damals zur Verfügung standen - das waren 25 000 oder 30 000, ich kann das nicht mit Sicherheit sagen, irgend jemand könnte diese Zahlen ein wenig ergründen. Und inmitten der Alphabetisierungskampagne gab es die bewaffneten Banden im ganzen Land, und außerdem die Invasion in der Schweinebucht.
Die Banden waren einige Monate vor der Schweinebucht, in Voraussicht der Schweinebucht im Escambray-Gebirge schwer geschlagen. Die Invasion in der Schweinebucht fand mitten während der Kampagne statt. Wir begriffen auch, daß die Jugendlichen auf dem Land und in den Bergen sicherer sein würden als hier in der Hauptstadt, wenn es eine groß angelegte Invasion, einen Krieg geben sollte.
All dem stellten wir uns mit den Komitees zur Verteidigung der Revolution, dem Kubanischen Frauenbund, dem Kommunistischen Jugendverband, der Partei, die dabei war, sich zu organisieren; denn unsere Partei war der Zusammenschluß verschiedener revolutionärer Organisationen, von Jugendlichen, Mitgliedern des Partido Socialista Popular - einer alten Partei -, den Mitgliedern und Sympathisanten der Bewegung des 26. Juli und der Leitung der Revolution. Mit ihnen wurde die Einheit geschaffen und der erste Vorstand gebildet, es mußten aber noch die Parteimitglieder gebildet werden. Es gab Probleme mit Sektierertum. Es wurden Fehler, unvermeidbare Fehler begangen.
Ich erinnere mich daran, daß die Komitees zur Verteidigung der Revolution, die öffentlich gegründet worden waren, anfingen, sich heimlich zu organisieren - kaum jemand wird sich daran erinnern -, aber eine heimliche Massenorganisation ist etwas Verrücktes. Das waren tatsächlich Fehler einiger Genossen und wir fragten: Wie kann das eine Geheimorganisation sein? Unmöglich! Die Partei selbst organisierte sich fast im Untergrund, bis eines Tages das Verfahren eingeführt wurde, jedes Mitglied von den Massen bestätigen zu lassen.
Wir hatten, wie ich sagte, eine Zeit des Sektierertums. Es gab all diese Laster. Diese Dinge kommen bei allen Revolutionen vor. Aber glücklicherweise wurden sie überstanden.
Die Gewerkschaften erlangten große Einheit, große Stärke. Die Gewerkschaften, die es beim Sieg der Revolution gab, waren Gewerkschaften, die von den sogenannten "Mujalistas" geleitet wurden, das waren offizielle Gewerkschaftsführer; sie dauerten nur kurze Zeit, denn ich glaube sie hörten am Ersten Januar auf zu bestehen, als von Palma Soriano aus zum revolutionären Generalstreik aufgerufen wurde, das Land vollständig zum Stillstand kam und sogar die Beschäftigten des Radios Radio Rebelde hörten. Seit diesem ersten Januar gab es nur noch einen Radiosender, Radio Rebelde, das für das ganze Land sendete noch bevor die Lage in der Hauptstadt entschieden war. Es waren die letzten Manöver des Imperialismus, die Revolution verschwinden zu lassen, aber die schnelle, niederschmetternde Reaktion, der Generalstreik, der Befehl an alle Kolonnen, ohne Feuerpause weiter vorzumarschieren, führte dazu, daß nach 72 Stunden alle Kasernen des Landes besetzt waren. Sie hatten keine Chance.
Seither haben sie versucht, ihre Chance zu suchen, immer eine neue Chance; es sind aber 40 Jahre vergangen und sie haben täglich, das versichere ich euch, weniger Chancen (Beifall). Ich würde es wagen zu sagen, daß sie, wegen dem, was wir jetzt haben, weniger Chancen haben denn je. Das ist sehr ernst, und nicht gerade im Bereich der materiellen Reichtümer, sondern im Bereich des Reichtums, der für jede Veränderung wichtig ist, für jede Revolution, und vor allem für eine tiefgehende Revolution, für eine große Revolution, zu der unsere bescheidene Revolution, die am Ersten Januar siegte, geworden ist.
In diesem Zeitpunkt war es eine bescheidene Revolution, die mit äußerst bescheidenen Mitteln durchgeführt worden war, und deren historischer Ablauf euch allen bekannt ist. Der Krieg dauerte weniger als 24 Monate, wenn wir die Zerstreuung von Alegría del Pío und die Probleme, die wir hatten, um überlebensfähig zu werden, abziehen. Wir schafften es vor allem, nicht wegen unserer Stärke, sondern aufgrund unseres Trainings, unserer Kenntnis der Berge und wegen der beschleunigten Lehre, die wir jeden Tag erfuhren. Denn wir waren zu siebt, danach waren wir ein paar mehr, bis zu 17 im ersten Kampf
- 17 Gewehre, mindestens -, danach wurden wir wieder weniger, wir erlitten die eine oder andere Zerstreuung und fanden uns wieder zusammen. An einem Zeitpunkt waren wir wieder nur 12 und danach stieg unsere Zahl wieder, und nachdem all diese Zwischenfälle durchgestanden waren, hatten wir uns die erforderliche Erfahrung angeeignet, damit sie uns nicht mehr schlagen konnten, obwohl wir sehr wenige waren.
Ich sage, daß mit sehr bescheidenen Mitteln eine bescheidene Revolution gemacht wurde, die weiter kämpfte, weiter Erfahrungen sammelte, weiter im Umfang wuchs, bis sie dazu wurde, was sie heute ist. Heute ist es kein Volk der Analphabeten mehr, weil die durchschnittliche Bildungsstand der Abschluß der neunten Klasse ist, soviel zur Schuljahren. In bezug auf die politische Kultur könnten wir ein Zeugnis mit der Bestnote von 100 Punkten verleihen. Wir sind nicht das einzige Land, es gibt andere Länder, die große Heldentaten vollbracht haben; hier anwesend ist die Vertretung unserer geliebten Schwester, der Sozialistischen Republik Vietnam (Beifall), die mit ihrem Kampf und ihrem Sieg so viel auch zur Sicherheit unseres Landes beigetragen hat.
Ja, weil sich die Regierungen der Vereinigten Staaten nach der Oktoberkrise, nachdem die Welt am Rande eines Atomkriegs stand, auf den Krieg gegen Vietnam einließen. Sie begingen eine große Verrücktheit, die sie über 500 000 Leben kostete. Gleichzeitig aber kostete es das Leben von mindestens
4 Millionen Vietnamesen. Dazu kommen noch die Invaliden und die, die in Folge der Leiden jenes Kriegs und des Einsatzes chemischer Mittel usw. erkrankt sind.
Wir könnten aber sagen, daß, wenn sich um eine Revolution hier handelt, 90 Meilen von den Vereinigten Staaten entfernt und im Herzen einer Hemisphäre, die sie immer dominiert haben, und im Herzen des Westens, um unsere Revolution, dann kann man sagen, daß ihr Niveau politischer Kultur die Bestnote, 100 Punkte, erhält.
Ein jeder würde sagen, daß wir dem, was unser Volk heute weiß, zufrieden sind; ein jeder würde sagen, daß wir mit seiner politischen Kultur zufrieden sind; nein, ich erwähne das, was in entscheidenden Momenten seiner Geschichte erreicht wurde.
Man muß diese Dinge erwähnen, man muß einige Ereignisse erwähnen, man muß alle Massenorganisationen erwähnen, man muß unsere Partei erwähnen und man muß unsere Jugend erwähnen um zu verstehen, weshalb das Land während dieser vier Jahrzehnte widerstehen konnte, weshalb das Land bis zu diesem 40. Jahrestag der Gründung der Komitees zur Verteidigung der Revolution gelangen konnte.
Und die gelebten Phasen sind unterschiedlich. Als die bewaffneten Banden niedergeschlagen und die 300 konterrevolutionären Organisationen ausgeschaltet wurden; als die Invasion in der Schweinebucht niedergeschmettert wurde; als das Land standhaft den Risiken der Atomkrise widerstand und als wir uns auch nach einer angeblichen Lösung weigerten, daß sie dieses Land inspizierten oder Ähnliches unternahmen, oder daß die Militärflugzeuge der Vereinigten Staaten Tiefflüge durchführten, oder unsere Truppen zu entmobilisieren, nach all dem und nach dem großen Schreck, den viele unserer eigenen Gegner erlebt hatten, war eine etwas ruhigere Zeit zu genießen. Wir brauchten natürlich noch Jahre, um die letzte Bande aufzulösen. Man kann sagen, daß wir das einzige revolutionäre Land sind, daß die im Dienst des Imperialismus stehenden bewaffneten Banden auflösen konnte; das muß festgehalten werden. Neben anderen Faktoren haben es uns die angewandten Methoden, die Art des Kampfes, der Einsatz ausschließlich freiwilliger Kämpfer in diesem Kampf, denn alle waren Freiwillige, wie bei den internationalistischen Einsätzen, ermöglicht zu siegen und mit all dem aufzuräumen.
Jahrelang dauerten die Piratenangriffe an, die über verschiedene Orte durchgeführt wurden, von Mutterschiffen aus, Angriffe über einen Hafen, über einen anderen Ort, einen weiteren Ort, über noch einen anderen, die Einschleusung von Sprengstoff, Waffen, Sabotageakte, in Brand gesteckte Geschäfte, zerstörte Fabriken, Dutzende von Opfern, Hunderte von Opfern, allein die bewaffneten Banden kosteten uns über 400 Menschenleben. Im Kampf gegen die Banden starben mehr kubanische Kämpfer als in den Kämpfen, die zum Sieg der Rebellenarmee führte, denn in ihrer letzten Offensive gegen die Sierra Maestra fielen weniger als 50 der Rebellenkämpfer, und in unserer letzten Offensive gegen Santiago de Cuba, das sind die zwei großen Operationen, die wir mit einer recht großen Zahl an Kämpfern durchführten, starben weniger als 50. Die genauen Zahlen habe ich hier nicht vorliegen; die Morde zähle ich nicht mit, ich zähle die im Kampf gefallenen, und es starben mehr in den Kämpfen gegen die Banden als in der ganzen Zeit, die unser Krieg dauerte.
Das haben sie viele Jahre lang getan und dazu kommt natürlich noch die eiserne Blockade. Sie entführten Fischereiboote, griffen Frachter an, versuchten unsere Zuckerindustrie zu sabotieren, uns unsere Märkte wegzunehmen, Schiffe, die ein- und ausfuhren, wurden beschossen und ein eiserner wirtschaftlicher Krieg geführt. Es gab Attentatspläne, weshalb sollen darüber sprechen, das würde lange dauern und ich habe gesagt, daß ich mich kurz fassen würde (Lachen).
Gut, die Revolution widerstand dieser ganzen Geschichte, dieser ganzen Politik; aber das schwierigste Jahrzehnt, war dieses letzte, das hat uns am härtesten getroffen, die Spezialperiode, denn die Spezialperiode hat sehr schwierige Bedingungen geschaffen. Ihr war ein ideologisches Bombardement vorangegangen, etwas, das vom "Heiligen Geist" kam. Ich benutze diesen religiösen Begriff, weil er mir der passendste scheint, um die Herkunft dieses Bombardements zu erklären. Dieses Bombardement kam von niemand anderem als der Sowjetunion in den 80er Jahren. Ich sage, es kam vom Heiligen Geist, weil sie für höchste, unbestreitbare und unfehlbare Wahrheiten gehalten wurden.
Die UdSSR spielte eine sehr wichtige Rolle in unserer Revolution nach dem Sieg des Volkes in Kuba, den sie sich nicht einmal hatten vorstellen können, und sie leisteten uns danach entscheidende Hilfe. Wenn wir die Spezialperiode in der Anfangszeit hätten erleiden müssen - den Jahren 60, 61, 62, 63 -, als sie uns außer dem Erdöl auch die Versorgung, die Märkte, alles wegnahmen, hätte sich dieses Land nicht auf eine so grausame Blockade vorbereitet. Ich kann euch versichern, daß dieses Land darauf vorbereitet war, zu kämpfen und zu sterben. Wir wären Vietnam gewesen, wir hätten die eine Invasion der Yankees aushalten müssen, die niedergeschlagen worden wäre - daran kann niemand zweifeln -, denn wir hatten bereits Hunderttausende von Männern unter Waffen und wir kamen nicht von den Militärakademien, sondern aus den Bergen, die unsere Schule waren, und die Leute konnten kämpfen, waren aus ihrer Kampferfahrung im irregulären Krieg inspiriert. Das stammte aus dem vergangenen Jahrhundert, weil unser Volk seit 1868 mit der Machete gegen die damals mächtigste Armee kämpfte.
Ich kann euch versichern, daß eine Invasion dieses Land nicht hätte unterwerfen können, ihre Truppen hätten sich unter beachtlichen Kosten zurückziehen müssen, oder alle Patrioten bis auf den letzten auslöschen müssen. Das Glück unseres Landes ist, daß die Zeit nicht ausreichte, da es die Söldnermacht direkt vor der Nase eines Geschwaders mit Flugzeugträgern und allem zerstörte; es zerstörte sie in 68 Stunden, so daß es, als sie ihnen den Befehl zum Beistand gaben, niemand mehr gab, dem beizustehen war. Hätten sie aber diesen Brückenkopf eingenommen, hätten sie einen Abnutzungskrieg gegen unser Land geführt und wir hätten im Jahr 1961 ein Vietnam gehabt. Hunderttausende von Leben wären verloren worden, da bin ich sicher, denn ich kenne die Kubaner, ich kenne die Rebellen. Und sie ergeben sich nicht, sie kämpfen, nehmen den Kampf wieder auf, sind einfallsreich, erfinderisch, sie haben den nötigen Mut und im politischen und militärischen Bereich waren die Bedingungen für den Fall einer direkten Invasion gegeben, aber nicht, um wirklich nur im wirtschaftlichen Bereich zu siegen.
Die Spezialperiode geschieht 30 Jahre nach dem Sieg der Revolution, als viele Dinge der Vergangenheit verschwunden waren. Wir hatten bereits die politische Kultur des Widerstands gegen eine Spezialperiode in Friedenszeiten In den ersten Monaten der Revolution gab es noch keine sozialistische Kultur. Unser Volk hatte eher einen Klasseninstinkt als ein Klassenbewußtsein; es haßte den Diebstahl, es haßte die Korruption, es haßte die Armut, es haßte die Ungleichheit, es haßte die Ungerechtigkeit.
Die revolutionären Gesetze waren ein fundamentaler Faktor, der dazu beitrug, das politische Bewußtsein zu verändern, das vom Gift der McCarthy-Ära und der antikommunistischen Propaganda vieler Jahre auf unser Volk, und von der Abhängigkeit, die bereits über ein halbes Jahrhundert andauerte, gesättigt war. Seit sie 1898 gelandet waren und unser Land besetzten, bildeten sie darüber hinaus, schrieben sie die Geschichte Kubas, in der sie das Land als von den Vereinigten Staaten befreit darstellten und es begann die Amerikanisierung Kubas auf jede mögliche Weise. Über die Schule, über die damaligen Massenmedien, sie machten viele Leute auf dieser Insel glauben, daß die Vereinigten Staaten der Retter war.
Wer würde zu ihnen von Imperialismus reden? Lenin hatte noch nicht einmal sein Buch über den Imperialismus geschrieben. Lenin nennt jenen Krieg von 1898 als Vorbild für den ersten imperialistischen Krieg im modernen Sinn des Wortes. Sie eigneten sich alles an: Kuba, Puerto Rico, die Philippinen, sie festigten ihre Herrschaft über die Hemisphäre, besetzten Kuba direkt vier Jahre lang, zerschlugen die Befreiungsarmee, lösten die Revolutionäre Partei José Martís auf und brachten ihre Rezepte, die uns Kubaner so teuer zu stehen kamen, und so teuer kam es allen anderen Völkern Lateinamerikas zu stehen. Wir sind zum Glück bereits von den Rezepten des Imperialismus befreit; den Rezepten, die sie uns wieder hierher bringen wollten und die sie nie mehr wieder hierher bringen können (Beifall).
Das Werk der Revolution, mehr noch die Predigt der Revolution, das Beispiel der Revolution hat ein sozialistisches und kommunistisches politisches Bewußtsein geschaffen. In jenen Zeiten vor dem Sieg von 1959 war das Erwähnen des Worts Kommunismus wie das Erwähnen des Worts Hölle, aller Teufel zusammen genommen, jenes Wort, das gerade die reinste Ethik, die fortschrittlichsten menschlichen Gefühle zusammenfaßte.
Man kann die Religionen studieren, man kann das Christentum studieren, und man wird herausfinden, daß es bereits in jener Epoche, vor 2 000 Jahren in vollständig anderen Gesellschaften und unter dem römischen Imperium, Menschen gab, die an das dachten, was sie Nächstenliebe nannten, dem anderen Gutes tun, Solidarität mit den Armen verspüren. Oft habe ich den Gründer des Christentums als Beispiel genannt, der keine Grundbesitzer oder Händler suchte, um seine Lehre zu gründen, er suchte Fischer, die weder lesen noch schreiben konnten.
Es war ein wirklich menschliches Handeln. Ich widerspreche hiermit keinem anderen religiösen Gefühl oder Kriterium, ich beschränke mich darauf, indem ich unsere Sprache benutze, zu sagen, daß es, ausgehend von einem religiösen Gefühl, ein zutiefst menschliches Handeln war. Es ist aber der Marxismus, der Sozialismus, der Kommunismus, der, ausgehend von einer grundlegenden Kenntnis des kapitalistischen Systems und einer historischen, wirtschaftlichen und sozialen Analyse der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im Laufe seines Bestehens, den menschlichen Geist, den Geist der Solidarität unter den Menschen und den internationalistischen Geist unter den Völkern zu seiner höchsten Entfaltung bringt.
Vor 2 000 Jahren konnte etwas Ähnliches nicht entstehen. Das marxistische Denken entsteht mit der Arbeiterklasse, die sich in den westlichen Ländern entwickelt, und es wird bereits ganz von Anfang an als vom Internationalismus untrennbar aufgefaßt, weil die Existenz des Sozialismus und des Kommunismus ist ohne den Internationalismus unmöglich. Er geht von der Prämisse einer entwickelten Welt mit einer hochentwickelten Kapazität der Produktivkräfte aus, die es erlaubten, genügend Reichtümer zu schaffen, um dem Menschen zu ernähren, zu kleiden, mit Schuhen zu versorgen und um die notwendigen Lebensbedingungen zu schaffen, und nicht nur die des materiellen Lebens - das ist ein sehr wichtiger Punkt -, sondern auch die des geistigen Lebens, geistigen Reichtum für die damalige Menschheit, die ungefähr 1 Milliarde Bewohner umfaßte.
Viele Probleme von heute waren unbekannt; in jener Zeit dachte man, die Quelle des Reichtums, die in der Lage sind, die Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen, sei sozial und nicht materiell begrenzt. Die Nutzung von Erdöl, die phantastischen Technologien, die es heute gibt, waren noch nicht entwickelt. Wenn Marx diese Technologien gekannt hätte, wäre er noch marxistischer, noch kommunistischer gewesen, weil es der Fortschritt der Wissenschaft und der Technologie ermöglicht, diese Quelle des Reichtums als für den Menschen absolut zugänglich zu entwerfen, die dazu in der Lage ist, Bedürfnisse wie jene der Ernährung, von Schuhen, Kleidung, Wohnung, Bildung, ärztlicher Versorgung, Freizeit, Kultur und andere zu befriedigen.
In der Zeit von Marx gab es das Auto nicht, viele der gegenwärtigen Produkte gab es nicht. Ich erwähne das Auto, weil ich glaube, daß es eines der Instrumente in den Händen der kapitalistischen Gesellschaften ist, das zu einem der wichtigen Faktoren der Zerstörung der Umwelt und der natürlichen Ressourcen geworden ist.
Der technische Fortschritt wurde vom Kapitalismus dazu genutzt, die weniger entwickelten Völker und die Völker, die beinahe bis zur Hälfte dieses Jahrhunderts Kolonien waren, verstärkt auszubeuten. Die Kolonien, die später zu Neokolonien wurden, und heute zu etwas, das noch schlechter ist als Kolonien und Neokolonien. Die Technologie wurde als Instrument der Vorherrschaft benutzt. Die militärische Technologie wurde von imperialistischem Krieg zu imperialistischem Krieg immer weiter entwickelt, bis sie die Atombombe zum Abschluß brachten. Und viele dieser modernen Waffen, wie die intelligenten Waffen, die es Anfang dieses Jahrhunderts nicht gab, benutzten sie, um sich durchzusetzen.
Die Technologien für den zivilen Gebrauch wie die mechanische Industrie, die Elektrizität, die Kommunikationstechnologie, die Energietechnik, alles benutzten sie einfach dazu, Konsumgesellschaften zu schaffen, womit sie meiner Meinung nach eines der gefährlichsten Elemente in der Geschichte der Menschheit eingeführt haben, das zu dem gehört, das die natürlichen Ressourcen und die für das Überleben der menschlichen Gattung unentbehrliche Umwelt am stärksten angreift.
Es stimmt, daß die Düngemittel es ermöglichten, die Produktionskapazität von Ödland wiederzugewinnen, die Produktivität pro Hektar zu steigern; die Fortschritte der traditionellen Genetik ermöglichten auch, wesentlich ertragreichere Sorten von Pflanzen zu entwickeln; Die Traktoren und Maschinen ermöglichten es, die Produktivität der landwirtschaftlichen Arbeit erheblich zu erhöhen. Das heißt, die Menschheit hat tatsächlich die passenden Instrumente geschaffen, um die unentbehrlichen Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen.
Wenn man den Wohlstand des Menschen als die Summe der materiellen Reichtümer auffaßt, die dazu notwendig sind, ein materiell anständiges Leben zu führen, von denen man weiß, woraus sie bestehen, und die unbegrenzte Schaffung kultureller und geistige Reichtümer, so glaube ich, daß dies das einzige Konzept ist, daß sich zu einer rationellen Vorstellung davon entwickeln kann, wie die Welt der Zukunft sein soll.
Die geistigen Reichtümer werden unterbewertet, weil die Konsumgesellschaften zur völligen Unterbewertung von all dem neigen, das kein materielles Luxusgut ist. Es gibt Häuser mit fünf Fernsehern, Familien mit sechs Autos und Ähnliches.
Den geistigen Reichtum und seinen Wert sehen wir ständig. Das, was wir heute hier genossen haben, heißt geistiger Reichtum. In dem Gedicht von Neruda, das für mich eine äußerst angenehme Überraschung war, schien es mir wegen dem, was es er 1960 über dieses Jahr 2000 schrieb, als sehe ich einen Propheten. Und ich würde ihm völlig recht geben. Wäre es der 30. Jahrestag gewesen, hätte ich ihm noch nicht recht gegeben, vor dieser Spezialperiode, vor 20 Jahren hätte ich ihm nicht recht gegeben, aber heute stimme ich ihm zu, weil wir uns an der Schwelle zu einer neuen Epoche für Kuba befinden, wie Neruda sie an jenem Tag scheinbar erträumt hat (Beifall). Um aber nicht entgegengesetzt zu seinem Wert zu übertreiben, sage ich an der Schwelle zu einer Epoche, die nicht einmal Neruda an jenem Tag hätte erträumen können (Beifall). Das sage ich und ich kann es sogar beweisen.
Als Neruda dieses Gedicht schrieb, konnte er nicht ahnen, daß dieses Land einundvierzigeinhalb Jahre lang der Blockade, dem ganzen Arsenal schmutziger Verfahren, die das Imperium im Laufe seiner Geschichte geschaffen hatte, und außerdem einer Spezialperiode widerstehen würde. Eine Spezialperiode als die Hälfte der Bevölkerung mit Strom versorgt war und fast niemand mehr als ein Radio oder etwas ähnliches hatte - es gab weder massenhaft Fernseher noch viele Haushaltsgeräte, von Waschmaschinen bis zu vielen anderen Dingen - ist etwas anderes, als wenn eine Spezialperiode kommt und ein Land, in dem über 90% der Wohnungen mit Strom versorgt sind in dem es Abermilllionen von Radios, Fernsehern, Waschmaschinen, elektrischen Bügeleisen usw. usf. gibt, keinen Brennstoff mehr hat.
Ich erinnere mich daran, daß es bei mir Zuhause über lange Zeit keinen Strom gab, und es gab nie genug für ein elektrisches Bügeleisen, weil er für den Fernseher - als es einen gab; als ich dort war, gab es keinen Fernseher - und für das Radio genutzt wurde, das von meinem Vater streng monopolisiert und verwaltet wurde. Er erlaubte nicht, daß es angeschaltet wurde, zu recht, um es zu schonen, und ich mußte es einschalten, wenn alle schon schlafen gingen, um das Baseball-Spiel anzuhören oder um zu lesen (Lachen und Beifall).
Bei mir Zuhause gab es nie ein elektrisches Bügeleisen. Mein Vater besaß ein recht großes Stück Land und er hatte noch ein weiteres recht großes Stück Land gepachtet; es gab Einkommen, es gab dort alles und wir waren vier Kilometer von der nächsten Zuckerfabrik, der von Marcané - so hieß sie damals - entfernt. Heute heißt sie ganz zurecht "Loynaz Hechevarría", benannt nach dem Arbeiterführer und Kommunisten jener Fabrik, der von der Tyrannei ermordet wurde. Bei mir Zuhause gab es kein elektrisches Bügeleisen.
Welche Familie hatte 30 Jahre nach dem Sieg der Revolution kein elektrisches Bügeleisen in den Städten, auf dem Land, überall; einen Ventilator, einen Fernseher und eine Menge Haushaltsgeräte, Glühbirnen, usw.? Aus der Dunkelheit ins Licht zu gehen ist leicht, vom Licht in die Dunkelheit zu gehen ist schrecklich (Lachen und Beifall).
Ich bin bereits dabei, mein Wort zu brechen (Lachen).
Von den Kühlschränken habe ich nicht gesprochen. Als es zu Beginn der Spezialperiode einer von diesen 14stündigen Stromausfällen kam, wurde alles aufgetaut und es verdarb ein Teil der bescheidenen Vorräte an Lebensmitteln, die in diesen Kühlschränken waren.
Die Fernseher gingen ebenfalls aus, alles ging aus; es waren Schwarzweißfernseher, sie verbrauchten 180 Watt und es gab keine Ersatzteile; das Modell, das heute in allen Schulen steht verbraucht 80 Watt, ist 20 Zoll groß und in Farbe.
Ja, wir wissen, wie sehr die Versorgung der Bevölkerung mit materiellen Gütern litt. Einschließlich der Schuhe, um nicht von Zahnpasta, Zahnbürsten, Seife zu reden; um nicht von Zuteilungsquoten zu reden, die beträchtlich verringert wurden, nicht aus Spaß, sondern es gab sie nicht; kein Markt, keine Devisen, nichts, vor allem in diesen ersten vier oder fünf Jahren.
Das Land stellt sich der Spezialperiode in einer Situation, in der wir ein gewisses materielles Wohlstandsniveau erreicht hatten, das abrupt abfiel. Es stellt sich der Spezialperiode und plötzlich unterliegt es einer doppelten Blockade. Welche doppelte Blockade? Die der Yankees und das Verschwinden des Marktes des gesamten europäischen sozialistischen Lagers, zunächst der Lieferungen und des Marktes der UdSSR und später des russischen.
Der Handel mit praktisch all diesen Ländern wurde unterbrochen. Manchmal gab es einen Tausch von Zucker gegen Erdöl, der Zucker wurde aber zu Weltmarktpreisen bewertet, der ein Drittel des Preises betrug, den er hatte, als es das sozialistische Lager und die UdSSR gab. Er sackte beinahe auf Null ab. Die Lieferungen von Ersatzteilen und einer Menge anderer Dinge hörten auf. In einem Land wie Kuba, das die Landwirtschaft von den 5 000 Traktoren, die im Jahr des Siegs vorgefunden wurden, mit 80 000 Traktoren mechanisiert hatte; das den Schnitt des Zuckerrohr bereits mechanisiert hatte; zum Transport wurden keine Ochsen mehr benutzt, sondern es wurden Lastwagen, von Traktoren gezogene Züge von Karren, Greifer zu ihrer Beladung, Lagerzentralen zum Säubern des Strohs eingesetzt; es gab eine hohe Erzeugung von Milch, Eiern, Geflügel- und Schweinefleisch; da schmerzt es sehr, sich an den so harten Schlag und daran, wie viel in dieser Situation verloren ging, zu erinnern.
Havanna: 30 000 Omnibusfahrten täglich - wir mußten schnell losziehen, um auf Kredit Fahrräder zu kaufen, weil wir von China einen Kredit für eine Million Fahrräder für die Hauptstadt beantragten, wir mußten anfangen, das Fahrrad zu benutzen -, die Zahl der Fahrten wurde auf 5 000 verringert, Arbeiter mußten versetzt werden. Wie vieles mußte getan werden. Wie sollte der Liter Milch für die unter 7jährigen beibehalten werden; wie sollte der unentbehrliche Kraftstoff für den Betrieb von Krankenwagen und einige Dienstleistungen besorgt werden.
Man kann sich keine schlimmere Situation vorstellen, als die, durch die unser Land gegangen ist. Kein anderes Land dieser Hemisphäre - um nicht von der restlichen Welt zu sprechen - hätte 15 Tagen Spezialperiode widerstanden. Mehr noch, die Regierungen, Systeme oder was auch immer wären nur beim Gedanken an das, was kommen würde, einen Monat vorher gestürzt. Keines!
Alle erwarteten den Fall der Revolution binnen 24, 48 oder 72 Stunden, zwei Wochen oder höchstens drei Monaten. In Miami richteten sie die Koffer: Es ist vorbei! Sie sahen, wie sie in Europa eins nach dem anderen stürzten. Und selbst die UdSSR, was so war wie zu sagen: Die Sonne verschwindet.
Und jawohl, eines Tages erwachten wir ohne Sonne. Das ist etwas sehr Merkwürdiges, nicht wahr? Denn die Leute hatten das von der sowjetischen Großtat im Kopf, die erste Revolution, ihre heldenhaften Kriege, die Intervention im Ausland in der ersten Phase der Revolution, der Zweite Weltkrieg, die
20 Millionen Toten, die Niederlage des Faschismus, bei der dieses Land die Hauptlast trug. Und das beweist die Mathematik, das beweist die Geschichte, alles beweist dies. Sie können keinem weismachen, daß es einige Schiffchen waren, die mit bestimmten materiellen Lieferungen kamen, die die Situation retteten. Ja, es kamen einige Lieferungen, aber das war nichts. Wer die genauen Zahlen kennt, wer die Geschichte dieses schrecklichen Kriegs richtig gelesen hat, die Panzer, die sie herstellten, und wie sie bauten, wie sie dort in Sibirien mitten im Winter in Werkstätten, die kein Dach hatten, Waffen produzierten, weiß ganz genau, wie der Faschismus besiegt wurde.
Heute nicht, heute wird das nicht erwähnt. Ich verteidige keinen der Fehler, weil ich mir vieler der Fehler, die in der UdSSR begangen wurden, bewußt war; aber die Großtaten, die dort geleistet wurden, kann niemand verkleinern, und deshalb hatte jenes Land ein so hohes Ansehen.
Ich erinnere mich daran, daß wir uns in den ersten Jahren der Kubanischen Revolution um die heldenhaften Bücher kümmerten: Die Landstraße von Volokolamsk, Die Männer von Panfilov, Tage und Nächte; und all das; ich erinnere mich daran, weil ich mich persönlich darum kümmerte, zu versuchen, daß all diese Bücher gedruckt würden, weil es Heldenliteratur war und unser Volk brauchte dringend Heldenliteratur, weil eine Invasion in der Schweinebucht bevorstehen konnte, eine direkte Invasion, und zwanzig andere Dinge. Die Wahrheit ist, daß die Heldenliteratur dabei half, Bewußtsein zu bilden, sie förderte aber auch das Denken, von dort käme die ganze Wahrheit, die ganze Erfahrung. Unser Volk hatte großen Respekt.
Ich meinerseits muß sagen, daß ich große Bewunderung und Respekt hatte, aber eine kritische Bewunderung und einen kritischen Respekt, und ich habe mich immer dagegen gewehrt, die Erfahrungen anderer Länder, so gut sie auch seien, mechanisch zu kopieren, weil man die kubanische Geschichte studiert und weiß, was in der Geschichte Kubas alles richtig gemacht wurde und welche Fehler begangen wurden, und man weiß, was in der französische Revolution, der ersten großen sozialen Revolution der modernen Zeit, und in anderen Revolutionen geschehen ist.
Nun, es stimmt, eines Tages sah ich, wie sie, ausgehend von der Zerstörung der Geschichte jenes Landes, das solche Literatur hatte, damit begannen, die Geschichte, die Würde und Ehre jenes Landes zu Asche zu machen, daß sie es geistig entwaffneten. Dieses Land mußte in Ordnung gebracht, aber nicht zerstört werden. Ich habe das Privileg, denn ich werde nicht sagen den Verdienst, oder aus Zufall, daß ich zwei Jahre vor dem Verschwinden der UdSSR in Camagüey gesagt habe, noch mit dem Risiko, daß mich einige für verrückt halten könnten, denn zu sagen, daß wir, falls die UdSSR eines Tages zusammenbrechen würde, weiter kämpfen und den Sozialismus aufbauen würden, bedeutete zwei Dinge: Erstens, daß wir die Gefahr sahen; zweitens, daß wir unserem Volk vertrauten, daß wir unter diesen schwierigen Bedingungen in der Lage sein würden, diesen Kampf fortzusetzen.
Aber es geschah, die Sonne erschien plötzlich nicht mehr am Horizont, und es war auch ein athletischer, ein sportlicher Tag, kein olympischer, es war ein panamerikanischer Tag, als das anfing zusammenzubrechen; was weiß ich, eine Bewegung dort innerhalb einiger Sektoren jenes Landes, die mit Gewalt eine Veränderung förderten - ich werde das nicht bewerten, das würde lange dauern -. es war der Tag, an dem die Panamerikanischen Spiele zu Ende gingen. Und was danach kam: die Auflösung, und diese Auflösung wird von vier Personen in einer Datscha am Standrand von Minsk durchgeführt; ausgerechnet in Minsk, wo Lenin in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Kommunistische Partei Rußlands gründete. Ich glaube es waren - ich erinnere mich nicht - 15 oder 20 Delegierte, die sich dort trafen, um diese Partei zu gründen.
Gut, wenn Lenin mit 15 oder 20 Delegierten das gründete, was später diese riesige Partei war, haben schließlich vier Personen unter dem brennenden Einfluß eines fast durchsichtigen berühmten Branntweins, der einigen sehr angenehm ist, für mich ein wenig geschmacklos ist - achtet genau darauf, wie die Geschichte geht -, einiger großer Gläser oder mehrerer guter Flaschen und wer weiß welchen Summen (Er macht eine Geste mit der Hand, die Geld bedeutet) - ich sage: wer weiß welche Summen - (Lachen und Beifall), in einer unglücklichen Nacht vereinbart, die Sowjetunion aufzulösen. Ich weiß es, weil es mir jemand erzählt hat, der das Recht hat zu wissen, was dort geschah und wie es geschah. Seht, welch Zufall!
Weiß jemand von euch, der sich sehr gut in den Handbüchern der politischen Erziehung auskennt, an welchem Tag, in welchem Monat und welchem Jahr Lenin die Kommunistische Partei, die damals Sozialdemokratische Partei hieß, in Minsk gegründet hat? Wer es weiß, hebe die Hand. Ich denke mir, daß ihr das genaue Datum vergessen habt. Ich weiß, daß es nach der Gründung unserer ersten Partei war, der Kubanischen Revolutionären Partei durch Martí im Jahr 1892, gegründet zur Leitung der Revolution. Gut, wann verschwand die UdSSR? Wann lösten sie sie dort in Minsk auf? Ein Jahrhundert oder fast ein Jahrhundert später. Und natürlich, wenn es hier niemand weiß, in einer Stunde wissen wir es genau, weil wir es in Erfahrung bringen werden, das ist nicht sehr schwer (Beifall).
Jawohl, vier Personen, und darüber muß man gut nachdenken. Gegen welche Gefahren muß sich eine Revolution wappnen? Gegen die Gefahr, daß vier Individuen sie an einem frühen Morgen zerstören können. Natürlich waren es nicht vier, es waren eine Menge von ihnen, weil es Vorkämpfer gab, die voller Illusionen waren und anfingen, eigenartige Dinge zu träumen, die von den politischen Wirklichkeiten nichts wußten. Ich kann euch versichern, daß eine Gruppe unserer Pioniere, von denen, die wir heute hier auf den Tribünen haben erstrahlen sehen, besser in der Lage gewesen wäre, zu verstehen, was dort zu tun war, als diejenigen, die das taten was sie taten.
Gut, einer fing damit an, unterstützt von einigen anderen, deren Geschichte nicht bekannt ist, das Pandämonium loszubrechen. Welche Geheimnisse die CIA wohl gut verwahrt hält! Aber sie müssen genau wissen, welche all die Berater desjenigen waren, der der Zünder bei dieser Zerstörung der Geschichte und der Verdienste dieses Landes war, und der die sonderbaren Ideen entwickelte, die zur geistigen und moralischen Entwaffnung jenes multinationalen Staates führten, der eine der heldenhaftesten Seiten der Geschichte unserer Zeit geschrieben hatte, neben dem Versuch, den Sozialismus unter Bedingungen zu erstellen, unter denen es sich selbst Marx nicht hätte vorstellen können: Denn es war die Kühnheit von Lenin, der marxistischer war als Marx selbst, in dem Sinn, daß er ein genialer Anhänger von Marx war, der seine Ideen weiter entwickelte und angesichts der Alternative, sich zu ergeben oder weiter zu kämpfen, beschloß, den Sozialismus in einem einzigen Land aufzubauen, das außerdem weder England noch Deutschland oder Frankreich war, wie es jener geträumt hatte, sondern das industriell rückständigste Land Europas - mit dem Vorteil, daß es für sich alleine eine Welt war, denn die UdSSR war mit ihren 22 Millionen Quadratkilometern eine ganze Welt -; er versuchte es und es gelang ihm. Er schaffte das, was andere nicht erhalten konnten; er schaffte das, was eine Gruppe Einfaltspinsel zerstören konnten. Ich glaube sogar nicht, daß der Täter - und ich werde keine Namen nennen, denn zerhacke nicht gerne gefallene Bäume, aber ihr versteht mich gut -, derjenige, der zu jener Zeit das Zentrum der Partei war, mutwillig beabsichtigte, es zu tun.
Ich für mich, ausgehend von meinen tiefsten Überzeugungen, glaube es nicht, obwohl der Täter vor sehr kurzem erklärte, daß er sich vorgenommen hatte den Kommunismus zu zerstören; es gab viel mehr Illusionen, Naivität, als die Absicht, die UdSSR zu zerstören. Die anderen spielten ihre Rollen, der Westen tat mit seinen Schmeicheleien das Seine, und so wurden die Bedingungen im Vorfeld des Morgenstreichs von Minsk geschaffen; denn dies alles war eine Entwicklung - vergeßt das nicht -, die Entwicklung der Demoralisierung, der Aufweichung und Zerstörung jenes gigantischen und mächtigen Staates, der aus einer proletarischen Revolution hervorgegangen war.
Wir waren kein Satellit, der um die Sonne kreiste, weil wir es nie gewesen sind. Im Gegenteil, wir diskutierten sehr viel und wer weiß, wie viele Jahre wir nach der Oktoberkrise diskutierten. Die Geschichte jener 30 Jahre der Beziehungen unserer Revolution mit der UdSSR ist nicht bekannt und die Politik Kubas ist nicht bekannt, und vielleicht ist die Zeit noch nicht gekommen, diese Geschichte zu erzählen oder aufzuschreiben.
Ihr redet von den 40 Jahren der Komitees zur Verteidigung der Revolution. Wir können über 41 Jahre Geschichte der Revolution sprechen. In jedem der kritischen Momente sollten die Papiere vielleicht aufbewahrt werden, damit unsere Politik und unsere Gedanken in bezug auf Lateinamerika, unsere Politik und unsere Gedanken in bezug auf die von Kuba durchgeführten internationalistischen Einsätze bekannt werden.
Ich kann euch versichern, daß in dieser Geschichte viel Ehre und Ruhm steckt, die dazu beitragen, das warum zu verstehen, obwohl es eine Reihe von warum, weshalb, warum gibt; man kann viele Fragen stellen, weil es die Summe der Antworten auf eine Reihe von Warums ist, die erklären kann, weshalb die Revolution bis hierher gelangt ist. Die Spezialperiode war aber das Schwierigste. Die Zahlen, die ich dargeboten habe, dienen dazu, uns in die Lage zu versetzen, in der die Großtat vollbracht wurde.
Hier wurde von unterschiedlichen Dingen gesprochen: Ana Fidelia hat erwähnt, daß es in den sportlichen Techniken große Veränderungen gegeben hat, selbst der Sport wurde hier erwähnt, und andere haben von ihrer Arbeit in all den Jahren gesprochen.
Die größte Arbeit, die alle Massenorganisationen geleistet haben, und es ist bedeutend, was sie objektiv geleistet haben, ist, daß sie unter der Leitung der Partei und des Kommunistischen Jugendverbandes (UJC), gestützt auf der engen Verbindung der Revolution mit dem Volk und der festen Einheit, die Revolution gerettet haben (Beifall). Sie wollen, daß wir das aufgeben, was uns das Leben gegeben hat, was unsere Errungenschaften und unsere Zukunft erhalten hat: die Einheit. Sie wollen, daß wir das Land in Stücke spalten (Ausrufe: "Nein!"), wir haben eine Antwort mit sieben Ausrufungszeichen auf beiden Seiten, hier nach oben und dort nach unten (Er macht Handzeichen). (Lachen.) ¡¡Niemals!! (Beifall.) Wie hätten wir ohne diese Einheit, ohne diese Festung widerstehen und die Schlachten liefern können, die wir geliefert haben? Wir haben sie immer glatt besiegt und wir werden weiterhin immer alle besiegen, die uns trennen wollen, zum Schlechten trennen wollen. Unsere Losung ist, zum Guten vereinen und verbrüdern (Beifall).
Die Spezialperiode hat uns nichtsdestotrotz nicht nur materiellen Schaden gebracht. Als hier die Zahl von 574 320 Blutspenden genannt wurde, dachte ich daran, unter welchen Bedingungen dieser Rekord erzielt wurde, und ich erinnerte, und einige Genossen haben es bestätigt, daß die Zahl der Blutspenden in dieser Spezialperiode weiter stieg. Vor der Spezialperiode waren es circa 400 000 und im Jahr 2000 sind sie auf 574 320 gestiegen. Ich habe es soeben zum ersten Mal gehört und werde es nie vergessen (Beifall), weil ich niemals vergessen kann, daß, wegen der doppelten Blockade, als das sozialistische Lager und die UdSSR zerfielen, der durchschnittliche Kalorienverbrauch unserer Bevölkerung, der bei 3 000 lag, auf 1 800 sank, und daß der Verbrauch von Proteinen - mehr oder weniger gut verteilt, so wie es eben war - von 80 auf 50 Gramm sank, und nicht einmal die selbe Zusammensetzung und Qualität hatte. Heute haben wir die
3 000 nicht erreicht, der Verbrauch liegt bei etwas über 2 400. Das haben wir wieder aufgeholt, 600 Kalorien, und wir haben bereits einen Teil der Proteine wieder aufgeholt. Das heißt, diese Spezialperiode hat die Ernährung der Bevölkerung beeinträchtigt und hatte eine Reihe von Maßnahmen jeder Art zur Folge.
Die 30 Millionen Zentner Gemüse, die heute in den Gärten der Städte produziert werden, wurden vor der Spezialperiode nicht produziert. Es gab großflächigen Anbau von Tomaten und anderer Gemüsesorten, aber nur auf dem Land, nicht in den Städten selbst. Das ist Teil der Anstrengung, die auf die eine oder andere Weise unternommen wurde, um zu versuchen, die Selbstversorgung zu garantieren und dafür zu sorgen, daß es nicht am Allernotwendigsten, vor allem für die Kinder, mangelt. Das selbe können wir zu den Medikamenten sagen.
Eines Tages sollte die Geschichte darüber geschrieben werden, wie das Land diese Großtat vollbringen konnte. Aber eines kann ich sehr wohl bekräftigen, bevor die detaillierte Geschichte geschrieben wird: Dies war möglich dank dem Opfergeist, dem Patriotismus und dem revolutionären Bewußtsein unseres Volkes! (Anhaltender Beifall) Wir können noch nicht sagen, daß die Spezialperiode zu Ende ist, aber wir können sagen, daß wir das Schwierigste der Spezialperiode überstanden haben, daß wir weiterhin Opfer bringen, viele Opfer, doch wir sind dabei, Boden zu gewinnen, auf eine solide Art und Weise, mit mehr Stärke als je zuvor, zusammen mit einer reicheren Erfahrung als je zuvor.
Hier spreche ich von den materiellen Gütern, die meiner Ansicht nach unverzichtbar für das Leben sind; wir haben heutzutage nicht alles Lebenswichtige. Hinsichtlich der Wohnungen wissen wir, wo wir stehen, und wir können keine großen Versprechungen machen, aber wir können sehr wohl daran erinnern, daß wir eine Kapazität zum Bau von 100 000 Wohnungen pro Jahr hatten. Es brauchte Jahre, um das zu erreichen, wir hatten es bereits in der Hand, und von einem Tag auf den anderen konnte dies alles nicht weitergeführt werden. Alle Investitionen, alle Fabriken, viele davon neu, die Kapazität für mehr als vier Millionen Tonnen Zement pro Jahr, die Fähigkeit zur Produktion von Rundeisen, Sanitäreinrichtung, Ziegeln und allen erforderlichen Materialien zum Bau von 100 000 neuen und der Reparatur von 100 000 weiteren Wohnungen, und plötzlich und abrupt stehen wir ohne diese Möglichkeit da.
Heute müssen wir auf die Anstrengungen zurückgreifen, die unternommen werden, wie diejenigen, die in der Hauptstadt bereits vor dem letzten Wirbelsturm begonnen wurden und die nach dessen Beendigung gesteigert wurden, denn die Zahl der Häuser, die in der Hauptstadt zusammenstürzten oder soweit herunterkamen, daß sie unbewohnbar wurden, überstieg die Zahl der Häuser, die neu gebaut wurden. Heute verfügen wir wenigstens über Pläne für die Reparatur von Zehntausenden von Wohnungen pro Jahr, mit dem Cayo Hueso-System, bei niedriggeschossigen Häusern. Es gibt eine Reihe von Brigaden, die Schritt für Schritt die 25 000 Gebäude mittlerer Höhe in der Stadt reparieren, und andere Brigaden, die an den 500 höchsten Gebäuden der Hauptstadt arbeiten.
Es gibt eine Reihe von Plänen, etwas, was noch nicht viel verbreitet wurde, denn wir können nicht das ganze Land abdecken und mußten zuerst zu den kritischsten Punkten gehen. Man kennt die Gewohnheit der Revolution bei allen Dingen, daß dasjenige, das hier begonnen wird, fortschreitend auf den Rest des Landes ausgedehnt wird. So ist es mit allen Dingen geschehen. Doch jetzt gehen wir allmählich mit festeren Schritten, man hat eine enorme Erfahrung gewonnen und macht in vielen Bereichen Fortschritte.
Ich wollte das Materielle von dem trennen, was ich unendliche Reichtümer nenne, und diese haben einen herausragenden menschlichen Wert. Ich zitiere ein Beispiel: das Kino wird als ein Fortschritt beim Zeitvertreib der Gesellschaft angesehen, und zwar seit der Epoche der Stummfilme. Die Produktion von Zeichentrickfilmen für Kinder und von Filmen von hoher Qualität, die Schaffung von musikalischen Werken mit universellem Wert, das Malen von Gemälden, die Berühmtheit erlangen, und das Schreiben von Büchern für Kuba und für die Welt, bedeuten immense Reichtümer, die nicht in Tonnen gemessen werden und kaum etwas zu den makroökonomischen Werten eines Landes beitragen. Trotzdem können weder die Menschheit noch unser Volk im Besonderen ohne diese Dinge leben. Das bedeutet Standard und Lebensqualität.
Ein weiteres Beispiel: Kuba war bei diesen Olympischen Spielen praktisch das einzige Land auf der Welt, das live und zu jeder Uhrzeit, vom Mittag bis um 6.00 Uhr oder 7.00 Uhr am folgenden Morgen, Hunderte von Stunden des allzeit wunderbaren olympischen Spektakels übertrug. Diese Übertragungen produzierten im Geist und in den Herzen unseres Volkes unvergeßliche Emotionen und Erinnerungen.
Ich würde es wagen, euch hier zu fragen, ob es irgend jemanden gibt, der keinen einzigen Tagesanbruch vor dem Fernseher verbracht hat. Falls es ihn gibt, hebe er die Hand (Niemand hebt die Hand). Nun, ich lasse beide Hände unten, denn ich habe unzählige Stunden damit verbracht, diese Übertragungen anzusehen. Und alles zu geringen Kosten und ohne irgendeine Werbung (Beifall). Dieses Privileg, dieses kolossale geistige Wohlergehen, bedeutet im Hinblick auf das Lebensniveau eines Volkes nichts für all diejenigen, die das menschliche Lebensniveau über den vulgären Kamm der Makroökonomie scheren.
Und nebenbei sage ich, daß einige Dinge, die in Sydney vorfielen, mir nicht im Geringsten den Mut nehmen. Ich teile das, was Ana Fidelia hier sagte, daß die Wettbewerbe immer härter werden, es nehmen immer mehr Länder daran teil, man muß sich mit immer mehr Leuten auseinandersetzen, um bis ins Finale zu kommen, gegen immer mehr Leute laufen, springen und Kämpfe austragen. Außerdem ist der Sport auf eine scheußliche Weise kommerzialisiert worden, sie haben ihm seine besten Fähigkeiten und Qualitäten entrissen.
Heutzutage sind wir die einzigen Amateure auf der Welt, die gegen Profis kämpfen (Beifall), mit Patriotismus und Ehre. Unsere Sportler haben uns mit viel Würde vertreten. Schaut, es gibt praktisch keine Sportart, wo nicht ein oder zwei Kubaner teilnehmen, sei es Taekwondo, Freistilringen, Ringen im Griechisch-Römischen Stil, Boxen, Fechten, Mannschaftssportarten; es gibt keine Sportart, bei der die Kubaner nicht am Wettbewerb teilnehmen. Deshalb konnte das Fernsehen so viel übertragen, trotz der Versuche, uns Sportler zu stehlen, und trotz einiger guter Sportler, die sie uns in jedem olympischen Zyklus geraubt haben, wenn es ihnen in Sydney auch mit keinem gelungen ist. Die Leute konnten am Fernsehen sehen, wie diese Art von Olympiaden beschaffen sind.
Doch ich werde nichts mehr dazu hinzufügen, denn man muß zu anderer Gelegenheit vielleicht darüber sprechen. Ich sage nur, daß uns nichts den Mut nimmt, unsere Sportler haben uns mit Ehre vertreten, und wir hatten einen Rückschlag, einen sehr harten Rückschlag. Die Agenturmeldungen hatten nicht Unrecht, als sie verlautbarten, daß Kuba gestern Trauer trug. Heute ist das Land nicht mehr so sehr in Trauer, aber es erlebte den Tagesanbruch aus zwei Gründen sehr wohl in Trauer: wegen der Niederlage gegen das Team der Vereinigten Staaten, daran sind wir nicht gewohnt; und wir sind zutiefst verbittert, denn in der Sportart, die sie erfanden und in der wir fast immer die Goldmedaille gewonnen haben, bekamen wir die Silbermedaille. Für uns zählt sowohl beim Nationalsport als auch in bezug auf die Ehre nur die Goldmedaille (Beifall). Wir wollten die Goldmedaille, ja, und wir haben alle sehr gelitten. Doch wann hat die Revolution einmal den Mut verloren? Niemals!
Ich glaube, es gibt einen US-amerikanischen General, dem ein berühmter Satz zugesprochen wurde, als er dort bei Manila in einem kleinen Schnellboot eine mächtige Festung verlassen mußte. Der Satz lautet: „Wir kehren zurück!" Nun gut, wir sagten dies unseren Nachbarn aus dem Norden, und wir sagten es in freundlicher Weise, ohne Haßgefühle oder etwas Ähnliches, denn wir waren dort in der Stadt Baltimore, und dort gab es ein Spiel der Gentlemen zwischen US-amerikanischen Profis und kubanischen Amateuren, und hier gab es vorher ein weiteres Spiel der Gentlemen, das sie gewannen. Sie hatten dabei den totalen Respekt unserer gebildeten Bevölkerung und sogar Beifallsbekundungen. Doch wir werden zurückkommen und gegen die Profis spielen. Hoffentlich bringen sie eines Tages das Dream Team mit, oder das Team der Träume, was weiß ich (Lachen). Hoffentlich, denn wir hätten vielleicht mit ein wenig Traurigkeit gewonnen, denn wir kämpften gegen zwar gegen Profis, aber viele davon aus der Triple A-Liga. Es wird eine größere Ehre sein, wenn sie ein Dream Team zusammenstellen – mein Englisch benötigt ohne Zweifel eine Auffrischung (Lachen und Beifall), ich werde mich bei dem Fernsehkurs einschreiben müssen -; sollen sie doch das Dream Team mit den Homerun-Spezialisten und den besten Spielern der Major Leage bringen, sie sollen sie überallhin mitbringen, und dann werden wir sehen.
Aus den Geschehnissen mit unserem Sport müssen wir die entsprechenden Lehren ziehen und es gut analysieren. Ihr wißt, daß sich alle in diesem Land mit Baseball auskennen. Und sie kennen sich wirklich aus! Daran besteht kein Zweifel. All dies muß einer rigorosen Analyse unterworfen werden, denn ich sage euch sehr wohl, daß alle Mittel für die Vorbereitung vorhanden waren, ganze Monate lang, seit dem Spiel von Baltimore, seit der Vorbereitung des Teams für Baltimore, wo wir unseren Sieg errangen, und alle Provinzen haben heutzutage den kleinen Apparat, um die Geschwindigkeit zu messen, die
Pitch-Teams verfügen über alles. Es gibt Ausbilder und alle Grundlagen, um Sportler auszubilden und weiterzuentwickeln. Jetzt muß man die aktuelle Lage analysieren. Warum gibt es zum Beispiel keine linkshändigen Pitcher? Das ist eine kleine Frage. Wie steht es um die Ausbildung der Sportler, nicht nur die im Bereich des Baseballs, der gelegentlich zu sehr den Nachwuchs an guten Sportlern monopolisiert? Man benötigt Sportler für alle Wettbewerbe, außer dem Pferdesport und ähnlichen Sachen, denn das ist ein rein bürgerlicher Sport, und es kostet mehr Geld, eine Schwadron von diesen Pferden aufrechtzuerhalten und zu Wettkämpfen zu schicken, als 250 Sportler dorthin zu senden (Beifall). Wir schenken ihnen einige Sportarten, denn es sind Sportarten von Millionären. Doch wir haben dort sogar an Wettbewerben mit kleinen Segelbooten teilgenommen.
Wer errang die ersten Plätze beim Radsport? Diejenigen, die vom Beruf des Fahrradfahrens leben und für Geld an europäischen Wettbewerben teilnehmen.
Sie haben den Sport schrecklich prostituiert. Doch auch so müssen wir weiterkämpfen. Wir sind in vieler Hinsicht stärker als je zuvor und verfügen über 34 000 Lehrer für Sport und Körperkultur. Im kommenden Monat wird eine internationale Hochschule für Körperkultur und Sport eröffnet (Beifall).
Wir haben nicht nur Ausbilder, Kuba ist das Land, das am meisten bei der Entwicklung des Sports in der Dritten Welt mitarbeitet. Es steigt die Zahl der unter Vertrag genommenen Ausbilder, die in befreundeten Ländern arbeiten und dort eine exzellente Arbeit verrichten, und wir immatrikulieren weiter neue Schüler und zukünftige Ausbilder. Unsere Ausbilder bereiten die Sportler vor, die mit den unsrigen in Wettbewerb treten, in gutem Kampf, und wir werden das weiterhin tun.
Über das Thema des Sports muß man sprechen, jetzt ist nicht die Zeit dafür. Niemand soll den Mut verlieren, denn die Perspektiven sind größer und besser als je zuvor. Wir haben das notwendige Humankapital.
Uns schmerzten sehr die drei oder vier Boxkämpfe, die sie uns auf gemeine Weise entrissen, drei oder vier, nicht alle. Man muß jede einzelne der gefällten Entscheidungen analysieren, warum dieser, warum der andere; und es gibt offensichtliche Fehler, niemand zweifle daran, alle müssen analysiert werden. Jetzt ist es kein Messer, sondern ein Dolch, den sie gegen unsere Boxer benutzen. Ich sagte euch bereits, daß ich genauso wie viele von euch mehr als einmal im Morgengrauen vor dem Fernseher gesessen habe. Vielleicht schlafe ich heute, denn es gibt nur einen einzigen Kampf um 3.00 Uhr morgens (Lachen). Morgen ist es etwas anderes, denn morgen gibt es die Finalkämpfe im Boxen und die Mafia bereitet Sorgen. Dieser Mafia haben wir Schläge versetzt, wir haben sie angeprangert und werden das auch weiterhin tun. Sie haben Lust, sich gegenüber uns zu rächen (Lachen).
Wir haben einige Boxer verloren, man muß sich fragen, warum dies geschah; andere raubten sie uns. Man muß alle diese Videos nehmen und sie mit einem elektronischen Mikroskop untersuchen: jeden Schritt, jeden Schlag, jedes Manöver, und mit allen dafür in Frage kommenden Personen über diese Frage diskutieren.
Die Wirklichkeit sieht so aus, daß sie uns einige Goldmedaillen wegnehmen werden, aber es ist auch wahr, daß die Wettbewerbe sehr hart sind.
Es gab Großtaten wie die von Iván Pedroso, das war bewundernswert (Beifall). Alle wissen, daß seine ersten Sprünge die weitesten sind, niemals die letzten, und gestern stand er mit dem Rücken zur Wand, 49 zu 44, ich will damit sagen 8.49 Meter gegenüber 8.44 Meter. Er vollbrachte es im letzten Versuch, als es fast keine Hoffnung mehr gab.
Und ich weiß mehr von Iván, weil ich ihn mehr als einmal im Krankenhaus besuchte, als er an einem gewaltigen Riß von einigen für den Weitsprung unentbehrlichen Muskeln litt, und es geschah ein schrecklicher Fehler eines selbstgenügsamen Arztes und eines Trainers, ich würde hier von völliger Verantwortungslosigkeit sprechen. Wißt ihr warum? Denn sie machten sich daran, ihn zu behandeln, ohne eine tiefgehende Untersuchung der Verletzung durchgeführt zu haben, und es dauerte 11 Tage, bis Iván Pedroso operiert wurde. 11 Tage, während sich die Muskeln verkürzen und verklemmen. Er wurde im Krankenhaus „Frank País" operiert. Alvarez Cambra führte die schwierige Operation durch. Der Schaden durch diese Verletzung war so groß und er verlor so viele Tage- man hätte sofort operieren müssen -, daß ich mir nicht vorstellen konnte, wie er wieder springen könnte.
Ich wußte, daß er an die neun Meter dachte, so daß ich mich immer fragte: Kann er das mit dieser schrecklichen Verletzung schaffen? Wenn Iván Pedroso nicht diese Verletzung erlitten und eine so lange Zeit ohne eine ordnungsgemäße Behandlung verbracht hätte, hätte er schon seit einiger Zeit die neun Meter erreicht. Ohne diese Verletzung springt Iván Pedroso mehr als 9 Meter, dann springt er 9,20 Meter oder 9,25 Meter. Man weiß nicht, wie weit er gesprungen wäre, denn er verfügt über den notwendigen Willen und außergewöhnliche Fähigkeiten. Gestern abend bewies er es und verhielt sich genau wie ein Held gegenüber den 100 000 Zuschauern, als er zum letzten Sprung ansetzte, wobei ein einfaches Übertreten alle Hoffnungen zunichte gemacht hätte. Einmal sprang er 8,80 Meter, wenigstens, doch er trat über. Ich glaube, daß dieses Übertreten im zweiten oder dritten Versuch geschah. Es ist sein dort errungenes unglaubliches Verdienst, den Wettkampf im sechsten Versuch gewonnen zu haben, gegenüber den 100 000 Zuschauern, die seinen Rivalen unterstützten, einen australischen Sportler. Ich glaube, daß dies eine der großen Heldentaten unseres Sportes darstellt, und ich schätze sie umso mehr, wenn ich mich an all das erinnere, was er erlitt und weswegen er nur mit Mühe an den Olympischen Spielen in Atlanta teilnehmen konnte. Das ist der Sportler, der gestern die Goldmedaille für unser Land errungen hat. Ich schließe nicht aus, daß er eines Tages seinen Traum von den neun Metern erfüllt.
Die Mädels des Volleyballteams verhielten sich wie wahrhafte Champions: im vierten Satz lagen sie 16:8 oder 16:9 zurück, dieser Vorsprung schien nicht aufholbar. Doch sie holten den Rückstand auf und gewannen diesen Satz, um in den berühmten Tie-Break zu gehen, den sie schließlich gewannen. Es fehlt uns noch der morgige Tag, man muß Vertrauen in sie haben.
Unseren Sportlern muß man nicht nur Beifall spenden, wenn sie mit Goldmedaillen zurückkommen, sondern man muß alle mit brüderlicher Zuneigung so empfangen, als ob sie gewonnen hätten. Sie sind keine Profisportler, sondern Sportler, die für die Ehre unseres Landes kämpfen, wie sie es oftmals getan haben (Anhaltender Beifall).
250 von ihnen, einschließlich Trainern und Hilfspersonal, sind bereits in der Luft. Man geht davon aus, daß sie morgen gegen 13.00 Uhr hier sind, obwohl ich mitbekommen habe – und das sage ich für die Familie von Iván, ich sah sie im Fernsehen -, daß Iván nicht in diesem ersten Flugzeug kommt, einige bleiben dort für den zweiten Flug, denn er beendete den Wettbewerb sehr spät am Abend. Das ist das, was wir über den Sport sagen können.
Ich rede bereits – unter Nichteinhaltung meines Versprechens und aufgrund der Themen – mehr als zwei Stunden (Ihm wird etwas gesagt). Vielen Dank, das tröstet mich ein wenig. Vielleicht bin ich vor zwei fertig (Lachen), nein, ich meine nicht vor 2.00 morgens, sondern in weniger als zwei Stunden (Lachen), erschreckt euch nicht (Beifall).
Ja, ich sehe schon, wie ihr Beifall klatscht für dieses Versprechen (Lachen). Nein, ihr werdet von den Genossen erwartet, die das Fest der Komitees vorbereitet haben.
Wir hätten gerne über das „Carlos Marx"-Theater verfügt, doch das war nicht möglich. So haben wir diese Kapazitäten des Palacio de las Convenciones und einige an diesen Hauptsaal angrenzende Räume genutzt; doch jetzt kommt ein Thema, und ich werde versuchen, vor 0.00 Uhr zum Ende zu kommen. Auch wenn für euch die 24 Stunden des Jubiläumstages fast vorübergegangen sind, laßt uns das ausnutzen, was vom 28. September noch bleibt (Beifall).
Ich will euch etwas sagen. Das vielleicht ernsteste, was ich euch sagen muß, ist, daß die Revolution in eine neue Etappe eintritt. Wir haben viele Dinge getan, doch unsere Revolution muß perfektioniert werden, unsere Arbeit muß perfektioniert werden. Ich erläuterte bereits den materiellen Schaden und sogar den moralischen Schaden, den die Spezialperiode mitbrachte, vor allem wegen dem, was ihr vorausging. Doch es ist uns gelungen, uns über die Schwierigkeiten hinwegzusetzen und es zu schaffen.
Die Spezialperiode brachte außerdem Ungleichheiten, viele Ungleichheiten, traurige und schmerzhafte Dinge, die uns durch die Umstände auferlegt waren. Es gab keine andere Alternative, wir mußten eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. Das war der zusätzliche moralische Schmerz, den wir erleiden mußten. Es kam zu Ungleichheiten bei den Einkommen, eine bestimmte Anzahl von Personen, die Geldüberweisungen aus dem Ausland erhielten, und viele erhielten nichts; die Fabriken blieben ohne Rohstoffe, obgleich kein Arbeiter ohne das notwendige Minimum blieb, um wenigstens das zu kaufen, was er über den Bezugsschein erhielt. Wir blieben ohne Busse und hier in Havanna mußte man auf das Fahrrad zurückgreifen. Auch die Städte im Landesinneren blieben ohne Busse und man mußte Kutschen und Kutscher einsetzen. Es entstanden unzählige selbständige Arbeiten, wobei einige davon absolut logisch waren, während andere nicht so logisch waren und überzogene Preise verlangten.
Glaubt mir, es war genauso schmerzhaft, sich an Personen zu erinnern, denen die Revolution die Wohnung übergeben hatte, wobei nicht alle gleich waren, denn einige wohnten in bescheidenen Häusern oder Apartments, während andere in Villen lebten, denn das waren die Häuser, die zurückblieben, als die reichsten Sektoren der Gesellschaft das Land verließen. Der Tourismus wird ausgebaut und mit dem Tourismus kommt es zur Vermietung von Zimmern oder ganzen Wohnungen in konvertierbaren Devisen. Nein, wir werden es nicht verbieten, alle können ruhig bleiben, das einzige, was wir gemacht haben, ist die Regulierung solcher Aktivitäten und die Bitte, daß sie ihre kleine Steuer zahlen, aber sie müssen sie zahlen. Sie müssen die Gesetze einhalten, und zwar strikt.
Heute macht uns Sorgen, daß diejenigen, die am meisten Geld haben
– denn es gibt Leute, die ziemlich viel Geld haben -, sich die besten Wohnungen dieses Landes unter den Nagel reißen, auf die eine oder andere Weise. Es gibt einige Schurken, die wir gut kennen, wir wissen von den Wächtern der Senioren, die dann, wenn sie sehen, daß in einer großen Wohnung zwei alte Menschen verbleiben und jemand davon krank ist – und ich habe solche Fälle gesehen –, dort hingehen und den guten Samariter spielen. Sie tun so, als seien sie unersetzlich, gehen von hier nach dort, waschen, helfen, machen alles, und wenn die zwei Alten sterben, behalten sie die Wohnung, oftmals wahrhafte Villen, und die gesamte Inneneinrichtung.
Ich habe nur ein Beispiel gebracht, ich könnte viele zitieren: Illegalitäten mit den Wohnungen, Hin- und Herschieben von Dokumenten, Bestechung von Beamten, die in diesem Bereich arbeiten. Glaubt nicht, daß wir dies ignorieren, die Liste kann so lang sein (Er zeigt es an), vor allem die Techniken der Korruption oder der Bestechung – auf den unteren Ebenen, es ist sehr schwierig, daß es ab bestimmten Ebenen zu so etwas kommt, sehr schwierig! -, doch gelegentlich benötigt man ein Schreiben, ein Dokument, einen Tausch, und es gibt ziemlich viel Unordnung in bezug auf die Frage der Wohnungen. Wir haben die Pflicht, zu fordern, daß die Gesetze eingehalten werden, und wenn die Gesetze nicht eingehalten werden, müssen Strafen verhängt werden (Beifall). Wenn jemand eine Wohnung hat und zu einem Cousin oder einem anderen Verwandten zieht, um diese Wohnung zu vermieten, dann soll er dies tun, aber er muß die festgesetzten gesetzlichen Normen einhalten.
Der Staat wird ebenfalls in der Zukunft alle entsprechenden Bedingungen und die notwendigen Wohnungen haben. Es sind viele Vertreter ausländischer Firmen gekommen, Personen, die Geschäftsbeziehungen mit uns unterhalten, und man konnte ihnen nicht die Wohnungen zur Verfügung stellen, die sie benötigen; viele von ihnen kommen und mieten Privatwohnungen: Eintausend Dollar? Eintausend Dollar. Und eintausend Dollar sind eintausend Dollar! Das entspricht nicht weniger als 20 000 Peso pro Monat.
Ich möchte euch nur eine Sache sagen: es gibt viele Leute in diesem Land, viele – wenn ich davon spreche, möchte ich nicht behaupten, daß es eine Million sind, oder 500 000 oder 100 000, vielleicht sind es nicht einmal 10 000, darüber müßte man bereits nachdenken -, einige Hundert oder einige Tausend, von deren jeweiligem Monatseinkommen man das Gehalt der 35 Leiter der zentralen staatlichen Behörden bezahlen könnte. Deren Gehalt beträgt 450 Peso.
Die Leute haben die Tendenz zu glauben, daß die Minister sehr gut leben, das ist ein bedingter Reflex von vor langer Zeit – ich sage nicht, daß sie betteln gehen oder im Elend leben; doch wir haben das Recht, sie zu kennen, denn wir sehen sie sehr oft. Gut, ein Minister erhielt hier die Unterkunft, um eine Woche Ferien zu verbringen. Vor zwei Jahren entschied man, nicht nur die Unterkunft, sondern auch die Verpflegung für diese Ferienwoche zu stellen. Wißt ihr warum? Weil es Minister gab, denen das Geld nicht ausreichte, um diese Woche Ferien zu bezahlen. Und ich verteidige nicht die Minister, den ich kritisiere sie sooft ich kann. Doch um der Gerechtigkeit willen muß ich dies sagen, und ich bringe es als Beispiel.
Es gibt Personen hier, die für das Ausführen irgendeiner Arbeit 3 000 oder 4 000 Peso in weniger als einer Woche kassieren; das heißt, daß es einen Mißbrauch gegeben hat, und ich muß es sagen, bei dem, was den Familien für irgendeine private Serviceleistung in Rechnung gestellt wurde. Der Staat soll keine hohen Preise haben, und mit Recht, unser Staat ist nicht dafür da, viel abzukassieren. Aber applaudiert nicht. Unser Staat muß ein finanzielles Gleichgewicht aufrechterhalten, denn als dieses Gleichgewicht in den ersten Jahren der Spezialperiode zu Bruch ging, wurden für einen Dollar 150 Peso gezahlt, und heutzutage kann man für einen Dollar 20, 21 oder 22 Peso kaufen, es ist relativ variabel innerhalb eines engen Rahmens.
Kuba ist das einzige Land der Welt – das einzige Land der Welt, hört gut! - , daß es geschafft hat, den Wert seiner Währung innerhalb von viereinhalb Jahren um das Siebenfache zu erhöhen und den Peso auf das Niveau zu führen, das er im Moment in bezug auf den US-Dollar hat. Man muß dies aufrechterhalten, wir können nicht damit beginnen, auf der Straße Peso auszustreuen und wieder in eine Überschwemmung mit Peso zurückzufallen, denn man muß für den Arbeiter, der sein Geld hortet, den Wert der Währung und den an ihn ausgezahlten Lohn aufrechterhalten. Deshalb wird der Lohn nur selektiv erhöht, obwohl es viele Forderungen gibt. Die Lehrer hatten Jahre ohne eine Lohnerhöhung, es kam der Moment, als man den Lehrern den Lohn erhöhen mußte, genauso wie anderen Sektoren. Es kommt zu Piraterie, an der Universität mußte man den Lohn erhöhen, nicht viel, denn sie waren vorher sogar reduziert worden. Ah, weil es zur Piraterie kommt, irgendein Unternehmen, weil das Unternehmenssystem bestimmte Vorteile hat, es sind Staatsunternehmen, doch einigen dieser Chefs von Unternehmen gefällt es, Arbeiter in Piratenmanier abzuwerben.
Wir überprüften kürzlich die Jugendcomputerclubs: Von den mehr als zweihundert Beschäftigten, die sie am Anfang hatten, blieben 10, die 13 Arbeitsjahre an dieser Arbeitsstelle abgeleistet hatten. Es ist leicht, daß irgend jemand einen Computerlehrer ausbildet, und dann kommt ein Hotel, ein x-beliebiges Unternehmen oder sonstwer und wirbt den Arbeiter ab. Aus ethischer Sicht kann das nicht sein.
Und von der Universität warben sie die Dozenten ab. Wir entschieden uns für eine Behandlung mit ihnen, denn wir haben während der Spezialperiode keinen einzigen Dozenten auf die Straße gesetzt; im Gegenteil, wir werden aus anderen Gründen die Anzahl der Studiengänge erhöhen, und wir haben diesen Lehrkörper an Dozenten.
Warum konnten wir eine lateinamerikanische Hochschule für Medizin aufbauen? Weil wir über den Lehrkörper verfügten. Das Gebäude des Ministeriums der Streitkräfte, das seine Kosten und das Personal für die Verteidigung reduziert hatte, mußte man instandsetzen, und jetzt funktioniert es schon mit voller Kapazität. Ich spreche von einer Institution, die bereits über ein gewaltiges Ansehen auf der Welt verfügt.
Unsere Probleme können wir nicht lösen, indem wir verzweifelt unsere Positionen aufgeben. Heute gibt es viele Familien, die ihr Geld auf der Bank liegen haben und einen bestimmten Zins erhalten.
Wir haben heutzutage drei Währungen: unseren normalen Peso; einen konvertierbaren Peso, mit dem bestimmte Sektoren von Arbeitern Anreize erhalten, mehr als eine Million Arbeiter erhalten irgendeinen Anreiz in Form dieser Währung, und es existieren die US-Dollar. Es gibt Dollarkonten, Konten in konvertierbaren Peso und Konten in normalen Peso. Es gibt im Finanzbereich eine sehr gute Situation, die uns sehr helfen kann, deshalb sage ich, daß wir bei keiner der erzielten Errungenschaften zurückweichen können.
Wir kennen die Meinungen über bestimmte Themen, denn Tag für Tag sammeln wir Tausende von spontanen Meinungen. Wir verwenden dieses Thermometer, um die verschiedensten Meinungen zu messen, einige Kriterien sind offensichtlich falsch, im Irrtum befindlich, das zeigt uns, daß wir die Dinge besser erklären müssen. Alle Meinungen sind nützlich; manchmal sind einige von extremistischer Natur, die wenigsten, aber ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sie sich verändert haben, wieviel das Volk in diesen letzten 10 Monaten gelernt hat, es war ein beschleunigter Lernprozeß. Die Schlacht um das entführte Kind und die Schlacht für die Ziele von Baraguá haben auf bedeutende Art und Weise die Kenntnisse unserer Bevölkerung erhöht. Wir sehen sogar die Umfragen über komplizierte Themen: Was ist die Weltbank, was ist der Internationale Währungsfonds, was ist die Dollarisierung, was ist dies, was ist jenes, komplizierte Themen, und in dem Maße, in dem unsere Spezialisten sich daran gewöhnt haben, daß sie nicht mit Akademikern sprechen, sondern mit der Bevölkerung, sind ihre Worte verständlicher geworden.
Ich erwähne dies aus einem einfachen Grund: unser Land wird einen gigantischen Sprung im Bereich der Bildung und der Kultur unternehmen und wird im materiellen Bereich langsamer voranschreiten.
Wir hören Meinungen über Offene Tribünen, Podiumsdebatten und viele andere Themen. Einige werden sogar ungeduldig, weil sie nicht alle sehen können, und sie sagen: „Macht es zweimal pro Woche, oder dreimal." Wir sammeln alle Meinungen, Tausende, und danach wird ein Katalog der gesammelten Meinungen erstellt, und diejenigen, die am härtesten und kritischsten ausfallen, stehen an erster Stelle, auch wenn es nur drei sind. Wenn drei Personen an drei Orten etwas sagen, und sei es auch Unsinn, wird diese Meinung gesammelt, manchmal ist es eine einzige unter Tausenden, und sie wird gesammelt.
Man müßte im Besitz aller Urteilskriterien und aller Details sein, damit ihr eine Ahnung davon haben könntet, wie die allgemeine Bildung und die politische Bildung unserer Bevölkerung vorangeschritten sind, die bereits Themen behandelt, die viele Fachleute in anderen Teilen der Welt nicht behandeln.
Ich kann euch trotzdem sagen, daß das, was wir im Bereich der Bildung gemacht haben, nichts ist. Und ich sage dies trotz der Tatsache, daß zum Beispiel – jetzt wo wir von Olympiaden reden – vor einigen Monaten die Länder des Karibischen Beckens eine Olympiade der Mathematik veranstalteten, und bei dieser Olympiade belegte Kuba mit einer Goldmedaille und einer Silbermedaille den ersten Platz (Beifall).
Ich habe andere Male erwähnt, daß bei einer Untersuchung der UNESCO der Grad der Kenntnisse unserer Kinder fast das Doppelte vom Durchschnitt Lateinamerikas ausmachte, das ist nicht schwierig zu beweisen, denn ihr habt es gesehen. Aus der selben Schule von Los Palacios, aus der sie ein 13jähriges Kind mitnahmen, das fast ums Leben kommt, sprach ein Kind auf der Offenen Tribüne und hielt eine Rede, die so brillant war wie alle, die auf den Tribünen gehalten werden. Eine Lehrerin dieser Schule hält eine exzellente Rede. Überall geschieht Gleiches.
Eine andere Olympiade – diese fand statt, während die von Sydney abgehalten wurde, und zwar vom 16. bis zum 24. September –, eine iberoamerikanische Olympiade der Mathematik: unsere Schüler fuhren dort hin
– sie kamen spät an wegen Problemen mit der Reise und den Flügen – sie mußten an einem Tag eine Prüfung ablegen und an einem anderen Tag eine weitere, an einem einzigen Tag mußten sie zwei Prüfungen ablegen und sie erreichten zwei Silbermedaillen (Beifall). Dieser Wettbewerb fand in Venezuela statt.
Die letzte, die in diesen Tagen stattfand – diese Nachrichten kamen gestern -, eine Olympiade der Physik in Spanien, an der die iberoamerikanischen Länder teilnahmen: unsere jungen Vertreter gewannen zwei Goldmedaillen, eine Silbermedaille und eine Bronzemedaille, womit sie den ersten Platz unter allen Teilnehmerländern einnahmen (Beifall). Wenn ich also sage, daß wir im Bereich der Bildung nichts gemacht haben, dann kann dies dazu dienen, eine Idee zu geben von dem, was unserer Ansicht nach in der Bildung gemacht werden kann, daß es in unseren Händen liegt, es zu tun, und daß wir bereits damit begonnen haben, es zu tun.
Wenn wir ein wirklich gebildetes Volk haben werden, wird dies ein massenhaft gebildetes Volk sein.
Das bedeutet, daß früher das Bildungsministerium kam und während der unterrichtsfreien Woche ein Seminar veranstaltete; es kamen 300 Teilnehmer und danach veranstalteten sie die Seminare auf den darunterliegenden Ebenen. Dieser Kurs sieht so aus, daß wir in der ersten unterrichtsfreien Woche simultan Seminare für 200 000 Lehrer und Dozenten veranstalten werden. Schaut, welch ein Sprung: von einem Seminar für 300 Teilnehmer zu gleichzeitig stattfindenden Seminaren für 200 000 Teilnehmer; doch zudem kann jeder Bürger dieses Programm sehen. Über die Massenmedien werden wir schlichtweg das erreichen, was als das Unendliche bezeichnet werden kann. Ein Team von Dozenten,
10 oder 12, kann an erster Stelle für die Schüler, für die Lehrer und für die ganze daran interessierte Bevölkerung einen Lehrstoff vermitteln.
In den ersten Oktobertagen beginnt der erste Kurs, dieser war für die Journalisten gedacht, jetzt wird er aber für alle Dozenten und die fortgeschrittensten Schüler sein, denn mittels der Fernsehgeräte, die sich in den Schulen befinden – mit ihren dazugehörigen Videorekordern -, werden sie einen Kurs in Erzähltechniken erteilt bekommen. Das ist sogar für denjenigen nützlich, der einen Brief schreiben will. Ich würde empfehlen, daß jeder, der dazu die Möglichkeit hat, sich diesen Kurs anhört, im besonderen die Lehrer und Dozenten. Dieser Kurs wird 20 Stunden umfassen und das Begleitmaterial wurde bereits verfaßt. Diejenigen, an die sich der Kurs richtet, werden das Material erhalten, und die anderen, die den Kurs verfolgen wollen, können es an den Zeitungskiosken kaufen.
Es gibt einige, die glauben, daß gewisse Dinge, die verkauft werden, zu einem teuren Preis verkauft werden. Die Sammlung der Beilagen über die Podiumsdebatten erscheinen einigen Leuten als sehr teuer, sie wurde für 10 Peso verkauft. Ah, wenn sie sie bereits am Erscheinungstag der Zeitung gekauft und aufgehoben hätten, wäre es billiger geworden. Aber ich möchte euch sagen, daß 10 Peso nicht einmal ausreichen, um die Ausgaben für das Papier dieser Sammlung abzudecken. Ich weise darauf hin.
Wir haben uns viele Arten ausgedacht, um billige Bücher zu drucken, und man kann bereits in jedem Munizipium des Landes ein Buch drucken. Die Kulturhäuser verfügen über Computer; ich werde jetzt darüber nicht sprechen, denn zu gegebener Zeit muß man über dieses Thema reden.
Wir haben vor kurzem bereits erklärt, was wir im Bereich der Computertechnik machen, das ist ein langes Thema; doch wir sind eingetreten in die Ära der Computer und der allgemeinen Ausbildung in Computertechnik für 2 400 000 Schüler, einschließlich der Grund- und Vorschule, den Kindern, denen man diese Dinge zeigen muß, inklusive lehrreiche Spiele und nicht einfach gewaltverherrlichende Spiele, die als Handelsprodukte verkauft werden. Es werden ausgewählte, unterhaltende und bildende Programme sein.
Wir haben zwei Schulen eröffnet: eine, die hier erwähnt wurde, von der ein Schüler sprach, von Jugendlichen, die das Abitur abgelegt haben und sich nicht an der Universität einschreiben konnten. Das ist eine tolle Schule mit intensiven Studien für eine Arbeit von enormer Wichtigkeit! Ich werde euch nichts davon erzählen, doch ich möchte euch sagen, daß es eine Welt und eine Perspektive der wahrhaften Gerechtigkeit für unsere Gesellschaft eröffnet, in der es noch aus der Zeit des Kapitalismus vererbte Marginalisierung gibt.
Es trifft nicht zu, daß es gleiche Chancen für alle Kinder in diesem Land gibt. Wir glaubten, daß wir durch den Bau vieler Schulen, die Durchführung so vieler Programme und die Investition eines hohen Prozentsatzes unseres Bruttoinlandsprodukts in die Bildung – was gemeinsam mit dem Etat für den Gesundheitssektor eine beträchtliche Summe ergibt -, gleiche Möglichkeiten für alle geschaffen hätten.
Wir sind dabei, uns in das Studium einer Reihe von Aspekten zu vertiefen, die von der Kriminalität und deren Ursachen bis zu der in unserer Gesellschaft existierenden Marginalisierung reichen. Einige hängen mit materiellen Wohnungsproblemen zusammen. Doch trotz alledem und trotz der Tatsache, daß wir nicht den Beginn des Baus aller im Land notwendiger Wohnungen versprechen können, kann ich euch sehr wohl versichern, daß man auch unter den aktuellen Bedingungen viel machen kann, um die Marginalisierung zu bekämpfen und eine wahrhafte Chancengleichheit zu schaffen.
Ich sprach davon, daß einige Personen in einem Monat genügend verdienen, um den 35 Mitgliedern des Ministerrates ihr Gehalt zu zahlen. Nun, ich kann euch sagen, daß einige dieser vermögenden Leute, die aus verschiedenen Gründen hohe Einnahmen haben, weil sie Selbständige sind, dieses oder jenes besitzen oder Wohnungen gegen Dollar vermieten – und ich sagte bereits, daß wir es nicht verbieten werden, nein, nein, wir werden es nicht verbieten, keiner soll erschrecken; ich sagte aber sehr wohl, daß wir das Gesetz anwenden würden, und zwar nicht auf eine spontane Art, sondern in einer Weise, von der wir wissen, daß die Gesetze so angewendet werden müssen -, einem Lehrer das Doppelte des Gehalts zahlen, das der Staat heutzutage einem aus unserem gewaltigen Kollektiv von Lehrkräften zahlen kann, um ihrem Kind einige Stunden zum Wiederholen des Lernstoffes zu geben, womit dieses Kind sich bereits im Vorteil befindet gegenüber dem Kind einer Arbeiterfamilie, die dort in einem dieser Wohnkomplexe leben, in denen die Familien auf engstem Raum unter schwierigen Bedingungen wohnen. Damit rauben sie Lehrer und schaffen zudem Privilegien, da alles auf der Option gründet, gemäß der Noten und der Prüfungen, so daß die Kinder, die unter Bedingungen der Marginalisierung leben oder nicht aus Familien mit einem höheren Kulturniveau hervorgehen, keinen Zugang zu den selben Möglichkeiten haben. Ich werde nicht mehr sagen.
Dahinter befindet sich eine enorme Welt, die wir gerade entdeckt haben und die wir kürzlich, inmitten der Schlacht, wahrzunehmen begannen. Und wenn wir diese im Bewußtsein ihrer Existenz nicht so behandeln würden, wie sie behandelt werden muß – und ich glaube, wir behandeln sie angemessen -, könnten wir uns nicht als sozialistisches Land bezeichnen. Wir können uns aufgrund all dessen, was wir gemacht haben, als sozialistisches Land bezeichnen. In der Vergangenheit haben wir jedoch die gesamte noch fehlende Gerechtigkeit nicht wahrgenommen.
Die Spezialperiode schuf viel mehr Ungleichheiten und als Folge davon weniger Chancen für jene, die weniger Einkommen haben, und wir müssen dafür kämpfen, daß jedes Kind dieses Landes die selben Chancen hat, die Grundschule, die Oberschule oder das Abitur abzuschließen oder eine Schule für begabte Schüler, eine Universität oder sonstige Lehreinrichtung zu besuchen (Beifall).
Selbstverständlich sind diejenigen, die über mehr Geld verfügen, nicht die einzigen, denen mehr Möglichkeiten offenstehen. Wir verfügen über 700 000 Hochschulabsolventen, die eine bestimmte Bildung genossen haben, die höherstehend ist als diejenige, die Familien haben können, die in gesellschaftlichen Randzonen leben; obwohl wir Universitätsabsolventen in einigen dieser Gebiete angetroffen haben.
Es wurde eine kleine Truppe mobilisiert; ich spreche von einer kleinen Truppe, denn es handelt sich zur Zeit um nur 600 Personen. Wir organisieren bereits die zweite Brigade von Universitätsstudenten – ich verrate euch hiermit etwas Neues -, um an den Samstagen eine sehr wichtige Arbeit zu verrichten, denn wir müssen viele Dinge im sozialen Bereich untersuchen, um auch inmitten der Ungleichheiten einen viel gerechteren Sozialismus als den zu entwickeln, den wir heutzutage haben, und ich versichere euch, daß wir es schaffen werden, denn hierbei verwenden wir die Erfahrung von vielen Jahren, die in diesen 40 Jahren aufgehäufte Erfahrung.
Wir sagten, daß wir die katastrophale Situation in der Hauptstadt lösen würden. Was ist die Katastrophe der Hauptstadt im Bereich der Bildung? Sie besteht darin, daß die Resultate der Hauptstadt bei den Tests der Forschungszentren nur etwa halb so gut sind wie die Resultate der Grundschüler von Santiago de Cuba, die einen Wert von etwas mehr als achtundachtzig erreichen, während es im Fall von Havanna nur etwas mehr als vierzig Punkte sind. Ist das die Schuld der Lehrer? Nein! Nirgendwo gibt es heldenhaftere Lehrer – ich wage dies zu sagen -, wenn auch das ganze Land voll ist von heldenhaften Lehrern, denn diejenigen, die dort Unterricht erteilen, wo es keinen Stromanschluß oder anderen Anschluß gibt, sind Helden; doch Lehrerinnen, die hier in der Hauptstadt an fünf Tagen in der Woche Unterricht für 40, 42 oder 45 Schüler erteilen müssen – und sie sind von 7.00 Uhr morgens bis nach 18.00 Uhr in der Schule, gehen dann nach Hause und müssen ihre Familien betreuen, was oftmals Waschen, Bügeln und Kochen einschließt, und das an allen Tagen, auch am Samstag und Sonntag, wobei es Grundschullehrerinnen gibt, die oftmals nicht mal eine Waschmaschine haben –, sind Heldinnen. Und ich spreche von Heldinnen, weil es sich hauptsächlich um Frauen handelt.
Nein, wir müssen über all das Bescheid wissen und versuchen, diese übermäßige Unterrichtslast abzumildern; wir werden es tun, und zwar schlichtweg mit einfachen Formeln. Ich sage, daß es in zwei Jahren in Havanna-Stadt keine einzige Klasse mit mehr als 20 Schülern mehr geben wird (Beifall).
Klar, wenn die Eltern das Opfer der Lehrer sehen, sind sie die ersten, die ihren Kindern raten, nicht Pädagogik zu studieren, denn sie wissen von der Tragödie, in der die Lehrer leben.
Vor der Spezialperiode hatten wir ebenfalls einen ausgezeichneten Plan zum Bau von Schulen, wir waren bereits dabei, die Projekte zu erarbeiten. Drei oder vier Jahre später hätten wir Beträchtliches im Bereich von neuen Schulgebäuden machen können. Wir wissen, in welchem Zustand viele von ihnen in der Hauptstadt sind, ich habe Klassenzimmer gesehen, die das kleine Klassenzimmer in einem Holzhaus beneiden könnten, in dem ich dort in Birán zum ersten Mal in die Schule ging und das so etwas wie ein Kinderhort war, denn sie dürften mich dort mit etwa 3 Jahren hingeschickt haben. Hier in der Hauptstadt gibt es das Problem der Überbelegung, Schwierigkeiten in vielen Schulen, wir wissen davon. Wir werden von allen erfahren und machen von jeder einzelnen eine Röntgenaufnahme, und zwar nicht mit dem Versprechen einer sofortigen Instandsetzung oder eines Neubaus, denn es dürfen keine Erwartungen geweckt werden. Aber man muß sehr wohl wissen, was geschieht und wo es die kritischste Situation gibt, um danach zu handeln.
Ich sprach von einem Lehrer pro 20 Schüler. Ich gestehe euch, daß ich übertreibe und daß es vielleicht ein bißchen weniger als 20 Schüler sein werden, und das können wir garantieren.
Wir eröffneten vor einigen Tagen eine Schule für dringende Intensivbildung; eine für Sozialarbeiter und eine andere für die Ausbildung von Lehrern. Sie funktionieren exzellent und wir müssen einige weitere für andere Fachgebiete eröffnen. Die Erfahrung von vielen Jahren zeigt uns, wie wir die großen Probleme mit sehr wenigen Mitteln lösen können.
Haben wir etwa vergessen, daß es zu der Zeit, als jedes Jahr Hunderttausende von Schülern die sechste Klasse absolvierten, weder Schulen noch Lehrer für die Oberschulausbildung gab und daß wir die Schulen bauen und ein Freiwilligenkontingent bilden mußten, damit die Lehrer ausgebildet wurden und mit ihrer Lehrtätigkeit beginnen konnten? Dank dessen verfügen wir über die 700 000 Arbeiter mit Universitätsabschluß. Warum sollten wir uns jetzt in einem Glas Wasser ertränken? Wir können jetzt nicht zulassen, daß in unserer Hauptstadt, wo es mehr Probleme, mehr Schwierigkeiten und mehr soziale Probleme jeder Art gibt, es nicht einmal eine Berufung zum Lehrerberuf gibt.
Und dies abgesehen davon, daß es selbstverständlich viel mehr Optionen gibt, denn man redet von Tourismus und etwa 100 heben die Hand. Redet man jedoch von Lehrern, melden sich nur drei oder vier. Sie verfügen bereits über 14 Schulen zur Vorbereitung auf das Pädagogikstudium in Havanna-Stadt, um die Berufung zum Lehrerberuf zu fördern.
Man muß dieses Problem lösen. Dies ist selbstverständlich nicht die Situation im Rest des Landes.
Ich möchte nicht in Details ausschweifen und bevorzuge, daß man von den Dingen spricht, die unternommen werden, in dem Maße, in dem sie angepackt werden. Doch ich sage euch, daß sich für unsere Revolution eine Welt eröffnet, und wir werden die Bildungsarbeit ohne außergewöhnliche Anstrengung und zu einem unbedeutenden Preis vervielfachen. In diesem Bereich und bei anderen Sachen.
Ich sage nicht mehr. Wir werden die Kenntnisse unserer Bevölkerung vervielfachen, und ihr werdet es schon sehen. Im November beginnen die Spanischkurse und zweimal pro Woche Kurse in Englisch, und danach eine dritte Sprache, es sind drei; aber wohl bekannte und notwendige Sprachen, darunter spanische Grammatik. Wenn ich einige von euch teste, werdet ihr euch möglicherweise an 90 % einiger Konzepte nicht erinnern, die ihr in der sechsten Klasse erlerntet.; ich werde es nicht machen, denn ich bin euer Freund (Lachen), ich habe es mit Universitätsabsolventen gemacht.
Wir werden die Kenntnisse und die Kultur unserer Bevölkerung vervielfachen und wir werden die geistigen Reichtümer in einem nie zuvor in der Geschichte irgendeines Landes angeschlagenen Rhythmus vervielfachen. Und wir tun dies nicht, weil wir besser sind, sondern weil wir durch die Kraft des immer wieder aufgenommenen Kampfes sowie den Willen zur Vervollkommnung der Dinge die bestehenden Möglichkeiten entdeckt haben.
Wir werden einen viel gerechteren Sozialismus entwickeln und die Möglichkeiten garantieren, damit alle Kinder, die in diesem Land geboren werden, unabhängig vom kulturellen Niveau ihrer Familie, ihrem Wohnort und der Marginalisierung, unter der sie leiden, absolut alles haben, die selben Chancen. Und das liegt in unserer Hand, wir verfügen über die Kraft, um das zu erreichen.
Das sage ich heute an diesem 40. Jahrestag, Contino, ich sage es euch von den Komitees zur Verteidigung der Revolution; ich sage es mit größerer Überzeugung als die, die Neruda in seinem Gedicht ausdrückte, denn ich sage es mit einer totalen Sicherheit und übernehme die Verantwortung für das, was ich sage (Beifall).
Aus diesem Grund eröffnet sich eine transzendentale Etappe, und diese Möglichkeiten haben wir uns erworben durch den Kampf und das Ausharren.
Das Privileg besteht darin, ein Volk mit einem solchen Wissens- und Kulturniveau zu haben, daß seine Zukunft in politischer Hinsicht für alle Zeiten gesichert ist. Wir wollen ein Volk von Millionen denkenden Köpfen und eine Revolution, die eine Versicherungspolice mit einer totalen Garantie hat, damit eine Revolution nicht durch einen, zwei, zehn, einhundert, eintausend oder hunderttausend Personen zerstört werden kann, denn ausgehend von der historischen Erfahrung ist klar, sonnenklar, daß es das Bewußtsein einer Nation sein muß, das heute, morgen und für alle Zeit führt und entscheidet.
So groß ist der Glaube in die Gerechtigkeit einer Revolution und in das, was mit dem Menschen gemacht werden kann, daß ich aus diesem Grund nicht den geringsten Zweifel daran hege, daß wir es schaffen werden. Zudem wird dies nicht nur zugunsten der 11 Millionen Bürger dieses Landes geschehen, sondern ich versichere euch, daß das, was unser Land unternimmt, Hunderten Millionen Menschen auf der Welt zugute kommen kann und heutzutage bereits beginnt, ihnen zugute zu kommen.
Martí sagte: „Vaterland bedeutet Menschheit", und dies ist einer der schönsten und tiefgründigsten Sätze, die jemals gesagt wurden. Der Satz „Vaterland bedeutet Menschheit" will aussagen, das man diese Revolution verteidigen muß, die gerechteste, menschlichste, sauberste und moralischste, denn in 40 Jahren war dies weder eine Revolution von Dieben oder Wendehälsen noch von Korrumpierten oder Verrätern, sondern jeder von denen, die wir an dieser Revolution beteiligt sind – einige längere Zeit als andere, und diejenigen, die uns nachfolgen -, wird eine Garantie für diese Linie sein, die wir über 40 Jahre hinweg verfolgt haben.
Das Prestige dieses vierzigjährigen Kampfes ist etwas, das bereits unzerstörbar ist, ich kann es euch versichern, und es wächst zudem, genauso wie die Kraft, über die wir für unsere Verteidigung verfügen, die Mittel und die Ideen, die wir verteidigen. Und es sind nicht mehr nur Ideen für uns, denn wir haben Versprechen abgegeben: Schulen der einen oder anderen Art für unser Land und zur Zusammenarbeit mit anderen Ländern in lebenswichtigen Fragen. Niemand soll glauben, daß das Land sich ruiniert, ich weise euch darauf hin – wir haben gelernt, die Dinge mit einem Minimum an Ausgaben zu bewerkstelligen –, denn die Gebäude waren bereits da, genauso wie die Lehrer und die weiteren Arbeiter. Wenn sie die weiteren Ausgaben sehen würden, die wir exakt errechnet haben, dann würde unsere Bevölkerung staunen, wie gering sie sind.
Wir verfügen im Überfluß über etwas, das sich Humankapital nennt, kein Volk hat in dem Maße Humankapital gehabt wie wir es heute haben. In dieser Spezialperiode haben wir trotz der Reduzierungen bei den importierten Lebensmitteln Jahr für Jahr die Zahl der Blutspenden erhöht, heute, wo die Situation schwieriger ist und dies eine viel größere Wichtigkeit hat.
Sehr reiche Länder haben keinen anderen Weg, auf dem sie Blut besorgen, als die Bezahlung dieses Blutes zu jedem Preis, denn mit der Ausbreitung von neuen Krankheiten wie AIDS oder alten Krankheiten wie Hepatitis und andere, die über das Blut verbreitet werden, hat Blut heute einen unschätzbaren Preis. Und es gibt ein Land, daß nicht einen Cent für das Blut von irgend jemandem bezahlen muß, denn dieses Land verfügt über das freigiebige und solidarische Blut von diesen Hunderttausenden von Mitbürgern, die es spenden.
Das ist nicht neu, hier wurde zum Beispiel nicht gesagt, daß nach dem Erdbeben in Peru im Jahr 1970 innerhalb von 10 Tagen etwa 105 000 Blutspenden abgegeben wurden (Beifall). Man suche ein anderes Volk, das so etwas gemacht hat, und ich spreche von einem vor 30 Jahren vorherrschenden Bewußtsein, und wir haben diese Blutspenden mehr als einmal geleistet. Wir leisteten sie ebenfalls für den Iran und für Armenien, als es dort zu Erdbeben kam.
Wir verwandelten ein Pionierlager in ein Zentrum für die Kinder, die vom Unfall in Tschernobyl betroffen sind. In diesem Zentrum wurden bereits mehr als 15 000 Jugendliche und Kinder behandelt - und wenn es nicht in seiner vollen Kapazität ausgenutzt wurde, ist dies nicht unsere Schuld -, ohne einen Cent dafür zu verlangen. Wir haben die Ärzte, die Arbeiter und das Humankapital, um dies zu machen.
Wir sprachen bei den Vereinten Nationen von der Notwendigkeit, ganze Nationen zu retten, die Hemisphäre zu retten, und wir haben die reichen und industrialisierten Länder vorgeladen, oder an sie appelliert – um ein diplomatischeres Wort zu gebrauchen -, die Medikamente beizusteuern. Wir sagten, daß wir die Infrastruktur schaffen können, um sie zu verteilen und anzuwenden. Als die reichen kapitalistischen Länder bei einer Konferenz vor einigen Wochen in Durban – geschockt angesichts dessen, was auf diesem Kontinent durch AIDS geschehen kann – begannen, von Gesprächen mit den transnationalen Firmen zu reden, damit diese den Preis für die Medikamente reduzieren, die heute jährlich 10 000 Dollar pro Person kosten, nur damit dieser Mensch überlebt – und jene sprachen davon, die Preise auf das Niveau der realen Kosten zu senken, die etwa 1 000 Dollar betragen -, sagten die Vertreter der afrikanischen Staaten: „ Wenn sie sie uns auch gratis geben, wir haben nicht die Infrastruktur, um sie anzuwenden." Diese Infrastruktur besteht hauptsächlich aus Menschen.
Ich konnte ihnen dort sagen: „Kuba kann diese Infrastruktur innerhalb von einem Jahr aufbauen"" und ich übertrieb dabei, denn wir können sie innerhalb von kürzerer Zeit aufbauen. Wir haben das Humankapital dafür; die Vereinigten Staaten und Europa haben nicht das Humankapital, um eine solche Infrastruktur aufzubauen, und wir können es mit weniger als 10 % des Humankapitals machen, über das wir im Bereich des Gesundheitswesens verfügen. Nein! Was sage ich? Ich übertreibe, denn wir können es mit etwa 6 % des Humankapitals machen, über das wir verfügen. Alle Industrieländer zusammen verfügen nicht über das Humankapital, das ein kleines und blockiertes Land hat, um diese Dinge in die Tat umzusetzen (Beifall). Das ist das Werk von 40 Jahren Revolution, das ist euer Werk.
Der Tag mußte kommen, an dem wir sagen würden: Kuba kann der Welt helfen. Und wir sprechen hier nicht mehr nur davon, 100 Kinder zu retten, wir sprechen davon, ganze Nationen zu retten, die mathematisch zum Verschwinden verurteilt sind. Es ist fast schon zu spät, damit zu beginnen.
Dieser Vorschlag fand ein großes Echo in den Vereinigten Staaten. Dort konnten wir gegenüber den Freunden der Schwarzen Fraktionsversammlung im US-Kongreß, die 35 Millionen Afro-US-Amerikaner vertreten – aus dem Anlaß, daß einige von ihnen uns erklärt hatten, daß es in ihren Wahldistrikten keine Ärzte gäbe -, wiederholen, daß wir ihnen eine bestimmte Anzahl von Ärzten schicken könnten. Und daß wir darüber hinaus eine Anzahl von Studenten dieser Distrikte empfangen können, damit sie in unserem Land studieren. Sie nahmen dies wirklich mit eindrucksvollem Interesse auf. Wenn sie darum bitten, einen Arzt zu irgendeinem dieser Orte zu schicken, weil sie dies beantragen, haben die Behörden dieses Landes dann die Moral, es zu verbieten, während sie Scheine für die Verlosung zu den Ärzten in Simbabwe schicken, einem Land, das fast ohne Ärzte geblieben ist und wo die Kennzahlen für bestimmte Krankheiten äußerst hoch sind? Sie schicken ihnen die Scheine für die Verlosung, damit sie desertieren. Könnten sie uns verbieten, einigen Distrikten mit schwarzer Bevölkerung in den Vereinigten Staaten Ärzte zu schicken? Ich hatte ihnen bereits gesagt: „Ihr seid die Dritte Welt der Vereinigten Staaten." Und dort boten wir Stipendien an, 250 Stipendien pro Jahr für junge Menschen aus den Distrikten dieser Kongreßabgeordneten, um in Kuba ein Fach zu studieren, dessen Studium in den USA 200 000 Dollar kostet. Jetzt werden wir sehen, wer die gerechtesten Ideen verteidigt, wir treten in die tiefgreifende Analyse von allem ein.
Ich habe eines von Hunderten von Beispielen zitiert, von Tausenden von Beispielen. Für die dortigen Minderheiten der indianischen Ureinwohner und der Menschen lateinamerikanischer Herkunft haben wir 250 zusätzliche Stipendien angeboten, und zwar über die kubanische Parlamentarierdelegation, die von Sáez, dem Ersten Sekretär der Partei in der Provinz Havanna, geleitet wurde und die die Vereinigten Staaten auf Einladung der schwarzen Kongreßabgeordneten besuchte. Sie behandelten unsere Delegation dort mit großem Entgegenkommen. Alarcón ließen sie nicht reisen, doch die anderen akzeptierten sie, und diese fuhren dann – sie kamen etwas verspätet an -, es ist eindrucksvoll, was sie von ihrem Treffen mit den Abgeordneten der sogenannten Schwarzen Fraktionsversammlung im US-Kongreß berichteten. Es handelt sich hierbei um 38 Mitglieder des US-Kongresses. Sie erzählten von dem Entgegenkommen ihnen gegenüber und der Behandlung, die ihnen bei einem Essen mit 5 000 Tischgenossen zuteil wurde.
Ah, warum kann unser Land dies tun? Weil wir in diesen zehn Jahren der Spezialperiode und als Erbe dessen, was wir hatten, von den 21 medizinischen Fakultäten, die die Revolution geschaffen hat, 30 000 Ärzte in die Gemeinden eingliederten.
Wir reduzierten die Einschreibungen für dieses Studienfach und jetzt schreiben sich in diesem Jahr 2 750 kubanische Studenten und im nächsten Jahr 3 000 ein, es werden nicht mehr benötigt. Aber unser Land verfügt heute über menschliche Ressourcen, Humankapital, um der Welt große Dienste zu leisten, und es leistet sie nicht nur in der Tat damit, indem es soundso viele Leute entsendet und soundso viele Studenten graduiert, sondern auch mit seinem Beispiel. Wie kann ein über 40 Jahre hinweg blockiertes und angefeindetes Land, das schließlich seit 10 Jahren einer doppelten Blockade unterworfen ist, das bekräftigen, was ich heute hier euch gegenüber bekräftige?
Unsere Aufgabe wird nicht mehr wie am Tag der Gründung der Komitees zur Verteidigung der Revolution darin bestehen, zu sehen, was ein terroristischer Konterrevolutionär treibt, auch wenn das nicht im Geringsten das war, was ihr machtet, denn ab der ersten Etappe habt ihr euch dem Dienst an der Bevölkerung gewidmet. Man müßte eine Berechnung anstellen über die Zehntausende oder Hunderttausende von Menschenleben, die die Komitees zur Verteidigung der Revolution gerettet haben, und zwar einfach durch das Programm der Blutspenden, und das sind sehr wohl Menschenrechte (Beifall).
Man könnte die Frage stellen, welchen Bürger ihr ermordet habt, oder der Kubanische Frauenbund und andere Massenorganisationen, oder die Jungkommunisten, oder die Studenten; welchen Bürger hat ein Soldat der Revolutionären Streitkräfte ermordet; welcher Bürger wurde von einem unserer Kämpfer des Innenministeriums getötet, und niemand könnte einen einzigen finden in 40 Jahren Kampf, Anfeindung und Blockade gegenüber einem Land, das hier und außerhalb seiner Grenzen gekämpft hat.
Man suche einen gefangengenommenen rassistischen südafrikanischen Soldaten, der von einem internationalistischen kubanischen Kämpfer ermordet wurde, dort und überall sonst, wo diese Internationalisten gewesen sind, in irgendeinem der Länder, dem sie geholfen haben, in jener Hemisphäre oder woanders – das wird man niemals von einem kubanischen Kämpfer sagen können, von einem kubanischen Revolutionär, und das in 40 Jahren, das sind keine vier Tage, vier Monate oder vier Jahre, sondern vierzig Mal ein Jahr. Und für diese Zeitspanne suche man nach solchen Dingen wie denjenigen, die jene verübten, die vom Imperium trainiert wurden -, und sie werden sehen, wie viele Jahre die kubanische Revolution ohne einen einzigen Gefolterten angedauert hat. Und ich sage und wiederhole es einhundert Mal. Es ist sehr schwierig, daß wir nicht davon erfahren, wenn ein Bürger gefoltert worden wäre.
Niemals! Hier gibt es niemanden, der dieses Wort gehört hat. Deshalb sagen wir oftmals: „Sprecht mit dem Volk und fragt es." Das ist das, was uns Moral verleiht, eine Autorität, die niemand hat, während es an Orten wie Argentinien 30 000 Verschwundene gab, 3 000 Ermordete in Chile, mehr als 100 000 in Guatemala, Zehntausende an anderen Orten, unzählige Tote und Verschwundene.
Marx sagte, daß der Kapitalismus zur Welt kam, indem er von Kopf bis Fuß Blut ausströmte. Dies zeigt die Geschichte des Imperialismus in aller Welt, in Vietnam, in Angola, als sie die im Dienst der Apartheid stehenden Truppen ausrüsteten, als sie davon wußten, daß Südafrika sieben Atomwaffen hatte und sie die Hoffnung hegten, daß diese gegen uns eingesetzt würden in jenen Tagen, in denen wir in Richtung Namibia vorrückten, als überaus wichtige Probleme Afrikas entschieden wurden. Diese Dinge beweisen die grausamen, scheinheiligen und blutigen Eingeweide des Imperialismus in aller Welt.
Welche Moral hat das Imperium? Es existiert bei ihnen keine Moral, es existiert nur die Lüge, einzig und ausschließlich die Lüge, denn die Ungerechtigkeit und das Verbrechen kann man nur auf der Lüge aufbauen.
Um 4 Millionen Vietnamesen zu ermorden, mußten sie dem US-amerikanischen Volk sagen, daß sie dies für die Rettung der Sicherheit der Vereinigten Staaten und des Weltfriedens täten; und die Vietnamesen wollten nur ihr Land regieren und keine Kolonie sein, Reis und Lebensmittel für ihr Volk produzieren und unabhängig sein. Eines Tages entdeckte das US-amerikanische Volk die Wahrheit und handelte entschieden gegen jenes monströse Verbrechen.
Die Moral unserer Revolution ist aufgrund ihres Verhaltens tadellos, sehr hoch, sehr stark, und wir spüren dies, denn wir haben Kontakt mit vielen Personen auf der Welt.
Viele von denen, die glaubten, daß diese Revolution innerhalb von Tagen verschwinden würde, bewundern heute außerordentlich mehr diese Revolution, die nicht nur fähig war, auszuhalten, sondern auch, das Werk zu vollbringen, das sie vollbracht hat. Und niemand kann uns des Chauvinismus anklagen, denn ein wahrer Internationalist ist niemals Chauvinist. Wer für die Welt arbeitet, kann niemals als Chauvinist beschuldigt werden.
Es ist kein Chauvinismus, stolz zu sein auf ein Volk, das diese Heldentat vollbracht hat, sondern es ist gerecht und verdient Anerkennung. Das waren keine Selbstpreisungen für uns. Wir Kubaner sind privilegierte Bürger gewesen, die die Gelegenheit gehabt haben, einige Dinge zu tun, zu einem revolutionären Prozeß beizutragen. Wir sagen kein einziges Wort um der Ehre von irgendeinem von uns willen. Das was ich gesagt habe und was ich wiederhole und immer wiederholen werde, dient der wohlverdienten Ehre unseres Volkes.
Vaterland oder Tod!
Wir werden siegen!
(Ovation)
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