Dienstag, 15. Mai 2007

Reflexionen des Comandante en Jefe: Unsere Erkenntnisse aus dem VI. Hemisphäre-Treffen in Havanna

María Luisa Mendonça präsentierte dem Treffen in Havanna den beeindruckenden Dokumentarfilm über den manuellen Schnitt des Zuckerrohrs in Brasilien.

Wie bei den vorangegangenen Betrachtungen habe ich, Abschnitte und Sätze des Originals benutzend, hier eine Zusammenfassung der wesentlichen Äußerungen von María Luisa vorbereitet.

Wir wissen, dass der zentrale Punkt der meisten Kriege der letzten Jahrzehnte in der Kontrolle über die Energiequellen liegt. Sowohl in zentralen als auch in Ländern der Peripherie ist der Verbrauch von Energie den privilegierten Schichten gewährleistet; hingegen hat der Großteil der Weltbevölkerung keine Möglichkeit des Erhalts der Grundleistungen. In den Vereinigten Staaten beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch von Energie 13 000 kW, während der Weltdurchschnitt bei 2 429 kW und in Lateinamerika bei 1 601 kW liegt.

Das Privatmonopol auf Energiequellen wird gewährleistet vermittels der in den bilateralen und multilateralen Freihandelsabkommen enthaltenen Klauseln.

Die Rolle der peripheren Länder besteht darin, für die reichen zentralen Länder Energie zu produzieren, was eine neue Stufe des Kolonisierens darstellt.

Es macht sich erforderlich, die Propaganda für die angeblichen Vorteile der Agrobrennstoffe zu entmythologisieren. Bei Äthanol ist es so, dass Anbau und Verarbeitung des Zuckerrohrs die Böden und Trinkwasserquellen verseucht, denn es wird eine große Menge Chemikalien benutzt.

Bei der Spiritusherstellung entsteht ein Rückstand, die Schlempe, und zwar in der Größenordnung von 10 bis 13 Litern pro Liter Spiritus. Ein Teil dieses Rückstandes kann als Düngemittel Verwendung finden, doch der größte Anteil verunreinigt Flüsse und Grundwasserquellen. Produziert also Brasilien 17 oder 18 Milliarden Liter Spiritus pro Jahr, so bedeutet das, dass in den Regionen der Zuckerrohrplantagen mindestens 170 Milliarden Liter Schlempe deponiert werden. Man stelle sich die Auswirkungen auf die Umwelt vor.

Das Abbrennen des Zuckerrohrs zur Erleichterung der Ernte zerstört einen großen Teil der Mikroorganismen des Bodens, verschmutzt die Luft und verursacht Krankheiten der Atmungsorgane.

Das brasilianische Nationale Institut für Raumforschung verfügt fast alljährlich den Notstand in Sao Paulo – auf die Region entfallen 60 % der Spiritusproduktion Brasiliens, denn das Abbrennen verursacht ein extremes Sinken der Luftfeuchtigkeit auf Werte zwischen 13 und 15 Prozent und macht in der Region Sao Paulo, wo das Zuckerrohr geerntet wird, das Atmen unmöglich.

Großes Interesse an der Erweiterung der Produktion von Agroenergie haben, wie wir wissen, Unternehmen, die mit genetisch modifizierten oder transgenen Organismen arbeiten; so Monsanto, Syngenta, Dupont, Bass und Bayer.

In Brasilien hat das Unternehmen Votorantim Technologien zur Produktion eines transgenen – nicht essbaren – Zuckerrohrs entwickelt und wir wissen, dass viele andere Unternehmen sich mit der Entwicklung dieser gleichen Art Technologie befassen. Da nun die Verseuchung der normalen Anbauflächen durch die transgenen Organismen nicht vermieden werden kann, bedeutet dieses Vorgehen eine Gefahr für die Nahrungsmittelproduktion.

Im Zuge der Entnationalisierung des brasilianischen Staatsgebietes haben – neben den Megaunternehmern George Soros und Bill Gates – große Unternehmen Zuckerrohrplantagen erworben; so Bunge, Novo Group, ADM und Dreyfus.

Auch wissen wir, dass die Erweiterung der Spiritusproduktion die Vertreibung der Bauern von ihrem Grund und Boden verursacht und eine Abhängigkeit von der Zuckerrohrwirtschaft, wie wir es nennen, geschaffen hat; denn es ist nicht so, dass die Industrie des Zuckerrohrs Arbeitsplätze schafft. Das Gegenteil ist der Fall, sie schafft Arbeitslosigkeit, denn diese Industrie ist es, die das Territorium unter Kontrolle hat. Das bedeutet, es gibt keine Räume für andere Produktionsbereiche.

Gleichzeitig wird Propaganda entfaltet für die Effizienz dieser Industrie. Wir wissen, dass sie auf der Ausbeutung einer billigen und sklavischen Arbeitskraft basiert. Die Arbeiter werden je nach der Menge des geschnittenen Zuckerrohrs und nicht nach den gearbeiteten Stunden entlohnt.

Der Bundesstaat Sao Paulo verfügt über die – in Anführungsstrichen – modernste Industrie und ist der größte Produzent des Landes. Hier bewegt sich das Soll eines jeden Schnitters zwischen 10 und 15 Tonnen Zuckerrohr pro Tag.

Professor Pedro Ramos von der Universität Campinas hat folgende Berechnungen angestellt: In den 80er Jahren bewältigten die Schnitter etwa vier Tonnen pro Tag für mehr oder weniger fünf Dollar. Gegenwärtig müssen sie für drei Dollar pro Tag 15 Tonnen Zuckerrohr bringen.

In einer Studie des brasilianischen Ministeriums für Arbeit heißt es, dass früher 100 Quadratmeter Zuckerrohr 10 Tonnen ergaben und dass heute mit dem transgenen Zuckerrohr für 10 Tonnen 300 Quadratmeter zu bewältigen sind. So müssen also die Schnitter, um 10 Tonnen zu erzielen, das Dreifache arbeiten. Diese Ausbeutung hat bei den Arbeitern zu ernsten gesundheitlichen Problemen, ja bei manchen sogar zum Tode geführt.

Eine Ermittlerin des Ministeriums für Arbeit in Sao Paulo sagt, dass der Zucker und der Spiritus Brasiliens von Blut, Schweiß und Tod getränkt sind. Im Jahr 2005 hat das Ministerium für Arbeit in Sao Paulo 450 Todesfälle registriert, denen andere Ursachen zugrunde lagen; so Ermordungen und Unfälle, denn der Transport auf die Plantagen ist äußerst unsicher, wie auch Krankheiten wie Herzschlag und Krebs.

María Cristina Gonzaga recherchierte für diese Studie des Ministeriums für Arbeit, aus der ersichtlich wird, dass in den letzten fünf Jahren allein im Bundesstaat Sao Paulo 1 383 Zuckerrohrarbeiter verstorben sind.

Auch die Sklavenarbeit ist üblich in diesem Bereich. Die Arbeiter, von Vermittlern verlockt, stammen größtenteils aus dem Nordosten und aus Minas Gerais. Normalerweise gibt es keine Direktverträge mit dem Unternehmen, sondern diese werden über die Vermittler geschlossen – in Brasilien nennen wir sie „gatos“ – die die Arbeitskräfte für die Plantagen auswählen.

Im Jahr 2006 inspizierte die Staatsanwaltschaft 74 Plantagenkomplexe, alle in Sao Paulo, und im Ergebnis dieser Überprüfung wurde gegen alle Anklage erhoben.

Im Monat März dieses Jahres befreiten die Anwälte des Ministeriums für Arbeit in Sao Paulo 288 Personen aus ihren Lage Sklavereibedingungen.

Im gleichen Monat holten sie im Staat Mato Grosso 409 Arbeiter aus einer Spiritus produzierenden Zuckerrohrplantage. Unter ihnen befanden sich 150 Arbeiter der indigenen Bevölkerung. Hier im Landeszentrum, in Mato Grosso, ist es üblich, die Eingeborenen zur Sklavenarbeit im Zuckerrohr zu benutzen.

Jedes Jahr leiden Hunderte von Arbeitern auf den Zuckerrohrpflanzungen unter ähnlichen Bedingungen. Wie sehen diese Bedingungen aus? Sie arbeiten ohne offizielle Registrierung, ohne Arbeitsschutz, ohne Wasser und adäquate Verpflegung, ohne Zutritt zu Bädern und mit sehr erbärmlichen Unterkünften. Zahlen müssen sie für Unterkunft, Verpflegung, die sehr teuer ist, für Arbeitsmittel wie Schuhwerk und Machete, und bei Arbeitsunfällen, deren es sehr viele gibt, erhalten sie natürlich keine adäquate Behandlung.

Für uns besteht die Kernfrage in der Beseitigung des Latifundiums, denn hinter diesem modernen Image steht ein zentrales Problem, nämlich der Großgrundbesitz in Brasilien und natürlich auch in anderen lateinamerikanischen Ländern. Auch ist eine ernste Politik der Nahrungsmittelproduktion vonnöten.

Ich möchte Ihnen nun einen Dokumentarfilm zeigen, den wir mit Zuckerrohrarbeitern im Staat Pernambuco gedreht haben. Diese ist eine der Hauptregionen des Zuckerrohrs. Hier werden Sie sich selbst von den Bedingungen überzeugen.

Der Dokumentarfilm entstand unter Mitarbeit der Comisión Pastoral de la Tierra en Brasil und mehrerer Gewerkschaften der Forstarbeiter des Staates Pernambuco.

So endet der Vortrag der hervorragenden und applaudierten brasilianischen Führungspersönlichkeit.

Im Folgenden nun die Aussagen der Zuckerrohrschnitter, wie sie im Filmmaterial von María Luisa festgehalten sind. Werden die Personen im Film nicht identifiziert, so wird doch gesagt, ob es sich um einen Mann, eine Frau oder einen Jugendlichen handelt. Aufgrund ihres Umfangs werde ich nicht alle nennen.

Severino Francisco da Silva: Als ich 8 Jahre alt war, ging mein Vater auf die Zuckerrohrpflanzung El Junco. Und als ich kam – ich war noch keine neun Jahre alt – begann mein Vater zu arbeiten und ich schnürte die Bündel mit ihm. Auf der Pflanzung El Junco habe ich 14 oder 15 Jahre gearbeitet.

Eine Frau: Seit 36 Jahren lebe ich hier aus dieser Zuckerrohrpflanzung. Hier habe ich geheiratet und 11 Kinder zur Welt gebracht.

Ein Mann: Seit vielen Jahren schneide ich Zuckerrohr, ich kann nicht einmal zählen.

Ein Mann: Mit sieben Jahren begann ich zu arbeiten, und mein Leben ist das Schneiden von Zuckerrohr und Entfernen von Gestrüpp.

Junger Mann: Hier bin ich geboren, bin jetzt 23 Jahre alt, und mit neun Jahren begann ich, Zuckerrohr zu schneiden.

Eine Frau: 13 Jahre habe ich hier in Planta Salgado gearbeitet, Zuckerrohr gesät, Düngemittel ausgebracht, das Zuckerrohr gesäubert, Unkraut entfernt.

Severina Conceiçäo: Ich kann alle diese landwirtschaftlichen Arbeiten machen: düngen, Zuckerrohr anbauen. Ich habe das alles mit so einem dicken Bauch gemacht (Sie bezieht sich auf die Schwangerschaft) und mit dem Korb an meiner Seite habe ich weitergearbeitet.

Ein Mann: Arbeit? Alle Arbeiten sind schwierig, aber die Zuckerrohrernte ist das schlimmste was es in Brasilien gibt.

Edleuza: Wenn ich nach Hause komme, wasche ich ab, räume zu Hause auf, mache die Hausarbeiten, mache alle Arbeiten. Ich habe Zuckerrohr geschlagen und manchmal kam ich nach Hause und war nicht einmal in der Lage abzuwaschen, weil meine Hände vollkommen geschunden waren, voller Schwielen.

Adriano Silva: Es ist so, dass der Verwalter auf Arbeit sehr viel fordert. Manche Tage schlägt man Zuckerrohr und bekommt es bezahlt, aber es gibt Tage, an denen man nichts bezahlt kriegt. Manchmal ist es ausreichend, manchmal nicht.

Misael: Das hier ist eine böse Situation, der Verwalter versucht das Gewicht des Zuckerrohrs zu vermindern. Er sagte, dass wir das erhalten hätten, was wir gearbeitet hätten und fertig. Wir arbeiten wie die Sklaven, verstehen Sie? Auf diese Art und Weise geht’s nicht!

Marcos: Die Arbeit in der Zuckerrohrernte ist eine Sklavenarbeit, es ist eine schwierige Arbeit. Wir gehen um 3 Uhr früh los und kommen um 8 Uhr abends zurück. Das ist nur für den Besitzer gut, da er mit jedem Tag mehr verdient. Der Arbeiter verliert, wenn die Produktion geringer wird, und der Besitzer behält alles.

Ein Mann: Manchmal gehen wir schlafen, ohne uns gewaschen zu haben, es gibt kein Wasser. Wir baden in einem kleinen Bach hier, der dort unten lang fließt.

Ein Jugendlicher: Hier gibt es kein Brennholz zum Kochen. Jeder muss selbst losgehen, Brennholz besorgen, wenn er essen will.

Ein Mann: Das Mittagessen ist das, was man von zu Hause mitbringt. Man bringt ein Essen mit, und ist hier, unter dieser Sonne. Und man lebt so dahin und versucht hinzukommen.

Ein Jugendlicher: Wer viel arbeitet, braucht ausreichend Ernährung. Während der Besitzer der Zuckerfabrik Privilegien hat, vom Guten und Besten hat, leiden wir hier.

Eine Frau: Ich habe oft gehungert. Viele Nächte habe ich mich hungrig schlafen gelegt, manchmal hatte ich nichts zu essen, weder für mich noch für meine Tochter. Manchmal habe ich Salz besorgt, dass war das, was man am leichtesten bekommen konnte.

Egidio Pereira: Die Leute haben zwei oder drei Kinder, und wenn man sich nicht in Acht nimmt, stirbt man vor Hunger. Es reicht nicht zum Leben.

Ivete Cavalcante: Hier gibt es keinen Lohn. Für acht Reale muss man eine Tonne Zuckerrohr von den Blättern befreien. Man verdient, was man abzuschlagen in der Lage ist: Wenn man eine Tonne reinigt, dann verdient man acht Reale, es gibt keinen Festlohn.

Eine Frau: Lohn? Davon weiß ich nichts.

Reginaldo Souza: Manchmal zahlen sie uns Geld aus. Jetzt in der Saison bezahlen sie mit Geld, aber im Winter bekommen wir alles durch Bons, d.h. Gutscheine, bezahlt.

Eine Frau: Der Bon. Das geht so: Man arbeitet, er schreibt alles auf einem Zettel auf und gibt den der Person, damit diese im Laden kaufen kann. Die Person sieht das Geld nicht, das sie verdient.

José Luis: Der Verwalter macht mit den Leuten, was er will. Es ist so, dass ich ihn herbeigerufen habe, um „den Durchschnitt“ aus dem Zuckerrohr zu berechnen, aber er wollte nicht. Das heißt: in diesem Fall zwingt er die Person mit Gewalt zur Arbeit. So arbeitet diese gratis für das Unternehmen.

Clovis da Silva: Das macht uns fertig! Man schlägt einen halben Tag Zuckerrohr und glaubt, dass man ein bisschen Geld bekommen wird. Und wenn er kommt, um die Menge zu bestimmen, erfahren wir, dass die Arbeit nichts wert war.

Natanael: Der Lastwagen für den Viehtransport befördert hier Arbeiter und unter schlechteren Bedingungen als das Pferd des Besitzers. Denn wenn der Besitzer das Pferd auf den Lastwagen bringt, stellt er ihm Wasser hin, streut Sägespäne auf den Boden, damit das Pferd nicht seine Hufe verletzt, legt ihm Futter hin und eine Person zur Begleitung. Und die Arbeiter, die sollen irgendwie zurechtkommen: wenn die reingehen, wird die Tür zugemacht und fertig. Sie behandeln die Arbeiter, als ob diese Tiere wären. Das Programm „Pro-Álcool“ hilft den Arbeitern nicht, es hilft nur den Zuckerrohrlieferern, hilft den Besitzern und bereichert sie immer mehr. Denn wenn es Arbeitsplätze für die Arbeiter schaffen würde, das wäre für uns das Wichtigste, aber es schafft keine Arbeitsplätze.

José Loureno: Sie haben alle diese Macht, weil sie im Landes- oder Bundesparlament einen Politiker haben, der die Zuckerfabriken vertritt. Es gibt Besitzer, die Abgeordnete sind, Minister, Verwandte von Zuckerfabrikbesitzern und diese ermöglichen diese Situation für die Besitzer und für die Zuckerfabrikbesitzer.

Ein Mann: Unser Kampf scheint nie aufzuhören. Wir haben keinen Urlaub, kein Weihnachtsgeld, das geht alles verloren. Außerdem erhalten wir nicht einmal einen Viertellohn, was obligatorisch ist. Das ist das, womit wir die Anziehsachen zum Jahresende kaufen und eine Kleidung für die Kinder. Sie geben uns nichts dergleichen, und wir sehen, dass die Situation jeden Tag schwieriger wird.

Eine Frau: Ich bin als Arbeiterin eingetragen und hatte nie ein Anrecht auf irgendetwas, nicht einmal auf eine Krankschreibung. Wenn wir schwanger werden, haben wir ein Anrecht auf ärztliches Attest, aber ich hatte nicht dieses Recht, diese Garantie für die Familie. Ich hatte auch kein Weihnachtsgeld. Ich erhielt immer eine Kleinigkeit, dann habe ich es nicht mehr bekommen.

Ein Mann: Seit 12 Jahren zahlt er weder Weihnachtsgeld noch Urlaub.

Ein Mann: Man darf nicht krank werden, man arbeitet Tag und Nacht auf dem Lastwagen, beim Zuckerrohrschlagen, im Morgengrauen. Meine Gesundheit ist verloren gegangen, ich war kräftig.

Reinaldo: Einmal hatte ich nur Turnschuhe an, und als ich mit der Machete zuschlug, um das Zuckerrohr zu schlagen, traf ich meinen Zeh und habe mich geschnitten. Ich habe meine Arbeit beendet und bin nach Hause gekommen.

Ein Jugendlicher: Arbeitsstiefel gibt es nicht, es wird so gearbeitet. Viele arbeiten barfuss, es sind keine Arbeitsbedingungen vorhanden. Sie heben gesagt, dass die Zuckerfabrik Arbeitsstiefel spenden würde. Vor einer Woche hat er sich in den Fuß geschnitten (er zeigt auf den Mann), weil es keine Stiefel gibt.

Ein Jugendlicher: Ich war krank, ich war drei Tage lang krank. Ich bekam nichts bezahlt, sie haben mir nichts bezahlt. Ich bin zum Arzt gegangen und um ein Attest gebeten und sie haben es mir nicht gegeben.

Ein Jugendlicher: Es kam einmal ein Junge aus „Macugi“. Er arbeitete und währenddessen begann er sich plötzlich sehr schlecht zu fühlen und musste brechen. Die Anstrengungen sind groß, die sonne brennt sehr heiß und die Leute sind nicht aus Eisen, der menschliche Organismus hält das nicht aus.

Valdemar: Dieses Gift, das wir verwenden bringt viele Krankheiten mit sich (er spricht von den Unkrautvertilgungsmitteln). Es verursacht mehrere Krankheitsarten: Haut- und Knochenkrebs, es gelangt ins Blut und schädigt die Gesundheit. Es wird einem übel und schwindlig und man kann sogar umfallen.

Ein Mann: In den Zeitspannen zwischen den Ernten gibt es praktisch keine Arbeit.

Ein Mann: Man muss die Arbeit machen, die der Besitzer anordnet. Denn, wissen sie, wenn wir es nicht tun... Wir haben nichts zu sagen, sie geben die Befehle. Wenn sie einem eine Aufgabe zuteilen, dann muss man sie machen.

Ein Mann: Ich bin hier und hoffe darauf, dass ich eines Tages ein kleines Stück Land haben kann und so mein Leben auf dem Lande zu Ende leben kann, damit ich meinen Bauch voll kriege und die Bäuche meiner Kinder und meiner Enkel, die hier bei mir leben.

Gibt es vielleicht noch etwas Anderes?

Ende des Dokumentarfilms.

Niemand ist dankbarer für dieses Zeugnis als ich und für die Vorstellung von María Luisa, deren Zusammenfassung ich gerade erarbeitet habe. Das ruft mir die Erinnerungen meiner ersten Lebensjahre ins Gedächtnis, eines Alters, in dem die Menschen äußerst aktiv zu sein geruhen.

Ich wurde auf einem Zuckerrohr-Großgrundbesitz geboren. Es war ein Privateigentum, das im Norden, Osten und Westen von großen Ländereien umgeben war, deren Grund und Boden Eigentum von drei transnationalen US-Unternehmen war, die zusammen mehr als 250 000 Hektar Land besaßen. Das Zuckerrohr wurde manuell und grün geschlagen, damals verwendete man keine Unkrautvertilgungsmittel, nicht einmal Düngemittel. Eine Plantage konnte mehr als 15 Jahre Früchte bringen. Die Arbeitskraft war so billig, dass die Transnationalen viel Geld verdienten.

Der Eigentümer des Zuckerrohrlandguts, wo ich geboren wurde, war ein Einwanderer galicischer Herkunft aus einer einfachen Bauernfamilie, praktisch Analphabet. Er wurde zuerst anstelle eines Reichen als Soldat hergebracht, da jener bezahlte, um dem Militärdienst auszuweichen und am Ende des Krieges wurde er in die Heimat nach Galicien zurückgesendet. Er kaum auf eigene Faust nach Kuba zurück, wie es unzählige Galicier taten, die in lateinamerikanische Länder reisten. Er arbeitete als Landarbeiter einer wichtigen Transnationale, der United Fruit Company. Er hatte Voraussetzungen als Organisator, er rekrutierte eine große Anzahl Tagelöhner wie er selbst, wurde zum Unternehmer und kaufte schließlich mit dem kumulierten Mehrwert ein Grundstück im an das große US-Unternehmen im Süden angrenzenden Gebiet. Die kubanische Bevölkerung in der Ostregion, die viel Tradition im Unabhängigkeitskampf hat, hatte bedeutend zugenommen und ihr standen keine Ländereien zur Verfügung. Aber das Hauptgewicht der Landwirtschaft im Ostgebiet fiel zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts auf die Sklaven, die wenige Jahre vorher freigelassen worden waren, oder diejenigen, die von ehemaligen Sklaven abstammten und auf die Einwanderer aus Haiti. Die Haitianer hatten keine Familie. Sie lebten allein in ihren miserablen Häusern aus Palmblättern und –holzbrettern, die in Gehöften angeordnet waren und wo nur zwei oder drei Frauen unter ihnen lebten. Während der wenigen Monate der Zuckerrohrernte, wurden die Hahnenkämpfe eröffnet. Dort verspielten die Haitianer ihre miserablen Einkommen und den Rest verwendeten sie, um Lebensmittel zu kaufen. Diese waren teuer, da sie über viele Zwischenhändler gingen.

Der Eigentümer galicischer Herkunft wohnte dort, auf dem Zuckerrohrgut. Er hatte die Gewohnheit, durch die Plantagen zu gehen und sprach mit jedem, der das wollte oder der etwas wünschte. Er kam oft den Forderungen nach, und zwar mehr aus humanitären Gründen als aus wirtschaftlichen. Er konnte Entscheidungen treffen.

Die Verwalter der Plantagen der United Fruit Company waren US-Amerikaner, die sorgfältig ausgesucht worden waren und gut bezahlt wurden. Sie lebten mit ihren Familien in prächtigen Villen und an ausgesuchten Orten. Sie waren wie entfernte Götter, welche die hungrigen Arbeiter mit Ehrfurcht erwähnten. Man sah sie nie auf dem Feld, wo Zuckerrohr geschlagen wurde. Dort handelten seine Untergebenen. Die Aktienbesitzer der großen Transnationalen lebten in den Vereinigten Staaten oder an irgendeinem Ort auf der Welt. Die Ausgaben der Plantagen hatten ihr Budget und niemand konnte es auch nur einen Centavo erhöhen.

Ich kenne die Familie des Einwanderers galicischer Herkunft aus zweiter Ehe mit einer jungen sehr armen kubanischen Bäuerin sehr gut, die wie er nie zur Schule gehen konnte. Sie war sehr selbstlos und widmete sich sehr der Familie und den wirtschaftlichen Aufgaben der Plantage.

Diejenigen, die im Ausland diese Überlegungen im Internet lesen, werden überrascht sein, wenn sie erfahren, dass dieser Besitzer mein Vater war. Ich bin der dritte Sohn von den sieben Kindern dieser Ehe. Wir wurden in einem Zimmer eines Landhauses geboren, weit entfernt von irgendeinem Krankenhaus, nur von einer Hebamme betreut, einer Bäuerin, die sich mit Leib und Seele ihrer Aufgabe widmete und nur ihre praktischen Kenntnisse besaß. Alle jene Ländereien wurden von der Revolution dem Volk übergeben.

Ich möchte nur noch hinzufügen, dass wir das Nationalisierungsdekret des Patents für eine Pharmazeutische Multi für die Produktion und Vermarktung in Brasilien eines Medikaments gegen AIDS, das Efavirenz, das einen überhöhten Preis hat, vollkommen unterstützen – genau wie viele andere – sowie ebenfalls die kürzliche, gegenseitig befriedigende Lösung des Konflikts über die zwei Erdölraffinerien mit Bolivien.

Ich wiederhole, dass wir große Hochachtung vor dem brasilianischen Brudervolk hegen.



Fidel Castro Ruz

14. Mai 2007

17.12 Uhr

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