Freitag, 12. Juni 1992

Fidel Castro auf der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro

Rede des Comandante en Jefe, Fidel Castro Ruz, erster Sekretär des Zentralkomitees der kommunistischen Partei Kubas und Präsident des Staats- und Ministerrats, auf der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung, gehalten am 12. Juni 1992, "Jahr 34 der Revolution", in Rio de Janeiro, Brasilien

Geehrter Präsident Brasiliens, Herr Fernando Collor de Mello;
Geehrter Generalsekretär der UNO, Herr Butros Ghali;

Exzellenzen:
Eine bedeutende biologische Gattung ist aufgrund der schnellen und progressiven Beseitigung ihrer natürlichen Lebensbedingungen vom Aussterben bedroht: der Mensch.
Wir werden uns jetzt dieses Problems bewusst, wo es fast zu spät ist, es zu verhindern. Es muss darauf verwiesen werden, dass die Konsumgesellschaften die Hauptverantwortlichen für die grausame Vernichtung der Umwelt sind. Sie entstanden aus den ehemaligen Kolonialmetropolen und der imperialen Politik, die die Rückständigkeit und die Armut verursachte, welche heute die immense Mehrheit der Menschheit geißeln. Obwohl nur 20 Prozent der Weltbevölkerung in ihnen leben, verbrauchen sie zwei Drittel des Metalls und drei Viertel der Energie, die auf der Welt erzeugt wird. Sie haben die Meere und Flüsse vergiftet, die Luft verschmutzt, die Ozonschicht geschwächt und Löcher in ihr entstehen lassen, haben die Atmosphäre mit Gasen angereichert, die die klimatischen Bedingungen beeinträchtigen, was katastrophale Auswirkungen hat, die wir schon zu spüren beginnen.
Die Wälder verschwinden, die Wüsten weiten sich aus, Milliarden Tonnen fruchtbarer Erde enden jährlich im Meer. Zahlreiche Arten sterben aus. Der aus dem Bevölkerungszuwachs resultierende Druck und die Armut führten zu verzweifelten Maßnahmen, um selbst auf Kosten der Natur das Überleben zu sichern. Man kann dafür nicht die Länder der Dritten Welt beschuldigen, die gestern Kolonien waren und heute durch die ungerechte Weltwirtschaftsordnung ausgebeutete und ausgeplünderte Nationen sind.
Die Lösung kann nicht sein, die Entwicklung jener zu verhindern, die sie am meisten brauchen. Wahr ist, dass alles, was heute zur Unterentwicklung und zur Armut beiträgt, offenkundig die Ökologie beeinträchtigt. Zig Millionen Männer, Frauen und Kinder sterben jährlich in der Dritten Welt infolge dessen, mehr als in den beiden Weltkriegen. Der ungleiche Austausch, der Protektionismus und die Auslandsverschuldung greifen die Ökologie an und fördern die Zerstörung der Umwelt.
Wenn man die Menschheit vor der Selbstzerstörung retten will, müssen die Reichtümer und die verfügbaren Technologien des Planeten besser verteilt werden. Weniger Luxus und weniger Verschwendung in einigen wenigen Ländern, damit weniger Armut und weniger Hunger in großen Teilen der Erde herrscht. Kein Transfer von umweltzerstörenden Lebensstilen und Konsumgewohnheiten mehr in die Dritte Welt. Das menschliche Leben muss rationaler werden. Eine gerechte internationale Wirtschaftsordnung muss durchgesetzt werden. Alle notwendigen wissenschaftlichen Forschungen sollen für eine nachhaltige Entwicklung ohne Umweltverschmutzung eingesetzt werden. Es soll der Hunger verschwinden und nicht der Mensch.
Jetzt ist die angebliche Bedrohung durch den Kommunismus nicht mehr da, und es bleiben keine Vorwände für kalten Krieg, Wettrüsten und Militärausgaben. Was hindert daran, diese Mittel sofort einzusetzen, um die Entwicklung der Dritten Welt zu fördern und die Gefahr der ökologischen Zerstörung des Planeten zu bekämpfen? Schluss mit dem Egoismus, Schluss mit dem Vorherrschaftsbestreben, Schluss mit der Gefühllosigkeit, der Unverantwortlichkeit und dem Betrug. Morgen wird es zu spät sein für das, was wir schon lange gemacht haben müssten.

Danke.

(OVATION)