Freitag, 13. August 1999

Rede anläßlich des Treffens mit Vertretern der Delegation zu den Panamerikanischen Spielen in Winnipeg

Rede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzender des Staats- und des Ministerrates, anläßlich des Treffens mit Vertretern der Delegation zu den Panamerikanischen Spielen in Winnipeg, am 13. August 1999, vervollständigt durch Argumente und zusätzliche von ihm erstellte Angaben

Liebe Sportler!

Liebe Genossen des Olympischen Komitees und des Nationalinstituts für Körperkultur und Sport!

Liebe Gäste!

Dieses Treffen ist zwar klein an Umfang, an der Zahl der Anwesenden, doch es ist groß an Bedeutung; und das nicht, weil ihr mir die Ehre anläßlich meines Geburtstages erweisen wolltet, sondern weil ihr mir in erster Linie die Gelegenheit gebt, mich bei euch für diese so freundschaftliche, brüderliche und herzliche Geste zu bedanken.

Wie ihr gut wißt, habe ich im Verlauf meines revolutionären Lebens, das mehr als zwei Drittel meines gesamten Lebens, vor allem nachdem uns der Sieg an die Führung des Landes gestellt hatte, meinen Geburtstag nie öffentlich gefeiert.

Diesmal wurde mir gesagt, daß unsere Sportler mich zu einem einfachen Akt einladen wollten. Hier sah ich nun die Gelegenheit, euch erneut meine große Bewunderung für die Heldentaten auszusprechen, zu denen ihr fähig wart, indem ihr den Traditionen des revolutionären Sports gefolgt seid, der vor etwas mehr als 40 Jahren begann; und insbesondere eine Gelegenheit, über ein Thema zu sprechen, von dem ich meine, daß es von sehr großer Bedeutung ist, und zwar nicht von vergangenen und gegenwärtigen, sondern von künftigen sportlichen Siegen.

Von den jüngsten Geschehnissen bei den panamerikanischen Wettkämpfen haben eine Reihe von Genossen ausführlich und brilliant gesprochen, und wir hatten die Gelegenheit, dies in unseren Fernsehkanälen zu verfolgen. Nicht ein Wort werde ich zu all dem sagen, was in Winnipeg vorgefallen ist. Ich ziehe etwas anderes vor, denn ich will mich zu drei Aspekten äußern, die bei der Podiumsdiskussion am Mittwoch bereits angekündigt wurden, zu zwei Punkten nur kurz und ausführlicher dann zu dem dritten Punkt.

Die Genossen haben drei Dinge bekanntgegeben: Hector, der Moderator des Programms, übermittelte einige Worte, die ich ihm bei einem Gespräch gesagt hatte. Bei diesem Gespräch brachte ich zum Ausdruck, wieviel Kummer und Schmerz es uns bereitete, wenn in den aufregendsten Momenten dieser Wettkämpfe, den Momenten einer starken patriotischen Leidenschaft, eines Rieseninteresses, während der Veranstaltungen, während der beantragten Spielunterbrechungen oder zwischen den Inning die Aufmerksamkeit abgelenkt wurde durch kommerzielle Werbung in reinstem kapitalistischem Stil, in reinstem Stil der Konsumgesellschaften; etwas, zu dem es in den schlimmsten Jahren der Spezialperiode gekommen war, als die Sportveranstaltungen nicht für unsere Bevölkerung übertragen werden konnten, wenn wir keine Geldmittel durch Einsatz der Werbung beschafften, und wie ihr wißt, werden diese Übertragungen von Millionen Menschen in unserem Land verfolgt. Bei diesen besonders bedeutsamen, harten und schwierigen Wettkämpfen schmerzte uns jene kommerzielle Reklame noch mehr, da wir ausgerechnet dort in Winnipeg die unangenehmsten Folgen der Vermarktung von etwas so Sauberem wie dem Sport zu spüren bekamen. Ich sagte ihm, daß es niemals mehr eine kommerzielle Reklame im Rahmen der Übertragung von Sportwettkämpfen geben werde; daß diese Minuten für Erläuterungen, für Kommentare über die Veranstaltung, das Verhalten der Sportler und ihre Verdienste genutzt würden, um zur Bereicherung der an sich schon starken sportlichen Kultur unseres Volkes beizutragen.

An zweiter Stelle gab Genosse Humberto, Präsident des Nationalinstituts für Körperkultur und Sport, bekannt, daß Kuba zur Unterstützung des Sports und der Verteidigung unseres Landes gegen jegliche Falle, jegliche Gemeinheit, jegliche Niederträchtigkeit, deren Opfer wir bei immer stärker vermarkteten Wettkämpfen werden können, sofort mit der Einrichtung eines Laboratoriums beginne. Dies geschehe außerdem zum Schutz der Ehre unserer Sportler und unserer Heimat, auch für den Fall, daß ein Sportler oder sein Trainer den Fehler beginge, sich mit einem Anabolikum-Präparat oder einer Anabolikum-Substanz Vorteile zu verschaffen. Das hat absolut nichts mit der Würde, der Ehre und der Courage unserer Sportler zu tun, mit denen wir nun schon viele Medaillen gewonnen haben.

Ein gutes Laboratorium würde uns vor Zwischenfällen dieser Art Schutz bieten und den Bruderländern der Karibik, Mittel- und Südamerikas, die kein Laboratorium zur Bestimmung solcher Substanzen besitzen und sich an die hochentwickelten Länder wenden und jeden Labortest mehr als teuer bezahlen müssen, eine Hilfe sein. Mit Ausnahme der Panamerikanischen Spiele - zu diesem Zweck hatten wir einige Laborgeräte gemietet - verfügen wir über keine derartigen Labors und müssen die Proben ebenfalls ins Ausland schicken.

Wir werden dieses Laboratorium errichten, und zwar ohne hohe Kosten; denn das Wichtigste dabei sind die Techniker und Wissenschaftler, und diese haben wir in sehr großer Anzahl und von ausgezeichneter Qualität. Die Laborausrüstung wird eine moderne sein. Sie wird dazu beitragen, Kosten einzusparen, die uns gegenwärtig anfallen, und ihr Wert oder Preis kann sich progrssiv amortisieren durch Leistungen für andere Länder zu minimalen Preisen, die weit unter denen liegen, die die Labors der entwickelten und reichen Länder verlangen.

Wenn ihnen auch umfangreiche finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, so besitzen wir doch ein außerordentliches Humankapital, die erforderlichen Wissenschaftler, seriöses Geschäftsgebaren und Prestige, um in unser Land volles Vertrauen zu haben, was noch wichtiger ist als ein Amortisieren der Anschaffungkosten der Ausrüstung, der ungeachtet ihrer Qualität recht angemessen sind. Wir werden gegen Gemeinheiten und Irrtümer geschützt sein, gegen beides. Wenn einer versagt, befleckt er zum Teil den Ruhm und die Verdienste aller anderen und dient als Bezugspunkt für infame und grobe Verleumdungen.

Der dritte Aspekt, den ich noch nicht genannt habe - und hier werde ich mich etwas länger aufhalten - ist die an diesem Mittwoch vom Genossen Fernández, Präsident des Olympischen Komitees, am Ende der Sendung bekanntgegebene Nachricht, daß Kuba die Schlacht beginne, um irgendwann einmal Austragungsort der Olympischen Spiele zu werden; und diese Schlacht beginnen wir ab sofort, mit dem Blick auf das Jahr 2008, denn für 2004 wurde bereits Athen bestimmt. Das beklagen wir nicht im geringsten, denn dort war es ja, wo vor mehr als zwanzig Jahrhunderten die Geschichte der Olympischen Spiele ihren Anfang nahm.

Dort wurden sie geboren. Wir sind der Meinung, daß zum 100. Geburtstag der 1896 erfolgten Wiedergeburt der Olympiade ihr Austragungsort Athen hätte sein müssen, gäbe es auf der Welt ein wenig Würde, Ehrenhaftigkeit und Gerechtigkeit. Jedoch wurden die Spiele in Atlanta ausgetragen, in dem reichen und mächtigen Land, wo ihre Übertragung und die Werbung noch mehr Geldmittel schaffen. So erhielten sie also zum vierten Mal in diesem Jahrhundert das Recht des Austragungsortes und verdrängten Athen, dem jedoch letztendlich Gerechtigkeit widerfuhr.

Vertrauen wir darauf, daß sich noch immer in dieser Welt voller Ungerechtigkeiten letztendlich die Moral und die Vernuft durchsetzen werden. Deshalb begrüßen wir Athen als Austragungsort. Bei diesem Wettkampf werden wir mit unseren besten Sportlern, die ständig besser vorbereitet sind, dabei sein und um einen Ehrenplatz kämpfen.

Dann kommen die Spiele von 2008. Ich sage, die Schlacht beginnt ab jetzt. Sie muß gestartet werden! Sie begann bereits an dem Tag, an dem unser legitimes Bestreben bekannt gegeben wurde. Das soll nicht heißen, daß es leicht sein wird, daß uns im Jahr 2008 Gerechtigkeit widerfährt, daß die Moral und die Vernunft an diesem Tag triumphieren werden. Doch wenn es uns für 2008 nicht gelingt, so werden wir es 2012 erreichen, und ich glaube nicht, daß, wenn wir gut darum kämpfen und uns weiterhin bemühen, das Jahr 2016 an uns vorbeigehen wird. Wir könnten fast behaupten, daß dieses die letztmögliche Frist ist, das gesteckte Ziel zu erreichen.

Ich wollte das erläutern, damit ihr und unsere Bevölkerung erkennt, was es bedeutet, um den Austragungsort einer Olympiade zu kämpfen; eine Schlacht, die jetzt einsetzt und die sich fürs erste um den Austragungsort des Jahres 2008 dreht.

Mit welchen Argumenten stellen wir unseren Antrag auf Austragung der Olympiade bereits jetzt, obwohl das offizielle Verfahren noch nicht eingesetzt hat? Ich werde es erklären, und ich glaube, daß niemand, weder in Kuba noch außerhalb des Landes, daß uns niemand auf der Welt unsere Argumente und unser Recht streitig machen kann.

An erster Stelle sage ich euch, daß weder in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts, noch in der ersten, noch in irgendeiner anderen Epoche der Geschichte ein Land - und in diesem Falle ein kleines Land der Dritten Welt, das außerdem von der mächtigsten und reichsten Macht der Erde wirtschaftlich blockiert, angefeindet, auf tausend verschiedene Arten angegriffen wird - in einer äußerst kurzen Zeitspanne so viel für den Sport getan hat und auf diesem Gebiet so viel erreicht hat wie Kuba.

Das Berufssportlertum wurde abgeschafft, und der Sport, der einst ein ausschließliches Privileg minoritärer Eliten war, wurde zu einem Recht des ganzen Volkes. Dieses und das Recht, mit Würde und Prestige in der internationalen Arena zum Wettkampf anzutreten, haben wir heldenhaft verteidigt, und zwar ganz besonders an jenem Tag, da uns die Regierung der Vereinigten Staaten ganz willkürlich das Visum zur Teilnahme an einem Sportwettbewerb der mittelamerikanischen und karibischen Länder verweigerte, der in einem kolonisierten Nachbar- und Bruderland, denn nichts anderes ist ja Puerto Rico, ausgetragen wurde. Damals haben wir mit unserem Mut dieses Recht verewigt und eine wahrhaft ehrenvolle und ruhmreiche Seite geschrieben.

In unserer Heimat erlangten Körperkultur und Sport einen derartigen Massencharakter wie in keinem anderen Land der Welt. Sie erfaßten die Kinder aller Altersstufen und aller Schulen des Landes, alle Jugendlichen, alle Beschäftigten und die gesamte Bevölkerung. Wer selbst nicht systematisch Sport trieb, genoß ihn als aufregende, attraktive und gesunde Darbietung.

Die wenigen Seiten unserer Zeitungen reichen beispielsweise nicht aus, um über die Hunderte von Baseballmannschaften und die ständigen Spiele der Beschäftigten des Zuckersektors in sämtlichen Fabriken des Hauptzweiges unserer Landwirtschaft zu schreiben; und dabei spreche ich von nur einem Sektor und von nur einer Sportart.

Kuba ist heute weltweit eines der wenigen Länder mit einer bestimmten Entwicklung in diesem Bereich, in dem es weder eine Vermarktung des Sports noch Berufssportlertum gibt.

Nie ist Kuba mit ausländischen Sportlern zum Wettkampf angetreten, es hat im Verlauf von 40 Jahren ausnahmslos immer seine eigenen Sportler eingesetzt.

Niemals hat Kuba einen Sportler oder ein Sporttalent abgeworben; im Gegenteil, wir haben hier Dozenten ausgebildet, Sportler, die für ihre Länder angetreten sind. An einen kann ich mich erinnern, ein junger Boxer aus Puerto Rico, der Kuba sehr zugetan war, hat hier Körperkultur und Sport studiert und sein Diplom erworben. Er war ein guter Boxer, und nach seinem Studium kehrte er in sein Heimatland zurück, um sich in das Team seines Landes einzureihen, wie es seine Pflicht war.

Bei den zahlreichen internationalen Wettkämpfen der unterschiedlichsten Disziplinen, bei denen Kuba das Gastgeberland war, ist niemals ein Sportler, ein Mitglied der Delegation oder ein Journalist körperlich angegriffen worden. Ihnen ist ganz im Gegenteil alle Rücksicht und absolute Achtung entgegengebracht worden. Auch kein Sportler oder Mitglied irgendeiner Delegation ist je moralisch angegriffen oder beschimpft worden.

Ein gutes Beispiel dafür war die Tatsache, daß, wenngleich die Vereinigten Staaten unser großer Gegner auf sportlichem Gebiet sind, Hunderte von US-amerikanischen Sportlern 1991 hier an den Panamerikanischen Spielen teilnahmen, und absolut niemand kann auch nur eine einzige Beschimpfung, eine einzige Beleidigung einem US-amerikanischen Sportler gegenüber anführen, trotz politischer Differenzen, ideologischer Differenzen und des enormen Unrechts, das uns die Vereinigten Staaten angetan haben. Wir sind ein Volk voller Überzeugung, ein Volk, das die Vernunft gebraucht, Träger eines hohen Bewußtseins und einer revolutionären Kultur und kein Volk blinder politischer Fanatiker. Zum Stolz für unsere Heimat und unsere Revolution hat es nie einen Bürger unseres Landes gegeben, der auch nur ein einziges Wort der Beleidigung gegen einen ausländischen Sportler oder eine Delegation geäußert hätte.

Niemals ist in unserer Presse ein US-amerikanischer oder anderer ausländischer Sportler beschimpft oder verleumdet worden. Oftmals habe ich eine Volleyballmannschaft, ein Boxteam oder eine Baseballmannschaft der Vereinigten Staaten begrüßt, die in dem Sportkomplex Ciudad Deportiva oder anderen Einrichtungen angetreten sind, und ich habe sogar hervorragende Sportler, die diese Staatsbürgerschaft besitzen, beglückwünscht.

In unser Land kann jeder Sportler, welcher Nationalität er auch sei, kommen und sich ruhig und sicher fühlen, ohne daß ihn etwas beunruhigt, ohne daß so widerliche Dinge geschehen wie bei jenem Spiel, das den Ruhm der unzähligen Jahre mit ununterbrochenen Siegen in einer Sportart entscheiden sollte, die die Bevölkerung am meisten charakterisiert und erregt - denn es handelt sich nicht nur um einen Nationalsport, sondern er ist gleichzeitig sechs Monate lang Erholung und Unterhaltung für unsere Bevölkerung - ich beziehe mich auf den Baseball und hier auf das entscheidende Spiel zwischen Kuba und Kanada bei den letzten Panamerikanischen Spielen, die eben in Winnipeg zu Ende gegangen sind, als es zum 25. Out kam. Und ihr alle wißt, daß im letzten Inning eines Spieles, das 5 : 1 für eine Mannschaft steht, die eine überaus hohe Moral zeigt und deren Pitcher dominiert, das Spiel auf seinem Höhepunkt, seinem günstigsten psychologischen Moment angelangt ist, denn wenn es zum 25. Out kommt, gibt es für den Gegener nicht die geringste Chance mehr. Es folgen unverzüglich die Outs 26 und 27 und danach die Ansage: "Das Spiel ist zu Ende!", was unsere Sportreporter sogar bereits einige Sekunden vorher verkünden, bevor der Ball durch einen leichten Rolling oder einen hohen Fly in die Hände des Shortstop, des Spielers in der second Base oder des Fielders fällt: "Ein hoher Fly, er erwartet ihn. Das Spiel geht zu Ende!" So sicher ist er. Doch ich habe keinen Fly gesehen, der zum 27. Out geführt hätte. Was war dort geschehen? Eine unverschämte, geplante, bewußte und geduldete Provokation, ausgerechnet in diesem Moment, die dem Pitcher, dem Catcher und anderen Schlüsselfiguren echt abträglich war.

Am Bildschirm konnten wir das Geschehen nicht verfolgen, denn der übertragende Fernsehsender des Gastgeberlandes hat nicht ein einziges Bild von dem gebracht, was dort geschah. Unsere Sender konnten nur jene Übertragung bringen, abgesehen davon, daß unsere Reporter mit ihren Kameras dort filmten. Jener Zwischenfall erschien nicht auf den Bildschirmen. Wir wußten nicht, wann der Provokateur das Spielfeld betreten hatte, noch bis zu welchem Punkt er vorgedrungen war, noch was eigentlich geschehen war. Wir bemerkten nur, daß das Spiel unterbrochen wurde und daß unsere dort anwesenden Reporter weitersprachen, doch es war nichts zu sehen. Erst danach konnte das Volk in Kuba dank unserer eigenen Fernsehkameras, mit denen die Ereignisse gefilmt worden waren, erfahren, was alles dort passiert war. Es war eine Provokation für die gesamte Mannschaft, hat sie vom Spiel abgelenkt, ihre Konzentration geschwächt. Der Catcher, der eine so wichtige Rolle spielt, mußte dort die Ehre seines Landes und seiner Fahne gegen jene plumpe Provokation verteidigen, auch der Mann an der second Base, der andere, alle. Der Pitcher, der für die Outs 26 und 27 werfen wollte, mußte 20 Minuten oder noch länger warten, was weiß ich, wie lange das Ganze gedauert hat. Die Schiedsrichter waren nahe daran, unter dem starken Druck des Managers der kanadischen Mannschaft unsere Mannschaft zu disqualifizieren, ihr den Sieg zu entreißen, während das Publikum, in dem mehrheitlich würdige Kanadier saßen, die gemeine Provokation ablehnte und uns recht gab.

So kam es, daß dann ein Typ in jenem Spiel, das entscheidend war, zur Base gelangte. Verloren wir, so konnten wir den ersten Platz und auch die Teilnahme in Sydney vergessen. Eine Niederlage im vorletzten war schlimmer als eine im letzten Spiel, in deren Folge wir nicht die Fahrkarte zur Olympiade einbüßten, obwohl wir, hätten wir das letzte Spiel verloren, auch nie darüber hinweggekommen wären. (Beifall)

Der Pitcher, der bis dahin Ausgezeichnetes geleistet hatte, mußte ausgewechselt werden. Das brachte zum Schluß noch mehr Ruhm ein, denn trotz dieser Auswechselung kamen die Outs 26 und 27, wir konnten sogar einige zusätzliche Outs verschenken, kamen auf 29, und sie erreichten nicht einmal die second Base, geschweige denn Home. Wir wissen es, wir wissen es recht gut.

So etwas kann in unserem Land nie passieren. In vierzig Jahren Existenz unseres Sports gibt es keinen einzigen Vergleichsfall. Die Achtung vor dem Sportler, die höchste Rücksichtnahme auf den Sportler, auf seine körperliche und moralische Unversehrtheit, die wesentlicher Bestandteil unserer besten Sporttraditionen ist, sagt viel aus über unser Land, über unser Volk, das fähig ist, mutig gegen jede Ungerechtigkeit oder Aggression unseren Sportrechten gegenüber vorzugehen und das fähig ist, dem Verdienst eines Sportlers der Gegenmannschaft Bewunderung zu zollen und Beifall zu spenden; das fähig ist, einem Sportler, der bei uns zu Gast weilt, die allerhöchste Achtung entgegenzubringen.

Kuba hat eine echte und gesunde Sportkultur entwickelt. Es ist nicht leicht, ein anderes Volk zu finden, das einen solchen Stand erreicht hätte, besonders dort, wo der Sport prostituiert und vermarktet wurde und seiner Rolle als Instrument der Volksgesundheit und des Wohlbefindens des Volkes absolut keine Bedeutung beigemessen wird.

Wie ihr wißt, kennt sich unser Volk, was den Sport anbelangt, in allem aus. Die Debattenklubs der Sportfans sind ein Beweis dafür, denn hier diskutieren die Strategen der verschiedensten Sportarten wie Baseball, Boxen, Volleyball und allen, die es nur geben kann. Das ist eine Realität, die wir alle kennen; das Ergebnis einer hohen Sportkultur und starken Sportleidenschaft. Die Fans kennen die Regeln besser als wir selbst.

Im Verlaufe dieser vierzig Jahre haben unsere Sportler wunderschöne Seiten der materiellen Uneigennützigkeit geschrieben, haben bescheiden und einfach gelebt und der Zuneigung und Bewunderung ihres Volkes den höchsten Stellenwert eingeräumt. Aufgrund ihrer Verdienste, ihrer Werte, ihrer Dienste, die sie unserem Land erweisen; der Freude, die sie ihm bescheren; der Ruhmestaten, die sie vollbringen, haben wir eine Politik der stärkeren Betreuung des Sports und insbesondere der Sportler erwogen und sind bereits dabei, sie umzusetzen.

Mir kam es einmal in den Sinn zu fragen, wie hoch unsere Einnahmen aus den Baseballstadien sind. Ihr wißt natürlich recht gut, daß der Eintrittsbetrag ein rein formeller ist. Ein Peso - Hector, du wirst es wissen -; wenn dieser in einer unserer Wechselstuben umgetauscht wird, dann erhält man dafür fünf Cents. Ich hatte nach der Höhe der Pesoeinnahmen gefragt und begriff, daß der über das Eintrittsgeld erzielte Nettobetrag - ich dachte, vielleicht könnten wir den Preis etwas anheben, um 20 oder 50 Centavos, das heißt, daß er diesem Kurs gemäß auf 7,5 Cents käme - nicht ausreicht, um das Leben unserer Aktiven dieses Sports, an dem sie systematisch in der nationalen Liga beteiligt sind, so zu verbessern, wie sie es verdienen.

Und natürlich wird bei uns kein Unterschied gemacht. Verbessern wir das Leben der Sportler einer Sportart, so müssen wir das aller anderen auch verbessern, denn das ist der Gerechtigkeitssinn, der in unserem Land zu herrschen hat. Allen, den Läufern, den Springern, den Pfeil-und-Bogen-Schützen, den individuellen und kollektiven Teilnehmern einer jeden Sportart, abgesehen von ihrer Popularität und Verbreitung, denn alle Sportler opfern sich auf, trainieren hart und geben ihr Bestes für das Land. Was das Land zur Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen der Sportler tun kann, die es repräsentieren, wird stets für alle Sportarten ohne Unterschied gleich sein. Doch wir sind der Meinung - und wir sind uns dessen sehr bewußt und werden uns immer mehr bewußt -, daß der Staat mehr für seine Sportler tun muß; und wir sind bereits dabei, diese Politik umzusetzen.

Ich habe einige Beweggründe angeführt, doch andere, vielleicht noch überzeugendere, wurden noch nicht genannt.

Im Verlauf von 40 Jahren wurden in unserem Land mehr als 50 000 Techniker und Lehrer für Körperkultur und Sport ausgebildet, und heute sind aktiv in diesem Bereich 32 514 Techniker und Fachkräfte tätig. Kein Land besitzt eine so hohe Anzahl, wobei sich die Zahlen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung - in Kuba sind es 2932 Techniker und Fachkräfte pro einer Million Einwohner - nicht einmal annähern. Hinsichtlich des Pro-Kopf-Anteils von Technikern, Ausbildern, Sportlehrern und anderen Fachkräften für Körperkultur und Sport stehen wir mit einer Relation von einem pro 341 Einwohner weltweit mit Abstand an der Spitze. Man müßte sehen, wenn jemand nachforscht, wer den zweiten Platz bei diesem olympischen Wettbewerb besetzt, und man müßte sich dabei die genauen Zahlen vergegenwärtigen. Ich glaube nicht, daß die Vereinigten Staaten einer Anzahl von 800 630 Fachkräften in diesem Bereich nahekommen, die für einen Vergleich mit Kuba erforderlich wären.

In den sehr reichen Ländern wird es sogar Privattrainer geben, die reiche Individuen trainieren oder fithalten. Für arme Leute werden diese selbstverständlich nie verfügbar sein.

Von unseren 32 514 Technikern und Fachkräften sind die übergroße Mehrheit junge Menschen mit Hochschulabschluß, die studiert und ihr Diplom an der Hochschule für Körperkultur erhalten haben. In allen Ecken des Landes sind sie für alle Bürger, beginnend mit der Grundschule, tätig.

Kuba besitzt - wie ihr wißt - ein außergewöhnliches System der Schulwettkämpfe, das in einem großen Landeswettkampf gipfelt, der eine unerschöpfliche Quelle für den hochqualifizierten sportlichen Nachwuchs darstellt. Mir ist kein anderes Land mit einem ähnlichen integralen System bekannt. Wir haben Sportförderungsschulen in allen Provinzen, in denen der Unterricht mit intensiver Sportausbildung in den verschiedensten Disziplinen kombiniert ist, sowie Zentren der Mittel- und Oberstufe mit jungen Leistungssportlern, die den Allgemeinheitsgrad von Körperkultur und Sport unter Kindern und Jugendlichen vervollständigen und zur Aufstellung von Juniorenmannschaften und Landesauswahlteams beitragen, deren Qualität bei internationalen Wettkämpfen gemessen wird. Es gibt Aktivitäten auf diesem Gebiet, die durch ihre Anmut zugleich Sport und ausgesprochene Kunst sind.

Die Sportlerausbildung in unserem Land ist absolut unentgeltlich und trägt Massencharakter, denn weder für die allgemeine Grundausbildung, noch für Körperkultur und Sportausbildung werden Kosten veranschlagt. Das ist für den Charakter unserer Kinder und Jugendlichen von großem Vorteil. Der Sport verlangt Disziplin und diszipliniert das Kind und den Jugendlichen stark; lehrt es Härte, Beständigkeit, Beharrlichkeit und Mut; beeinflußt seinen Charakter, trägt zu seiner Gesunderhaltung und seiner körperlichen und geistigen Entwicklung bei.

In unserem Land kann in bestimmten Disziplinen für einen Sportler, der sich besonders auszeichnet, ein persönlicher Trainer eingesetzt werden. Stellt euch vor, wieviel in den Vereinigten Staaten oder einem anderen Industrieland ein Lehrer kosten würde, der sich der Ausbildung nur eines hervorragenden Sportlers widmet; wieviel würde er diesen Sportler oder seine Angehörigen oder irgendeinen jungen Menschen kosten, der gut Tennis spielen möchte, gute Leistungen im Turnen, dem Hoch- oder Weitsprung, im Fechten, Gewichtheben oder anderen individuellen Sportarten bringen möchte, die ein konstantes Fachtraining erfordern. Mit Sicherheit betrügen diese Kosten nicht weniger als 50 000 Dollar pro Jahr.

Will man die Dollarrechnung aufstellen, was in diesen Ländern die Arbeit unserer 32 514 Techniker und Ausbilder für Körperkultur und Sport kosten würde, müßte man einen Computer zuhilfe nehmen, um die reale Kostensumme dieser Leistung in einem reichen Land zu ermitteln. Das ist ein weiterer moralischer Beweggrund auf der Habenseite unseres Landes, wenn man die Leistungen Kubas bewertet, das doch über kein weiteres Mittel als den Willen, die Opferbereitschaft und das Talent seiner Söhne verfügte.

Mehr noch, wir haben Trainer nicht nur für unsere, sondern auch für Sportler anderer Länder zur Verfügung gestellt. Auf der Grundlage von Berechnungen - und in diesem Fall hatte ich nicht die erforderlichen genauen Angaben -, wobei ich mich lediglich auf generelle Einschätzungen und die Anzahl der kubanischen Trainer, die in anderen Ländern kooperieren, stützte, könnten wir behaupten, daß kein anderes Land Kuba in der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Entwicklung des Sports in der Dritten Welt übertrifft. In diesem Jahr beispielsweise unterstützten allein im ersten Halbjahr Hunderte von Technikern die Vorbereitung vieler Sportler für die Panamerikanischen Spiele von Winnipeg, bei denen wir selbst antreten sollten. Während der genannten sechs Monate leisteten insgesamt 733 kubanische Fachkräfte ihre Unterstützung in 42 Ländern der Karibik, Mittel- und Südamerikas und in Ländern anderer Kontinente. Von den 42 Ländern gehören 39 zur Dritten Welt, und in nur drei Industrieländern befand sich eine Gruppe kubanischen Fachpersonals. Mehr als 600 dieser Fachkräfte waren im Bereich unserer Hemisphäre eingesetzt und arbeiteten mit Sportlern, die mit uns in Winnipeg in Wettkampf traten.

Ihr konntet miterleben, wie sogar - und Sagarra weiß das recht gut - Sarbelio, einer unserer besten Trainer, der dort sehr ehrenhaft und mit starkem Ehrgefühl seiner Pflicht nachkam, uns im Boxen in ehrlichem Kampf zwei Goldmedaillen wegschnappte.

Diese beiden Argentinier - es muß gesagt werden, daß es zwei gute Sportler sind - ließen im Halbfinale zwei der unseren ausscheiden und gewannen ihre Kämpfe im Finale. Ihr Trainer ist einer der meistgeschätzten, prestigevollsten und erfahrensten kubanischen Techniker. So haben unsere Fachkräfte zu handeln, die in anderen Ländern kooperieren.

Bei den letzten Mittelamerikanischen und Karibischen Spielen, einem Sportereignis, bei dem Kuba eine klare Spitzenposition innehat, wurden voriges Jahr in Venezuela 17 Goldmedaillen von Sportlern erzielt, die von kubanischen Ausbildern vorbereitet worden waren. An den Panamerikanischen Spielen in Winnipeg waren 45 kubanische Fachkräfte mit Sportlern anderer Länder beteiligt, die insgesamt 26 Medaillen, davon 8 Goldmedaillen und zahlreiche hervorragende Plätze erzielten, und dies bei diesen umstrittenen Wettkämpfen, an denen die Vereinigten Staaten, Kuba und Kanada mit starken Teams vertreten waren. Wenn lateinamerikanische, mittelamerikanische, karibische oder Sportler der Dritten Welt vor uns die Medaillen gewinnen, dann müssen wir uns darüber freuen, denn das ist ein Beweis der Würde, des Ehrgefühls, der Ernsthaftigkeit und der Ehrenhaftigkeit unseres Fachpersonals. Wir könnten uns fragen, wieviele Fachkräfte zwei unendlich weitentwickelte und reiche Länder wie die Vereinigten Staaten und Kanada in diese Länder entsandt haben, um Sportler vorzubereiten, die gegen ihre eigenen antreten sollten, und wieviel hätte jene Kooperation diese Länder gekostet.

Auf dem Gebiet des Sports gibt es viele Dinge, die unserem Land zur Ehre gereichen. Vor ein paar Minuten fragte ich Erick, wann er mit dem Kunstturnen begonnen hatte, und er sagte mir : "Als ich in die Schule kam, mit sechs Jahren." Nur ein junger Mensch, der mit sechs Jahren Sport zu treiben beginnt, kann fünf Goldmedaillen gewinnen, wie er sie gewann; obwohl er gar nicht antreten wollte, da er wieder mit der Lymphangitis zu kämpfen hatte, die geheilt schien, als er die Reise zu den Spielen antrat. Als ich ihn fragte, wie er damit fertig geworden sei, antwortete er mir, er sei erneut mit Antibiotika behandelt worden und sein Zustand habe sich gebessert. Fast bis zuletzt glaubte er, nicht am Wettkampf teilnehmen zu können, daß er lediglich dort sein werde, um den Kameraden Mut zu machen.

Seht einmal, wie anständig dieser Sportler ist. Ich hatte gehört - die Wettkampfübungen habe ich nicht gesehen - daß der Kanada vertretende georgische Kunstturner begünstigt worden war, und einige meinten, daß er begünstigt worden war, und so frage ich Erick: "Erick, wie war dieser Wettkampf? War er sauber?" Er sagt: "Ja, er war sauber." Er hat am Barren gesiegt und hatte, wenn vielleicht auch nicht mit so vielen Punkten wie die, die er erhielt, einen Vorsprung, doch er hat diese Medaille sauber gewonnen. Das ist ein echtes Beispiel eines anständigen Sportlers. Ich war meine Zweifel los und ich habe mich gefreut. Ich hätte es gern gesehen, wenn er die sechs Goldmedaillen gewonnen hätte. Mit fünfmal Gold und einer Silbermedaille hat er die meisten Goldmedaillen dieser Spiele gewonnen.

Dieses Jahr wird Kuba möglicherweise erneut eine Anzahl von über 1000 im Ausland kooperierenden Sportfachkräften verbuchen können, wie es schon 1998 der Fall war. Viele Länder bereiten sich auf die Olympiade vor.

Die Beispiele, die ich nannte, im Zusammenhang mit der Arbeit unserer Sportausbilder, geben diesen ein starkes Prestige. Dazu ergänzend will ich sagen, daß in nur sieben Jahren, von 1992 bis 1999, mehr als 5000 kubanische Techniker und Fachkräfte in Aberdutzenden der sogenannten Entwicklungsländer ihren Dienst leisteten und die Entwicklung des Sports unterstützten. Ich weiß nicht, ob irgendein anderes Land dasselbe von sich sagen kann. Unser Fachpersonal hat weltweit zur Entwicklung des Sports beigetragen, und zwar gerade dort, wo die Völker nicht über die wirtschaftlichen Ressourcen verfügen, und ausgenommen einige ganz außergewöhnliche Fälle, war es im wesentlichen in Ländern der Dritten Welt eingesetzt.

Und welche waren nun in unserem eigenen Land die sportlichen Ergebnisse der Anstrengungen dieser Jahre? Ich habe hier ein Blatt, nur ein Blatt, mit Angaben zu den Olympischen Spielen, das zentrale Thema, über das ich argumentiere, und der Gegenstand unseres Antrages.

Also:

In diesem Jahrhundert, das nächstes Jahr zu Ende geht - von 1900 bis zum Jahr 2000 -, haben nur drei Olympiaden nicht stattgefunden: eine nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges, und zwar die von 1916, und zwei während des Zweiten Weltkrieges, 1940 und 1944. Beide Male fanden sie zwei oder drei Jahre nach dem Krieg wieder statt. Mit der nächsten Olympiade in Sidney sind es 23 Austragungsorte, die im Verlauf von 100 Jahren vergeben wurden. Frankreich erhielt ihn zweimal: in den Jahren 1900 und 1924; die Vereinigten Staaten viermal: 1904, 1932, 1984 und 1996; England zweimal: 1908 und 1948; Schweden 1912; Belgien 1920; Holland 1928; Deutschland zweimal: 1936 und 1972; Finnland 1952; Australien zweimal: 1956 und 2000; Italien 1960; Japan 1964; Mexiko 1968, Kanada 1976; die Sowjetunion 1980; Südkorea 1988; Spanien 1992.

Wie man sehen kann, wurden in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts im Zuge der Vermarktung des Sports und der Abkehr vom Amateursport in einem Zeitraum von nur zwölf Jahren, zwischen 1984 und 1996, der Austragungsort der Olympischen Spiele zweimal, fast nacheinander, an die Vereinigten Staaten vergeben.

Ihr wißt, wie es bei diesen Wettkämpfen zugeht. Finden sie in Tokio statt, muß das Programm mit der Uhrzeit der Vereinigten Staaten abgestimmt werden, um höhere Einnahmen durch die Werbung abzusichern. Bei den attraktiveren Wettkämpfen überwiegt stets die Uhrzeit, die für das US-amerikanische Publikum am günstigsten ist, ganz egal um welchen Austragungsort es sich handelt. Bei uns bestünde natürlich dieses Problem nicht, denn wir haben mehr oder weniger die gleiche Zeit.

Gesamtzahl: 23 Olympiaden in diesem Jahrhundert, einschließlich der des Jahres 1900. Nun gut, 13 dieser 23 Olympiaden hatten ihren Austragungsort in Europa - d.h. 56,5 % der Olympiaden; 5 fanden in den Vereinigten Staaten und Kanada statt, also 21,7 %; 4 in den am weitesten entwickelten und reichsten Ländern Asiens und Ozeaniens; 2 - einschließlich der nächstes Jahr stattfindenden - in Australien; eine in Japan und eine in Südkorea, 17,3 %; und eine dieser 23 in einem Land Lateinamerikas, einem der reichsten und wirtschaftlich und industriell am weitesten entwickelten Länder unserer Region: die Olympiade von 1968 in Mexiko, was 4,3 % der Austragungsorte ausmacht. Darüber freuten wir uns sehr, und das nicht nur aufgrund seiner Eigenschaft als iberoamerikanisches Land, sondern auch aufgrund seiner traditionellen Politik der Freundschaft zu Kuba gegenüber einer allgemeinen Feindseligkeit gegen unser Land, die die Vereinigten Staaten von der Südgrenze Mexikos bis nach Patagonien überall schüren konnten.

Insgesamt fallen auf Europa, die Vereinigten Staaten und Kanada 78,2 % der Austragungsorte der Olympiaden unseres Jahrhunderts. Fügt man hier noch die der reichsten Länder Asiens hinzu, dann sind es 95,6 % der vergebenen Austragungsorte. Der kleine verbleibende Rest fällt auf das erwähnte lateinamerikanische Land. Hieran ist zu sehen, wieviel "Gerechtigkeit" es auf dieser Welt gegeben hat.

Die Kehrseite der Medaille: Die Karibik, Mittelamerika und Südamerika mit insgesamt 403,7 Millionen Einwohnern - laut offiziellen Angaben des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen vom Dezember 1998 - sind niemals Austragungsort einer Olympiade gewesen. Afrika mit 778,5 Millionen Einwohnern ist niemals Austragungsort einer Olympiade gewesen; China mit 1,255 Milliarden Einwohnern ist niemals Austragungsort einer Olympiade gewesen. Eine Gruppe asiatischer Länder, die Kolonien waren und heute nach sozioökonomischer

Entwicklung streben und dafür kämpfen, deren Gesamteinwohnerzahl 3,398 Milliarden beträgt, sind niemals Austragungsort einer Olympiade gewesen.

Mit Ausnahme Mexikos, das, wenngleich es in der Weltwirtschaft den fünfzehnten Platz einnimmt, aufgrund seiner großen Bevölkerungszahl geringere Pro-Kopf-Einkommen zu verzeichnen hat, sind 16 der reichsten Länder der Welt mit insgesamt 1,0737 Milliarden Einwohnern Austragungsorte von hundert Prozent der 23 Olympischen Spiele dieses Jahrhunderts gewesen. Auf die gesamte Dritte Welt mit 4,718 Milliarden Einwohnern, also dem 4,4fachen jener 16, entfallen null Prozent der Austragungsorte dieser Spiele. Keinem dieser Länder ist jemals dieses Recht zugebilligt worden.

Vertiefen wir dieses Thema und betrachten es von einem anderen Blickwinkel aus, so sehen wir, daß nur den reichsten und am weitesten entwickelten Ländern, die alle Mitglied der OECD sind, der Institution, die die reichsten und entwicklungsstärksten Länder der Welt zusammenfaßt, im Verlaufe des Jahrhunderts das Privileg des Austragungsortes der Olympischen Spiele zukam. Eine Ausnahme bildet die Sowjetunion, die zwar nicht zur OECD gehörte, doch als 1980 Moskau der Austragungsort einer Olympiade war, war das Land eine industrialisierte Macht und unendlich reich.

Fünf der reichsten Länder der OECD: die Vereinigten Staaten, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Australien mit einer Gesamteinwohnerzahl von 491,5 Millionen, was 8,3 % der Weltbevölkerung entspricht, waren Austragungsort von 12 Olympischen Spielen, also 52,2 % der 23 durchgeführten Spiele.

Unter diesen reichen OECD-Ländern waren es die G-7-Staaten, die die reichsten von allen sind und fast 70% des weltweiten Bruttosozialprodukts erreichen, die bei der Vergabe des Austragungsortes der Olympischen Spiele besonders privilegiert wurden. In fortschreitender Reihenfolge erinnern wir daran, daß sie an Italien einmal vergeben wurden, an Japan einmal, an Kanada einmal, an Frankreich zweimal, an England zweimal, an Deutschland zweimal und an die Vereinigten Staaten viermal, so daß diese Gruppe von nur sieben der reichsten Länder Europas, Nordamerikas und Asiens dreizehnmal den Austragungsort der Spiele zugesprochen bekamen.

Wer entscheidet über die Vergabe des Austragungsortes von Olympischen Spielen? Das Internationale Olympische Komitee (IOC). Sind alle Länder Mitglieder des IOC? Nein! Kein Land ist Mitglied des IOC.

Das IOC nominiert in Gegenwart der Nationalen Olympischen Komitees, gemäß seinen Kriterien und seinem absolut freien Ermessen, eine Anzahl von Personen, die es repräsentieren und die sich gegenwärtig auf 104 beläuft. Das sind diejenigen, die Sitz und Stimme im IOC erhalten, und zwar ab dem Moment, in dem sie bestimmt werden und diesem Komitee beitreten. Sie repräsentieren im IOC weder die Nationalen Olympischen Komitees noch ihre Herkunftsländer, sondern sie repräsentieren das IOC in ihrem Herkunftsland und gegenüber dem Nationalen Olympischen Komitee. Es gibt nicht in allen Ländern IOC-Vertreter. Im Gegenteil, die Mehrheit der Länder haben keine IOC-Vertreter. Es gibt auf der anderen Seite nicht wenige Fälle von Ländern, die über zwei oder mehr IOC-Vertreter verfügen. Natürlich sind das die Länder, die am meisten Einfluß auf die Entscheidungen dieser Institution haben. Diejenigen zum Beispiel, die Olympische Spiele ausgetragen haben, verfügen mindestens über zwei und manchmal über drei IOC-Vertreter, die als Vollmitglieder dieses Gremiums an den grundsätzlichen Entscheidungen beteiligt sind.

Wir haben bereits über die außergewöhnlichen Privilegien gesprochen, die die entwickeltsten und reichsten Länder in der Internationalen Olympischen Bewegung genießen. Die große Mehrheit der restlichen Länder verfügen weder über einen IOC-Vertreter noch haben sie die Möglichkeit, gegenüber dem IOC ihre Kriterien und Ansichten vorzutragen oder ihre Interessen auszudrücken mittels eines solchen Vertreters, der in der Regel ein angesehener Bürger ist, der mit dem Sport verbunden ist oder ein Liebhaber desjenigen Sports ist, der in dem Land ausgeübt wird, in dem er seine Repräsentationsaufgaben wahrnimmt.

Die Länder, die innerhalb des IOC das größte Gewicht haben, koordinieren ihrerseits Positionen und erarbeiten gemeinsame Politikansätze.

Das momentane Bild sieht wie folgt aus: Es gibt 200 Nationale Olympische Komitees und nur 79 davon haben Vertreter, die auch IOC-Mitglieder sind. 21 von ihnen sind zweifach oder dreifach in diesem Komitee vertreten, das heißt, daß sie dort über eine größere Anzahl von Stimmberechtigten verfügen. Die anderen 58 haben einen einzigen Repräsentanten, der in Wirklichkeit das IOC in dem Land und das Land im IOC vertritt. 121 Länder haben keinen IOC-Vertreter. Von den 42 Ländern mit Nationalen Olympischen Komitees in unserer Hemisphäre verfügen 22 über keinen IOC-Vertreter. Selbstverständlich haben die Vereinigten Staaten drei - wenn man Puerto Rico miteinbezieht, ein besetztes Territorium und ihre Kolonie, das einen IOC-Vertreter hat - und Kanada zwei IOC-Vertreter.

Von den 53 Staaten Afrikas verfügen 40 über keinen Vertreter im Internationalen Olympischen Komitee.

Von den 57 Staaten Asiens und Ozeaniens haben 36 keine Vertretung im Internationalen Olympischen Komitee.

Wie man leicht erraten kann, stellt Europa mit seinen 48 Staaten 47 IOC-Vertreter, und zwar besonders aufgrund der Tatsache, daß viele europäische Länder zwei oder mehr IOC-Vertreter haben, womit sie einen Anteil von 45,2 % unter den 104 IOC-Mitgliedern mit Stimmrecht erreichen.

Drei kleine europäische Staaten, nämlich Luxemburg mit 417 000 Einwohnern und 2586 Quadratkilometern Fläche, Monaco mit 32 000 Einwohnern und 1,81 Quadratkilometern Fläche und Liechtenstein mit 31 300 Einwohnern und 157 Quadratkilometern Fläche, stellen jeder von ihnen einen IOC-Vertreter, ohne daß irgendjemand jemals ein einziges Wort über die Ergebnisse ihrer Sportler bei Olympischen Spielen gehört hätte. Ich hätte nichtsdestotrotz keinerlei Einwand dagegen und hielte es für sehr gerecht, wenn genauso wie bei den Vereinten Nationen eine solche Teilnahme allen unabhängigen Staaten, seien sie groß oder klein, gewährt würde.

Währenddessen verfügen in Afrika Länder wie Äthiopien, mit seinen großen Langstreckenläufern, Tansania und Madagaskar, die zusammen 110 600 000 Einwohner und 2 630 000 Quadratkilometer Fläche aufweisen, was dem 230fachen der Gesamtbevölkerung der erwähnten kleinen europäischen Staaten und dem 958fachen von deren Fläche entspricht, trotzdem über keinen IOC-Vertreter, der in ihrem Namen im Olympischen Komitee spricht.

In Südamerika haben Bolivien, Ecuador und Paraguay mit 25,4 Millionen Einwohnern und einer Fläche von 1 788 894 Quadratkilometern keinen einzigen IOC-Vertreter in keinem der drei Länder.

In Asien stellen weder Iran, Bangladesh noch Vietnam mit zusammen 275 Millionen Einwohnern und einer Gesamtfläche von 2 124 998 Quadratkilometern einen IOC-Vertreter.

In der Europäischen Union fehlt keinem der Mitgliedsstaaten eine Vertretung im IOC, da Dänemark, Finnland, Irland, Portugal und Luxemburg je einen, Großbritannien, Schweden, Spanien, Griechenland, Deutschland, Österreich, Belgien und Frankreich zwei, die Niederlande drei und Italien vier IOC-Vertreter stellen. Zusammen kommen sie auf 28 IOC-Vertreter und sie waren der Austragungsort von 13 Olympischen Spielen.

Während das gesamte Europa mit seinem 48 Staaten über 47 IOC-Vertreter verfügt, stellen die 39 Staaten der karibischen sowie der mittel- und südamerikanischen Region 13, die 53 Staaten Afrikas ebenfalls 13 und die 57 Staaten Asiens und Ozeaniens 24 IOC-Vertreter. Die 29 OECD-Staaten plus Rußland verfügen im IOC über 64 Stimmen, während die 149 Länder der Dritten Welt nur auf 40 Stimmen kommen. Die Gesamtheit der EU-Staaten und der Rest Europas verfügen im IOC über eine überwältigende Schlagkraft. Ohne sie kann man nur schwierig eine Entscheidung treffen, nicht nur wegen der Anzahl der Stimmen in diesem Komitee, sondern auch aufgrund ihres enormen politischen und wirtschaftlichen Gewichts. Dazu kommen die Schlagkraft und der Einfluß der USA, Kanadas, Japans und Australiens im IOC. Auf was kann der Rest der Welt zählen?

So ist also nicht nur die Welt der Reichtümer aufgeteilt, sondern auch die Welt des Sports, Symbol des Friedens und der Freundschaft zwischen den Völkern, dessen Genuß unschwer allen Nationen zugänglich gemacht werden könnte, da es sich nicht um eine natürliche Ressource oder einen materiellen Reichtum handelt, sondern um ein menschliches, kulturelles und gesellschaftliches Gut.

Da dieser elementare Sinn für Gleichheit und Gerechtigkeit nicht existiert, ist das zu erklären, was mit den Olympischen Spielen geschehen ist, die in diesem Jahrhundert stattgefunden haben. Es handelt sich um ein lästiges historisches Erbe.

Die Beziehungen Kubas zum Internationalen Olympischen Komitee sind normal. Es gibt hier einen Vertreter von ihnen. Ich besuchte den Hauptsitz dieser Institution in Lausanne und ein exzellentes olympisches Museum und wurde während der ganzen Zeit vom IOC-Präsidenten mit Herzlichkeit betreut. Wir unterstützten ihn zu Anfang des Jahres ohne Zögern in seinem Kampf gegen etwas, das unserer Meinung nach eine vom US-Senat gegen ihn geführte offene und schmutzige Verschwörung darstellte. Sie bestellten ihn dorthin, um ihn in einer vom Komitee für Handel und Transport des US-Senats angestrengten Anhörung einer Untersuchung zu unterziehen, ohne daß sie das Recht gehabt hätten, dies zu tun, weshalb er sich mit gerechter Empörung weigerte, der Aufforderung Folge zu leisten. Hinter alldem stand - mit dem Vorwand des Korruptionsskandals, zu dem es bei der Vergabe der Winterspiele des Jahres 2002 in Salt Lake City kam - das Ziel, die Kontrolle über das IOC zu erlangen, seinen Sitz von Lausanne in die USA zu verlagern und sich des sagenhaften Geschäfts mit der Vermarktung der Olympischen Spiele zu bemächtigen.

Es ist schwierig vorauszusagen, wann und wie die momentane Situation sich ändert. Wieviel könnte die olympische Bewegung für die Menschheit tun, wenn alle zu ihren außergewöhnlichen Möglichkeiten und zu den Vorrechten und Privilegien Zugang hätten, die einige wenige genießen!

Welche Rolle spielte Kuba bei den Olympischen Spielen? Was hat es gemacht? Was waren die Früchte unserer Anstrengung zugunsten eines gesunden und sauberen Sports? Ausgehend von 1972, als wir den 14. Rang unter 122 Ländern erreichten, belegten wir bei den darauffolgenden Olympischen Spielen, an denen wir teilnahmen, die hier aufgeführten Ränge: 1976 in Montreal, Kanada - Juantorena erinnert sich sehr gut daran und wir auch -, mit der Beteiligung von 88 Ländern, den achten Rang; 1980 in Moskau, bei einer Beteiligung von 81 Ländern, den vierten Rang; 1992 in Spanien, mit der Beteiligung von 169 Nationen, den fünften Rang, und 1996 in Atlanta, mit 197 teilnehmenden Nationen, den achten Rang. Könnte irgendjemand diese Angaben bestreiten?

Man muß noch etwas hinzufügen. Bei den erwähnten letzten Olympiaden mit den erreichten Rängen (8, 4, 5 und wiederum 8) war Kuba das Land mit der höchsten Pro-Kopf-Anzahl an Goldmedaillen in bezug auf die Bevölkerung unter allen teilnehmenden Nationen.

Bei diesen Panamerikanischen Spielen, bei denen wir mit großen Sportmächten die Kräfte maßen, belegten die Vereinigten Staaten, ein superreiches und supermächtiges Land mit Sportlern, die mit Klimaanlage reisten, in luxuriösen Hotels mit vielen Klimaanlagen statt in den Unterkünften in der Luftwaffenbasis wohnten und die Lebensmittel, Trinkwasser und Erfrischungsgetränke mitbrachten, den ersten Rang aufgrund der Gesamtanzahl von 108 Titeln, die ihnen 108 Goldmedaillen verschafften, womit dieses Land mit einer Bevölkerungszahl von 275 Millionen im Durchschnitt 0,39 Goldmedaillen pro einer Million Einwohner gewann.

Kanada mit 64 Titeln und der gleichen Anzahl von Goldmedaillen gewann bei einer Zahl von 32 Millionen Einwohnern 2,11 Goldmedaillen pro einer Million Einwohner.

Kuba mit 69 anerkannten Titeln, die 69 Goldmedaillen entsprachen, was in der olympischen Tradition immer den entsprechenden Rang eines jeden Teilnehmerlandes bestimmt, und seinen 11,1 Millionen Einwohnern, errang 6,22 Goldmedaillen pro einer Million Einwohner.

Offengesagt fehlten nur 11 Hundertstel Punkte, um zu sagen, daß es die dreifache Anzahl an Goldmedaillen pro Kopf im Vergleich zu unserem mächtigen kanadischen Rivalen, der auf dem dritten Rang landete, war. Und im Vergleich zu den Vereinigten Staaten waren es 12,5mal mehr Goldmedaillen pro einer Million Einwohner. Einhundert Prozent der Sportler, die für Kuba an den Spielen teilnahmen, sind Kubaner, geboren und ausgebildet in Kuba. In den Teams der USA und Kanadas nahmen dagegen 54 ausländische Sportler an den Wettkämpfen teil, von denen einige nicht einmal die Sprache beherrschten. Man müßte nachschauen, wieviele Titel und deren entsprechende Goldmedaillen sie errangen.

Noch etwas: Kuba war das erste und einzige Land Lateinamerikas und der Karibik, das in einem regionalen Wettbewerb im Rahmen der Panamerikanischen Spiele, die 1991 in unserm Land stattfanden, den ersten Rang vor den USA erkämpfte.

Die Bevölkerung mußte keinen Pfennig bezahlen, um an den Sportveranstaltungen im Rahmen dieses Wettbewerbs teilzuhaben. Jene Panamerikanischen Spiele, die in unserem Land stattfanden, waren ein Beispiel für Organisation, Gastfreundschaft, Sportmöglichkeiten in exzellenten Anlagen, und Aufmerksamkeit bzw. Respekt gegenüber allen teilnehmenden Sportlern.

Aus diesem Grund beantragt und verlangt unser Land das Recht, der Austragungsort von Olympischen Spielen zu sein, weil unsere saubere Geschichte, unsere außergewöhnlichen Erfolge bei der Entwicklung des Sports in Kuba und die erreichten Erfolge bei internationalen Wettkämpfen, sowohl regionalen als auch olympischen, und unsere Zusammenarbeit bei der Entwicklung des Sports in der Dritten Welt Kuba und sein Volk an dieses Recht glauben lassen.

Wir fordern dies nicht nur für Kuba, sondern für alle Inseln der Karibik. Über Kuba hinaus wäre die Karibik der Austragungsort dieser Olympiade. Ich bin sicher, daß Kuba und die Karibikinseln, wenn wir beharrlich arbeiten und mit den weiteren Inseln unseres karibischen Meers kooperieren, den zweiten Rang bei jenen Olympischen Spielen erreichen könnten, ohne dabei die vielen Medaillen einzuberechnen, die Mittelamerika und der Rest Lateinamerikas, wo nie Olympische Spiele stattgefunden haben, erlangen könnten.

Wir beantragen dies, indem wir an die Völker der Dritten Welt denken, denen nie das Recht zugesprochen wurde, Austragungsort einer Olympiade zu sein. Wir fordern dieses Recht für 4,718 Milliarden Einwohner, die ignoriert und nicht anerkannt wurden, wobei man sie zunächst kolonisierte und danach dem Zustand der Neokolonie unterwarf.

Wie werden ihre sportlichen Hoffnungen aussehen mit der Professionalisierung, wenn jeder Geldbetrag für einen Sportler bezahlt wird, wenn man ihnen die Sportler auf der Grundlage von Geld und Versprechen entreißt, wenn Jugendliche aus der Dritten Welt importiert werden, um sie in den entwickelten und reichen Staaten einzubürgern, damit diese Staaten mit jenen Jugendlichen Goldmedaillen bei den Wettbewerben erringen können, oder wenn ausländische Sportler für einige Monate gemietet werden, um bei den Wettbewerben mehr Medaillen zu erzielen?

Die Vergabe des Austragungsortes von Olympischen Spielen in einem bestimmten Land muß von der zunehmend praktizierten Methode abweichen, diesen Ort zu versteigern, wobei dasjenige Land die Möglichkeit des Erhalts hat, das mehr Geld hat und mehr Dinge anbietet. Der Wettbewerb von Angeboten ist Teil der Versteigerung. Die reichsten Länder führen einen wilden Wettbewerb untereinander: "Wir steuern dies und jenes bei und machen dies und jenes", und viele dieser Versprechen werden nicht einmal eingehalten.

So ist es, es werden keine Verdienste, moralische Faktoren und historische Faktoren berücksichtigt, man berücksichtigt nicht einmal einen elementaren Sinn für Gleichheit und Gerechtigkeit, so daß man das Recht hat, sich folgendes zu fragen: Wann wird ein Land der Dritten Welt mit diesem Versteigerungssystem zum Austragungsort von Olympischen Spielen? Wann wird irgendeines der Länder, in denen 4,718 Milliarden Menschen leben, die nicht industrialisiert und reich sind und die weder zur OECD oder der G-7-Gruppe gehören, jemals die Möglichkeit haben, Austragungsort einer Olympiade zu sein?

Wir haben den Mut, hier zu sagen, daß wir ein Austragungsort sein und vorbildliche Olympische Spiele organisieren können. Dies kann nicht auf der Grundlage von Versprechen finanzieller Art geschehen. Mit der beträchtlichen Anzahl von Technikern und Fachleuten von hoher Qualität, über die Kuba verfügt - wenn das Land im Jahr 2008 oder im Jahr 2012 Austragungsort von Olympischen Spielen sein würde, hätte es möglicherweise bereits 40 000 im aktiven Dienst -, könnte es einen enormen Beitrag zur Entwicklung des Sports in der Dritten Welt leisten, den kein anderes reiches und entwickeltes Land der Welt anbieten könnte, da es sich um moralisches Kapital, um Humankapital, handelt. Vielleicht könnten dies nicht einmal alle diese Länder zusammen anbieten. Kuba kann dies leicht anbieten.

Wieviele Hotels wird unser Land im Jahr 2008 haben? Wir verfügen bereits über eine nicht unwesentliche Kapazität. In diesen letzten Jahren haben wir die Kapazität vervielfacht, über die wir seit etwa 10 Jahren verfügen, und in acht oder neun Jahren werden wir die momentanen Kapazitäten mit dem Bau von immer komfortableren und moderneren Hotels verdoppelt haben. Im Jahr 2012 werden wir sie mit Sicherheit verdreifacht haben, unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung, die wir in den nächsten Jahren in anderen Bereichen zu erreichen hoffen.

Es ist nicht leicht, eine größere Erfahrung als diejenige Kubas bei der Entwicklung des Sports zu finden. Beispiele eines Landes, das ausgehend von sehr begrenzten Ressourcen und zudem blockiert und angefeindet fähig war, diese Aktivität in einem Ausmaß voranzutreiben, das auf der ganzen Welt anerkannt wird, sind nicht leicht zu finden, und die Verdienste Kubas bei dieser heroischen Anstrengung sind nicht leicht zu übertreffen.

Bei den letzten Olympischen Spielen in Atlanta nahmen etwa 10 000 Sportler, Trainer und Hilfskräfte teil. Wenn wir mal annehmen, daß dann eine gleich hohe oder noch größere Anzahl von Personen teilnehmen werden, dann muß man sich eine Frage stellen: Wieviele Sportler und Trainer aus der Dritten Welt werden es sein? Einige entwickelte und reiche Länder werden mit einer Gesamtzahl von Sportlern teilnehmen, die sich qualifiziert haben, um in fast allen Disziplinen die Wettkämpfe zu bestreiten. Es erscheint nicht möglich, daß die Delegationen der armen Entwicklungsländer momentan das selbe tun können. Aber für uns wäre es perfekt möglich, die Sportler und das Hilfs- und Technikpersonal derjenigen Länder der Dritten Welt gratis aufzunehmen und unterzubringen, die dies benötigen, um an dieser Olympiade teilzunehmen, wobei sie in Athletendörfern mit den selben Annehmlichkeiten wohnen würden, wie sie diejenigen hatten, die uns bei den Panamerikanischen Spielen von 1991 besuchten, oder in Vier- und Fünfsternehotels, wenn sie dies wünschen. Ich spreche von den Sportlern der Dritten Welt. Die Sportler der ungeheuer reichen Länder benötigen keine kostenlose Unterbringung.

Die Verpflegung der Sportler der Dritten Welt während der Zeit der Wettbewerbe, wenn es auch drei Wochen sind, kann Kuba kostenlos anbieten. Ich spreche nicht von großen Angeboten oder ähnlichem, sondern ich spreche von gerechten und vernünftigen Dingen, die in einem wirklichen Einklang mit der Teilnahme derjenigen stehen, die dies benötigen. Unsere Verhaltensrichtlinie bestände in einer moralischen und materiellen Zusammenarbeit, die niemanden beleidigt und weder die Absicht hat, zu bestechen, noch irgendjemanden zu kaufen. Im Gegensatz zu dem, was vor kurzem bei einem wichtigen internationalen Wettbewerb geschah, der in die Hände von profitgierigen Privatunternehmen gelegt wurde, wäre es lächerlich, diese Zusammenarbeit nicht all denjenigen kostenlos anzubieten, die sie benötigen.

Wir können zum Beispiel den internen Transport für die teilnehmenden Sportler der Dritten Welt kostenlos bereitstellen.

Wir würden den Sportlern aus den Ländern der Dritten Welt und allen teilnehmenden Sportlern die schnellen und hocheffizienten medizinischen Dienste anbieten, da unser Land über eine ausgezeichnete Sportmedizin und hochrangige Fachleute in allen Bereichen des Gesundheitswesens verfügt. Für Kuba ist das etwas Leichtes und Erreichbares. Und ich wiederhole etwas, das meiner Meinung nach von großer Wichtigkeit ist: Die weitestgehende Kooperation mit Fachpersonal bei der Vorbereitung der Sportler aus Entwicklungsländern, und zwar in einem Ausmaß und auf einem Qualitätsniveau, das viele der Länder der reichen und entwickelten Welt kaum anbieten können. Dafür benötigt man den Menschen, der fähig ist, auf jedem Fleck der Erde seine Mitarbeit anzubieten. Und Kuba verfügt reichhaltig über dieses Humankapital.

Wir werden uns nicht an der Versteigerung beteiligen, weil dies unwürdig wäre. Ich spreche in Begriffen der Gerechtigkeit und der Hilfe für diejenigen, die dies am meisten benötigen und die unsere Brüder sind. Wir sprechen nicht davon, etwa die Flüge aller Teilnehmer zu bezahlen oder über ähnliche Dinge. Es gibt in dieser Hinsicht andere Arten der Zusammenarbeit. Wir haben Kongresse veranstaltet, an denen Tausende von Lehrern, Ärzten oder Jugendlichen teilgenommen haben und bei denen wir Formen ausgedacht haben, die Kosten unserer Besucher beim Transport mit unseren Fluggesellschaften zu reduzieren. Wir waren ebenfalls der Austragungsort der Weltfestspiele der Jugend. Unser Land hat bewiesen, daß es inner- und außerhalb von Kuba viele Dinge tun kann. Dies bezeugen - und viele Völker wissen davon - die 25 000 Ärzte, die für längere Zeiträume kostenlose Gesundheitsdienste in anderen Ländern geleistet haben.

Kuba ist das Land, das heutzutage Tausende von Ärzten für Mittelamerika, Haiti und den Norden von Schwarzafrika anbietet, wo die Kindersterblichkeit die höchste der Welt ist. Die reichen Länder könnten keine freiwilligen Ärzte anbieten, um dort unter den schwierigen Bedingungen zu arbeiten, wo Tausende von Ärzten dieses Brudervolkes mit Vergnügen und Entschiedenheit hingehen. In der reichen Welt sind alle so sehr an das bequeme Leben gewöhnt, daß sie für kein Geld dorthin gehen würden, wo es Moskitos, Schlangen, abgeschnittene Kommunikationen und fehlenden Strom geben kann und wo sie nur über ein kleines batteriebetriebenes Kurzwellenradio Nachrichten aus ihrem Land und von ihrer Familie erhalten können.

Wir besitzen das außerordentliche Humankapital, von dem ich euch in bezug auf viele Bereiche erzählt habe, nicht nur im Sport und in der Bildung. Wir bieten Jugendlichen aus der Dritten Welt Stipendien an, damit sie Techniker und Fachleute im Bereich des Sports werden können. Ich frage mich, ob andere das gleiche anbieten.

Deshalb kann Kuba mit einer hohen Moral und einem außergewöhnlichen Vertrauen in unser Volk, in seine Fähigkeit zur Gastfreundschaft, seine Fähigkeit zur Organisation, seine wissenschaftlichen und menschlichen Ressourcen, seinen traditionellen Geist der Gastfreundschaft und seine wunderbare Tradition des Respekts gegenüber allen Sportlern, die unser Land besuchen, mit der höchsten Qualität und Effizienz Olympische Spiele organisieren. Im Namen dieser Gründe und Argumente, die ich hier vor euch, den mutigen und glorreichen Sportlern, ausgedrückt habe, bekräftigen wir die Entscheidung nach der Erläuterung der Gründe, wegen derer wir die Weltöffentlichkeit und alle Olympischen Komitees, besonders der Länder der Dritten Welt, darum ersucht haben, das Recht Kubas auf die Austragung der Olympischen Spiele zu unterstützen.

Vaterland oder Tod!

Wir werden siegen!

(Ovation)

Montag, 9. August 1999

Ansprache an die graduierten Studenten der Medizinischen Hochschule von Havanna im Theater "Karl Marx"

Ansprache des Präsidenten des Staatsrates der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, an die graduierten Studenten der Medizinischen Hochschule von Havanna im Theater "Karl Marx", am 9. August 1999.

Eigentlich hat man mich gezwungen, hierherzukommen (Lachen). Ich hatte keine Verpflichtung gegenüber irgendjemand übernommen, und plötzlich hörte ich hier, daß ich an diesem ehrenvollen Tag usw. zu euch sprechen würde, womit ich unabänderlich verpflichtet sein war. Die Einladung zu einem Festakt anzunehmen, bedeutet nicht zwangsläufig, eine Ansprache zu halten. In der Tat habe ich in diesen Tagen mehr als eine Ansprache gehalten, wobei eine ganze Reihe von Stunden zusammengekommen sind. Auch der Presse gegenüber stehe ich in der Schuld, da ich alle diese Materialien durchsehen muß, so daß ich also nicht die Absicht hatte, hier zu sprechen.

Man sagte mir, daß heute die Studenten der Medizin, der Zahnheilkunde, der Krankenpflege und eine Gruppe von Medizintechnikern ihren akademischen Grad erwerben, einen Festakt veranstalten und mich dazu einladen würden. Ich nehme gerade deshalb viele Male nicht daran teil, weil hinter der Teilnahme immer die Aufforderung zu einer Ansprache steht. Dieses Mal wird es jedoch keine Ansprache geben, denn ich bin einfach nur hierhergekommen, um euch zu grüßen und um euch zu sagen, daß ich wirklich eine besondere Motivation hatte, in diesem Fall die Einladung anzunehmen, auch auf das Risiko hin, daß man mich wider meinen Willen an dieses Rednerpult stellen würde.

Ich bin mir sehr darüber bewußt, daß ihr ein Abschlußjahrgang seid, der seine Studien in einer äußerst schwierigen Epoche des Lebens unseres Landes absolviert hat.

Ebenso bin ich mir über den edlen Charakter und das Ziel des Studiums bewußt, das ihr gerade abgeschlossen habt, oder wenn es euch lieber ist, das ihr gerade begonnen habt, denn in der Tat ist jetzt der Moment gekommen, an dem ihr beginnt, die Medizin zu erlernen. Alles Weitere kann man sich auch aus Büchern erlernen, obwohl euer Einsatz in den Krankenhäusern selbstverständlich eine beachtenswerte Erfahrung darstellen wird.

Ich bin mir außerdem einer dritten Sache bewußt, und zwar der Tatsache, daß wir eine der glorreichsten Zeiten der kubanischen Medizin durchleben, und ich sage dies auf reiflicher Überlegung beruhend, denn ich bin absolut davon überzeugt.

Es gibt einige Aspekte, die einen zum Nachdenken veranlassen. Dotres sagte, daß im ganzen Land heute 2390 aus unseren medizinischen Schulen und Fakultäten und 200 aus den Fakultäten für Zahnmedizin kommende Studenten ihren akademischen Grad erwerben. Und dazu noch etwas mehr als 2100 diplomierte Krankenpfleger und -pflegerinnen. Das ist ein enormer Schritt nach vorn. Bei den vielen Gelegenheiten, bei denen ich mich mit Studenten getroffen habe, die ihre Studien in Medizin und Zahnheilkunde abgeschlossen haben, hatte ich niemals das Privileg, so etwas zu sehen, als Folge der Ideen, die der Entwicklung unserer medizinischen Fakultäten und unserer Ausbildung der Kader im medizinischen Bereich immer leitgebend waren. Früher erhielten nur Ärzte und Zahnärzte ihren akademischen Titel, jetzt sind es außerdem noch die Absolventen des Fachgebietes Krankenpflege, und ihre Zahl geht bereits in die Tausende, nämlich 2118. Man kann von Tausenden sprechen, denn zweitausend ist bereits der Plural und die Gruppe der verbleibenden 118 ist Teil eines weiteren Tausends; auch die ersten 18 Medizintechniker machten ihren Abschluß, etwas ist besser als gar nichts. Ein Qualitätssprung.

Die Schüler im Bereich der Krankenpflege begannen zu Anfang der Revolution nach dem Abschluß der neunten Klasse mit der Arbeit. Einige der Krankenschwestern waren so jung, daß sie mit Puppen in die Krankenhäuser gingen. Auch die für den Lehrerberuf vorgesehenen Schüler begannen nach dem Abschluß der sechsten Klasse. Danach, Jahre später, war für beide Berufe der Abschluß der 12. Klasse erforderlich. Es wurde später der Fortschritt erreicht, daß man ihnen ein Universitätsstudium ermöglichte. Es gab eine Zeit, in der jährlich 6000 Studenten das Medizinstudium aufnahmen. Nachdem sich ihre Anzahl später logischerweise reduzierte, blieben überschüssige Kapazitäten. Es gab Leute, die fragten: Was machen wir mit diesen Kapazitäten der 21 medizinischen Fakultäten? Wir brauchen sie für viele Dinge: für das Krankenpflegestudium, für die Medizintechniker, für die postgradualen Lehrgänge, die zur Weiterbildung der Ärzte und Zahnärzte beitragen sollten. Diese Kapazitäten werden nie überflüssig sein. Und es handelte sich um Kapazitäten mit einem Umfang von nicht weniger als je 1.500 Studenten; so waren sie konzipiert. Außerdem befand sich unter ihnen die Fakultät für die theoretische Grundausbildung Grundlegende Wissenschaften in der Hauptstadt mit einer Kapazität für 2500 Studenten. Diese Kapazitäten waren vorhanden und wurden aufrechterhalten, und wir haben sie sehr gut genutzt in diesen schwierigen Zeiten.

Wir hatten die Dozenten. Es wurde kein einziger Dozent der medizinischen Fakultäten entlassen, auch wenn sie nur eine bescheidene Bezahlung erhielten aufgrund der materiellen Bedingungen, die wir in diesen Jahren ertragen mußten, und es gab niemals auch nur einen einzigen Hochschulabsolventen ohne Arbeitsplatz.

In Wirklichkeit arbeiten unser medizinisches Personal und wir, die Revolutionäre, nicht für Geld. Wir benötigen es, ja, und wir verstehen das. Unser Land kämpfte inmitten der Blockade hart, um Fortschritte in der Wirtschaft zu erzielen, bis es zu dem kolossalen Schlag des Zusammenbruchs des sozialistischen Lagers kam, der all unsere Standhaftigkeit, unseren Patriotismus und unseren revolutionären Geist auf die Probe stellte, um alleine weiterzuschreiten, eine doppelte Blockade zu ertragen und an dem Punkt anzugelangen, an dem wir uns heute befinden, nämlich einer Wirtschaft, die sich, zwar mit kleinen Schritten, erholt, aber doch erholt.

In diesem Jahr wird es in Lateinamerika insgesamt, mit seinem Neoliberalismus, möglicherweise kein Wirtschaftswachstum geben, und wenn ja, dann nur um 1%, oder es kommt zu einer Rezession. Das ist die Wirklichkeit. Sie bekommen alle möglichen Kredite, Hilfeleistungen etc., was auf uns nicht zutrifft.

Ich sagte, daß wir Revolutionäre nicht für Geld arbeiten. Es gibt andere Dinge im Leben, die sehr viel mehr wert sind als Geld; und es gibt Dinge, die man mit keinem Geld kaufen kann. Wir haben kein großes Finanzkapital, aber wir haben sehr wohl ein großes Humankapital, und ihr seid ein wichtiger Teil dieses großen Humankapitals, das unser Land heute besitzt.

Ich fasse die vielen Ideen und Anstrengungen zusammen, die heute, in diesem Jahr, an der Schwelle zum Jahr 2000, in all dem konkrete Gestalt annehmen, was wir haben, und vor allem in all dem, was wir haben können. Wir haben ein enormes Kontingent an sehr jungen in den Beruf eintretenden Ärzten, deren Kenntnisse immer umfassender werden.

Die Qualität oder die Fortschritte der Medizin, oder das medizinische Potential eines Landes ist nicht nur an der Anzahl der Ärzte zu messen, sondern an der Art und Weise, wie diese Ärzte ausgebildet wurden, an dem Geist, in dem sie ausgebildet wurden, und außerdem an ihren Kenntnissen.

Ich wage zu sagen, daß es in anderen Ländern schwierig wäre, dieses Potential so zahlreich und gut ausgebildet zu gestalten wie das unsrige, auch wenn diese Länder über gute Ärzte verfügen, die sich jedoch in ihrer überwiegenden Mehrheit der Privatmedizin widmen oder die öffentliche Medizin mit der Privatmedizin teilen.

Das ist bei uns nicht der Fall, wo man von Anfang an auf die Ausübung der Privatmedizin verzichtete, und zwar nicht kraft eines Gesetzes, sondern aufgrund einer Verpflichtung der Studenten. Es gibt hier immer noch einige Privatärzte, die ihren akademischen Grad vor der Revolution erhielten. Ich kenne die genaue Anzahl nicht, es sind vielleicht 30 oder 40.

Gut, wie Genosse Dotres bereits sagte, haben wir bereits mehr als 65 000 Ärzte. Es ist sehr interessant zu beobachten, wie wir Ende des vergangenen Jahres, als es zu zwei großen Naturkatastrophen kam, den Völkern Mittelamerikas und der Karibik - in diesem Fall handelt es sich zum Beispiel um Haiti - eine Zusammenarbeit im Rahmen eines medizinischen Programms angeboten und allein für Mittelamerika bis zu 2000 Ärzte neben denen, die wir für Haiti vorgesehen hatten. Ihr werdet euch daran erinnern, wie die Ärzte, Techniker des Gesundheitswesens und Krankenschwestern darauf antworteten. Auf eine, wir könnten sagen, massive Art und Weise verpflichteten sie sich. Nun gut, jeder könnte jetzt sagen: Das Land bleibt ohne Ärzte. Nein, das Land bleibt nicht ohne Ärzte.

Ende 1999 wird ein Jahr nach diesem Angebot vergangen sein, und zur Zeit sind, wie Dotres sagte, 1202 Gesundheitshelfer im Dienst. Wir sprechen von Helfern, weil nicht alle Ärzte sind. Wir hatten bis zu 2000 Ärzte für Mittelamerika und eine weitere Anzahl für Haiti angeboten, so viel wie sie brauchen würden, um die Kindersterblichkeit zu senken, die zu jenem Zeitpunkt in diesem letztgenannten Land bei Kindern von 0 bis 5 Jahren bei etwa 130 pro 1000 Lebendgeburten lag; sie Jahr für Jahr zu senken, zunächst auf 50 und danach auf 30. Wir wissen, wie man das bewerkstelligt, es ist sehr wirtschaftlich und billig, manchmal kann man mit ein paar Pfennigen das Leben eines Kindes retten.

Das Kostspieligste in einem Gesundheitsprogramm ist der Arzt, das Entscheidende und Grundsätzliche ist der Arzt. Das Billigste sind die Medikamente.

Wir haben an das Bewußtsein derjenigen Länder appelliert, die über mehr Mittel verfügen, um Zehntausende oder Hunderttausende Menschenleben in dieser Hemisphäre zu retten, und sogar in anderen Teilen der Welt, sagen wir in Afrika, wenn sie die Geldmittel für die Medikamente beisteuern.

Gut, von diesen 1202 Gesundheitsmitarbeitern sind etwa 900 Ärzte. In diesen Brigaden gibt es neben den Ärzten mitunter auch einen Techniker, der sich um das Notstromaggregat oder andere Hilfsgeräte kümmert. Es sind nicht nur Krankenschwestern und Medizintechniker dabei, sondern sogar Mechaniker, die bestimmte Dienste leisten, die alles machen und alles reparieren. Das bedeutet, daß wir in diesem Programm vielleicht vor Jahresende über 1500 Ärzte, nicht Mitarbeiter in ihrer Gesamtheit, verfügen werden, da die Zahl jetzt gerade aufgestockt wird.

Oftmals schlagen wir den Ländern, in denen sie arbeiten, vor, dem Arzt ein oder zwei Jugendliche zur Seite zu stellen, die wenigstens die sechste Klasse abgeschlossen haben, zusammen mit etwas wie einem Lehr- oder Handbuch über Krankenpflege, so daß ein Arzt dort in der Praxis Hilfskräfte für das Gesundheitswesen und Krankenpflegepersonal ausbilden kann. Sie können selbstverständlich nicht darauf warten, in einigen wenigen Jahren eine ausreichende Anzahl von Krankenpflegeschulen von hohem Niveau aufgebaut zu haben, um über genügend gut ausgebildetes Personal zu verfügen, das benötigt wird. Aber auf eine praktische Weise können der Arzt oder die Krankenschwester, falls vorhanden, helfen. Doch der Arzt oder die Ärztin sind an vielen dieser abgelegenen Orte allein sind und stützen sich zur Unterweisung der jungen Leute auf einheimische Jugendliche mit einer gewissen Schulbildung. Diese werden dadurch gar zu Dozenten in Krankenpflege und zu Gesundheitshelfern. Deshalb beziehen wir uns im Allgemeinen auf die Anzahl von Ärzten, da das Gastland normalerweise das Hilfspersonal bereitstellt.

Angenommen, daß Ende des Jahres 1500 Ärzte im Ausland im Rahmen des erwähnten Programms arbeiten, so nehmen doch in dieser Stunde 2390 neue Ärzte ihre Arbeit in den Gesundheitseinrichtungen des Landes auf; und so wird es sein.

Wie viele Ärzte wir auch zu diesen Programmen der Zusammenarbeit entsenden, ich bin sicher, daß die Anzahl unserer graduierten höher sein wird. Wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt das Bewußtsein erwacht und die Zusammenarbeit erweitert wird, kann es vorkommen, daß wir in einem Jahr mehr Ärzte schicken als wir Absolventen haben. Doch das Potential ist riesig, was wir mit einer Formel ausgedrückt haben: Wenn jeder dritte Arzt Kubas ins Ausland geht, um seine Dienste zu leisten, bleibt Kuba weiterhin das Land mit dem höchsten Anteil an Ärzten pro Einwohnerzahl unter allen Ländern der Welt.

Wir haben Afrika bereits in dieses Programm miteinbezogen.

An einigen Orten Lateinamerikas entstehen gewisse Schwierigkeiten, es gibt einige Proteste von Ärzteorganisationen, die sich durch die Anwesenheit kubanischer Ärzte betroffen fühlen, und unser Vorschlag ist ihre Entsendung an diejenigen Orte, an denen es absolut keinen Arzt gibt und zu denen sich kein Arzt des Landes hingebigt, und nicht in die Haupt- und die anderen Städte. Und so wird niemand betroffen. Nur in Ausnahmefällen, wenn es sich um einen Facharzt handelt, über den das Land nicht verfügt, akzeptieren wir, daß einige Ärzte in die Städte gehen. Das ist die Politik, die wir verfolgen.

Ich erläutere euch diese Zahlen für den Fall, daß irgendjemand fragt, ob wir ohne Ärzte bleiben werden. Wir werden nie ohne Ärzte bleiben, da wir bereits über ein gewaltiges Potential verfügen, ein enormes Humankapital im Bereich der Medizin, und das Wichtigste von allem sind ihre Eigenschaften und Kenntnisse.

Und das sind nicht nur Worte. Die Analyse des Verhaltens dieser 1200 Gesundheitshelfer an den schwierigsten Orten ergibt, daß es wirklich bewundernswert ist. Den Respekt, die Gewogenheit und die Zuneigung, die die Menschen ihnen gegenüber fühlen, kann man nicht beschreiben. An vielen Orten haben sie Operationen durchgeführt, die man dort niemals vorher gesehen hatte, wobei sie Staunen erweckten, wahres Staunen. Und es handelt sich um einfache Operationen, die in unserem Land ständig durchgeführt werden. Es gibt zum Beispiel einige Patienten, die einer Gesichtschirurgie bedürfen und sie wird ausgeführt.

Einige wichtige Probleme menschlicher Art wurden gelöst, ich werde das nicht wiederholen, die Presse hat einige Beispiele veröffentlicht. Die Zuneigung ist enorm, mit der die Bevölkerung dieser Bruderländer auf die Arbeit unserer Ärzte reagiert, und ich glaube, daß dies ihnen einen Antrieb bei der Bewältigung ihrer Aufgaben gibt.

Ich habe bei einigen Gelegenheiten auch gesagt, daß stellt man einem kubanischen Arzt vor die Wahl zwischen einem einfachen und einem schwierigerem Ort, er sich für den letzteren entscheidet.

Bewundernswert ist zusätzlich die Tatsache, daß viele dieser Ärzte, die an einsamen Orten sind, wo es keinen Strom, dafür aber Stechmücken, Insekten, Schlangen und ähnliches gibt, Frauen sind - zum Glück kam es trotzdem zu keinem einzigen Unfall - und das weckt Bewunderung, Erstaunen und Respekt. Unsere Ärzte gehen überall hin, sei es auf eine nahegelegene Insel oder auf einen weitentfernten Kontinent. Und niemals hat einer gefehlt. Innerhalb von Stunden wurden Brigaden organisiert, und zwar aufgrund der Notwendigkeit, ein Flugzeug zu benutzen, das in ein Land flog, welches eine Anzahl von Ärzten von uns erbeten hatte.

Ich muß wirklich sagen, daß wir - ich sage wir, wir alle - stolz sind, und ich bin offen gesagt besonders stolz angesichts dessen, was unsere Ärzte vollbringen, denn das ist eine Maßeinheit für die Schaffung von Werten durch unsere Revolution, unabhängig von den schlechten Beispielen, die einige Bürger abgeben und derer, die sich mitreißen lassen oder von den Sirenenklängen der Konsumgesellschaft träumen, denn in ihren Herzen und Köpfen herrscht Leere.

Ich beobachte ständig, was unsere Mitbürger machen, sowohl wenn sie sich in einem feindseligen Umfeld bei äußerst schwierigen Sportwettbewerben schlagen als auch wenn sie massenhaft in andere Länder gehen, um diese Dienste zu leisten, von denen wir gesprochen haben. Seit geraumer Zeit wurden unsere Ärzte nicht mehr härteren Bedingungen ausgesetzt. Es arbeiten zwar einige im Ausland, jedoch auf vertraglicher Basis. Davon erfährt niemand etwas, wenn Ärzte auf Vertragsbasis in einem Land der Dritten Welt arbeiten. Vielleicht gibt es sogar welche, die meinen, daß sie uns einen Gefallen tun, wenn sie einen Arzt unter Vertrag nehmen.

Sehr groß sind die menschliche Wirkung, die solidarische Wirkung und der Einfluß auf den Bereich des Gesundheitswesens, den die Präsenz der Ärzte hat, die in diese Länder gehen, um im Rahmen von Programmen wie denen, die wir in Mittelamerika, Haiti und einigen afrikanischen Staaten durchführen, kostenlos ihre Dienste zu leisten. Nur einer allein von ihnen erzielt mehr Wirkung als 100 Vertragsärzte, obwohl diese auch mit Aufopferung arbeiten und aus Solidaritätsgründen unseres Landes ihre Dienste zu sehr viel niedrigeren Tarifen angeboten werden als die der Ärzte, die aus reichen Ländern kommen. Es ist zutreffend, daß die Vertragsärzte einen gewissen wirtschaftlichen Beitrag für unser eigenes Gesundheitssystem leisten, doch das ist nichts im Vergleich zu den Ausgaben des Landes im Gesundheitswesen, den gesamten Devisenausgaben des Landes in diesem Bereich und den Ausgaben für die medizinischen Fakultäten. Im Vergleich dazu ist es nichts, nur ein sehr kleiner Betrag.

Unsere Mission ist sehr viel erhabener als das Einspielen von einigen wenigen Dollars. Unsere Mission besteht darin, einen Geist in bezug auf die menschliche Gesundheit zu schaffen und ein Beispiel dafür zu geben, was man in diesem Sektor tun kann, der selbstverständlich für jeden Menschen auf der Welt der sensibelste Sektor ist. Der Arzt hat das Leben und die Gesundheit der Menschen in seinen Händen.

Andere Berufe sind auch sehr edel, sehr, sehr edel, wie eben der Beruf des Lehrers. Klar, ohne sie und die Priorität, die der Bildung zuerkannt wurde, hätten wir heutzutage nicht die vielen Zehntausende Ärzte, über die wir verfügen. Es ist ein außerordentlicher Beruf und ich reihe die beiden Berufe unter die ersten ein, doch ich sehe, daß der des Arztes, eben weil er mit der Gesundheit und dem Leben zu tun hat, etwas ist, das jeder Mensch hochschätzt, noch mehr als das Wissen und die Lehre.

Ich trenne sie nicht voneinander; ich würde nicht einen dem anderen vorziehen. Ich spreche schlichtweg davon, wie die Menschen reagieren. Es gibt Familien, die es nicht sehr interessiert, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und oftmals unterlassen sie dies aus Notwendigkeit, weil sie sie zum Arbeiten schicken müssen, weil sie ihnen beim täglichen Überleben helfen müssen oder weil die Kinder weder Kleidung noch Schuhe haben. Doch ich kenne keine Familie, die ihr Kind nicht zum Arzt schickt, wobei sie sogar enorme Distanzen überwinden, wie es vor der Revolution in unseren Bergen und ländlichen Gebieten der Fall war, um einen Arzt zu finden, wenn diese Familie glaubt, daß das Leben des Kindes in Gefahr ist oder daß seine Gesundheit einem schwerwiegenden schweren Schaden davon tragen kann.

Die medizinische Betreuung kennt keine Ausnahmen, alle suchen sie auf und es sind entscheidende und dramatische Momente für die Menschen. Es ist dramatisch, wenn es ein Kind oder einen Jugendlichen gibt, der Analphabet ist, doch es ist noch viel dramatischer, wenn ein Kind stirbt, weil es keinen medizinischen Beistand hat; oder wenn jegliche Person, sei es ein Kind, ein Jugendlicher oder ein alter Mensch, stirbt, weil sie über keinen medizinischen Beistand verfügt. Deshalb denke ich, daß der Beruf des Arztes einen so hohen Stellenwert hat, und deshalb verspürt man Abscheu, wenn dieser Beruf vermarktet wird.

Ihr wißt, was im Sport geschieht, daß wir Athleten haben, die auf dem Markt des Sportes Millionen Dollar wert sind. Und wenn es auch den einen oder anderen geben kann, der schwach wird und seine Seele für Geld verkauft wie Judas - um ein biblisches Beispiel zu gebrauchen -, so muß man auf der anderen Seite die große Zahl, die außerordentliche Anzahl von unseren Sportlern sehen, die bescheiden leben und mit unvergleichbarer Würde und Liebe für ihr Vaterland und ihr Volk alles Geld zurückweisen, das man ihnen anbietet.

Unsere Ärzte sind keine Händler der Gesundheitsdienste. Sie erhalten das, was sie zum Leben brauchen, und ich glaube, daß sie Jahr für Jahr mehr erhalten werden, und zwar in dem Maße, in dem wir uns erholen und Fortschritte erzielen.

Aber ich sagte euch, daß man Abscheu empfindet für die Vermarktung der medizinischen Leistungen, und das geschieht nicht nur in den Ländern der Dritten Welt, sondern auch in so hochentwickelten Ländern wie denen Europas. Ich habe mit derzeitigen und ehemaligen Gesundheitsministern gesprochen, die hier zu Besuch waren und erzählten wie sie vergeblich versucht hatten, das Privileg der in öffentlichen Krankenhäusern arbeitenden Ärzten abzuschaffen, Privatpatienten dort zu behandeln, und sie erzählten mir, daß ein Bürger, der ganz normal ins Krankenhaus geht, um die Gesundheitsdienste in Anspruch zu nehmen und sich operieren zu lassen, zwei, drei oder mehr Monate unter Schmerzen auf einen chirurgischen Eingriff warten muß, während im Gegensatz dazu die Patienten, die bezahlten, innerhalb von fünf bis zehn Tagen eingeliefert würden und die Behandlung erhielten.

Die Privatmedizin privilegiert diejenigen, die Geld haben, zum Schaden derer, die über kein Geld verfügen, und es kann nichts Unmenschlicheres geben als das. Es ist unglaublich, daß reiche Länder, die diese und viele andere ähnliche Dinge praktizieren, von Menschenrechten und von Menschlichkeit sprechen, während doch ihr eigenes System das Unmenschlichste, Egoistischste, Individualistischste und Entfremdendste ist, was es gibt.

Wir sind stolz auf unsere Medizin. Wir werden immer der Ehrenhaftigkeit unserer Ärzte vertrauen. Niemand soll sich je von der Versuchung leiten lassen, einem anderen den Vorzug zu gewähren, weil dieser ihm ein Geschenk macht. Er muß das Geschenk nicht ablehnen, das sie ihm als Ausdruck der Dankbarkeit machen wollen, doch ein kubanischer Arzt darf niemals einen Bürger in unserem Land diskriminieren, weil er nichts hat, um ihm ein Geschenk zu machen oder weil er nicht gewohnt ist, dies zu tun.

Korruption und Bestechung dürfen niemals in den Reihen des Gesundheitspersonals Einzug halten.

Ich weiß von Ländern Europas - ich will keines namentlich nennen -, in denen der Gesundheitsminister zurücktreten mußte, weil er den exzessiven Privilegien Grenzen setzen wollte, die jene für sich beanspruchten, die die Privatmedizin praktizierten.

Die Präsenz von Ärzten, die eine bestimmte Anzahl von Stunden der öffentlichen Medizin widmen und den Rest ihrer Zeit der Privatmedizin vorbehalten, ist eine fast schon allgemeine Gewohnheit. So ist das. Es ist sehr menschlich, daß wir dank der durch die Revolution ausgebildeten Ärzte diese Etappe überwunden haben.

Aber die kubanischen Ärzte, die in diesen Ländern edle und manchmal heroische Missionen erfüllen, warum tun sie das? Ich sagte: "Der Sektor der Medizin ist auf die Probe gestellt worden." Wie würden sie jenes Versprechen einhalten? Ich vertraute darauf, daß ihre Antwort eine massenhafte sein würde. Ich hatte Vertrauen in das Verhalten dieser Ärzte, und heute sind wir wirklich angetan und voller Verwunderung für das, was sie leisten. Wir versuchen sogar zu erreichen, daß sie dort in der Einsamkeit, wenigstens ein batteriebetriebenes Radio haben, damit sie je nach Entfernung Mittelwellen- oder Kurzwellenprogramme hören können, die ihnen die Nachrichten aus Kuba, Nachrichten von ihren Angehörigen senden.

Wir haben in Fernsehkameras, Kassettenrecorder und andere notwendige Geräte investiert und einige Ausgaben für Flüge getätigt, damit unsere Journalistenbrigaden jene Orte besuchen, wo sich diese Ärzte aufhalten, um ihre großartigen Leistungen in unserem Land zu verbreiten und ihnen Nachrichten von ihren Familien zukommen zu lassen, und damit diese Familien gleichzeitig nicht nur die Radioübertragung mit Originalton, sondern damit auch im Fernsehen die Mutter, Schwester, Tochter oder der Ehemann, Vater, Bruder, Sohn oder die Ehefrau der Geseundheitshelfer und auch umgekehrt gesehen werden kann. Und manchmal ist es ergreiffend, die Gespräche zwischen Familienangehörigen mitzuerleben oder wenn sich eine Gruppe dieser Ärzte trifft, um die Aufnahmen der Angehörigen anzusehen, die der Journalist mitbringt. Wir versuchen, die persönliche Betreuung dieser Ärzte ständig zu verbessern. Aber ihr Verhalten ist wirklich erstaunlich. Sie sind so ausgebildet worden, wie ihr jetzt ausgebildet werdet, in diesen Werten und Prinzipien.

Ich weiß bereits, daß hier die Tatsache, ein ausgezeichneter und angesehener Schüler zu sein, in erster Linie bedeutet, in die entlegensten Bergregionen des Landes zu gehen. Zu diesen Orte werden keine frisch graduierten Ärzte geschickt, unabhängig von ihren studentischen Leistungen.

Zu diesen entlegenen Orten gehen diejenigen mit den herausragensten Ergebnissen in den Studentenakten. Das ist eine gesunde Gewohnheit, und es ist sehr wohl möglich, daß man ihnen danach noch verdienstvollere Aufgaben an noch entlegeneren Orten zuweist. So werden in diesem Land die guten prämiert mit Aufgaben, die noch mehr Anstrengung und Selbstaufgabe erfordern. So werden die besten Studenten ausgezeichnet. Danach glänzen sie um so mehr im Laufe ihres Lebens. Das ist eine schöne Tradition, die immer bewahrt werden muß.

Ich bin absolut sicher, und ich habe es mehr als einmal bei mehr als einer Gelegenheit gesagt, daß, würden sich die Vereinigten Staaten, dieses ungeheuer reiche Land mit 270 Millionen Einwohnern, vornehmen, 2000 freiwillige Ärzte zu finden, um sie nach Mittelamerika zur Arbeit an die Orte zu schicken, wohin unsere Ärzte mit Freuden gehen, sie würden sie nicht zusammenbekommen. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt 1000 freiwillige Ärzte aufstellen würden. Und wenn sie ihnen bis zu 100 000 Dollar pro Jahr bezahlten, bin ich nicht sicher, ob sie es erreichen würden, daß diese Ärzte für 100 000 Dollar oder irgendeinen anderen Betrag in diese Orte gehen. Das ist die Wahrheit.

Es gibt einen riesigen Unterschied zwischen der Art und Weise, wie die Menschen in jenen Gesellschaften des Egoismus und des Individualismus erzogen werden, und der wie die Jugendlichen in einem System wie dem unsrigen erzogen werden. Und hier sind die Früchte. Ich frage, ob irgendjemand das bestreiten kann, genauso wie ich fragen kann, ob irgendein Land, so reich es auch sein mag, unseren Anteil an Ärzten pro Einwohner aufweist. Unser Arzt ist an allen Ecken des Landes zu finden, und das kann kein anderes Land der Welt vorweisen.

Ich frage, wie es möglich ist, daß ein Land der Dritten Welt, das außerdem noch einer rigorosen Wirtschaftsblockade unterworfen ist, geringere Kindersterblichkeitsraten hat als die Vereinigten Staaten. Man muß sich fragen, wie dies möglich ist und wie dies möglich wäre ohne unser System, mit jenem Abfallkapitalismus, der in der Neokolonie vorherrschte, die unser Land vom Beginn des Jahrhunderts bis 1959 war. Hier sieht man das vollbrachte Werk, und auch noch in vielen anderen Bereichen: In der Bildung, in der Entwicklung der körperlichen Fähigkeiten und im Sport, in der Kultur, im intellektuellen Leben und in der Ausbildung von qualifiziertem Fachpersonal.

Ich bin sicher, daß wir heutzutage über mehr Fachkräfte mit Universitätsabschluß verfügen als es zum Zeitpunkt des Sieges der Revolution Personen mit dem Abschluß der achten Klasse gab. Stellt die Rechnung auf und ihr werdet sehen, ob ich recht habe oder nicht, denn wir haben mehr als 600 000 Hochschulabsolventen. Das ist die Zahl, die ich seit langem kenne. So ist es.

Euch ist es zugekommen, in einer Zeit der Opfer zu leben, aber es ist wirklich so, daß ihr an einem der verdiensthaftesten Werke teilnehmt, das irgendein Volk jemals in der Lage war zu errichten, nämlich des Geistes über die menschliche Gesundheit, die wir entwickelt haben und die wir fördern wollen.

Noch etwas Neues bei der heutigen Diplomverleihung ist die Anwesenheit von 150 Studenten der Lateiamerikanischen Hochschule für Medizin, an der 1600 Studenten unterrichtet werden, deren Anzahl auf zirka 3300 steigen wird. Anfang nächsten Jahres werden neue Studenten hinzukommen und einen Angleichungskursus absolvieren, denn sie müssen vorbereitet und auf einen einheitlichen Kenntnisstand gebracht werden. Sie kommen aus unterschiedlichen Bildungseinrichtungen, die sich nicht alle das gleich Ausbildungsniveau aufweisen. Und das Medizinstudium ist schwierig, recht schwierig!

Wir wissen, welche Mühe die Biochemie, die Biologie, die Anatomie und andere komplexe Fächer den Studenten bereiten. Die ersten beiden Jahre, die der theoretischen Grundausbildung, sind die schwersten, deshalb haben wir sie gebeten, fünf oder sechs Monate vorher anzureisen. Für Mittelamerika ist das einfach, denn das Unterrichtsjahr endet einige Monate früher als in Kuba; und dann beginnen die Ferien. In wieder anderen Ländern unserer Hemisphäre ist es so wie in Kuba. In Mittelamerika ist es eben so, und zwar hat das zu tun mit der Regenzeit und der Tradition. Auch in Südamerika, wo es Winter ist, wenn wir in den Tropen Sommer haben, wird dieser Zeitplan wahrscheinlich ein anderer sein. Andererseits ist der Stand der mittleren Ausbildung nicht in allen Ländern gleich. Es gibt hier sogar Unterschiede zwischen den einzelnen Gebieten ein und desselben Landes.

Wir haben hier Studenten aus ganz Lateinamerika. Es fehlen nur zwei oder drei Länder, bei denen ich aber die Hoffnung habe, daß sie in Zukunft an dieser Schule auch vertreten sein werden.

Vorrangig behandelt haben wir jene, in deren Bevölkerung die Bauern, Eingeborenen oder Armen überwiegen; sagen wir Länder wie Bolivien oder Paraguay, von denen es bereits eine Anzahl von Stipendiaten gab, wurden aufgestockt; oder Peru oder Ecuador, neben Mittelamerika und Haiti, mit denen das Programm eingeleitet wurde.

Der Rektor sagte mir, daß, wenn über die Studenten der Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin gesprochen wird, man dabei nie die Schule in Santiago de Cuba erwähnt. Es ist eine kleine Schule, eine Nachbildung der hiesigen in Santiago de Cuba, die bereits 120 Studenten aus Haiti hat.

Nebenbei gesagt wurde mir berichtet, daß die Studenten jenes Landes über einen guten Kenntnisstand verfügen, aber sie müssen natürlich die Sprache erlernen. Wir sind am Überlegen, wie wir hier verfahren können und besprechen es mit ihnen. Da sie ein Jahr vorher ausgewählt werden, können wir je nach Abschluß ihres Unterrichtsjahres Lehrer dorthin entsenden, die ihnen Spanischunterricht erteilen, und uns somit diese Wartezeit ersparen. Dann verfügten sie bei ihrer Ankunft hier bereits über Spanischkenntnisse und in der Medizinschule brauchte keine Zeit darauf verwendet werden. In Santiago de Cuba gibt es bereits eine ganze Anzahl Studenten aus Haiti.

In Haiti sind 379 Gesundheitshelfer tätig, und diese Anzahl kann in den nächsten Monaten möglicherweise ziemlich steigen. Annähernd 4,5 Millionen Menschen werden derzeitig von unseren Brigaden medizinisch betreut. Sie konnten nicht in die entlegenen ländlichen Gebiete gehen, denn in vielen Ortschaften waren irgendwelche medizinischen Einrichtungen, aber kein Arzt vorhanden, denen also Priorität zugebilligt werden mußte. Einige wenige blieben in der Hauptstadt, denn es ist das einzige Krankenhaus, das sie für eine Stadt von zwei Millionen Einwohnern haben und das nicht größer als das "Calixto García" ist. Es ist eine Universitätsklinik. Sie hatten dort um zirka 35 Fachärzte gebeten, denn sie verfügten nicht über eine genügende Anzahl.

Sie haben gute Ärzte dort, wie uns unsere Kollegen mitteilen, gut ausgebildet, mit neuester Fachliteratur und all dem, doch viele ihrer Ärzte sind emigriert und leben größtenteils in den Vereinigten Staaten und in Kanada.

In diesem Land schafft ein Arzt viel mehr als in anderen Ländern der Karibik oder Lateinamerikas, denn die Kindersterblichkeit ist doppelt so hoch und die Anzahl der Menschenleben, die unsere Ärzte mit ihrem Einsatz retten können, beträgt das Doppelte.

Es gibt afrikanische Länder, in denen das Potential der durch einen Arzt errettbaren Leben noch viel höher ist und das Doppelte dessen Haitis beträgt. Es gibt Länder mit einer Kindersterblichkeit von 213 pro 1000 Lebendgeburten. Mehr als ein Land überschreiten die 200, und eine große Anzahl liegt über 150. Wenn ich diese Kennziffer erwähne, so meine ich die Kindersterblichkeit bis zu einem Alter von fünf Jahren pro 1000 Lebendgeburten. In Kuba beträgt sie zirka 9. Das ist der Grund, weshalb diese Länder mit inbegriffen sind.

Wir haben mit einigen europäischen Ländern über ihre Mitarbeit im Rahmen eines Programmes gesprochen, das wir für den Norden Schwarzafrikas zusammengestellt haben, wo die meisten der erwähnten Länder zu finden sind.

In Lateinamerika, hatten wir gesagt, ist ein genügend großes Potential vorhanden, um Hunderttausende von Menschenleben zu retten; überall dort, wo der Bevölkerung keinerlei medizinische Betreuung zuteil wird. Und von unserer Hemisphäre, vom Süden der Vereinigten Staaten abwärts - in der Karibik ist es nicht ganz so schlimm; die englischsprachigen karibischen Länder haben gute Kennziffern im Gesundheitswesen aufzuweisen, obwohl Haiti eben auch zur Karibik gehört - weiß man, daß jährlich mehr als 500 000 Kinder sterben, die hätten gerettet werden können, ohne an die Anzahl der Menschen zu denken, die man mit entsprechender medizinischer Betreuung retten könnte.

So haben wir also öffentlich vorgeschlagen, auf welche Weise Hunderttausende von Menschenleben alljährlich auf dieser Hemisphäre gerettet werden können. Was für eine große Sache!

Welch starker Grund für Optimismus, zu wissen, daß unser Land, dem dreitausend Ärzte gestohlen wurden und dem sie nur dreitausend zurückließen, heute über mehr als 60 000 verfügt mit einer Ausbildung, wie sie eben unsere Ärzte haben; und daß es einer ganzen Hemisphäre genügend menschliche Ressourcen anbieten kann, um Hunderttausende von Leben zu retten, ohne seine eigenen Betreuungsleistungen im Land auch nur im geringsten zu schmälern!

In Afrika ist die Situation am trostlosesten. Es liegen hier einige kleine, sehr interessante, mehrseitige, gedruckte Landkarten aus, auf denen eingezeichnet ist, wo sich unsere Brigaden zur Zeit befinden. Alles sind Orte an der Peripherie, sämtliche entlegen.

Das hier ist ein Land - von dort aus nicht gut zu erkennen - aber es ist eine Karte beispielsweise von einem mittelamerikanischen Land, Honduras. (er zeigt die Karten) Das andere hier ist die Karte von Nicaragua, wo unsere Gesundheitsbrigaden in der entlegensten, schwierigsten Region eingesetzt sind, an der Grenze zu El Salvador und Honduras.

Hier ist Belize. Ebenfalls an abgelegenen Orten gab es dort eine Gruppe über offiziellen Vertrag tätiger Ärzte. Wir haben vorgezogen, diesen Status zu ändern und schlugen die Entsendung von zahlenmäßig größeren Brigaden zu den gleichen Bedingungen vor wie es mit anderen Ländern der Region gehandhabt wird, denn auch dieses Land hatte unter dem Hurrikan zu leiden.

Hier haben wir Guatemala. Es ist dasjenige Land Mittelamerikas, in dem die meisten unserer Gesundheitshelfer tätig sind. Dort hat man diesem Problem große Aufmerksamkeit gewidmet. Eingesetzt sind sie ebenfalls an den entlegensten Orten in den Bergen und ländlichen Gebieten.

Hier ist Haiti - wie ihr seht - flächendeckend betreut; und es sind Ortschaften, wo der Arzt nicht allein ist, sondern in kleinen Gruppen; denn es gibt noch einzelne Gegenden auf dem Lande, die noch nicht erfaßt sind.

Hier habt ihr Niger. Mit Niger hatten wir ein Programm vereinbart. Doch unglücklicherweise kam es zu einigen internen Problemen, die Lage wurde unsicher und mit dem Niger-Programm muß gewartet werden bis, nun sagen wir, sie in der Lage sind, es umzusetzen. Es sind dort 29 kubanische Ärzte tätig. Wenn ich mich nicht irre, ist es das Land, das die höchste Kindersterblichkeit in Afrika und möglicherweise auch weltweit zu verzeichnen hat.

Hier nun sehen wir etwas Wunderbares. Es ist ein kleines Land. Gambia, an der Westküste Schwarzafrikas mit einer Länge von Hunderten Kilometern, beiderseits eines breiten in den Atlantik mündenden Flusses gelegen. Man sagt, es leben viele Krokodile in dem Fluß. Also ich hoffe, daß es unseren Ärzten nicht einfällt, ihn ganz sportlich durchschwimmen zu wollen. Es kam der Präsident, ein junger Mann - er erinnert mich in gewisser Weise an Hugo Chávez, den Präsidenten Venezuelas - sehr intelligent, aktiv und um sein Volk besorgt. Ihm war bekannt, daß wir Niger, Burkina Faso, Mali und anderen Ländern ein Angebot gemacht hatten. Er sagte uns, in seinem Land bestünde großer Bedarf auf diesem Gebiet und wir mögen ihm so bald wie möglich medizinisches Personal entsenden. Ich frage ihn: "Wieviele Ärzte benötigt ihr?" Er antwortete: "Um unseren Hauptbedarf zu decken, nicht weniger als 150 Ärzte. Die Medikamente garantieren wir." In Ordnung, wir entsandten eine Erkundergruppe, erarbeiteten das Programm, es begann die Auswahl der Teilnehmer, unmittelbar wurden die Brigaden organisiert und entsandt; seht her, an welchen Orten sie eingesetzt sind (er zeigt die Karte). Wir haben auch unsere Kooperation angeboten, um sie bei der Schaffung einer medizinischen Fakultät zu unterstützen; das ist langfristig die definitive und gerechte Lösung für diese Länder.

Ich fragte Dotres: "Wieviele Ärzte gibt es in Gambia?" Er sagt: "Achtzehn einheimische Ärzte." Ich sage: "Auch einige andere?" Er sagt: "Ja, einige andere aus Europa und von anderswo, einige wenige Ärzte."

Seht einmal das Potential unseres Landes. Mit nur einem Flugzeug haben wir auf einmal 158 Gesundheitshelfer in dieses Land geschickt; davon sind 126 Ärzte, 5 Zahnärzte, 25 Krankenschwestern und 2 Techniker. Sie werden auch von Mitarbeitern unseres Ministeriums besucht. Seht einmal her, wie sie verteilt sind (er zeigt das Material). Wir haben sie in einem unserer Flugzeuge transportiert, einer IL-62, eine der Maschinen, die wir benutzen, wenn wir ins Ausland reisen und in denen 160 oder etwas mehr Passagiere reisen können. Mit nur einem Mal landeten dort 158 Mitarbeiter des Gesundheitswesens. Das gibt ein graphisches Bild des Ärztepotentials Kubas, seiner Kapazität, seiner Solidarität. Hat uns das etwa geschadet? Nein. Schmälert das etwa diese Frauen und diese Männern, die dort sind? Nein. Nein, absolut nicht. Ganz im Gegenteil, es erhöht sie. Sie sehen dort, was in der Dritten Welt geschieht. Obgleich sie darunter leiden werden, wenn die Probleme auf sie zukommen, so werden sie doch ihre medizinischen und menschlichen Kenntnisse bereichern und ein noch tieferes Bewußtsein der harten Realitäten unserer Erde erlangen. Glücklicherweise finden sie dort eine starke Unterstützung vor, denn die Regierung kümmert sich ernsthaft um die Probleme ihres Volkes.

Und ich denke, daß es in der Zukunft noch einige Karten weitere Länder geben wird.

Wir haben unsere Ärzte - und das wissen die europäischen Länder - sogar in die Balkangebiete und andere südliche Nachbarländer am Mittelmeer, wo Mangel an Ärzten herrscht, angeboten. Überallhin, wo Ärzte gebraucht werden. In einigen Fällen, weil es sehr wenige gibt und in anderen, weil die Ärzte, die es gibt, viele von den Städten und ihren Bequemlichkeiten entfernte Orte nicht aufsuchen.

Das ist nun eine andere Schule, in der unsere Ärzte viel lernen.

Auch ist es sehr erfreulich, wenn man sich überlegt, daß das zahlenmäßig größte Ärztekontingent - es ist das in Guatemala tätige mit fast 400 Mitgliedern - von einer jungen 32jährigen Ärztin mit nur etwa acht Jahren Berufserfahrung geleitet wird.

All das gibt Anlaß zu Genugtuung; und diese steigert sich noch, wenn man uns von den Erfahrungen unserer Ärzte berichtet, der Art und Weise, wie sie arbeiten und wie sie mit ihren menschlichen Eigenschaften und dem totalen Aufgehen in der Arbeit nach und nach das Vertrauen und die Zuneigung der Bewohner gewannen. Sie sagen, daß anfangs die Bewohner, die Einheimischen, einiger entfernter Orte sehr zurückhaltend waren und mißtrauisch waren. Kam ein Arzt zu ihnen, waren sie also anfänglich zurückhaltend ihm gegenüber. Sie unterzogen ihn einer Art Probe und dann, sein Verhalten beobachtend, leisteten sie ihm allmählich mehr Unterstützung, bis er diese sowie ihr Vertrauen ohne Abstriche gewann.

Diese unsere Landsleute erleben außergewöhnliche Erfahrungen und erweisen dem Namen ihrer Heimat die größte Ehre.

In der Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin wollen wir erreichen, daß die Studenten aus den lateinamerikanischen Bruderländern den gleichen Geist ganz in sich aufnehmen, in dem unsere Ärzte ausgebildet werden, den Geist dieser völligen Aufopferung für ihren künftigen edlen Beruf; denn der Arzt ist wie ein Pastor, ein Priester, ein Missionar, ein Kreuzritter der Gesundheit und des körperlichen und geistigen Wohlbefindens der Menschen.

In noch drei Jahren wird es hier 6000 lateinamerikanische Studenten geben. Es gibt natürlich einige große Länder mit für ihre enorme Einwohnerzahl kleinen Gruppen; es gibt nur einige Dutzend; sie werden jedes Jahr immatrikulieren. Ein Land wie Brasilien ist nicht dasselbe wie Bolivien oder ein mittelamerikanisches Land oder ein Land wie Ecuador mit einer zehn Millionen nicht übersteigenden Einwohnerzahl mit einem großen Anteil Bauernbevölkerung sowie einem großen Teil Ureinwohner. Nein. Für jene Länder wird die Gruppe Studenten, die zu uns kommen, ein relativ bedeutendes Ärztekontingent bilden.

Weshalb möchten wir nun, daß hier trotz allem Studenten aus ganz Lateinamerika anwesend sind? Weil sich hier mit Ausnahme des Nordens junge Menschen eines ganzen Kontinents kennenlernen werden, der dazu berufen ist, sich zusammenzuschließen. Auf dem Gebiet des Gesundheitswesens kommt ihnen die Rolle der Avantgarde für die Ideen der notwendigen und unabwendbaren Integration zu; sie müssen einander kennenlernen. Mehr noch, auch die Allgemeinbildung eines jeden erfährt Bereicherung; denn ich weiß, daß es beispielsweise einen Honduras-Tag gibt - die Anzahl der Studenten dieses Landes ist beträchtlich, sie zählen mehr als 250 - sie veranstalten ihr Fest, vermitteln ihre Sitten und Gebräuche, ihre Kultur. An einem anderen Tag veranstalten das Fest die Guatemalteken und dann wieder andere. Eine Gruppe von Völkern, dazu berufen, sich zusammenzuschließen. Fast alle sprechen die gleiche Sprache, denn zwischen dem Portugiesisch der Brasilianer und Spanisch gibt es keinen großen Unterschied. Bei einer Gruppe von Völkern, dazu berufen, sich zusammenzuschließen, daß sie vom ersten Studientag an beginnen, sich kennenzulernen und zusammenzuschließen.

Schön wäre es, verfügte unser Land über die Mittel zur Gründung anderer Fakultäten, in die wir sie zum Lehrerstudium oder anderen Fachgebieten einladen könnten. Alle diese Länder besitzen Universitäten, und einige sehr gute. Nun, wir haben zumindest mit dem Fachgebiet begonnen, dessen Inhalt der menschlichste ist, dem Fachgebiet des Mediziners.

Stellt euch vor, diese Tausende junger Studenten, ausgebildet nach bestimmten Prinzipien der Medizin, die sich untereinander sowie die Sitten all ihrer Länder kennen, sie werden zu einem festen Stützpfeiler der Integration unserer Völker. Ein zweifelsohne bedeutender Faktor, obwohl dieser Bund viele solcher Pfeiler benötigt. Das sind unsere Träume im Hinblick auf diese Medizinschule. Ich wage zu sagen, daß sie heute schon ein Juwel ist, nämlich aufgrund der Prinzipien, die sie vertritt: Schöpfung und Entwicklung. Die Einrichtung ist ausgezeichnet - es war eine Marineschule. Alle erforderlichen Ausrüstungsgegenstände und die erfahrensten Dozenten stehen zur Verfügung. Die Studenten sind fleißig und zeigen ein enormes Interesse an der Berufsausbildung.

Als ich über die Studenten dieser Schule sprach, brachte ich meine Hoffnung zum Ausdruck, sie für noch bessere Ergebnisse als die unserer eigenen Studenten beglückwünschen zu können; denn letztendlich sind unsere jungen Leute an viele Lernmöglichkeiten gewöhnt. Aber an dieser Schule gibt es sogar einige Jugendliche, die noch niemals das Meer gesehen hatten, und nun leben sie direkt am Meer. Viele kommen aus entlegenen Ecken. Die Auswahl wurde in den meisten Fällen zwischen der jeweiligen Regierung und unserer diplomatischen Vertretung abgesprochen; es sollten vorzugsweise Schüler aus entfernten Orten des Landesinneren und außerdem einfachster sozialer Herkunft sein.

Der Ausgangsstoff an dieser Schule ist exzellent. Wir können hier Studenten ausbilden, die besser sind als die unseren. Keiner fühlt sich dadurch geschmälert; dieser hat unser Wunsch zu sein. Im dritten Studienjahr werden sie dann in den Krankenhäusern arbeiten. Dort brauchen sie das uneingeschränkte Vertrauen der Patienten; sie werden die kubanischen Patienten mitbetreuen. Wenn wir nicht erreichen, daß sie besser sind als ihr, dann wäre die Schule ein Mißerfolg. Doch sie sind motivierter als ihr, trotz daß eure Motivationen bezüglich des Studiums sehr hoch liegen und ihr euch das Studium an unseren medizinischen Fakultäten verdient habt. Viele von ihnen hatten überhaupt keine Möglichkeit zu studieren, wenn nicht an dieser Schule.

Ich sage, daß diese Schule gestaltungsmäßig ein Juwel ist, und sie wird noch eine ganz außerordentliche Einrichtung werden. Ich sage daß gemäß Äußerungen von Besuchern. Viele Ausländer möchten sie sehen und sind dann ehrlich begeistert. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine Einrichtung wie diese. In den Vereinigten Staaten beispielsweise kostet das billigste Medizinstudium zwischen 25 000 und 30 000 Dollar jährlich. Unser Wunsch ist es, bessere Ärzte auszubilden als jede gute Universität der Vereinigten Staaten, die auch mehr Berufserfahrung als jene Absolventen haben.

So ist also diese Schule wirklich etwas, das es sonst nirgendwo gibt. Ich glaube, es ist ein Beispiel dessen, was man tun kann, was man sogar in einem kleinen Land der Dritten Welt tun kann.

Schön wäre es, wollten andere Länder auch Schulen einrichten. Wir beanspruchen nicht das Monopol dieser Ehre. Würden es andere nur auch tun! Könnten doch viele Jugendliche wie diese hier die medizinische und andere Fachgebiete studieren! Das ist es, was die Industrieländer tun sollten. Nun ja, sie vergeben hin und wider einige Stipendiatenplätze, doch am Ende behalten sie die besten Absolventen, nehmen sie unter Vertrag, und diese kehren dann nicht mehr in ihr Land zurück.

Viele afrikanische Studenten haben in Europa ihr Studium absolviert, das ist bekannt. Doch ein großer Teil bleibt dort und kehrt nicht nach Afrika zurück. Doch die ausländischen Studenten oder sagen wir Brüder aus anderen Ländern Lateinamerikas oder Afrikas, die hier studieren, kehren in der Regel in ihre Länder zurück. Wir haben nie versucht, auch nur ein einziges Gehirn, ein einziges Talent, einen einzigen Intellekt abzuwerben. Sie leben hier bescheiden, teilen mit uns unsere Einschränkungen, obwohl wir uns um die Betreuung dieser Studenten logischerweise mehr bemühen.

3000 Stipendiaten bestmöglich zu betreuen ist nicht dasselbe wie 40 000 exakt die gleiche Betreuung zukommen zu lassen. Doch trotzdem haben wir in der letzten Zeit Maßnahmen eingeleitet, um die 40 000 kubanischen Stipendiaten besser zu betreuen. Otto, welche war die Tagung auf Landesebene, auf der wir die Verbesserung der Verpflegung der Universitätsstipendiaten erörterten? (es wird gesagt, auf dem Kongreß des Jugendverbandes im Dezember) Wir haben 40 000, das ist viel. Wir haben kürzlich bereits etwas zur Verbesserung der Verpflegung unternommen und werden es auch in Zukunft tun. Ja, logischerweise ist das Niveau der Betreuung dieser Studenten höher als das der 40 000 Stipendiaten unserer Universitäten; doch wir werden es nach und nach angleichen; und wenn sie dann in die Provinzen gehen, wenn sie die Schule verlassen, wo sie doch nur etwas mehr als zwei Jahre sein werden, dann wird es für sie die gleichen Bedingungen geben wie für unsere Stipendiaten der medizinischen Fakultäten. Wir hoffen, daß wir in dieser Zeitspanne die Betreuung und Verpflegung aller Stipendiaten - nicht nur der medizinischen, sondern aller Fakultäten - weiter verbessern können.

Nun, da ich einmal herbeordert wurde, zu einem Thema, daß mich echt mitreißt, stimuliert, auszeichnet, mit Stolz erfüllt: die Aufgabe, die wir im medizinischen Bereich über unsere Ländergrenzen hinaus erfüllen; denn innerhalb dieser Grenzen haben wir alles Menschenmögliche für das Wohlbefinden unseres Volkes getan; und dieses enorme menschliche Potential muß nun beginnen, seine Leistungen in den Dienst der Menschheit zu stellen, damit es nie heißt, daß unsere Medizinschulen geschlossen werden, weil es zu viele Ärzte gibt, oder daß die Immatrikulationszahlen sich unter einem bestimmten Stand bewegen, weil unser Land über viele Ärzte verfügt. Die Anzahl der Ärzte macht uns nicht angst. Nie und nirgendwo werden Ärzte überflüssig sein: im Passagierflugzeug, im Zug oder auf einem Schiff. Heute haben wir sie in den Kindergärten, den Schulen, allen Bildungszentren, überall.

Als wir knapp 20 000 Ärzte hatten, sagte man mir einmal, daß wir schon keine mehr brauchten. "Daß zuviel Ärzte dasein werden? Nein, wenn der Arzt die Gesundheit der Menschen so zu verteidigen hat wie die CDR (Komitees zur Verteidigung der Revolution) die Revolution, dann muß es ihn auf der Ebene des Häuserblocks geben", antwortete ich. Das ist die Aufgabe von Familienarzt und Krankenschwester, die eine bestimmte Patientenzahl betreuen, über deren Gesundheit sie unaufhörlich zu wachen haben.

Ich wollte euch in groben Zügen die Ergebnisse der Anstrengungen näherbringen, an der ihr beteiligt wart, indem ihr als Berufskader des Gesundheitswesens ausgebildet worden seid, in der historischen Etappe unserer Heimat, in der ihr lebt, am Vorabend eines neuen Jahrhunderts, das nicht auf uns, sondern auf euch wartet. Wir haben bereits im jetzigen Jahrhundert gelebt und versucht, in der Epoche, in der wir zu leben hatten, alles mögliche zu tun. Doch auf euch, junge Menschen von 24, 25 Jahren, in einigen Fällen sogar noch jünger - es sind sechs Jahre, natürlich; also sagen wir daher zwischen 24 und 25 Jahren - wartet ein neues Jahrhundert. Es ist der vorletzte Studienabschluß dieses Jahrhunderts, denn vergeßt nicht, das Jahr 2000 gehört noch dazu. Die nächste Diplomaushändigung wird die letzte des Jahrhunderts sein. Doch das nächste Jahrhundert steht bald vor der Tür. In knapp 17 Monaten werdet ihr, junge Ärzte, euch im neuen Jahrhundert und dem neuen Jahrtausend befinden.

Wir träumen von einer besseren Welt, einer gerechteren Welt, einer wahrhaft menschlicheren Welt, für die wir alle zu kämpfen die Pflicht haben. Eure und die Zukunft eurer Kinder wird jene Zukunft sein, die die Menschheit in der Lage ist zu erbauen. Diese Menschheit, die überall bedroht ist von einer Riesenanzahl von Gefahren, die jedoch auch niemanden berechtigen, den Glauben an den Menschen, den Glauben an ein besseres Schicksal für die Menschheit zu verlieren.

Euer Betragen muß stets das junger Menschen sein, die sich der Aufgabe, die sie erwartet, bewußt sind; junger Menschen, die sich der neuen Etappe in der Geschichte der Menschheit bewußt sind. Ich brauche also nichts weiter zu sagen als:

Vorwärts, ihr Wächter der Gesundheit und des Lebens!

Es lebe das Vaterland!

Es lebe die Revolution!

Es lebe der Sozialismus!

Vaterland oder Tod!

Wir werden siegen!

(Beifall)