vorgetragen im Teatro Carlos Marx am 3. Januar 2004
Liebe Mitbürger!
Verehrte Gäste!
Viele von uns, die wir das Privileg hatten, Zeugen jenes bewegenden Tages zu sein, sind heute noch am Leben; viele andere bereits nicht mehr. Die übergroße Mehrheit der heute hier Anwesenden war noch keine zehn Jahre alt, oder sie waren noch nicht geboren oder an jenem 1. Januar noch weit davon entfernt.
Nie waren unsere Ziele auf das Erlangen von Ruhm, Ehren oder persönlicher oder kollektiver Anerkennung gerichtet. Die wir heute den legitimen Anspruch haben, uns kubanische Revolutionäre zu nennen, waren jedoch dazu gezwungen, eine Seite im Buch der Geschichte zu schreiben, wie es sie vorher noch nie gegeben hatte.
Nicht einverstanden mit der politischen und sozialen Situation unseres Landes, waren wir schlicht und einfach entschlossen, diese zu verändern. Das war in Kuba nichts Neues; im Verlaufe von fast einem Jahrhundert war es mehrfach vorgekommen.
Wir glaubten an die Rechte der Völker, darunter das Recht auf Unabhängigkeit und das Recht, sich gegen die Tyrannei aufzulehnen. Aus der Wahrnehmung dieser Rechte auf dieser Erdhälfte, von den europäischen Mächten mit Feuer und Schwert erobert — einschließlich das Völkermorden an den Ureinwohnern und die Versklavung von Millionen Afrikanern — kam es zur Gründung einer Gruppe unabhängiger Nationen, darunter die Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Als am 26. Juli die Kubanische Revolution in ihr erstes Gefecht gegen ein ungesetzliches, korruptes und blutiges Regime zog, waren noch keine acht Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen, den der Faschismus 1939 auslöste und der mehr als 50 Millionen Menschen das Leben und alle damaligen Industrieländer — mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, die sich außer Reichweite der feindlichen Bomben und Kanonen befanden — die Zerrüttung ihrer Wirtschaft kostete.
Die Ideen des Faschismus, die einen so kolossalen Krieg auslösten, standen im vollen Widerspruch zu den Prinzipien der Unabhängigkeitserklärung der 13 ehemaligen britischen Kolonien in Nordamerika am 4. Juli 1776. In dieser Erklärung heißt es wörtlich: „Wir verfechten als evidente Wahrheiten, dass alle Menschen gleich geboren werden, dass der Schöpfer allen bestimmte unveräußerliche Rechte zuspricht; dazu gehört das Recht auf Leben, auf Freiheit und das Erlangen von Glück .......... und stets, wenn eine Regierungsform dazu neigt, diese Ziele zu zerstören, hat das Volk das Recht, sie zu reformieren oder abzusetzen und eine neue Regierung zu ernennen, die mit den genannten Prinzipien in Einklang steht und ihre Befugnisse in einer Form einrichtet, wie sie nach ihrem Ermessen am besten die Sicherheit und das Glück gewährleisten."
Die Französische Erklärung der Menschenrechte nach der Revolution von 1789 ging zu diesem Thema noch weiter, indem es hier heißt: „Wenn die Regierung die Rechte des Volkes verletzt, dann wird für dieses der Aufstand zum heiligsten aller Rechte und zur dringendsten aller Pflichten."
Die faschistischen Ideen waren auch eine frontale Herausforderung an die in der UN-Charta nach dem Schlachtfeld des Zweiten Weltkrieges formulierten Prinzipien; darunter wurde als wesentliche Vorbedingung der politischen Weltordnung die Achtung des Rechtes der Völker auf Souveränität und Unabhängigkeit feierlich erklärt.
In Wahrheit sind die Rechte der Völker im Verlaufe des bekannten kurzen Zeitraumes der Menschheitsgeschichte voller Eroberungskriege, Imperien und der unterschiedlichsten Formen von Ausplünderung und Ausbeutung einiger Menschen durch andere nie geachtet worden. Zu jenem Zeitpunkt der Geschichte und trotz der realen Tatsache, dass die Siegermächte eine Weltordnung bestimmten, deren Privilegien für eine äußerst kleine Gruppe mächtigster Staaten immer anreizender wurden, hegten jedoch viele Nationen, Institutionen und Einzelpersonen die Hoffnung des Eintritts in eine neue und verheißende Etappe der Menschheit. Mehr als 100 Nationen oder Gruppen von Nationen, einschließlich Gruppen von Personen, bei denen sich noch kein Nationalbewusstsein herausgebildet hatte, wurden formell als unabhängige Staaten anerkannt. Es war jene eine äußerst günstige Zeit für Illusion und Betrug.
Die zahlenmäßig große Gruppe von Ländern, die formell den Status als unabhängige Staaten erhielten, waren zum übergroßen Teil ehemalige Kolonien, Domänen, Protektorate sowie andere Formen der Unterwerfung und Kontrolle von Ländern, die im Verlaufe von Jahrhunderten von den stärksten Mächten aufgezwungen wurden.
Ihre Abhängigkeit vom ehemaligen Mutterland war eine fast absolute; ihr Kampf für das Erzielen und Ausüben von stärkerer Souveränität ist ein schwerer und nicht selten ein heroischer Kampf gewesen. Das zeigt die schrecklich heftige Bedrängung, der sie ausgesetzt werden, um die Projekte der Vereinigten Staaten in Genf zu unterstützen oder sich im Höchstfalle einer Gegenstimme zu enthalten. Bewundernswert ist das Verhalten dieser Staaten in der Vollversammlung der Vereinten Nationen, das sich ausdrückt in einer wachsenden und fast einstimmigen Unterstützung für Kuba gegen die Blockade.
Das Schlimmste war, dass nicht wenige jener Länder, die bereits vor dem Krieg angeblich unabhängig waren, gar nicht wussten, inwieweit es ihnen an Unabhängigkeit mangelte; dazu gehörte auch Kuba. Fast die Gesamtheit der lateinamerikanischen Länder gehörten zu dieser traurigen Liste, was sich im Übermaß beweisen sollte. Nachdem unser heldenhaftes Volk eine wahre und volle Unabhängigkeit erzielt hatte, verbanden sich fast alle Regierungseliten jener Länder mit den Vereinigten Staaten, um die Revolution zu vernichten und die politischen und sozialen Errungenschaften, die wir recht bald verzeichnen konnten, zu verhindern.
Bereits im Jahr 1959 setzten die Aggressionen ein unter Einsatz aller wirtschaftlicher und politischer Mittel einschließlich Anwendung von Gewalt, Terrorismus und Androhung des Einsatzes US-amerikanischer Truppen in großem Umfang.
Die kubanischen Ereignisse hatten beigetragen zu beweisen, wieviel an Illusion und Täuschung in den eleganten von der Organisation der Vereinten Nationen proklamierten Texten über Prinzipien und Rechte enthalten war.
Die Gewalt und nicht das Recht — wie es über Jahrtausende hinweg gewesen ist — blieb weiterhin der grundsätzliche Faktor im Leben der Menschheit.
Alles bis heute Geschehene, ausgehend von den ersten historischen Fakten, die wir besitzen, ist Ergebnis einer natürlichen und spontanen, stumpfsinnigen und regellosen Evolution der menschlichen Gesellschaft. Es kann keiner der verschiedenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systeme beschuldigt werden, die im Verlauf von 5000 Jahren einander abgelöst haben.
Die verschiedenen Zivilisationen in weitest entfernten Regionen der Welt wie China, Indien, Mittlerer Osten, Mittelmeerraum, Zentral- und Südamerika wussten — natürlich in mehr oder weniger Umfang — voneinander nichts, waren unabhängig, hatten jedoch in vielen Dingen außerordentlich fortgeschrittene Kenntnisse. Einige lassen uns erstaunen wie beispielsweise die Zivilisation der Griechen: ihre Kunst, ihre Philosophie, ihre Literatur, ihre Kenntnisse der Geschichte, Physik, Mathematik, Astronomie und in anderen Bereichen.
Zunehmend mehr kennt man über die Mayas und andere vor den Inkas lebende Zivilisationen. Das beweist, dass der Mensch, wenngleich in Zeit und Raum durch Zehntausende von Jahren und Zehntausende von Kilometern getrennt, bereits schöpferisch und zu außerordentlichen Werken fähig war. Doch in sämtlichen Zivilisationen vor uns, auch in der heutigen, gab und gibt es in der einen oder anderen Form Imperien, Eroberungskriege, Formen von Sklaverei und Feudalismus, bevorrechtete herrschende und ausgebeutete, ausgegrenzte und ausgeschlossene Klassen der Gesellschaft. Das verkennen zu wollen, wäre extremes Ignorantentum.
Ich muss Marx Recht geben, wenn er ausführt, dass der Mensch erst dann die Prähistorie überwunden hat, wenn es auf der Erde ein wahrhaft vernünftiges, gerechtes und rechtlich ausgerichtetes System gibt.
Wenn nun die gesamte Entwicklung der menschlichen Gesellschaft unvermeidbar chaotisch, ungeregelt, unvorhersehbar und äußerst grausam und ungerecht verlaufen ist, so ist jetzt der Kampf für die Schaffung einer anderen Welt, die wahrhaft vernünftig und dem Intellekt unserer Gattung würdig ist, in diesem Augenblick der Geschichte, der in keinerlei Hinsicht einer anderen der vorangegangenen Etappen der Menschheit gleicht, etwas, das unter anderen Umständen weder möglich noch vorstellbar war: Ein Versuch, in dem der Mensch erstmalig sein eigenes Schicksal programmiert.
Das Erträumen unmöglicher Dinge nennt man Utopie. Das Kämpfen für Ziele, die nicht nur erreichbar, sondern für das Überleben der Gattung Mensch unabdingbar sind, nennt man Realismus.
Man wäre im Irrtum, schriebe man dieses Ziel einfach nur einer ideologischen Motivierung zu. Es handelt sich um etwas, das über die edlen und sehr gerechtfertigten Gefühle von Gerechtigkeit und dem innigen Wunsch eines würdigen und freien Lebens für alle Menschen hinausgeht; es handelt sich um das Überleben der Gattung Mensch.
Der große Unterschied zwischen der Epoche Griechenlands und der heutigen ist nicht in der intellektuellen Fähigkeit unserer Gattung zu suchen. Er liegt in der exponentiellen und anscheinend unendlich möglichen Entwicklung von Wissenschaft und Technik der letzten 150 Jahre, die völlig über die geringe und lächerliche politische Fähigkeit hinausgeht, die bisher zur Bekämpfung der unser Überleben bedrohenden Risiken gezeigt wurde.
Mit der vor weniger als 60 Jahren über Hiroshima abgeworfenen ersten Kernwaffe von vergleichsweise 20 000 Tonnen TNT wurde evident, dass die Technik ein Instrument geschaffen hatte, dessen Entwicklung für die menschliche Existenz auf unserem Planeten ein Ende bedeuten könnte. Von da an hat die Entwicklung neuer und hundertfach vernichtungsfähiger verschiedenartiger und zielsicherer Waffen und Waffensysteme dieser Art keinen Tag ausgesetzt. Es gibt heute Zehntausende davon. Nur sehr wenige wurden nach betrügerischen und begrenzten Vereinbarungen demontiert.
Eine kleine Gruppe der Länder mit dem Monopol über diese Waffen maßen sich das Alleinrecht von deren Produktion und Vervollkommnung an. Die Widersprüche und Interessen ihrer Mitglieder unterliegen Veränderungen, und mittlerweile bewegt sich die Menschheit unter einem Gerüst von Kernwaffen, die ihre Existenz bedrohen. So könnte jemand einen ähnlichen Ausspruch vorbringen wie jener persische Kaiser, als er sich mit einer Riesenarmee den 300 Spartanern näherte, die die Thermopylen verteidigten: „Unsere Cruise-Missiles werden die Sonne verdunkeln."
Das Leben von Milliarden Menschen, die die Erde bewohnen, hängt davon ab, was einige wenige Personen denken, meinen und entscheiden. Das Schlimmste ist, dass jene, die diese enorme Macht besitzen, keine Psychiater haben. Wir dürfen nicht redignieren. Wir haben ein Recht darauf, anzuklagen, Druck auszuüben und Veränderungen und den Stopp dieser unmöglichen und absurden Situation zu fordern, die uns alle zu Geiseln macht. Es darf niemals mehr Menschen mit solchen Befugnissen geben, oder niemand auf der Welt wird jemals wieder von Zivilisation reden können.
Dazu kommt ein weiteres letales Problem: Vor etwa 40 Jahren begannen Stimmen der Besorgnis im Hinblick auf die Umwelt laut zu werden, nämlich ausgehend von einer barbarischen Zivilisation, die die natürlichen Lebensbedingungen zerstörte. Zum ersten Mal wird dieses sehr empfindliche Thema angesprochen. Nicht wenige meinten, es handle sich um Alarm schlagende und übertreibende Personen, um einen Neomalthusianismus im Sinne der vergangenen Jahrhunderte. Es waren aber gut informierte und intelligente Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die Öffentlichkeit mit dem Thema zu sensibilisieren und ihr Bewusstsein zu wecken, dabei mitunter Angst hatten, es sei zu spät für entsprechende Maßnahmen. Diejenigen jedoch, die aufgrund ihrer hohen politischen Verantwortung hätten am meisten besorgt sein müssen, zeigten nichts als Ignoranz und Geringschätzung.
Seit dem von den Vereinten Nationen einberufenen Gipfel sind nun schon mehr als zehn Jahre vergangen, und trotz der normalen Verbreitung von Reden, Verpflichtungen und Versprechungen ist nur sehr wenig getan worden. Doch das Bewusstsein zu dieser tödlichen Gefahr wird stärker. Verstärken sollte und wird sich auch der Kampf. Es gibt keine Alternative dazu.
Kürzlich fand in Havanna ein Treffen zu Wüstenbildung und klimatischen Veränderungen statt, das ebenfalls die Vereinten Nationen einberufen hatten; eine bedeutende Bemühung für Information, Bewusstseinsbildung und Aufruf zum Kampf.
In Río de Janeiro war ich Zeuge der Besorgnis und Befürchtungen seitens der Vertreter der kleinen Inseln im Pazifischen Ozean und anderer Länder, denen die Gefahr droht, infolge der Klimaveränderungen teilweise oder vollkommen vom Wasser überflutet zu werden. Es ist traurig. Wer als Erste unter den Folgen der Umweltverschmutzung zu leiden haben, sind die Armen. Sie besitzen weder Autos, noch Klimaanlagen und möglicherweise nicht einmal Möbel, wenn sie überhaupt eine Wohnung haben. Sie bekommen viel direkter die Auswirkungen des die Lufterwärmung verursachenden hohen Kohlendioxydausstoßes zu spüren, der den Ozonschichtfilter schädigt und somit die schädlichen ultravioletten Strahlen passieren lassen. Erkranken diese Menschen, dann gibt es für sie und ihre Angehörigen — das weiß man recht gut — weder Krankenhäuser, noch Ärzte und Medikamente.
Ein drittes Problem: Einer äußerst zurückhaltenden Berechnung zufolge brauchte die Weltbevölkerung für eine Einwohnerzahl von einer Milliarde nicht weniger als 50 Millionen Jahre. Das war etwa im Jahr 1800, also Anfang des 19. Jahrhunderts. 130 Jahre danach, also 1930, waren es bereits zwei Milliarden im 20. Jahrhundert. Drei Milliarden wurden 30 Jahre später, also 1960 erreicht. 14 Jahre später war diese Anzahl im Jahr 1974 auf vier Milliarden gestiegen. Nach weiteren 13 Jahren waren es 1987 fünf Milliarden, sechs Milliarden 1999, nur zwölf Jahre danach; und heute sind wir 6,374 Milliarden.
Es ist in der Tat erstaunlich, wie die Weltbevölkerung in nur 204 Jahren um das 6,4-Fache der einen Milliarde des Jahres 1800 gewachsen ist, nach nicht weniger als 50 000 Jahren, nach relativ arbiträren und vorsichtigen Schätzungen, um für spätere Betrachtungen einen Ansatzpunkt zu haben. Es können viel mehr Jahre sein, wenn wir uns nur auf die Zeit beschränken, in der die heutige Kapazität erzielt wurde.
In welchem Tempo wächst die Weltbevölkerung zur Zeit?
1999 Weltbevölkerung: 6,002 Milliarden Einwohner
Wachstum: 77 Millionen
2000 Weltbevölkerung: 6,079 Milliarden
Wachstum: 75 Millionen
2001 Weltbevölkerung: 6,154 Milliarden
Wachstum: 74 Millionen
2002 Weltbevölkerung: 6,228 Milliarden
Wachstum: 72 Millionen
2003 Weltbevölkerung: 6,3 Milliarden
Wachstum: 74 Millionen
2004 Weltbevölkerung (nach Berechnungen): 6,374 Milliarden
Wachstum: 74 Millionen
Wieviel werden es wohl 2050 sein?
Die niedrigsten Berechnungen sprechen von 7,409 Milliarden, und die höchsten versichern 10,633 Milliarden. Nach Meinung vieler Experten werden es annähernd neun Milliarden Einwohner sein. Der große Alarm, ausgelöst durch diese kolossale Explosion der Bevölkerungszahlen verbunden mit dem beschleunigten Abbau der für das Überleben der Gattung Mensch elementaren natürlichen Bedingungen, hat in vielen Ländern zu einer wahren Bestürzung geführt, da fast 100 Prozent der genannten Wachstumszahlen in den Ländern der Dritten Welt zu finden sein werden.
Denkt man an den immer größeren Verfall und die Abnahme von Böden und Wasser, an die Hungersnöte in vielen Ländern, die Gleichgültigkeit und Verschwendung in den Konsumgesellschaften sowie an die Bildungs- und Gesundheitsprobleme der Weltbevölkerung, so kann man — werden diese Probleme nicht gelöst — sich eine Gattung Mensch vorstellen, deren Mitglieder sich gegenseitig verschlingen.
Man sollte doch die Olympiasieger in Menschenrechten in der westlichen Welt einmal fragen, ob sie irgendwann einmal nur eine Minute darauf verwandt haben, an diese Realitäten zu denken, die in sehr hohem Grade die Folge des Wirtschafts- und sozialen Systems sind; was sie zu einem System meinen, das, anstelle die breiten Volksmassen zu auszubilden — als Hauptaspekt einer Weiterentwicklung mit Unterstützung durch Wissenschaft, Technik und Kultur — für die Suche nach gangbaren und dringenden Lösungen, jährlich eine Billion Dollar für entfremdende und konsumorientierte Werbung ausgibt. Mit dem Betrag, der in nur einem Jahr für das Ausstreuen dieses einzigartigen Giftes ausgegeben wird, könnten sämtliche Voll- und Halbanalphabeten der Welt in weniger als zehn Jahren alphabetisiert und bis zur neunten Klasse geführt werden, und kein Kind der Armen müsste den Unterricht entbehren. Ohne Bildung und andere soziale Leistungen werden das Verbrechen und der Drogenkonsum niemals reduziert, ja sogar fast beseitigt werden können.
Wir bestätigen dies von Kuba aus, ein 45 Jahre lang blockiertes Land, mehr als einmal in Genf von den Vereinigten Staaten und ihren bedingungslosesten Gesellen angeklagt; Kuba steht kurz vor dem Erzielen von Gesundheits- und Bildungsleistungen und eine Allgemeinbildung mit einem Niveau, wie es der industrialisierte und reiche Westen nicht einmal erträumt hat und mit Leistungen, die für ausnahmslos alle Bürger absolut kostenfrei sind.
Die der Welt aufgedrängte neoliberale Globalisierung, konzipiert zum Ziele einer verstärkten Ausplünderung der natürlichen Ressourcen der Erde, hat die meisten Länder der Dritten Welt, speziell die Lateinamerikas, hinter dem unseligen „Washingtoner Konsens" in eine verzweifelte und unhaltbare Situation geführt.
Erstes Ergebnis jener verhängnisvollen Politik war das „verlorene Jahrzehnt" von 1980, in dem das Wachstum der Region auf nur einem Prozent begrenzt blieb. In den Jahren von 1990 bis 1998 beträgt es 2,7 Prozent, liegt also noch weit unter den falschen Illusionen und dringenden Bedürfnissen, um von 1998 bis 2004 wieder auf ein Prozent zu sinken.
Die Außenverschuldung, die 1985, dem Jahr des verräterischen „Konsens", bei 300 Milliarden Dollar lag, beträgt heute mehr als 750 Milliarden.
Die Privatisierungen entfremdeten Landesgüter im Wert von dreistelligen Milliardenbeträgen, deren Schaffung viele Jahre gedauert hatte und die sich nun mit einer Schnelligkeit in Rauch auflösten, ebenso wie aus diesen Ländern die Kapitalflucht nach den Vereinigten Staaten und Europa vor sich geht.
Die Beschäftigungslosigkeit kletterte auf Rekordhöhen. Von je 100 neu geschaffenen Arbeitsplätzen gehören 82 zum sogenannten „informellen Sektor". Zu diesem gehört eine lange Liste derer, die sich ihr Brot in irgendeiner Weise verdienen, ohne dass ihnen weder sozialer noch gesetzlicher Schutz zuteil wird.
Alarmierend gestiegen ist die Armut, speziell die extreme Armut, 12,8 bis 44 Prozent der Bevölkerung. Die Entwicklung stagniert und die Sozialleistungen werden immer weiter abgebaut. Zu den zuletzt genannten gehören an erster Stelle die Bildungs- und Gesundheitsleistungen für die Bevölkerung. Hier hat die neoliberale Globalisierung, wie zu erwarten war, ein wahrhaftes Desaster ausgelöst.
Zählt man dazu die alten und neuen Formen des Ausplünderns wie die ungleichen Austauschbeziehungen, die unaufhörliche und zwangsläufige, Kapitalflucht, die Abwerbung, den Protektionismus, die Stützungen und Ukasse der WTO, dann wird sich wohl niemand über die Krisen und Ereignisse in Südamerika wundern.
Lateinamerika war die Region der Welt, in der die neoliberale Globalisierung mit der größten Härte und Anforderung umgesetzt wurde. Jetzt steht die Region vor der Herausforderung des FTAA (Freihandelsabkommen Amerikas), das die nationalen Industrien hinweg fegen und MERCOSUR und Pacto Andino zu Anhängseln der US-amerikanischen Wirtschaft machen würde: eine letzte Sturmattacke gegen die wirtschaftliche Entwicklung, die Einheit und die Unabhängigkeit der lateinamerikanischen Völker.
Doch sollte es zu diesem Annexionsversuch kommen, dann bliebe eine solche Wirtschaftsordnung unhaltbar sowohl für die Völker Lateinamerikas als auch für das Volk der Vereinigten Staaten, dessen Arbeitsplätze durch die billigen Arbeitskräfte in Gefahr gebracht werden, die von Akkordunternehmen angeheuert werden unter all jenen, denen die Armut, das Desaster im Bildungswesen und die bestehende Arbeitslosigkleit eine geeignete Qualifizierung versagten. Billige und unqualifizierte Arbeitskraft ist es, was die lateinamerikanischen Oligarchien en masse anzubieten haben.
Zusammenfassend bringen meine Worte die tiefe Überzeugung zum Ausdruck, dass unsere Gattung und damit jedes einzelne unserer Völker vor einem entscheidenden Augenblick ihrer Geschichte stehen: entweder ändert sich der Lauf der Ereignisse oder es wird nicht möglich sein zu überleben. Es gibt keinen anderen Planeten, auf den wir wechseln könnten. Auf dem Mars gibt es keine Atmosphäre, noch Luft, noch Wasser.
Auch gibt es keine Transportmöglichkeit, um massenweise dorthin zu emigrieren. Entweder wir retten, was wir haben, oder es werden viele Millionen Jahre vergehen müssen, um vielleicht eine weitere intelligente Gattung hervorzubringen, die erneut das Abenteuer beginnt, das unsere Gattung durchlebt hat. Bereits der Papst Johannes Paul II. erklärte, dass die Evolutionstheorie nicht unvereinbar ist mit der Lehre der Schöpfung.
Ich will meine Ausführungen beenden. Nicht wenig Arbeit wartet auf uns im Jahr 2004.
Ich möchte unser Volk beglückwünschen für alles, was es in diesen Jahren geleistet hat, für seinen Heldenmut, seinen Patriotismus, seinen Kampfgeist, seine Treue und seine revolutionäre Hingabe.
Insbesondere beglückwünsche ich an diesem 45. Jahrestag jene, die glorreiche internationalistische Einsätze zu realisieren verstanden, versinnbildlicht heute in der beispielhaften Haltung der Fünf Helden in Haft des Imperiums, die mit beeindruckender Würde den ungerechten, rachsüchtigen und grausamen Aktionen der Feinde ihres Vaterlandes und ihres Volkes die Stirn bieten; und in den 15 000 Ärzten, die Opfer bringen und Risiken und Gefahren herausfordernd ihre internationalistische Pflicht in 64 Ländern wo auch immer erfüllen, eine menschliche Heldentat, die niemals von den Vereinigten Staaten und Europa geleistet werden könnte, und zwar aus Mangel an Humankapital, um den Beweis anzutreten, welche Menschenrechte sie eigentlich verfechten.
Niemand wird die solidarische Haltung unseres Volkes und den Mut seiner Söhne mit Drohungen und Aggressionen gegen unsere Ärzte, Lehrer, Sportinstrukteure und jegliche andere Solidaritätshelfer verhindern können, denn viele sind bereit zur ehrenvollen Aufgabe, jene zu ersetzen, die sogar Opfer von terroristischen Aktionen, stimuliert und angeregt durch extremistische Regierungsbeamte der Vereinigten Staaten, wurden und dabei ihr Leben verloren.
Ich beglückwünsche alle, die kämpfen, die nie vor den Schwierigkeiten zurückweichen; alle, die an die Fähigkeiten des Menschen glauben, schöpferisch zu sein, Werte und Ideen zu säen und zu kultivieren; alle, die auf die Menschheit setzen; alle, die die schöne Überzeugung teilen, dass eine bessere Welt möglich ist!
Kämpfen wir mit ihnen gemeinsam, und wir werden siegen!
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