Sonntag, 28. Juni 2009

Ein selbstmörderischer Fehler

Reflexionen des Genossen Fidel: Ein selbstmörderischer Fehler

In der Reflexion, die ich vor drei Tagen, am Donnerstag, 25. Juni, geschrieben habe, sagte ich: „Wir wissen nicht, was in dieser Nacht oder morgen in Honduras geschehen wird, aber die mutige Haltung Zelayas wird in die Geschichte eingehen.“

Zwei Absätze zuvor hatte ich darauf hingewiesen: „Was dort vor sich geht, wird eine Prüfung für die OAS und für die gegenwärtige US-Administration sein.“
Die prähistorische interamerikanische Institution traf sich am folgenden Tag in Washington und versprach in einer glanzlosen und schüchternen Erklärung versprach sie, sofort die angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um zur Harmonie zwischen den beiden streitenden Seiten beizutragen. Das heißt, eine Verhandlung zwischen den Putschisten und dem verfassungsmäßigen Präsidenten von Honduras.

Der Kommandierende des Militärs, der die Befehlsgewalt über die honduranischen Streitkräfte behielt, gab öffentlich Erklärungen ab, die den Positionen des Präsidenten widersprachen, während er nur formell dessen Autorität anerkannte.

Die Putschisten brauchten nichts anderes von der OAS. Die Anwesenheit einer großen Zahl internationaler Beobachter, die in das Land reisten, um die Volksbefragung zu kontrollieren und zu denen Zelaya bis spät in die Nacht gesprochen hatte, interessierte sie nicht die Bohne. Heute, noch vor Sonnenaufgang, drangen etwa 200 gut trainierte und bewaffnete Berufssoldaten in die Residenz des Präsidenten ein, schoben grob das Schwadron der Ehrengarde beiseite, entführten den zu diesem Zeitpunkt schlafenden Zelaya, brachten ihn zur Luftwaffenbasis, setzten ihn gewaltsam in ein Flugzeug und transportierten ihn zu einem Flughafen in Costa Rica.

Um 8.30 Uhr morgens erfuhren wir von Telesur die Nachricht vom Überfall auf das Haus des Präsidenten und von der Entführung. Der Präsident konnte nicht an der Zeremonie zur Eröffnung der Volksbefragung teilnehmen, die an diesem Sonntag stattfinden sollte. Man wusste nicht, was sie mit ihm gemacht haben.

Der offizielle Fernsehsender wurde zum Schweigen gebracht. Sie wollten die zu frühe Verbreitung der verräterischen Aktion über Telesur und Cubavisión Internacional verhindern, die über die Ereignisse informierten. Deshalb unterbrachen sie die Ausstrahlung und stellten sogar im ganzen Land den Strom ab. Der Kongress und die in die Verschwörung verwickelten hohen Gerichte hatten die Entscheidungen noch nicht veröffentlicht, die die Verschwörung rechtfertigten. Erst führten sie den unaussprechlichen Militärputsch durch, um ihn dann zu legalisieren.

Das Volk erwachte mit den schon passierten Ereignissen und begann mit zunehmender Empörung zu reagieren. Man wusste nichts über das Schicksal von Zelaya. Drei Stunden später war die Reaktion des Volkes so groß, dass man Frauen sehen konnte, die mit bloßen Fäusten auf Soldaten einschlugen, denen ihre Gewehre aufgrund der Verwirrung und Nervosität fast aus der Hand fielen. Anfangs schienen ihre Bewegungen die eines merkwürdigen Kampfes gegen Gespenster zu sein, später versuchten sie, mit den Händen die Kameras von Telesur zu verdecken, ängstlich richteten sie die Gewehre auf die Reporter und manchmal, wenn die Menschen vorangingen, zogen sich die Soldaten zurück. Sie schickten gepanzerte Transportfahrzeuge mit Kanonen und Maschinengewehren. Die Bevölkerung diskutierte furchtlos mit den Panzerbesatzungen, die Reaktion des Volkes war erstaunlich.

Etwa gegen 14 Uhr setzte eine gezähmte Mehrheit des Kongresses in Koordination mit den Putschisten Zelaya, den verfassungsmäßigen Präsidenten von Honduras, ab und ernannten einen neuen Staatschef. Der Welt erzählten sie, dass jener zurückgetreten sei und zeigten eine gefälschte Unterschrift. Minuten später informierte Zelaya von einem Flughafen in Costa Rica aus über die Ereignisse und dementierte kategorisch die Meldung von seinem Rücktritt. Die Verschwörer wollten die Welt für dumm verkaufen.

Viele weitere Dinge ereigneten sich heute. Cubavisión widmete sich vollständig der Demaskierung des Putsches und informierte die ganze Zeit unsere Bevölkerung.

Es gab Ereignisse, die offen faschistischen Charakters waren, und die auch empören, wenn man sie erwartet hat.

Patricia Rodas, die Außenministerin von Honduras, wurde nach Zelaya das Hauptziel der Putschisten. Eine andere Einheit wurde zu ihrer Residenz geschickt. Sie bewegte sich mutig und entschlossen und verlor keine Minute, um über alle Medien den Putsch anzuklagen. Unser Botschafter hatte Kontakt mit Patricia aufgenommen, um über die Situation zu erfahren, wie es auch andere Botschafter getan haben. Zu einem bestimmten Zeitpunkt bat sie die diplomatischen Vertreter von Venezuela, Nicaragua und Kuba, sich mit ihr zu treffen, da sie in ihrer eisernen Belagerung diplomatischen Schutz benötigte. Unser Botschafter, der vom ersten Augenblick an autorisiert war, der verfassungs- und rechtmäßigen Ministerin die größtmögliche Unterstützung zukommen zu lassen, fuhr los, um sie in ihrer Residenz zu besuchen.

Als sie schon in ihrem Haus waren, schickte das Putschistenkommando Major Oceguera, um sie zu verhaften. Sie stellten sich vor die Frau und erklärten, dass sie unter diplomatischem Schutz stehe und nur in Begleitung der Botschafter gehen könne. Oceguera diskutiert mit ihnen und tut dies in respektvoller Form. Minuten später dringen 12 oder 15 uniformierte und maskierte Männer ein. Die drei Botschafter umarmen Patricia und den Vermummten gelingt es in brutaler Weise, die Botschafter von Venezuela und Nicaragua loszureißen. Hernández hält sie so fest an einem Arm, dass die Vermummten beide zu einem Wagen zerren, sie zur Luftwaffenbasis bringen, wo es ihnen gelingt, sie zu trennen, und bringen sie weg. Während er dort festgehalten wird, setzt sich (Kubas Außenminister) Bruno (Rodríguez), der Nachricht von der Entführung erhalten hatte, über Handy mit ihm in Verbindung. Ein Maskierter versucht, ihm rüde das Telefon zu entreißen, aber der kubanische Botschafter, der schon im Haus von Patricia geschlagen worden war, schreit ihn an: „Fass mich nicht an, du Sack!“ Ich weiß nicht, ob dieses von ihm benutzte Wort jemals von Cervantes benutzt worden ist, aber zweifellos hat der Botschafter Juan Carlos Hernández unsere Sprache bereichert.

Danach ließen sie ihn auf einer Straße, weit entfernt von der Vertretung, stehen, und bevor sie ihn verließen sagten sie, dass ihm etwas Schlimmeres geschehen könne, wenn er reden sollte. „Nichts ist schlimmer als der Tod!“ antwortete er ihnen würdevoll, „und nicht einmal deshalb könnte ich Angst vor euch haben“. Die Anwohner der Zone halfen ihn, zur Botschaft zurückzukehren, von wo aus er sich sofort ein weiteres Mal mit Bruno in Verbindung setzte.

Mit diesem Putschisten-Oberkommando kann man nicht verhandeln. Man muss von ihnen den Rücktritt fordern, und dass andere, jüngere Offiziere, die nicht der Oligarchie verpflichtet sind, das Militärkommando übernehmen, sonst wird es in Honduras niemals eine Regierung „des Volkes, durch das Volk und für das Volk“ geben.

Die eingepferchten und isolierten Putschisten haben keinen möglichen Ausweg, wenn das Problem entschlossen angegangen wird.

Sogar Frau Clinton hat in den Abendstunden erklärt, dass Zelaya der einzige Präsident von Honduras ist, und die honduranischen Putschisten können ohne die Unterstützung der Vereinigten Staaten nicht einen einzigen Atemzug tun.

Bis vor wenigen Stunden noch im Schlafanzug wird Zelaya von der Welt als der einzige verfassungsmäßige Präsident von Honduras anerkannt.


Fidel Castro Ruz

28. Juni 2009
18.14 Uhr

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