Dienstag, 21. April 2009

Obama und die Blockade

Reflexionen des Genossen Fidel: Obama und die Blockade

Gestern habe ich mich auf den komischen Blickwinkel der „Verpflichtungserklärung von Port of Spain” bezogen.

Heute könnten wir uns auf den dramatischen Gesichtspunkt beziehen. Ich hoffe, dass unsere Freunde nicht beleidigt sein werden. Es gab Unterschiede zwischen dem Dokument, das als Erklärungsentwurf zur Vorlage von den Gastgebern des Gipfels eingebracht wurde und uns erreichte und demjenigen, das schließlich veröffentlicht wurde. Bei der Eile in letzter Minute war für nichts Zeit. Einige Punkte waren in langen Sitzungen in den Vorwochen des Events diskutiert worden. In letzter Minute erschwerten solche Vorschläge, wie der von der Delegation von Bolivien vorgelegte, das Bild noch mehr. Er wurde als ein Vermerk in das Dokument aufgenommen und lautete wie folgt:

„Bolivien ist der Meinung, dass die Entwicklung von Politikrichtlinien und Zusammenarbeitsschemen, die zur Zielstellung die Expansion der Biokraftstoffe in der Westlichen Hemisphäre haben, die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln beeinflussen und beeinträchtigen können und zur Erhöhung der Preise, zur vermehrten Entwaldung und zur Verdrängung der Bevölkerung aufgrund der Nachfrage an Ländereien führen können und sich infolgedessen in der Verschärfung der Nahrungsmittelkrise widerspiegeln werden, was direkt die Menschen mit niedrigem Einkommen und besonders die ärmsten Volkswirtschaften der Entwicklungsländer negativ beeinflussen wird. Indem die bolivianische Regierung gleichzeitig die Notwendigkeit der Suche und Verwendung von alternativen Energiequellen anerkennt, die umweltfreundlich sind, wie zum Beispiel die geothermische Energie, die Sonnen- und die Windenergie und die kleinen und mittleren Wasserkraftwerke, wirft sie die Frage einer alternativen Sichtweise auf, die sich darauf gründet, gut und im Einvernehmen mit der Natur zu leben, um öffentliche Richtlinien zu entwickeln, die auf eine Förderung von sicheren alternativen Energiequellen zielen, welche die Bewahrung des Planeten, unserer ‘Mutter Erde’, absichern.“

Bei der Analyse dieses Vermerks von Bolivien ist zu berücksichtigen, dass die Vereinigten Staaten und Brasilien die zwei größten Erzeuger von Biokraftstoffen der Welt sind, denen sich auf der Erde eine stetig wachsende Anzahl Menschen widersetzt, deren Widerstand seit den düsteren Tagen von George W. Bush zugenommen hat.

Obamas Berater haben über Internet auf Englisch ihre Version des den Journalisten in Port of Spain gegebenen Interviews des Präsidenten der Vereinigten Staaten veröffentlicht. Zu einem bestimmten Zeitpunkt behauptete er Folgendes:

„Etwas schien mir interessant, – ich kannte es etwas abstrakt, aber es war spezifisch gesehen interessant – und zwar diese führenden Persönlichkeiten zu hören, dass sie, wenn sie über Kuba sprachen, dies ganz besonders bezüglich der tausenden von Ärzten von Kuba taten, die über die gesamte Region verstreut sind, und von denen diese Länder sehr abhängig sind. Und das ist für uns in den Vereinigten Staaten eine Mahnung dafür, dass es möglich ist, wenn unsere einzige Wechselwirkung mit vielen dieser Länder die Rauschgiftbekämpfung ist, wenn unsere einzige Wechselwirkung militärischer Art ist, dass wir dann nicht solche Verbindungen entwickeln, die mit der Zeit unseren Einfluss erhöhen und einen vorteilhaften Effekt haben können, wenn es erforderlich ist, eine Politik in unserem Interesse in der Region voranzubringen.

Ich denke, dass es deshalb für unsere Wechselwirkung nicht nur hier, in dieser Hemisphäre, sondern überall auf der Welt, so wichtig ist, anzuerkennen, dass unsere militärische Stärke nur ein Teil unserer Macht ist, und dass wir unsere Diplomatie und Entwicklungshilfe auf intelligentere Art und Weise anwenden müssen, und zwar so, dass die Völker ausgehend von der Außenpolitik der Vereinigten Staaten konkrete und praktische Verbesserungen im Leben der gewöhnlichen Menschen sehen können.“

Journalist Jake: „Danke, Herr Präsident. Sie haben hier viele führende Persönlichkeiten von Lateinamerika gehört, die möchten, dass die USA das Embargo gegen Kuba aufheben. Sie haben gesagt, dass es ein wichtiger Einfluss ist, der nicht beseitigt werden darf. Aber im Jahr 2004 haben Sie die Aufhebung des Embargos unterstützt. Sie sagten, dass es nicht erreicht hatte, das Lebensniveau zu erhöhen, dass es schwer auf den Unschuldigen lastet, und dass es an der Zeit sei anzuerkennen, dass vor allem diese Politik gescheitert sei. Ich frage mich, was sie dazu geführt hat, ihre Meinung bezüglich des Embargos zu ändern.“

Präsident: „Nun gut, mir scheint, dass das Jahr 2004 tausend Jahre zurückliegt. Was machte ich im Jahr 2004?”

Journalist Jake: „Sie waren für den Senat aufgestellt.”

Präsident: “…Die Tatsache, dass Raúl Castro gesagt habe, dass er und seine Regierung bereit seien, mit unserer nicht nur Gespräche über die Aufhebung des Embargos zu führen, sondern über andere Themen, wie zum Beispiel die Menschenrechte, die politischen Gefangenen, das ist ein Zeichen des Fortschritts.

…Es gibt einige Dinge, die die kubanische Regierung tun könnte. Sie könnten politische Gefangene freilassen; sie könnten die Zuschlagsgebühren für die Geldüberweisungen in Entsprechung der von uns angewandten Politik, den kubanisch-amerikanischen Familien die Geldüberweisungen zu erlauben, vermindern, denn es ist so, dass Kuba eine hohe Zuschlagsgebühr erhebt, sie erzielen eine riesigen Gewinn davon. Das wäre ein Beispiel der Zusammenarbeit, wo beide Regierungen daran arbeiten würden, der kubanischen Familie zu helfen und das Lebensniveau in Kuba zu erhöhen.”


Ohne Zweifel hat der Präsident Raúls Erklärung falsch ausgelegt.

Wenn der Präsident von Kuba bekräftigt, dass er bereit ist, jegliches Thema mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten zu diskutieren, dann bringt er damit zum Ausdruck, dass er keine Angst davor hat, jeder Art Thema anzuschneiden. Das ist ein Beweis von Mut und Vertrauen in die Prinzipien der Revolution. Niemand sollte sich wundern, dass er davon spricht, die im März 2003 Verurteilten zu begnadigen und sie alle in die Vereinigten Staaten zu schicken, wenn jenes Land bereit wäre, die fünf kubanischen antiterroristischen Patrioten freizulassen. Jene, wie es schon mit den Söldnern von der Schweinebucht geschah, stehen im Dienst einer ausländischen Macht, welche unser Vaterland bedroht und einer Blockade aussetzt.

Andererseits ist die Formulierung, dass Kuba eine „riesige Zuschlagsgebühr“ erhebt und „riesigen Gewinn erzielt“, ein Versuch seiner Berater, um Zwietracht zu stiften und die Kubaner zu entzweien. Alle Länder verlangen bestimmte Summen für die Überweisung von Devisen. Wenn es Dollar sind, dann haben wir noch mehr Grund dazu, weil es die Währung desjenigen Staates ist, der uns der Blockade unterwirft. Nicht alle Kubaner haben Familienangehörige im Ausland, die ihnen Geld überweisen. Einen relativ kleinen Teil zum Wohl der Bedürftigsten an Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Gütern umzuverteilen, ist absolut gerecht. Unser Vaterland hat nicht das Vorrecht, die aus den Druckereien des Staates kommenden Geldscheine in Devisen zu verwandeln, Geldscheine, welche die Chinesen oft „Schrottwährung“ genannt haben, wie ich wiederholt gesagt habe und was einer der Gründe der jetzigen Wirtschaftskrise gewesen ist. Mit welchem Geld retten die Vereinigten Staaten ihre Banken und multinationalen Unternehmen, indem sie gleichzeitig die zukünftigen US-amerikanischen Generationen verschulden? Wäre Obama bereit, über jene Themen zu diskutieren?

Daniel Ortega hat es ganz klar gesagt, als er sein erstes Gespräch mit Carter in Erinnerung rief, was ich heute hier wiederhole:

„Ich hatte die Möglichkeit, Präsident Carter zu treffen und als er zu mir Folgendes sagte: Jetzt, wo die Somoza-Tyrannei weg ist, ist es für das nicaraguanische Volk an der Zeit, ‘dass Nicaragua sich verändert’. Ich sagte zu ihm: ‘Nein, nicht Nicaragua muss sich verändern, sondern Sie müssen sich verändern, Nicaragua hat niemals die Vereinigten Staaten überfallen; Nicaragua hat niemals die Häfen der Vereinigten Staaten vermint; Nicaragua hat keinen einzigen Stein gegen die US-amerikanische Nation geworfen; Nicaragua hat den Vereinigten Staaten keine Regierungen aufgezwungen. Sie sind es, die sich ändern müssen, nicht die Nicaraguaner.’“

Bei der Pressekonferenz und den Abschlusssitzungen des Gipfels zeigte Obama eine gewisse Selbstgefälligkeit. Den niederträchtigen Positionen einiger lateinamerikanischer führender Persönlichkeiten war diese Einstellung des US-Präsidenten nicht fremd. Ich habe vor einigen Tagen gesagt, dass alles bekannt werden würde, was jeder Einzelne auf dem Gipfel sagen bzw. tun würde.

Als er Jake zur Antwort gab, dass seit 2004 bis jetzt tausend Jahre vergangen seien, war das oberflächlich. Müssen wir soviel Jahre warten, damit er seine Blockade aufhebt? Er hat sie nicht erfunden, aber er hat sie sein eigen gemacht, genau wie weitere zehn Präsidenten der Vereinigten Staaten. Auf diesem Weg kann ihm ein sicheres Scheitern vorausgesagt werden, so wie das aller seiner Vorgänger. Das war nicht der Traum von Martin Luther King, dessen Rolle im Kampf um die Menschenrechte den Weg des US-amerikanischen Volkes jedes Mal stärker erleuchtete.

Wir leben neue Zeiten. Die Veränderungen sind unvermeidlich. Die Führer kommen und gehen, die Völker bleiben. Man wird nicht tausend Jahre warten müssen, nur acht werden ausreichend sein, damit in einem noch mehr verpanzerten Auto, einem moderneren Hubschrauber und einem noch höher entwickelten Flugzeug ein anderer Präsident der Vereinigten Staaten, ohne Zweifel weniger intelligent, viel versprechend und bewundert auf der Welt, als Barack Obama, diesen wenig ruhmreichen Posten einnimmt.

Morgen werden wir mehr über den Gipfel erfahren.



Fidel Castro Ruz

21. April 2009
17:34 Uhr

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